OGH 10Ob13/05t

OGH10Ob13/05t28.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Waltraud J*****, Inhaberin einer Brennerei, *****, vertreten durch Dr. Gerolf Haßlinger und andere Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, gegen die beklagte Partei Helmut L*****, Unternehmer, *****, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwaltssozietät in Graz, wegen EUR 18.531,79 s.A., über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 1. September 2004, GZ 4 R 137/04f-41, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 31. März 2004, GZ 12 Cg 220/01f-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.000,98 (darin EUR 166,83 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Beklagte hat der Klägerin im Jahr 1997 Edelstahlbehälter geliefert. Anlässlich ihrer Bestellung hat die Klägerin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Behälter für die Lagerung hochprozentiger Edelbrände geeignet sein müssen. Der Beklagte bezog die Behälter von einer in Italien ansässigen Gesellschaft deren Geschäftsführer ihm die Lebensmittelechtheit zugesagt hatte. Die Behälter wurden zum Teil mit Blindverschraubungen geliefert, die eine mattere Farbe als die Behälter aufwiesen, was auch dem Beklagten aufgefallen ist. Dennoch hegte der Beklagte keinen Zweifel an der Lebensmittelechtheit der Behälter. Er nahm keine eigenen Überprüfungen vor und fragte auch nicht bei der Lieferantin nach. Im Herbst 1998 stellte die Klägerin fest, dass die in den Behältern mit Blindverschraubungen gelagerten Edelbrände verdorben waren. Dies war darauf zurückzuführen, dass die vom Beklagten gelieferten Blindverschraubungen wegen ihrer Ausführung in nicht lebensmittelechtem Metall für die Lagerung von Edelbränden ungeeignet waren.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten den Ersatz des auf die Unverwertbarkeit der Edelbrände zurückzuführenden Mangelfolgeschadens in Höhe von EUR 18.531,79 s.A. (erzielbarer Verkaufserlös abzüglich Steuern und Aufwendungen der Klägerin).

Der Beklagte bestritt und wandte ein, dass er sich aufgrund verschiedener Umstände darauf verlassen habe können, lebensmittelechte Stahlbehälter geliefert zu bekommen. Abgesehen davon, dass ihn keine Überprüfungspflicht getroffen habe, sei ihm eine Überprüfung der Lebensmittelechtheit der Verschraubungen vor der Lieferung an die Klägerin nicht möglich gewesen.

Das Erstgericht sprach der Klägerin den begehrten Schadenersatz (abgesehen von einem Zinsenmehrbegehren) zu. Der Beklagte habe feststellen können, dass die Blindverschraubungen matter als die Behälter gewesen seien, weshalb er davon ausgehen habe müssen, dass diese aus einem anderen Material gefertigt gewesen seien. Als sorgfältiger Händler sei er zur Abklärung angehalten gewesen, ob das mattere Material auch die vertraglich bedungene Eigenschaft der Lebensmitteltauglichkeit erfülle. Da es bei Vertragsverhältnissen zu einer Erhöhung des Sorgfaltsmaßstabes komme, sei dem Beklagten vorzuwerfen, dass er sich trotz Bemerkens des Materialunterschiedes auf den Prospekt der Lieferfirma verlassen habe, obwohl es nahe liegend und zumutbar gewesen wäre, dort Erkundigungen über die Materialeigenschaft der Blindverschraubungen einzuholen. Den Beklagten treffe daher ein Verschulden am Verderb der Edelbrände, weshalb dem Klagebegehren stattzugeben gewesen sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Dem Beklagten sei der ihm gemäß § 1298 ABGB obliegende Beweis seiner Schuldlosigkeit nicht gelungen. Auch wenn er seinerseits die Waren bei einem italienischen Erzeuger bezogen habe, der ihm die Eignung für den vorgesehen Zweck zugesagt habe, hätte er sich angesichts der Tatsache, dass die Verschraubungen schon äußerlich erkennbar farbliche Abweichungen von den Behältern aufgewiesen hätten, beim Erzeuger wegen deren Lebensmitteltauglichkeit erkundigen oder eigene Untersuchungen dahin anstellen müssen, ob die ihm gelieferte Ware der Bestellung der Klägerin entsprochen habe. Weitere Erkundigungen oder andernfalls eine nähere Untersuchung wären dem Beklagten aufgrund des Umstandes, dass eine optische Kontrolle den Verdacht auf die Verwendung anderer, nicht lebensmitteltauglicher Materialien für die Verschraubungen aufkommen habe lassen, geboten und auch zumutbar gewesen. In diesem Fall habe der Beklagte nicht auf die Zusicherung seiner Lieferantin vertrauen dürfen; vielmehr habe ihn die Verpflichtung getroffen, sich durch eigene Nachforschungen, allenfalls auch Untersuchungen von der Tauglichkeit der von ihm bezogenen Waren für den bedungenen Zweck zu überzeugen. Da der Beklagte seine vertraglich begründete Leistungspflicht schuldhaft verletzt habe, habe er der Klägerin den aus der Mangelhaftigkeit der Kaufsache resultierenden Schaden zu ersetzen.

Aufgrund eines Antrages des Beklagten nach § 508 ZPO änderte das Berufungsgericht seinen ursprünglichen Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision dahin ab, dass die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO doch für zulässig erklärt wurde, weil die Frage, ob schon eine Farbabweichung der gelieferten Ware, die den Verdacht auf die Verwendung unterschiedlicher Metalle zulasse, eine Prüfpflicht des (Zwischen-)Händlers auslöse und bei Unterlassung einer Überprüfung zum Ersatz des Mangelfolgeschadens führe, in der bisherigen Judikatur nicht behandelt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist ungeachtet dieses den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a ZPO nicht bindenden Ausspruches des Berufungsgerichtes nicht zulässig.

Der Beklagte sieht - infolge Fehlens einer höchstgerichtlichen Judikatur bzw infolge Abweichens des Berufungsgerichts von der höchstgerichtlichen Judikatur - erhebliche Rechtsfragen in folgenden Punkten:

1) Umfang der Verpflichtung eines Zwischenhändlers von Massenware, auch bei ausdrücklicher Eignungszusicherung des Produzenten bezüglich einer bestimmten Produkteigenschaft dennoch eigene Nachforschungen bzw Untersuchungen in Richtung des Vorhandenseins der Eignung anzustellen;

2) Ausmaß der Verdachtsmomente, die ergänzende Überprüfungen und Erkundigungen des Zwischenhändlers erforderlich machen;

3) Anwendbarkeit der Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB.

Zu 1) und 2):

Der (Zwischen-)Händler haftet dem Käufer gegenüber nur für die

Erfüllung der ihn selbst treffenden Pflichten wie die Auswahl eines

geeigneten Erzeugers, einwandfreie Lagerung der Ware, Hinweise auf

Gefahren oder ordnungsgemäße Verpackung. Er haftet jedoch nicht für

jedes Verschulden des Produzenten, da der Erzeuger in der Regel nicht

als Erfüllungsgehilfe des Händlers anzusehen ist (2 Ob 514/79 = SZ

52/74; 1 Ob 564/94 = SZ 67/101; RIS-Justiz RS0022662, RS0022902;

ausnahmsweise anders zuletzt 1 Ob 265/03g = JBl 2004, 648 im Hinblick

auf die - hier nicht relevante - Einbeziehung des Erzeugers in die Werkerstellung durch den Werkunternehmer). Im Sinne dieser Judikatur hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 7 Ob 2361/96y (JBl 1997, 456) ausgesprochen, dass es die Sorgfaltspflicht des Händlers überspannen würde, würde ihm die Verpflichtung auferlegt, die vom Erzeuger zugesicherten bestimmten Eigenschaften der vom Händler bloß vertriebenen Waren durch eigene Tests überprüfen zu lassen. Der Händler insbesondere einer Massenware müsse sich "mangels besonderer Umstände oder konkreter Verdachtsmomente" (die in dem Fall nicht gegeben waren) auf die Auskünfte des Produzenten verlassen dürfen, zumal dem Händler - anders als dem Produzenten - meist gar nicht entsprechende Prüfvorrichtungen und auch nicht das notwendige Know-how zur Verfügung stünden.

Der Oberste Gerichtshof nimmt demnach eine Überprüfungs-, allenfalls erweiterte Erkundigungspflicht des Zwischenhändlers in bestimmten Konstellationen an. Ob nun aber "konkrete Verdachtsmomente" vorhanden sind, die den Zwischenhändler an der bedungenen Eignung des Produkts zweifeln lassen müssen und daher Überprüfungs- und Erkundigungspflichten nach sich ziehen, kann ebenso wie die Frage nach dem Umfang solcher Pflichten typischerweise nur einzelfallbezogen und nicht (zB nach Produktkategorien) generalisierend beurteilt werden. Da die Ansicht des Berufungsgerichts, dass der Beklagte im konkreten Fall aufgrund der unterschiedlichen Materialfarbe nähere Erkundigungen einholen oder Überprüfungen vornehmen hätten müssen, unter den gegebenen Umständen vertretbar erscheint, ist das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zu den Punkten 1) und 2) zu verneinen.

Zu 3):

Die Frage der Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB stellt sich hier mangels non-liquet-Situation nicht. Der Beklagte hat zwar versucht, den Nachweis der Einhaltung der objektiv gebotenen Sorgfalt zu erbringen; diese hat er aber nach Ansicht der Vorinstanzen nicht eingehalten. Die Beurteilung dieser Frage ist aber - wie oben schon dargelegt - eine solche des Einzelfalls.

Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 1298 ABGB ist die Revision der beklagten Partei zurückzuweisen (§ 508a Abs 2 ZPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die klagende Partei hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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