OGH 8ObS16/04t

OGH8ObS16/04t6.10.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz und Dr. Gerda Höhrhan-Weiguni als weitere Richter, in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Josef S*****, vertreten durch Puttinger, Vogl & Partner, Rechtsanwälte in Ried im Innkreis, wider die beklagte Partei IAF-Service GmbH, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen EUR 4.050 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Juli 2004, GZ 12 Rs 57/04w-11, womit das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgericht vom 22. April 2004, GZ 14 Cgs 43/04i-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 399,75 (darin EUR 66,63 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war ab 1. 8. 1996 als Angestellter bei der späteren Gemeinschuldnerin beschäftigt. Das Dienstverhältnis wurde saisonbedingt insgesamt dreimal unterbrochen und zwar vom 5. 2. bis 8. 3. 2000, vom 15. 12. 2001 bis 28. 1. 2002 und zuletzt vom 5. 11. 2002 bis 19. 1. 2003. Es wurde dabei jeweils zwischen den Parteien des Arbeitsvertrags die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses vereinbart. Der Kläger war in den genannten Zeiträumen von der Gebietskrankenkasse abgemeldet und hat Arbeitslosengeld bezogen. Dem Kläger wurde vom Dienstgeber jeweils zugesagt, dass die gesamten Vordienstzeiten für alle Ansprüche aus dem Dienstverhältnis (Kündigungsfrist, Abfertigung usw) angerechnet werden.

Die Wiedereinstellungszusage vom 4. 11. 2002 lautete:

„Wiedereinstellungszusage

Die Firma ... (Gemeinschuldnerin) verpflichtet sich hiermit Herrn ... (Kläger) nach Wiederaufnahme der Bautätigkeiten neu einzustellen.

Die Abfertigungsansprüche und Urlaubsansprüche sowie der aktuelle Stundenlohn bzw Gehalt bleiben auch bei Überziehung der 135-Tage-Frist voll aufrecht.

Zur Klarstellung wird festgestellt:

Zeiten in denen der Arbeitnehmer Arbeitslosengeld bezieht und demnach in keinem Dienstverhältnis zur Firma ... (Gemeinschuldnerin) steht, werden für die Abfertigung nicht angerechnet."

In der Abrechnung November 2002 vom 13. 12. 2002 wurden die Sonderzahlungen - kollektivvertragskonform - berücksichtigt; nicht (end-)abgerechnet wurde allerdings der (noch) offene Urlaub im Umfang von 73,1 Urlaubsstunden. Dieser Resturlaub ist - sowie in den beiden vergangenen Jahren - mit Wiederaufnahme der Tätigkeit ab 20. 1. 2003 fortgeschrieben worden. Ab diesen Zeitpunkt hat der Kläger seine Tätigkeit bei der späteren Gemeinschuldnerin unverändert wieder aufgenommen.

Am 9. 7. 2003 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin der Konkurs eröffnet. Am 18. 7. 2003 erklärte der Kläger seinen berechtigten vorzeitigen Austritt.

Der Kläger begehrte von der Beklagten für Gehalt, Sonderzahlungen, Urlaubsersatzleistung, Abfertigung und Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 19. 7. 2003 bis 31. 12. 2003 Insolvenz-Ausfallgeld. Die Beklagte sprach ihm einen Betrag von insgesamt EUR 21.520 zu, darin aus dem Titel Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 19. 7. 2003 bis 29. 8. 2003 EUR 3.388. Die darüber hinaus geltend gemachten Ansprüche lehnte die Beklagte mit gesondertem Bescheid ab.

Mit seiner am 2. 3. 2004 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger an Kündigungsentschädigung für den Zeitraum vom 30. 8. 2003 bis 18. 10. 2003 einen weiteren Betrag von EUR 4.050. Gemäß § 3 Abs 3 IESG seien alle angerechneten Vordienstzeiten bei Berechnung des Insolvenz-Ausfallgeldes für die Kündigungsentschädigung zugrunde zu legen. Es sei daher eine unbedingte Kündigungsentschädigung von drei Monaten gesichert, weil anlässlich der Wiedereinstellungszusage jeweils die Anrechnung der Vordienstzeiten für alle arbeitsrechtlichen Ansprüche vereinbart worden sei.

Die Beklagte wendete ein, dass die Bezahlung von Kündigungsentschädigung für den über den 29. 8. 2003 hinausreichenden Zeitraum wegen Vorliegens eines von einem Bauunternehmen bezogenen anrechenbaren Einkommens des Klägers abgelehnt worden sei. Trete der Arbeitnehmer gemäß § 25 Abs 1 KO berechtigt aus, gebühre ihm Kündigungsentschädigung bis zu dem Zeitpunkt zu dem das Dienstverhältnis bei ordnungsgemäßer Kündigung durch den Masseverwalter geendet hätte. Dies sei, da der Masseverwalter lediglich an die gesetzlichen Kündigungsfristen gebunden sei, der 29. 8. 2003 gewesen. Das für die Beurteilung der gesetzlichen Kündigungsfrist relevante Dienstverhältnis habe nämlich nur ab Beginn der letzten Unterbrechung vom 20. 1. 2003 bis 18. 7. 2003, also noch keine zwei Jahre gedauert, sodass die Kündigungsfrist nur im Ausmaß von sechs Wochen bestehe. Die Vordienstzeitanrechnung auf vertraglicher Basis sei für die vom Masseverwalter einzuhaltende gesetzliche Kündigungsfrist irrelevant. Daran ändere auch der Hinweis auf § 3 Abs 3 IESG nichts, da dieser keine Einwirkung auf § 25 KO habe. Gemäß § 25 Abs 2 KO könne jedoch der Arbeitnehmer den Ersatz des verursachten Schadens als Konkursforderung verlangen. Ein derartiger Schadenersatzanspruch stehe dem Kläger grundsätzlich für den Zeitraum ab 30. 8. 2003 zu, allerdings habe insoweit bereits vom ersten Tag an die Anrechnung des anderweitig erworbenen Einkommens zu erfolgen. Da der Kläger im relevanten Zeitraum bei einer Baufirma ein Einkommen erzielt habe, welches die Schadenersatzforderung gegen die Gemeinschuldnerin jedenfalls erreiche, verbleibe kein Restanspruch.

Der Kläger replizierte, dass das für die Beurteilung der gesetzlichen Kündigungsfrist relevante Dienstverhältnis aufgrund der getroffenen Anrechnungsvereinbarung vom 1. 8. 1996 bis 18. 7. 2003, sohin mehr als fünf Dienstjahre gedauert habe, weshalb die Kündigungsfrist gemäß § 20 Abs 2 AngG drei Monate betragen habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen aus, dass die Wiedereinstellungsvereinbarungen in der Gesamtheit gesehen als Karenzierungsvereinbarungen anzusehen seien, sodass es jeweils nicht zu einer Unterbrechung oder Auflösung des Dienstverhältnisses gekommen sei. Da die Vordienstzeitenanrechnung auch der Bestimmung des § 3 Abs 3 IESG entspreche, sei von einer Dauer des Dienstverhältnisses von mehr als fünf Jahren auszugehen.

Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Dem Kläger stehe die Entschädigung für eine dreimonatige Kündigungsfrist auch dann zu, wenn man nicht von einem seit 1. 8. 1996 durchgehend aufrecht bestehenden Dienstverhältnis ausgehe. Gemäß § 3 Abs 3 zweiter Satz IESG seien die unstrittigen Anrechnungsvereinbarungen auch der Berechnung des Insolvenz-Ausfallgeldes für die Kündigungsentschädigung zugrunde zu legen. Durch die zulässige Anrechnung von Vordienstzeiten aus früheren Dienstverhältnissen werde die sich daraus ergebende längere Kündigungsfrist auch zur gesetzlichen Kündigungsfrist iSd § 3 Abs 3 erster Satz IESG.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig, es kommt ihr jedoch keine Berechtigung zu.

Im Verfahren ist nicht strittig, dass der Kläger seinen Austritt berechtigt iSd § 25 Abs 1 KO erklärt hat. Ebenso blieb unbestritten, dass er zumindest ab 30. 8. 2003 ein Einkommen erzielte, durch dessen Anrechnung eine mögliche Schadenersatzforderung gegenüber der Gemeinschuldnerin aufgezehrt würde.

Ausgehend von diesen Prämissen ist vorerst auf die durch die IESG-Novelle 1997, BGBl I 107/1997, neu gefasste Bestimmung des § 3 Abs 3 IESG einzugehen. Nach dessen ersten Satz sind der Berechnung des Insolvenz-Ausfallgeldes für gesicherte Ansprüche unbeschadet des zweiten Satzes nur die gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Kündigungsfristen unter Bedachtnahme auf die Kündigungstermine und die gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen zugrunde zu legen. Gemäß dem zweiten Satz ist eine einzelvertragliche Anrechnung von Vordienstzeiten unter Bedachtnahme auf § 1 Abs 3 Z 2 IESG der Berechnung des Insolvenz-Ausfallgeldes nur insoweit zugrunde zu legen, als es sich um die Anrechnung von tatsächlich geleisteten Beschäftigungszeiten handelt, oder solche Zeiten nicht bereits bei früheren Beendigungsansprüchen berücksichtigt wurden. Wie schon das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat und von der Revisionswerberin auch nicht bestritten wird, liegen sämtliche vom Gesetz für die Anwendbarkeit des zweiten Satzes des § 3 Abs 3 IESG aufgestellten Bedingungen vor. Die letzte Wiedereinstellungszusage, in welcher - wie auch bereits früher - die Anrechnung von Vordienstzeiten vereinbart wurde, datiert vom 4. 11. 2002 und liegt damit außerhalb der Ausschlussfrist des § 1 Abs 3 Z 2 lit b IESG von sechs Monaten vor der - hier am 9. 7. 2003 erfolgten - Eröffnung des Konkurses. Auch steht fest, dass die Zeiten der Unterbrechung keine Berechnungsgrundlage bilden, sodass nur tatsächlich geleistete Beschäftigungszeiten zugrundegelegt werden. Es wurde auch nicht vorgebracht, dass hier relevante Zeiten bereits bei früheren Beendigungsansprüchen berücksichtigt worden wären.

Der erkennende Senat hat in seinen Entscheidungen 8 ObS 13/01x und 8 ObS 257/01d dargelegt, dass zwar grundsätzlich nur die gesetzliche Abfertigung, nicht aber freiwillig gewährte Abfertigungen vom Schutz des IESG erfasst seien, dass jedoch bereits in der Judikatur ausgesprochen und nun in § 3 Abs 3 IESG festgeschrieben worden sei, dass eine einzelvertragliche Anrechnung von Vordienstzeiten für die Abfertigung zulässig sei, soweit es sich um die Anrechnung von tatsächlich geleisteten Beschäftigungszeiten oder von solchen Zeiten handle, die nicht bereits bei früheren Beendigungsansprüchen berücksichtigt wurden. Eine solche sich durch die Anrechnung von Dienstzeiten ergebende Erhöhung des Abfertigungsanspruches sei daher unter den Bedingungen des § 3 Abs 3 zweiter Satz IESG gesichert (in diesem Sinne auch Holzer/Reissner/W. Schwarz, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz4, 194). In seiner Entscheidung 8 ObS 4/04b sprach der erkennende Senat einem Angestellten ex contractu die gegenüber dem Kollektivvertrag für Handelsarbeiter höheren Ansprüche nach dem Angestelltengesetz zu und führte unter anderem aus, dass zwischen dem Kläger und seiner früheren Dienstgeberin keine Kündigungsfrist „vereinbart" worden sei. Vereinbart sei vielmehr nur die Anwendung des Angestelltengesetzes, dessen Kündigungsfrist somit als „gesetzliche" Kündigungsfrist iSd § 3 Abs 3 erster Satz IESG anzusehen sei. Diese Auslegung stehe auch im Einklang mit dem Zweck der zuletzt genannten Gesetzesstelle, allfällige Missbräuche zu vermeiden.

Die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht, die Bestimmung des § 3 Abs 3 zweiter Satz IESG gebiete unter den dort genannten Voraussetzungen die Berücksichtigung einzelvertraglicher Anrechnung von Vordienstzeiten bei der Berechnung des Insolvenz-Ausfallgeldes ergibt sich daher nicht nur bereits aus dem Gesetzeswortlaut, sondern darüber hinaus aus der dargelegten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.

Die Beklagte vermeint nunmehr, § 3 Abs 3 zweiter Satz IESG sei deshalb unrichtig angewendet worden, weil die vom Masseverwalter einzuhaltende gesetzliche Frist iSd § 25 Abs 1 KO den Anspruch auf Kündigungsentschädigung beschränke. Diese Frist könne im Unterschied zu der mehrfach genannten Bestimmung des IESG durch Vereinbarung über die Anrechnung von Vordienstzeiten nicht verlängert werden (in diesem Sinne auch Holzer, Insolvenz- und Arbeitsverhältnis [Teil 1], DRdA 1998, 325 hier: 331).

Einschließlich der Neufassung des § 25 KO durch das IRÄG 1994 regelte diese Gesetzesstelle in keiner ihrer Entwicklungsphasen das Problem des Schadenersatzanspruches des austretenden Arbeitnehmers. Diese Tatsache wurde als verfassungsrechtlich unbedenklich empfunden, war doch nicht zu sehen, welche Verfassungsbestimmung den Gesetzgeber verhalten könnte, dem selbst vorzeitig austretenden Arbeitnehmer über den Anspruch auf Kündigungsentschädigung bis zum Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist hinaus noch weitergehende Schadenersatzansprüche einzuräumen (SZ 66/2; 9 ObS 16/93; 8 ObS 4/96 ua). Es bildete sich daher der Rechtssatz heraus, dass der Arbeitnehmer im Falle des vom Arbeitgeber durch Nichtzahlung des Entgelts verschuldeten Austritts nicht anders zu behandeln sei, als bei zulässiger Kündigung durch den Masseverwalter (RIS-Justiz RS0108135). Einen darüber hinausgehenden Schadenersatzanspruch könne auch die durch das IRÄG 1994 neu gefasste Bestimmung des § 25 Abs 2 KO, die den Austritt des Arbeitnehmers nicht nenne, ebensowenig wie die Vorgängerbestimmung begründen (8 ObS 4/96; 8 ObS 3/98v).

Des Weiteren bildete sich nach der damals gültigen Rechtslage die Judikaturlinie heraus, auf den Schadenersatzanspruch des § 25 Abs 2 KO sei ebenso wie auf jenen des § 20d AO im Unterschied zur Kündigungsentschädigung gemäß § 1162b ABGB, § 29 AngG das anderweitig verdiente oder das ersparte von Anfang an voll anzurechnen (RIS-Justiz RS0103975). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Masseverwalter bei Ausübung seines Kündigungsrechtes nach § 25 Abs 1 KO rechtmäßig handle. Die privilegierte Kündigung durch den Masseverwalter könne insoweit nicht der grundlosen Entlassung oder dem berechtigten vorzeitigen Austritt gleichgesetzt werden. Es stehe daher nicht die sogenannte „Kündigungsentschädigung" iSd § 1162b ABGB, § 29 AngG zu. Der Schadenersatzanspruch des gekündigten Dienstnehmers umfasse vielmehr nur den tatsächlich erlittenen Schaden, also den durch die vorzeitige Kündigung verursachten Entgang an Verdienst abzüglich des während des fraglichen Zeitraumes durch anderweitige Verwendung der Arbeitskraft erzielten Einkommens (SZ 69/96; 8 ObS 14/97k).

Während somit nach der Judikatur und der überwiegenden Lehrmeinung dem Arbeitnehmer im Fall eines Austritts gemäß § 25 Abs 1 KO lediglich eine Kündigungsentschädigung im Ausmaß der gesetzlichen, kollektivvertraglichen oder zulässigerweise vereinbarten kürzeren Kündigungsfrist zustand, wurde durch die Neufassung des § 25 KO durch das IRÄG 1997 (BGBl 114/1997) und die Ausdehnung des Schadenersatzanspruches des Arbeitnehmers auf jede Art der Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach Abs 1 klargestellt, dass jedenfalls auch der Austritt des Arbeitnehmers gemäß § 25 Abs 1 KO, der nicht auf ein sonstiges Verschulden des Arbeitgebers gestützt ist, einen Anspruch auf Kündigungsentschädigung unter Beachtung der vereinbarten längeren Kündigungsfrist iSd § 3 Abs 3 zweiter Satz IESG und des Kündigungstermins begründet:

Zur Frage, ob weiterhin zwischen Kündigungsentschädigung beschränkt auf das zeitliche Ausmaß der privilegierten Masseverwalterkündigung und Schadenersatz zu differenzieren sei und die Anrechnungssperre nur in ersterem Fall Geltung haben solle, werden in der Lehre verschiedene Meinungen vertreten. Holzer/Reissner/W. Schwarz (aaO 458) sind der Ansicht, auch der Schadenersatzanspruch sei als Kündigungsentschädigung zu deuten, die durch den Zeitpunkt begrenzt werde, zu dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß lösen könnte. Zurückzuweisen seien jene bereits bemerkbaren Tendenzen, die nunmehr auch für diesen Fall die Anrechnungssperre für die ersten drei Monate der Zahlung beiseite schieben wollten. Sundl (Probleme des Schadenersatzanspruchs gemäß § 25 Abs 2 KO, ASok 2001, 74) vertritt die Ansicht, dass die oben dargestellte Differenzierung nach dem IRÄG 1997 obsolet geworden sei. Der Arbeitnehmer handle im Rahmen seines Austritts nach § 25 Abs 1 KO rechtmäßig, wenn der Gesetzgeber nun unwiderlegbar das Verschulden des Arbeitgebers an der Konkurseröffnung vermute, wobei er die Konkurseröffnung als wichtigen Grund zum Austritt anerkenne. Der Austritt nach § 25 Abs 1 KO sei daher immer ein vom Arbeitgeber verschuldeter Austritt, sodass eine völlige inhaltliche Übereinstimmung mit dem Tatbestand des § 1162b ABGB und des § 29 AngG vorliege. Die Identität der Tatbestandsvoraussetzungen verlange auch eine Gleichbehandlung in den Rechtsfolgen, sodass kein Grund zu erkennen sei, lediglich eine partielle Analogie zu den Schadensermittlungsbestimmungen der §§ 1162b ABGB, 29 AngG zu ziehen. Grießer (Die wesentlichen arbeitsrechtlichen Änderungen des IRÄG 1997, ZAS 1998, 1) verweist darauf, dass § 25 Abs 2 KO generell von einem Ersatz des verursachten Schaden spreche und stellt die Frage, ob bei Vornahme eines konkursbedingten Austritts die Anrechnungsmöglichkeit bereits auf diesen Zeitpunkt vorzuverlegen sei, oder ob diese Rechtslage nur für den Zeitraum gelten solle, um den sich im Vergleich zur Kündigung des Masseverwalters der Kündigungszeitraum verkürze. Eine historische Interpretation spreche dafür, nur den Schadenersatzanspruch, wie er bei einer begünstigten Kündigung durch den Masseverwalter angefallen wäre, im aufgezeigten Sinne zu behandeln. Der Anwendungsbereich des § 25 Abs 2 KO sei teleologisch dahin zu reduzieren, dass bis zum Ablauf der vom Masseverwalter einzuhaltenden Kündigungsfrist von einer echten Kündigungsentschädigung und den hiefür geltenden Anrechnungsmöglichkeiten auszugehen sei.

Der erkennende Senat schließt sich den beiden erstgenannten Lehrmeinungen an: Schon der enge zeitliche Zusammenhang der IESG-Novelle 1997 und des IRÄG 1997 lässt nicht annehmen, der Gesetzgeber habe die Neufassungen von § 3 Abs 3 IESG und § 25 KO beschlossen, ohne die gegenseitige Abhängigkeit dieser Gesetzesstellen zu beachten. Es kann kaum unterstellt werden, er habe eine gegenüber den Forderungen im Konkurs weitergehende Sicherung der Ansprüche des Arbeitnehmers für den Bereich des Insolvenzausfallgeldes statuieren wollen und so in Kauf genommen, dass der Fonds teilweise um seine gemäß § 11 IESG im Konkurs geltend zu machenden Rückersatzansprüche gebracht werde. Geht man - wie dies die Beklagte tut - vom Vorrang des § 25 KO aus, hätte der Gesetzgeber die Ungleichbehandlung von im Konkurs austretenden Arbeitnehmern gegenüber solchen, deren Anspruch auf der Konkurseröffnung gleichzuhaltenden Gründen beruht (§ 1 Abs 1 Z 1 bis 6 IESG), bewusst in Kauf genommen. Für ein derart masseschonendes Vorhaben bieten jedoch die beiden Novellen keinerlei Anhaltspunkt, wäre es doch ein Leichtes gewesen, eine entsprechende Einschränkung in den Gesetzestext aufzunehmen.

Aus der novellierten Fassung des § 25 Abs 1 KO, wonach nun die Konkurseröffnung als wichtiger Austrittsgrund anerkannt wird, ergibt sich vielmehr, dass der Arbeitnehmer nicht anders gestellt werden sollte, als bei sonstiger berechtigter vorzeitiger Lösung des Dienstverhältnisses. Dass der Gesetzgeber mit der gewählten Formulierung nicht etwa nur darauf verweisen wollte, der Austritt sei im Sinn des § 1162a ABGB gerechtfertigt, sodass die dort genannten Folgen nicht eintreten könnten, ergibt sich unzweifelhaft aus § 25 Abs 2 KO, wonach der Arbeitnehmer nach Lösung des Arbeitsverhältnisses gemäß Abs 1 Ersatz des verursachten Schadens als Konkursforderung verlangen kann. Es besteht keinerlei Anhaltspunkt, dass diese Bestimmung einschränkend im Sinn der früheren Judikatur zu sehen wäre. Auch das dort verwendete Argument, es gelte einen "Wettlauf" zwischen Masseverwalter und Arbeitnehmer bei Lösung des Dienstverhältnisses zu verhindern, weshalb auch letzterem nur die Kündigungsentschädigung für die dem Masseverwalter offenstehende Kündigungsfrist zuzubilligen sei, vermag nun nicht mehr durchzuschlagen, wird doch der Schadenersatzanspruch für alle in Frage kommenden Beendigungsarten gleich geregelt.

Damit ist aber eine nicht zu übersehende Parallelität zu den Bestimmungen der §§ 1162b ABGB und 29 AngG hergestellt. Argumente für eine differenzierende Behandlung des nach § 25 Abs 2 KO zustehenden Schadenersatzes bestehen nicht mehr. Es ist daher auch der Anrechnungsausschluss des § 1162b letzter Satz ABGB (§ 29 Abs 2 AngG) auf diesen Anspruch uneingeschränkt anzuwenden.

Gemäß § 1162b ABGB (§ 29 AngG) stehen die vertragsmäßigen Ansprüche auf das Entgelt unter anderem für den Zeitraum zu, der bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses durch ordnungsgemäße Kündigung hätte verstreichen müssen. Da gemäß § 25 Abs 2 KO auch die privilegierte Kündigung gemäß Abs 1 durch den Masseverwalter schadenersatzpflichtig macht, der Gesetzgeber somit zu erkennen gegeben hat, dass er deren in der Konkurseröffnung liegende Wurzeln als Verschuldenselement ansieht, kann das Vorgehen des Masseverwalters nicht als „ordnungsgemäße Kündigung" im Sinn der genannten Gesetzesstellen angesehen werden. Vielmehr wird das zeitliche Maß des Entgeltanspruches durch die für den konkreten Arbeitnehmer unter Außerachtlassung der Konkurseröffnung bestehende Kündigungsmöglichkeit bestimmt.

Da somit auch hinsichtlich der hier noch strittigen Ansprüche des Klägers für die ersten drei Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Anrechnungssperre des § 1162b letzter Satz ABGB, § 29 Abs 2 AngG besteht, ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 50, 41 ZPO.

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