Spruch:
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung
Im wiederaufzunehmenden Verfahren begehrte die hier Beklagte und dortige Klägerin vom Wiederaufnahmskläger und dortigen Beklagten 24.140,46 EUR mit der Behauptung, er habe einen Brand verursacht, der auf das Haus ihres Versicherungsnehmers übergegriffen habe. Sie habe als Feuerversicherer Ersatzleistungen in Höhe des Klagebetrages erbracht. Das Erstgericht erkannte der Klägerin des wiederaufzunehmenden Verfahrens 23.321,51 EUR zu und wies das Mehrbegehren ab. Mit Urteil vom 29. 4. 2004 bestätigte das Berufungsgericht den Zuspruch von 21.075,12 EUR, änderte das Ersturteil aber dahin ab, dass es ein Mehrbegehren von insgesamt 3.065,34 EURO abwies. Beide Instanzen gingen davon aus, dass dem Versicherungsnehmer der dortigen Klägerin ein Sachschaden von 21.075,12 EUR entstanden war.
In seiner am 30. 4. 2004 eingebrachten, auf den Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO gestützten Wiederaufnahmsklage behauptete der Kläger und Beklagte des Vorprozesses, dass entgegen der im Vorverfahren unstrittigen Annahme an der Dachkonstruktion des Hauses des Versicherungsnehmers überhaupt kein Schaden entstanden sei. Hievon habe der Wiederaufnahmskläger durch die Zustellung eines Bescheids der Baubehörde am 2. 4. 2004 erfahren. Mit diesem Bescheid sei der dem Versicherungsnehmer erteilte Baubewilligungsbescheid vom 28. 5. 2002 ersatzlos aufgehoben worden. Aus dessen Begründung und der Bestätigung eines Holzbauunternehmens, auf die der Bescheid Bezug nehme, gehe hervor, dass die Dachkonstruktion nicht sanierungsbedürftig sei, sondern trotz des Brandereignisses ihre Tragfähigkeit behalten habe. Der für die Erneuerung der Dachkonstruktion veranschlagte Betrag von 12. 387,97 EUR sei daher zu Unrecht zuerkannt worden. Der Wiederaufnahmskläger begehrte daher das Urteil, dass die Wiederaufnahme bewilligt und das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt im Vorverfahren insofern aufgehoben werde, als er schuldig erkannt worden sei, der hier Beklagten einen 10.933,54 EUR übersteigenden Betrag zu zahlen und dass das im wiederaufgenommene Verfahren erhobene Klagebegehren insoweit abgewiesen werde, als der Wiederaufnahmskläger schuldig erkannt worden sei, 12.387,97 EUR zu zahlen.
Das Erstgericht wies die Wiederaufnahmsklage (nach Zustellung an die Beklagte) als zur Bestimmung einer Tatsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet zurück, weil der Wiederaufnahmskläger schon im Hauptprozess einen Gerichtssachverständigen zur Frage der Höhe des eingetretenen Schadens beantragen hätte können und die Möglichkeit eines günstigeren Ergebnisses durch Berücksichtigung der vorgelegten Urkunden zu verneinen sei.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht legte den vom Kläger erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der seit dem Inkrafttreten der WGN 1997 geltenden Rechtslage: Gemäß § 528 Abs 2 Z 1a ZPO ist der Revisionsrekurs - vorbehaltlich des Abs 2a - in Streitigkeiten, in denen der Entscheidungsgegenstand zwar 4.000 EUR, nicht aber insgesamt 20.000 EUR übersteigt, jedenfalls unzulässig, wenn das Gericht zweiter Instanz ausgesprochen hat, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig ist. Der Streitwert im Wiederaufnahmeverfahren entspricht zwar regelmäßig dem jenes Verfahrens, dessen Wiederaufnahme angestrebt wird (RIS-Justiz RS0042409), sodass der Streitgegenstand der Rechtsmittelklage jedenfalls nicht höher sein kann als der im Wiederaufnahmeverfahren strittige Betrag (vgl 1 Ob 592/94; 9 Ob 130/04i) und in Entscheidungen über eine Wiederaufnahmsklage über einen nicht in Geld bestehenden Streitgegenstand ein (neuerlicher) Bewertungsausspruch zu unterbleiben hat (7 Ob 210/01k). Im vorliegenden Fall strebt der Wiederaufnahmskläger aber nur die teilweise Beseitigung der angefochtenen Entscheidung und nur eine teilweise andere Entscheidung in der Hauptsache an. Die betreffende Erklärung über den Umfang des von der Anfechtung durch die Wiederaufnahmsklage betroffenen Hauptverfahrens stellt einen notwendigen Inhalt der Wiederaufnahmsklage dar (§ 536 Z 5 ZPO) und ist zugleich deren Klagsantrag. Das Verfahren in der Hauptsache ist nur insoweit neu durchzuführen, soweit es vom Anfechtungsgrund betroffen wird (§ 541 Abs 2 ZPO). Für die Abgrenzung des Umfangs des erneuerten Verfahrens ist der Umfang des dem Klagsantrag auf Wiederaufnahme stattgebenden Urteils im judicium rescindens entscheidend. (Nur) im Umfang dieser Aufhebung tritt das Verfahren in den Stand zurück, in dem es sich bei Beginn der mündlichen Verhandlung über die Hauptsache befunden hat (Fasching Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen1 VI, 538 Anm 5, 552 Anm 3). Richtet sich die Wiederaufnahmsklage nur gegen einen Teil der Entscheidung im wiederaufzunehmenden Verfahren, ist Streitgegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens nur dieser von der Wiederaufnahmsklage betroffene Teil. Dieser beträgt hier 12.387,79 EUR. Da somit der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR nicht übersteigt, steht dem Kläger nur die Möglichkeit offen, im Sinne des § 528 Abs 2a ZPO einen mit einem (ordentlichen) Revisionsrekurs verbundenen Antrag auf Abänderung des Unzulässigkeitsausspruchs an das Rekursgericht zu stellen. Ein solcher Antrag muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.
Im vorliegenden Fall hat der Kläger das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und auch begründet, warum der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es fehlt lediglich die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Rekursgericht gestellt werde. Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage war das Rechtsmittel jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Im Streitwertbereich des § 502 Abs 3 ZPO (§ 528 Abs 2 Z 1a ZPO) sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen (§ 528 Abs 3 iVm § 507b Abs 2 ZPO). Diese Vorgangsweise ist auch einzuhalten, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches" bezeichnet wird. Der Oberste Gerichtshof darf über dieses nur entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz nach § 528 Abs 2a iVm § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentlicher Revisionsrekurs doch zulässig sei.
Das Erstgericht wird daher das Rechtsmittel des Klägers dem Rekursgericht vorzulegen haben.
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