Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Wiederaufnahmsklägerin war Beklagte im Verfahren 2 C 2514/93i des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz, in dem sie rechtskräftig schuldig erkannt wurde, als Eigentümerin des dienenden Gutes (Grundstück ***** der EZ ***** KG *****) alle Handlungen und Maßnahmen zu unterlassen, welche die Ausübung der dem Kläger Rupert H***** [= Wiederaufnahmsbeklagter] als Eigentümer des Grundstückes ***** der EZ ***** KG ***** zustehenden Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens auch mit motorisierten Fahrzeugen jeder Art über das Grundstück ***** KG ***** von der Gemeindestraße ausgehend bis zum Einfahrtstor zum Grundstück der Beklagten ***** der KG ***** zu stören oder gar zu verhindern geeignet sind.
In diesem Verfahren brachte der nunmehr Wiederaufnahmsbeklagte seine mit S 80.000 bewertete Unterlassungsklage zunächst beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz ein, worauf die Wiederaufnahmsklägerin beantragte, den von ihr bemängelten Streitwert auf S 30.000 zu berichtigen, die offensichtliche Überbewertung des Streitgegenstandes zu überprüfen, "insbesondere hinsichtlich etwaiger Zuständigkeit des Bezirksgerichtes", und das Klagebegehren abzuweisen. Das angerufene Gericht setzte den Streitwert mit S 50.000 fest und erklärte sich für sachlich unzuständig.
Das Verfahren wurde sodann vor dem Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz geführt, welches dem Klagebegehren mit Urteil vom 11. 5. 1995, 2 C 2524/93i-22 stattgab.
Mit Urteil vom 30. 10. 1995, 2 R 363/95-30 bestätigte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 nicht übersteige, sodass die Revision jedenfalls unzulässig sei (§ 502 Abs 2 ZPO). Es sei kein Grund ersichtlich, von der erstinstanzlichen Bewertung des Streitgegenstandes abzugehen. Die vorliegende, auf Wiederaufnahme dieses Verfahrens gerichtete Klage wird auf die Wiederaufnahmsgründe des § 530 Abs 1 Z 3 und Z 7 ZPO gestützt und ist ebenfalls mit S 50.000 bewertet. Das Erstgericht wies die Klage mangels Eignung, im wiederaufzunehmenden Verfahren eine andere Entscheidung herbeizuführen, zurück.
Mit dem angefochtenen Beschuss bestätigte das Rekursgericht diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000, nicht jedoch S 260.000 übersteige. Bei der Bewertung des Streitgegenstandes sei davon auszugehen, dass einem Servitutsrecht "immer erhebliche wirtschaftliche Bedeutung" zukomme, sodass von der vom Erstgericht festgesetzten Bewertung infolge Streitwertbemängelung "durch den Wiederaufnahmsbeklagten" (richtig wohl: durch die Wiederaufnahmsklägerin) abzugehen gewesen sei.
Weiters sprach das Rekursgericht zunächst aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Über Antrag der klagenden Partei gemäß § 528 Abs 2a ZPO änderte es seinen Ausspruch dahin ab, dass es den ordentlichen Revisionsrekurs nach § 528 Abs 1 ZPO mit der Begründung doch für zulässig erklärte, die "Argumente im Antrag" seien deshalb stichhältig, weil aus dem Vorbringen der klagenden Partei "allenfalls doch ein tauglicher Wiederaufnahmsgrund abgeleitet werden kann".
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Klägerin ist jedoch jedenfalls unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung bedarf eine Wiederaufnahmsklage keiner neuerlichen Bewertung des Streitgegenstands durch das Rechtsmittelgericht (MGA JN-ZPO15 E 40 zu § 500 ZPO, Kodek in Rechberger² Rz 5 Abs 2 zu § 500 ZPO), weil der Entscheidungsgegenstand im früheren Verfahren und im Wiederaufnahmeverfahren identisch ist (SZ 64/172; EvBl 1994/3; RZ 1995/84; MGA JN-ZPO15 E 21 zu § 56 JN und Mayr in Rechberger² Rz 2 Abs 2 zu § 56 JN jeweils mwN), und daher auch die Revisibilität in beiden Verfahren nach den gleichen Grundsätzen beurteilt werden muss (RIS-Justiz RS0042409 [T3] und RS0042445 [T4]; SZ 67/5; EFSlg 88.204; MietSlg 51.746).
Demgemäß war im angefochtenen Beschluss ein Bewertungsausspruch gar nicht vorzunehmen und ist der Oberste Gerichtshof an die trotzdem vorgenommene Bewertung nicht gebunden (RIS-Justiz RS0042294 und RS0042385 [T3]; EFSlg 34.438; SZ 63/117 mwN; ÖBA 1996/528; MietSlg 51.712; MGA JN-ZPO15 E 42 zu § 500 ZPO und Kodek in Rechberger² Rz 3 zu § 500 ZPO jeweils mwN).
Gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO in der hier noch anzuwendenden Fassung (die Grenze von EUR 4.000 ist gem Art 96 Z 6 des 2. Euro-JuBeG erst auf Entscheidungen der zweiten Instanz nach dem 31. 12. 2001 anzuwenden [MGA JN-ZPO15 Anm zu § 528 ZPO]) ist daher der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, weil der Streitwert des Hauptprozesses S 52.000 nicht überstiege und es sich um keine Streitigkeit nach § 502 Abs 4 oder 5 ZPO handelt.
Die absolute Unanfechtbarkeit des bekämpften Beschlusses ergibt sich aber auch aus folgenden weiteren Argumenten:
Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluss zur Gänze bestätigt worden ist, es sei denn, dass die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist. Im vorliegenden Fall hat das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluss zur Gänze bestätigt. Es stellt sich daher die Frage, ob hier eine Ausnahme von der absoluten Unanfechtbarkeit nach § 528 Abs 2 Z 2 letzter Satzteil ZPO vorliegt, weil die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde (vgl 7 Ob 268/98g = JBl 2000, 193; 6 Ob 178/01x mwN).
In der Entscheidung RZ 1993/64 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass die Bestätigung der Zurückweisung einer Wiederaufnahmsklage gegen einen Beschluss, mit dem ein Wiedereinsetzungsantrag abgewiesen wurde, jedenfalls unzulässig sei. Er hat dies einerseits damit begründet, der in § 528 Abs 2 Z 2 ZPO genannte Ausnahmefall - "es sei denn, dass die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist" - beziehe sich nur auf Klagen, mit denen eine Sachentscheidung angestrebt (oder bekämpft) wird, nicht aber auf Klagen, mit denen eine bloße Formalentscheidung bekämpft wird (RIS-Justiz RS0044087). Andererseits stützt sich die Entscheidung aber auch auf die Erwägung, dass eine Bejahung der Anfechtbarkeit des bestätigenden Beschlusses in diesem Fall zu einem Wertungswiderspruch führen würde; wäre doch die Bestätigung der Zurückweisung oder Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unanfechtbar (insoweit zustimmend Lydia Fuchs, JBl 2000, 197, in ihrer Stellungnahme zu der Entscheidung JBl 2000, 193, welche - unter Zitierung von RZ 1993/64 und Kodek in Rechberger § 528 Rz 3, also offenbar irrtümlich - das Gegenteil ausgesprochen hat, dass nämlich die Ausnahme von der Unanfechtbarkeit bestätigender Beschlüsse des Rekursgerichts nur bei der konformen Zurückweisung von solchen Klagen zur Anwendung komme, mit denen keine Sachentscheidung angestrebt, sondern eine bloße Formalentscheidung bekämpft wird). Aus diesen Überlegungen hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung vom 9. 4. 2002, 4 Ob 80/02x erst jüngst den allgemeinen Grundsatz abgeleitet, dass der Rechtsmittelzug bei Wiederaufnahmsklagen nicht anders gestaltet sein kann als bei den Entscheidungen, gegen die sich die Wiederaufnahmsklage richtet. Daraus folge, dass zwar die Ausnahmebestimmung des § 528 Abs 2 Z 2 letzter Halbsatz ZPO - entgegen RZ 1993/64 - auch für die Bestätigung der Zurückweisung von Wiederaufnahmsklagen gegen eine Formalentscheidung zulässig sein kann (so jedenfalls, wenn sich die Wiederaufnahmsklage [wie hier] gegen die Zurückweisung einer Klage wendet), dass aber dann, wenn die angestrebte oder bekämpfte Sachentscheidung im Fall ihrer Bestätigung nicht an den OGH herangetragen werden könnte, das Gleiche auch für die dagegen gerichtete Wiederaufnahmsklage gelten müsse (RIS-Justiz RS0116279 und RS0044518 [T3]).
Der erkennende Senat schließt sich diesen Erwägungen an:
Da die Bestätigung der von der Wiederaufnahmsklägerin bekämpften Sachentscheidung absolut unanfechtbar war (vgl die Berufungsentscheidung ON 30 im wiederaufzunehmenden Verfahren), kann auch ein Revisionsrekurs gegen die Bestätigung der Zurückweisung der vorliegenden Wiederaufnahmsklage nicht zulässig sein. Andernfalls entstünde nämlich der (durch die gesetzwidrige Bewertung des Entscheidungsgegenstandes durch das Rekursgericht provozierte) Wertungswiderspruch, dass die bekämpfte Sachentscheidung irrevisibel wäre, die Bestätigung der Zurückweisung der dagegen erhobenen Wiederaufnahmsklage hingegen durch den Obersten Gerichtshof überprüft werden könnte.
Die Ausnahme von der Unanfechtbarkeit in § 528 Abs 2 Z 2 ZPO kommt daher auch hier nicht zur Anwendung, weil das Rekursgericht die Zurückweisung einer Wiederaufnahmsklage gegen eine nicht revisible Sachentscheidung bestätigt hat.
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