OGH 7Ob18/02a

OGH7Ob18/02a29.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Renate U*****, vertreten durch Dr. Thaddäus Kleisinger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G***** Versicherungs-AG, Landesdirektion W*****, ***** vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 190.000,-- = EUR 13.807,84), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 25. Oktober 2001, GZ 5 R 118/01m-15, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 21. März 2001, GZ 3 Cg 117/00h-10, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 812,52 (darin enthalten EUR 135,42 an Ust) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Dem zwischen den Parteien geschlossenen Haushaltsbündelversicherungsvertrag betreffend das Haus ***** liegen die Allgemeinen Bedingungen für Haushaltsversicherungen (ABH 1996) und die Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung (ABS 1995) zu Grunde.

Art 11 Abs 1 ABS 1995 lautet:

"Jeder Vertragspartner kann verlangen, dass Ursache und Höhe des Schadens durch Sachverständige festgestellt werden. Die Feststellungen, die die Sachverständigen im Rahmen ihrer Zuständigkeit treffen, sind verbindlich, wenn nicht nachgewiesen wird, dass sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen."

Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 21. 2. 2000 die Versicherungsleistung aus den Vorfällen vom 27. 1. 1999, 6. 2. 1999 und 11. 8. 1999 ab, da ihrer Meinung nach kein Einbruch im Sinne der Vertragsbedingungen stattgefunden habe. Sie belehrte die Klägerin dahingehend, dass innerhalb der nächsten 12 Monate im Sinne des § 12 VersVG die Klage auf Gewährung des Versicherungsschutzes beim zuständigen Gericht eingebracht werden müsse, sollte man der Ansicht sein, dass die Ablehnung zu Unrecht erfolge.

Die Klägerin begehrt nun die Feststellung, dass die Beklagte für die Vorfälle vom 27. 1. 1999, 6. 2. 1999 und 12. 8. 1999 (gemeint ist offensichtlich der 11. 8. 1999) Versicherungsschutz zu gewähren habe. Zu ihrem rechtlichen Interesse an dem Feststellungsbegehren brachte sie vor, dass über die Höhe des eingetretenen Schadens keine Einigkeit bestehe, sodass nach den Versicherungsbedingungen die Einbringung einer Leistungsklage erst nach Durchführung eines Sachverständigenverfahrens möglich sei. Die Klägerin könne die Schadenshöhe nicht angeben, weil dies eine Sachverständigenfrage sei, die erst mittels eines Sachverständigenverfahrens festgestellt werden müsse.

Die Beklagte beantragte die Klagsabweisung im Wesentlichen damit, dass es der Klägerin am rechtlichen Interesse an einer Feststellungsklage mangle, da die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche abgelehnt habe.

Die Vorinstanzen kamen zu dem Ergebnis, dass das Sachverständigenverfahren nach Art 11 ABS 1995 nur fakultativ sei und die Versicherungsleistung fällig werde, wenn der Versicherer die Deckung ablehne. Entscheidend sei, dass das vorprozessuale Verhalten des Versicherers beim Versicherungsnehmer das Vertrauen erwecken durfte, eine Entschädigung werde jedenfalls nicht an der fehlenden Durchführung eines Sachverständigenverfahrens scheitern. Durch die Ablehnung habe die Beklagte hier eindeutig zu erkennen gegeben, dass sie auf die Durchführung des Sachverständigenverfahrens verzichtet habe.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil "wegen der Häufigkeit der Vereinbarung von Versicherungsbedingungen wie der hier gegenständlichen" eine Frage grundsätzlicher rechtlicher und wirtschaftlicher Bedeutung zu lösen. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin mit einem Abänderungsantrag, in eventu wurde ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragt, die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben. Die Revision ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes (§ 508a Abs 1 ZOI) - nicht zulässig.

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Wie schon das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass die Entschädigung bei Vereinbarung eines Sachverständigenverfahrens dann nicht fällig ist, wenn mindestens eine Partei das Verfahren verlangt und die Schiedsmänner den Schaden noch nicht festgestellt haben. In diesem Fall kann der Versicherungsnehmer nur auf Feststellung der Ersatzpflicht klagen. Der Versicherer verzichtet aber durch Ablehnen der Deckung auf das wie hier nach Art 11 ABS 1995 fakultative Sachverständigenverfahren, wenn er die Versicherungsleistung endgültig ablehnt. Die Entschädigung wird dann sofort fällig und der Versicherer verliert in einem solchen Fall das Recht auf ein Sachverständigenverfahren (7 Ob 45/99i, RIS-Justiz RS0080481, RS0081393).

Beabsichtigt der Versicherungsnehmer, das Sachverständigenverfahren in Anspruch zu nehmen, so steht es ihm frei, dieses Verfahren zu beantragen. Unterlässt er dies vor Klagseinbringung und hat auch der Versicherer auf die Durchführung des Verfahrens durch Ablehnung der Versicherungsleistung verzichtet, so kann der Versicherungsnehmer bereits eine Leistungsklage einbringen. Ihm fehlt daher das nach § 228 ZPO notwendige rechtliche Interesse an einer Feststellungsklage (vgl 7 Ob 45/99i; RIS-Justiz RS0038965 ua).

Es wird keine erhebliche Rechtsfrage geltend gemacht, weshalb die Revision zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagte wies auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hin.

Stichworte