OGH 9ObA79/05s

OGH9ObA79/05s6.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Univ. Doz. Dr. Bydlinski sowie durch die fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Elmar Peterlunger und Dr. Herbert Stegmüller als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Hans-Peter R*****, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, gegen die beklagte Partei Manfred L***** , vertreten durch Mag. Wolfgang Auner, Rechtsanwalt in Leoben, wegen EUR 29.146,01 sA und Feststellung (Gesamtstreitwert EUR 32.146,01 sA), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. April 2005, GZ 7 Ra 14/05s-22, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. August 2004, GZ 23 Cga 19/04t-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es für die Qualifikation einer Person als Aufseher im Betrieb iSd § 333 Abs 4 ASVG nicht auf dessen Stellung im Unternehmen im Allgemeinen oder die Ausübung der Aufseherfunktion auf Dauer ankommt, sondern darauf, ob jemand bezüglich einer bestimmten, ihm aufgetragen Arbeit entscheidungsbefugt ist, also die Verantwortung für das Zusammenspiel persönlicher und technischer Kräfte trägt (RIS-Justiz RS0088337, 3 Ob 154/04z, 8 ObA 73/03x uva). Es ist auch nicht entscheidend, ob die Aufsicht allein oder in Unterordnung unter einem Vorgesetzten ausgeübt wird (RIS-Justiz RS0085519), oder ob der Arbeitsaufseher tatsächlich von seinem Weisungsrecht gegenüber dem untergeordneten Arbeitnehmer Gebrauch machte (4 Ob 107/72, 8 Ob 76/80).

Die Frage, ob eine bestimmte Person bei einem konkreten Arbeitseinsatz als Aufseher im Betrieb anzusehen ist, ist stets von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig (4 Ob 45/73, 8 Ob 78/87, 3 Ob 154/04z ua), sodass im Regelfall erhebliche Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu lösen sind (8 ObA 150/03z, 3 Ob 154/05z). Eine erhebliche Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste, ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen.

2. Das Berufungsgericht hat die den Streitteilen bekannte Betriebsvereinbarung in der Weise ausgelegt, dass zum Zeitpunkt des Unfalls der Beklagte der für die Durchführung der Schlägerungsarbeiten verantwortliche Partieführer war. Diese Beurteilung stellt schon deshalb keine krasse Fehlbeurteilung dar, weil nach den einschlägigen Regelungen stets ein Partieführer vorhanden sein muss, wenn zwei oder mehrere Dienstnehmer zugleich an einem Arbeitsort arbeiten. Soweit nicht eine andere Person die Funktion des Partieführers innehat, soll diese vom ranghöchsten bzw dienstältesten Mitarbeiter wahrgenommen werden, welcher im Verhältnis zwischen den Streitteilen zweifellos der Beklagte war. Unbedenklich ist die Auffassung des Berufungsgerichtes, der als Partieführer für den gesamten Arbeitseinsatz eingesetzte Mitarbeiter sei deshalb nicht als Aufseher im Betrieb gemäß § 333 Abs 4 ASVG für die hier zu beurteilenden Schlägerungsarbeiten anzusehen, weil er sich an diesen Arbeiten weder beteiligt noch sie überwacht hat, sondern sich vielmehr - mit anderen Tätigkeiten beschäftigt - in einer Entfernung vom Arbeitsort aufhielt, die ihm weder ein Eingreifen noch konkrete Anweisungen bei der Arbeit ermöglichte.

3. Geht man nun mit dem Berufungsgericht davon aus, dass der Beklagte als verantwortlicher Partieführer der Schlägerungsarbeiten anzusehen war, so kann er sich auf das Haftungsprivileg des § 333 Abs 4 ASVG berufen. Wie bereits dargelegt wurde, ist es grundsätzlich nicht von Bedeutung, ob der Beklagte als Arbeitsaufseher tatsächlich von seinem Weisungsrecht Gebrauch gemacht hat. Zutreffend hat das Berufungsgericht aber darauf hingewiesen, dass er den Kläger - im Sinne der allgemeinen Arbeitsvorschriften - ausdrücklich angewiesen hatte, mit den Entastungsarbeiten zuzuwarten, bis der Beklagte den von ihm zu bearbeitenden Baum gefällt hat.

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