Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten der Rekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes ist der Rekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Zurückweisung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§§ 528a iVm 510 Abs 3 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage, ob von einem schlüssigen Verzicht des Versicherers auf ein im Rahmen der Versicherungsbedingungen fakultativ vereinbarten Sachverständigenverfahren nicht nur im Fall einer qualifizierten Anspruchsablehnung iSd § 12 Abs 3 VersVG ausgegangen werden könne - soweit überblickbar - nicht vorliege.
Dem Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrag für freiberuflich Tätige liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung (ABS) zu Grunde. Art 11 ABS lautet:
„Sachverständigenverfahren
(1) Jeder Vertragspartner kann verlangen, dass Ursache und Höhe des Schadens durch Sachverständige festgestellt werden. Die Feststellungen, die die Sachverständigen im Rahmen ihrer Zuständigkeit treffen, sind verbindlich, wenn nicht nachgewiesen wird, dass sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen ...."
Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass ein Versicherungsnehmer dann, wenn der Versicherer ein Sachverständigenverfahren verlangt, mangels Fälligkeit der Entschädigung auf die Klage auf Feststellung der Deckungspflicht verwiesen ist und noch nicht Leistungsklage erheben kann (7 Ob 133/04s, 7 Ob 18/02a, 7 Ob 45/99i). Der Versicherer kann auf die Einrede des Sachverständigenverfahrens verzichten, indem er dieses (nur fakultativ vorgesehene) nicht verlangt (7 Ob 133/04s, 7 Ob 45/99i; RIS-Justiz RS0081393). Ein solcher Verzicht kann auch schlüssig erfolgen, wobei hier ein strenger Maßstab anzulegen ist (7 Ob 133/04s, RIS-Justiz RS0014570). Ein solcher Verzicht auf das fakultative Sachverständigenverfahren wurde auch immer dann angenommen, wenn der Versicherer die Versicherungsleistung endgültig ablehnt. In diesem Fall wird der Entschädigungsanspruch sofort fällig (7 Ob 18/02a, 7 Ob 45/99i, RIS-Justiz RS0080481). Es wurde auch schon judiziert, dass es einem beklagten Versicherer nicht freistehe, nach einer ursprünglich unbegründeten Ablehnung im Zuge des Verfahrens mit einem Anerkenntnis des Anspruchs dem Grunde nach die bereits eingetretene Fälligkeit des Entschädigungsanspruches unter Berufung auf das einzuleitende Sachverständigengutachten wiederum aufzuheben (7 Ob 332/99w). Nach der dargelegten Judikatur ist also eine qualifizierte Ablehnung nach § 12 Abs 3 VersVG nicht alleinige Voraussetzung für die Annahme eines schlüssigen Verzichtes des Versicherers auf ein Sachverständigenverfahren.
Soweit den Feststellungen zu entnehmen, wurde zunächst das Sachverständigenverfahren von der Beklagten unter Abgehen von den Vereinbarungen und § 64 Abs 2 VersVG nur unter der Voraussetzung begehrt, dass die Entscheidung im Schiedsverfahren für beide Parteien verbindlich sei. Die Bedingung für diese Antragstellung (ob sie überhaupt wirksam gesetzt werden kann, ist hier mangels Relevanz nicht zu prüfen) ist jedenfalls nicht eingetreten, weil der Kläger sich damit nicht einverstanden erklärt hat. Nach den Feststellungen zur Folgekorrespondenz ist zumindest unklar, ob nun den Erklärungen des beklagten Versicherers der Erklärungswert entnommen werden kann, dass er von der von ihm gesetzten Bedingung nunmehr abgehe und jedenfalls die Einleitung eines Sachverständigenverfahrens begehre. Mit Schreiben des Klagevertreters vom 17. 6. 2003 legte er der Beklagten den Standpunkt des Klägers dar, dass es „zu keinem Sachverständigenverfahren gekommen sei" und dass er mit dem fruchtlosen Verstreichen der nun gesetzten Frist mit der Klagsführung beauftragt sei. Damit legt er die Rechtsansicht des Klägers dar, dass von seinem Empfängerhorizont gesehen die Erklärungen der Beklagten so aufzufassen seien, dass sie kein Sachverständigenverfahren begehre und die Klagsführung zulässig sei. Dass es sich um eine Leistungsklage handeln werde, war im Kontext des Schreibens auf Grund der Herleitung der Höhe des Anspruches in einem Geldbetrag klar. Die Beklagte hat nun dem nicht widersprochen und etwa darauf hingewiesen, dass sie sehr wohl die Durchführung eines Sachverständigenverfahrens begehre, sondern erklärt, dass die bisherigen Versuche gescheitert seien und sie „mit Interesse einer Klage" entgegensehe. Nach den Umständen des Einzelfalls kann diese Erklärung nur so aufgefasst werden, dass auch die Beklagte der Ansicht ist, dass (zumindest in diesem Zeitpunkt) kein Antrag auf Einleitung eines Sachverständigenverfahrens von ihr gestellt wird, hätte sie doch ansonsten auf diesen Antrag verwiesen. Das Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten kann nur als schlüssiger Verzicht auf die Einleitung des Sachverständigenverfahrens (mangels Antragstellung wie oben dargelegt) aufgefasst werden. Hat aber der Versicherer bereits schlüssig auf die Durchführung des Sachverständigenverfahrens verzichtet, so kann er im Verfahren nicht mehr die Einrede der mangelnden Fälligkeit deshalb, weil kein Sachverständigenverfahren durchgeführt wurde, erheben (RIS-Justiz RS0080481). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes hält sich daher im Rahmen der Judikatur des Obersten Gerichtshofes. Es wurden keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 40 ZPO. Die Rekursbeantwortung diente nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, da der Kläger nicht auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen hat.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)