OGH 1Ob42/04i

OGH1Ob42/04i12.10.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stefan O*****, Autobusunternehmer, ***** vertreten durch Dr. Josef Raffl, Rechtsanwalt in Bad Ischl, wider die beklagten Parteien 1. Land Oberösterreich, vertreten durch Stütz & Starzengruber, Rechtsanwälte GesbR in Linz, 2. B***** GmbH, ***** 3. Christoph K*****, und 4. G***** AG, ***** die zweit- bis viertbeklagten Parteien vertreten durch Dr. Ludwig Pramer, Dr. Peter Lindinger und Dr. Andreas Pramer, Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 18.968,16 sA, infolge "Revision" der klagenden Partei gegen das Urteil und den in dieses aufgenommenen Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 23. Oktober 2003, GZ 4 R 176/03k-15, mit denen infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom 29. Juli 2003, GZ 31 Cg 6/03y-10, in Ansehung des Drittbeklagten als nichtig aufgehoben (Beschluss) und im Übrigen bestätigt wurde (Urteil), in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem insoweit, als es gegen den zweitinstanzlichen Beschluss gerichtet ist, als Rekurs zu behandelnden Rechtsmittel wird ebenso wenig Folge gegeben wie der Revision.

Die klagende Partei ist schuldig, der drittbeklagten Partei die mit EUR 1.063,80 (darin EUR 177,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der erstbeklagten Partei die mit EUR 1.063,70 (darin EUR 177,20 Umsatzsteuer) und der zweit- und viertbeklagten Partei die mit EUR 1.170,18 (darin EUR 195,03 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der vom Kläger gehaltene Bus kam am 12. 12. 2001 gegen 9.00 Uhr im Ortsgebiet aufgrund eines Defekts zum Stillstand. Der Buslenker, der Vater des Klägers, versuchte sodann, gemeinsam mit einem Mechaniker bis etwa 13.30 Uhr den Defekt zu beheben. Dies gelang jedoch nicht. In weiterer Folge hielt sich der Lenker nicht ständig beim Bus auf und fuhr gegen 15.30 Uhr zum Wohnort des Klägers zurück. Um etwa 18.00 Uhr kam auch der Kläger mit einem Bus, mit dem der defekte Autobus abgeschleppt werden sollte, dorthin. Der Kläger verließ um etwa 18.30 Uhr gemeinsam mit seinem Vater seinen Wohnort und fuhr zum Standort des defekten Autobusses, wo er um etwa 19.30 Uhr eintraf.

Der Autobus des Klägers war währenddessen im Ortsgebiet verkehrsbehindernd abgestellt. Während PKW die Stelle nur erschwert passieren konnten, war dies für größere Fahrzeuge, wie etwa Autobusse, LKW oder Einsatzfahrzeuge, nicht möglich. Diese Fahrzeuge mussten über eine Nebenstraße ausweichen. Der defekte Autobus war vom Lenker nicht abgesichert worden. Am Gendarmerieposten des Ortes langten mehrere Beschwerden über das Verkehrshindernis ein. Der Postenkommandant versuchte, jemand vom Autobusunternehmen des Klägers zu erreichen, was jedoch zunächst nicht gelang. Erst zu Mittag konnte er mit dem Vater des Klägers in Verbindung treten, der ihm zusagte, dass der Bus bald repariert sein werde.

Als es dämmrig wurde, begaben sich zwei Gendarmeriebeamte zum Standort des Autobusses. Der Kläger, mit dem zu diesem Zeitpunkt bereits der Kontakt hergestellt worden war, hatte zugesagt, sofort zum defekten Autobus zu kommen. Die Fahrbahn war schneebedeckt; der Schneepflug konnte den Bus nicht passieren. Es gab zwar eine Straßenbeleuchtung, doch war der Autobus aus einer Richtung nur schwer zu erkennen. Die beiden Gendarmeriebeamten begannen zwischen 16.00 Uhr und 17.00 Uhr damit, den Verkehr umzuleiten. Vom Unternehmen des Klägers war noch niemand erschienen, obwohl bereits mehrfach das sofortige Kommen zugesagt worden war. Zwischen 17.30 Uhr und 18.30 Uhr näherte sich der Drittbeklagte mit dem von ihm gelenkten dreiachsigen Doppelstockbus, dessen Halterin die Zweitbeklagte und dessen Haftpflichtversicherer die Viertbeklagte war, der Engstelle. Der Gendarmeriebeamte lehnte die vom Drittbeklagten angebotene Hilfe mit der Begründung ab, dass der Kläger ohnedies zugesagt habe, gleich zu kommen. Als der Drittbeklagte nach etwa 20 Minuten wieder zu der Engstelle kam und der Kläger noch immer nicht erschienen war, entschlossen sich er und der Gendarmeriebeamte, den defekten Autobus zu einem etwa 700 m entfernten Parkplatz zu schleppen.

Der abgestellte Autobus war nicht versperrt, der Zündschlüssel steckte. Der Betriebsdruck betrug 6 bar. Der Drittbeklagte löste die Feststellbremse und wies einen der Gendarmeriebeamten, der den abgeschleppten Bus lenken sollte, an, möglichst wenig zu bremsen, um nicht zuviel Druck zu verlieren. Der Gendarmeriebeamte hatte keine Erfahrung im Lenken von Bussen, war jedoch Inhaber einer Lenkerberechtigung der Klasse B. Der Drittbeklagte befestigte eine in seinem Bus mitgeführte Abschleppstange zwischen den beiden Autobussen mittels eines Bolzens, den er durch Verdrehen sicherte.

Der Abschleppvorgang erfolgte mit etwa 15 bis 20 km/h. Der Motor des abgeschleppten Busses war nicht gestartet, es war kein Gang eingelegt. Nach etwa 500 m Fahrt brach der Befestigungsbolzen am Fahrzeug des Klägers. Da sich die Busse gerade auf einen Bahnübergang zubewegten, bremste der Drittbeklagte sein Fahrzeug ab, wodurch es zum Zusammenstoß zwischen den beiden Bussen kam.

Der vom Drittbeklagten gelenkte Bus hatte ein Eigengewicht von 15,3 t, jener des Klägers ein solches von 13,1 t.

Mit seiner am 28. 10. 2002 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger, die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung des Betrags von EUR 18.968,16 sA schuldig zu erkennen. Die Beklagten hafteten für die durch das nicht notwendige und unsachgemäße Abschleppen seines Busses entstandenen Schäden. Der Autobus hätte nicht abgeschleppt werden dürfen, weil er schon viele Stunden in der Straße abgestellt und den Gendarmeriebeamten bekannt gewesen sei, dass der Kläger unterwegs sei, um den Bus wegzuschaffen. Das Abschleppen sei nicht von einem der in § 89a Abs 3 StVO angeführten Unternehmen vorgenommen worden. Den Drittbeklagten treffe ein Verschulden, weil er den Bus abgeschleppt habe, ohne dass dies unaufschiebbar gewesen sei. Zudem habe er sich ungeeigneter Hilfsmittel bedient, weil eine Abschleppstange nur dann verwendet werden dürfe, wenn das Gewicht des abgeschleppten Fahrzeugs wesentlich geringer als das des Zugfahrzeugs sei. Außerdem habe der am Heck des abschleppenden Busses montierte Kastenaufbau das Abschleppen wesentlich erschwert. Der den abgeschleppten Bus lenkende Gendarmeriebeamte habe weder dessen Eigenheiten gekannt, noch überhaupt die Fähigkeit besessen, ein derartiges Fahrzeug zu lenken. Die Zweit-, der Dritt- und die Viertbeklagte hafteten sowohl nach den Bestimmungen des ABGB als auch des EKHG, weil der Schaden in einem Fehler der Beschaffenheit oder in einem Versagen der Vorrichtungen des abgeschleppten Fahrzeugs seine Ursache habe. Sie hafteten aber auch aus dem Titel der Geschäftsführung ohne Auftrag, weil zum Abschleppen des Busses keine Notwendigkeit bestanden habe. Der die Abschleppung veranlassende Gendarmeriebeamte habe hoheitlich gehandelt, sodass die Haftung der Erstbeklagten für ihr Organ gegeben sei.

Die Erstbeklagte wendete ein, die unverzügliche Entfernung des Autobusses sei aufgrund der besonderen Gefährlichkeit der Situation und der einbrechenden Dunkelheit notwendig gewesen, um möglichen Verkehrsunfällen vorzubeugen. Ihr Organ habe gemäß § 89a Abs 2a lit b und Abs 3 StVO gehandelt und sei berechtigt und befähigt gewesen, den abgeschleppten Autobus zu lenken. Die Verwendung der Abschleppstange habe § 105 KFG entsprochen. Der Unfall sei allein dadurch zustande gekommen, dass der Bolzen der Abschleppvorrichtung gebrochen sei. Das Verhalten des Lenkers des defekten Autobusses, trotz erkennbarer Motorprobleme in die Gefahrenstelle einzufahren, sei grob fahrlässig gewesen.

Die übrigen Beklagten beriefen sich darauf, dass die Voraussetzungen für das Abschleppen unter Beiziehung des Drittbeklagten gegeben gewesen seien, weil der Kläger das Verkehrshindernis über einen Zeitraum von neun Stunden weder entfernt noch abgesichert und die Gendarmerie nur vertröstet habe. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Abschleppstange seien vorgelegen, weil der abschleppende Bus wesentlich schwerer gewesen sei als der abgeschleppte. Der Abschleppvorgang sei mit größter Vorsicht ausgeführt worden und zu dem Unfall sei es nur aufgrund des unvorhersehbaren Bolzenbruchs gekommen. Eine Haftung des Drittbeklagten nach EKHG scheide schon mangels dessen Haltereigenschaft aus. Sie sei auch bei den übrigen Beklagten nicht gegeben, weil der Halter des abschleppenden Fahrzeuges nicht für Schäden am abgeschleppten Fahrzeug hafte. Geschäftsführung ohne Auftrag liege schon deshalb nicht vor, weil eine gesetzliche Befugnis zur Entfernung des Fahrzeuges vorgelegen sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Entfernung des Busses nach Eintritt der Dunkelheit sei gesetzlich geboten gewesen. Der Unfall während des Abschleppvorgangs sei ausschließlich auf den Bruch des Bolzens der Abschleppvorrichtung zurückzuführen. Weder den Gendarmeriebeamten noch den Drittbeklagten treffe ein Verschulden am Unfall. Die Anwendung des EKHG sei ausgeschlossen, weil der abgeschleppte Bus nicht in Betrieb gewesen sei. Schadenersatz nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag komme deshalb nicht in Betracht, weil das Wegschleppen des Autobusses gesetzlich geboten gewesen sei.

Das Gericht zweiter Instanz hob aus Anlass der Berufung das gegen den Drittbeklagten ergangene Urteil und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage gegen diesen zurück. Im Übrigen gab es der Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Für Klagen gegen Organe sei gemäß § 9 Abs 5 AHG der Rechtsweg unzulässig, die Klage sei zurückzuweisen. Das gelte auch dann, wenn der Kläger ausdrücklich das AHG ausklammere und seinen Anspruch auf allgemeines Schadenersatzrecht stütze. Auch Privatpersonen seien Organe, wenn sie durch Beleihung oder Indienstnahme mit hoheitlichen Aufgaben betraut werden, gleichviel, ob sie dauernd oder vorübergehend oder für den einzelnen Fall bestellt, gewählt, ernannt oder sonst herangezogen werden. Da der Drittbeklagte in die Erfüllung einer hoheitlichen Aufgabe, nämlich die Beseitigung eines Fahrzeugs gemäß § 89a Abs 3 StVO durch ein Organ der Straßenaufsicht, eingebunden worden sei, sei seine Organstellung zu bejahen.

Beeinträchtige ein betriebsunfähig gewordener Bus auf einer schneebedeckten Straßenstelle bei Dunkelheit den Verkehr derart, dass PKW nur unter erschwerten Bedingungen, größere Fahrzeuge aber überhaupt nicht vorbeifahren könnten, dann sei die Entfernung des Autobusses geboten, weil er eine Gefahrenquelle im Straßenverkehr darstelle. Nach den konkreten Umständen des Falles sei das Abschleppen des Busses des Klägers in den Abendstunden im Sinn des § 89a StVO unaufschiebbar gewesen. Im Hinblick auf den Zweck des Abs 3 dieser Gesetzesstelle sei es nicht zu beanstanden, dass der Gendarmeriebeamte wegen der fortgeschrittenen Zeit den Drittbeklagten ersucht habe, mit seinem Autobus das betriebsunfähig gewordene Fahrzeug zu einem nahen Parkplatz abzuschleppen. Der Gendarmeriebeamte habe über die zum Lenken des abzuschleppenden Busses erforderliche Lenkerberechtigung der Klasse B verfügt. Seine Eignung zur Mitwirkung am Abschleppvorgang habe der Gendarmeriebeamte nicht bezweifeln müssen, setze doch auch der Gesetzgeber beim Lenker des abgeschleppten Fahrzeugs keine Kenntnisse in dessen Handhabung voraus. Die Verwendung einer Abschleppstange sei gemäß § 105 KFG zulässig gewesen. Die in Abs 2 dieser Gesetzesstelle geforderte wesentliche Gewichtsdifferenz zwischen abschleppendem und abgeschlepptem Fahrzeug sei nur dann erforderlich, wenn das abgeschleppte Fahrzeug nicht gebremst werden könne. Die Haftung nach dem EKHG sei grundsätzlich zu bejahen, weil die Haftung für einen bei einem Abschleppmanöver entstandenen Unfall den Halter des schleppenden Fahrzeugs treffe. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Entlastungsbeweis erbracht worden sei. Die nach § 9 Abs 2 EKHG gebotene äußerste Sorgfalt sei nämlich nur dann beobachtet, wenn der Fahrzeuglenker eine über die gewöhnliche Sorgfaltspflicht hinausgehende "besonders überlegene" Aufmerksamkeit, Geistesgegenwart und Umsicht gezeigt habe. Da nicht feststehe, warum es zum Bruch des Bolzens gekommen sei, könne auch nicht davon gesprochen werden, dass die äußerste nach den Umständen des Falles mögliche Sorgfalt beachtet worden sei. Zwar treffe daher die Zweitbeklagte die Gefährdungshaftung, doch trete diese gegenüber dem krass sorglosen Verhalten des Klägers und seines Gehilfen derart zurück, dass sie bei der gemäß § 1304 ABGB vorzunehmenden Schadensteilung zu vernachlässigen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Revision kommt - auch soweit sie in Ansehung des Drittbeklagten in Wahrheit als zulässiger (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO) Rekurs anzusehen ist - keine Berechtigung zu.

Die gerügten Rechtsmittelgründe der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO), zumal unter diesen ausschließlich in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft wird.

A. Zum Rekurs:

Gemäß § 89a Abs 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeugs, dessen Fahrt wegen einer Betriebsstörung nicht fortgesetzt werden kann und das ein Hindernis bildet, für die eheste Entfernung des Fahrzeugs von der Fahrbahn zu sorgen. Wird durch ein stehendes Fahrzeug der Verkehr beeinträchtigt, hat die Behörde gemäß Abs 2 der genannten Gesetzesstelle dessen Entfernung ohne weiteres Verfahren zu veranlassen. Unter diesen Voraussetzungen sind gemäß Abs 3 im Fall der Unaufschiebbarkeit unter anderem auch die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, derartige Fahrzeuge zu entfernen oder entfernen zu lassen. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts stellt die Entfernung von Hindernissen auf Straßen im Sinn des § 89a Abs 2 StVO eine Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar (VfSlg 7924/1976; 8046/1977; ZVR 1995/19).

Besorgt eine physische Person hoheitliche Aufgaben, so ist sie Organ, gleichviel, ob sie dauernd oder vorübergehend oder für den einzelnen Fall bestellt, gewählt, ernannt oder sonstwie herangezogen wurde und ob deren Verhältnis zum Rechtsträger nach öffentlichem oder privatem Recht zu beurteilen ist. Auch Private können mit Aufgaben der Vollziehung der Gesetze betraut werden. Sie müssen dem Dritten gegenüber nicht selbst hoheitlich handelnd auftreten, sondern es genügt ein Verhalten im Dienst der Erreichung hoheitlicher Zielsetzung (RIS-Justiz RS0104351). Die Organstellung einer Privatperson nach § 1 Abs 2 AHG entsteht daher auch dann, wenn sie zwar nicht selbst mit der Kompetenz ausgestattet wurde, über die Erlassung von Hoheitsakten selbstständig zu entscheiden, jedoch andere Organe bei der Besorgung hoheitlicher Aufgaben unterstützen oder entlasten soll und daher auf dieser Ebene in deren Vollziehung eingebunden wurde (SZ 69/132; 1 Ob 129/02f). Auch rein faktisches Verhalten ist bei Vorliegen eines unmittelbaren Zusammenhangs mit hoheitlich zu vollziehenden Aufgaben selbst als hoheitlich anzusehen (SZ 62/41; SZ 63/25; SZ 68/220).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung kann es nicht zweifelhaft sein, dass der Drittbeklagte als zur Vollziehung hoheitlicher Aufgaben im Sinn des § 89a Abs 2 und 3 StVO in Pflicht genommen anzusehen ist, sodass ihm für die Dauer des Abschleppvorganges Organstellung zukam. Gemäß § 9 Abs 5 AHG kann der Geschädigte den Ersatz des Schadens, den ihm ein Organ eines im § 1 AHG genannten Rechtsträgers in Vollziehung der Gesetze zugefügt hat, gegen das Organ im ordentlichen Rechtsweg nicht geltend machen. Die für die Klage gegen das Organ angeordnete Unzulässigkeit des Rechtswegs kann auch nicht durch die Behauptung umgangen werden, der geltend gemachte Anspruch werde auf die allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts gestützt, soweit sich der Klagegrund - wie hier - unmissverständlich auf einen hoheitlichen Akt der staatlichen Vollziehung bezieht und daraus Schadenersatzansprüche abgeleitet werden, die nur im Amtshaftungsverfahren verfolgt werden könnten. Die rechtliche Beurteilung des Streitgegenstands obliegt nämlich allein dem Gericht (SZ 68/220).

Der Nichtigkeitsgrund der Unzulässigkeit des Rechtswegs wurde daher vom Berufungsgericht aus Anlass des zulässigen Rechtsmittels des Klägers zu Recht von Amts wegen aufgegriffen, weshalb dem Rekurs ein Erfolg zu versagen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

B. Zur Revision:

Grundsätzlich hat für das Fehlverhalten von Organen eines beliehenen Unternehmens oder - wie hier - einer in Pflicht genommenen Privatperson zufolge des funktionellen Organbegriffs der nach § 1 Abs 1 AHG verantwortliche Rechtsträger einzustehen (SZ 54/19; SZ 68/191 ua).

Soweit der Kläger sein Begehren - auch (ON 4, S 4) - darauf stützte, der Gendarmeriebeamte habe bei seiner Tätigkeit des Abschleppens einen Akt der Hoheitsverwaltung ausgeübt, sodass die Haftung des erstbeklagten Landes für ihr Organ gegeben sei (ON 1, S 3), kann dieses Vorbringen bei richtigem Verständnis nur so verstanden werden, dass der Gendarmeriebeamte die Entfernung des defekten Autobusses durch den beanstandeten Abschleppvorgang veranlasst habe; er habe somit bei einer nach § 89a Abs 2 und 3 StVO zu beurteilenden Vorkehrung als hoheitlicher Maßnahme auch gegen kraftfahrgesetzliche Vorschriften verstoßen. Handelte der Gendarm somit in Wahrnehmung der Straßenpolizei, so richtet sich das Amtshaftungsbegehren zu Recht gegen das erstbeklagte Land (Art 11 Abs 1 Z 4 B-VG), auch wenn das Kraftfahrwesen in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache ist (Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG).

Voraussetzung für den Eintritt dieser Haftung ist allerdings schuldhaft rechtswidriges Organverhalten (§ 1 Abs 1 AHG). Ein Verschulden des Drittbeklagten am Zustandekommen der Schäden am Fahrzeug des Klägers ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Nach den den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen war ausschließliche Schadensursache der Bruch des die Abschleppstange am Fahrzeug fixierenden Bolzens, wobei sich keinerlei Anhaltspunkte dafür fanden, der Drittbeklagte hätte bei entsprechender Kontrolle eine Materialschwäche entdecken können. Abgesehen davon, dass sich der Drittbeklagte nach den gegebenen Umständen wohl ohne weiteres auf die Rechtmäßigkeit der Anordnungen des Gendarmeriebeamten verlassen durfte, war die Entfernung des den Verkehr behindernden Fahrzeugs jedenfalls durch § 89a Abs 3 StVO gedeckt, weil die Entfernung des Verkehrshindernisses in Anbetracht der herannahenden Dunkelheit und der gegebenen Schneelage nicht weiter aufgeschoben werden durfte. Auch das Abschleppen mittels Abschleppstange ist nicht zu beanstanden. Ob die Gewichtsdifferenz zwischen abschleppendem und abgeschlepptem Fahrzeug der Bestimmung des § 105 Abs 2 KFG entsprach oder ob die Bremsanlage soweit wirksam war, dass diese Bestimmung gar nicht zur Anwendung zu kommen hatte, muss nicht abschließend geklärt werden, weil der Kläger gar nicht behauptet hat, der seiner Auffassung nach unzureichende Unterschied im Gewicht der beiden Fahrzeuge sei für den Bruch des Bolzens kausal gewesen; auch Feststellungen in dieser Richtung fehlen. Das Lenken des abgeschleppten Fahrzeugs durch den Gendarmeriebeamten war nicht rechtswidrig, weil gemäß § 105 Ab 3 KFG der Lenker des abgeschleppten Fahrzeugs nur den Führerschein der Klasse B besitzen muss; über einen solchen verfügte der Gendarmeriebeamte unbestrittenermaßen.

Nach ständiger Rechtsprechung können Ansprüche nach dem EKHG neben solchen nach dem AHG geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0049894). Es ist daher auch die Direktklage gegen den Haftpflichtversicherer und den Halter des beteiligten Kraftfahrzeugs, die als Rechtsträger nicht in Frage kommen, zulässig (SZ 56/133; 1 Ob 129/02f). Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend dargestellt hat, ist der Begriff "bei dem Betrieb" in § 1 EKHG dahin zu bestimmen, dass entweder ein innerer Zusammenhang mit einer dem Kraftfahrzeugbetrieb eigentümlichen Gefahr oder, wenn dies nicht der Fall ist, ein adäquat ursächlicher Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs bestehen muss. Der Schaden ist beim Betrieb des Kraftfahrzeugs eingetreten, wenn zwischen dem Betrieb und dem Unfall ein Gefahrenzusammenhang in dem Sinne besteht, dass der Unfall mit einem jener Umstände, die die Gefährlichkeit des Kraftfahrzeugs ausmachen und derentwegen die verschuldensunabhängige Haftung festgesetzt ist, zusammenhängt (RIS-Justiz RS0022592). Die Betriebsgefahr in diesem Sinne verwirklicht sich auch dann, wenn ein Kraftfahrzeug ein anderes abschleppt und es dabei zu einem Unfall kommt (vgl 2 Ob 309/01g). Die Judikatur hat in solchen Fällen allerdings vielfach (vgl nur RIS-Justiz RS0058334 und die Nachweise bei Apathy, EKHG § 1 Rz 36) einen Unfall beim Betrieb des abgeschleppten Fahrzeugs verneint, obwohl sie ihren rein maschinentechnischen Standpunkt zu Gunsten einer Erweiterung des Betriebsverständnisses um verkehrstechnische Gesichtspunkte aufgegeben hat (Apathy aaO; SZ 23/104; ZVR 1974/25; ZVR 1980/162 uva).

In aller Regel ereignet sich der Unfall beim Betrieb des schleppenden Fahrzeugs, selbst wenn er unmittelbar durch das geschleppte Fahrzeug herbeigeführt wurde, weil er doch auf die "Triebkraft" des ersteren zurückzuführen ist (ZVR 1971/84 uva; Schauer in Schwimann, ABGB² § 1 EKHG Rz 38); dabei ist es unerheblich, ob die Verbindung (durch Abschleppstange oder -seil) beim Unfall noch aufrecht war oder ob sie (etwa durch Bolzenbruch oder Reißen des Seils) vor der Schadensverursachung durch das abgeschleppte Fahrzeug (zB infolge Weiterrollens oder Zurückrutschens) unterbrochen wurde: Der Fall liegt dann nicht anders, als wenn sich ein Anhänger auf solche Weise "selbstständig" gemacht hätte (SZ 41/73; ZVR 1982/284 ua).

Es bleibt indes zu prüfen, ob sich in solchen Fällen der Unfall auch beim Betrieb des abgeschleppten Fahrzeugs zutrug. Soweit die Rechtsprechung diese Frage verneinte (ZVR 1957/221; ZVR 1960/88; ZVR 1971/84; ZVR 1985/273; vgl auch SZ 51/176), wurde dabei nicht immer in Rechnung gestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob auch das abgeschleppte Fahrzeug vom Motor angetrieben wurde, sondern ob auch von diesem Fahrzeug eine unfallursächliche Betriebsgefahr ("selbstständige Betriebsgefahr") ausgegangen ist. Das trifft jedoch nicht bloß dann zu, wenn der in Betrieb befindliche Motor den Abschleppvorgang unterstützt, sondern auch bei eigenständiger Lenkung oder nicht rechtzeitig eingeleiteter Bremsung und - wie hier - dadurch bedingtem Auffahren auf das schleppende Fahrzeug (dazu Apathy aaO Rz 38 f und Schauer aaO Rz 39).

Da im hier zu beurteilenden Fall der Bolzen, der die Abschleppstange am Autobus des Klägers fixiert hatte, brach und der Gendarm auf das Bremsmanöver des Drittbeklagten nicht rechtzeitig reagieren konnte, fuhr der abgeschleppte Autobus auf das schleppende Fahrzeug auf. Dass dabei auch das abgeschleppte Fahrzeug nach den vorangestellten Erwägungen eine "eigene" ("selbstständige") Betriebsgefahr entfaltete, kann somit nicht zweifelhaft sein. Soweit in der Rechtsprechung diese selbstständige Betriebsgefahr verneint wurde, vermag sich der erkennende Senat dem nicht anzuschließen.

Dem Gericht zweiter Instanz ist insofern beizupflichten, als eine Haftungsbefreiung nach § 9 Abs 1 EKHG schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil der Bolzenbruch angesichts der durch den Bolzen bewirkten starren Verbindung (vgl § 105 Abs 2 KFG) als Versagen der Verrichtungen zu werten ist, sodass es auf die Frage der Unabwendbarkeit des Ereignisses im Sinne der erwähnten Bestimmung gar nicht mehr ankommt (Schauer aaO § 9 EKHG Rz 47 und 51).

Auch wenn der Unfall somit auch durch die von den beiden an ihm beteiligten Autobussen ausgehende Betriebsgefahr (mit-)verursacht wurde (§ 11 EKHG), darf nicht übersehen werden, dass dem Kläger grobe Fahrlässigkeit am Zustandekommen des Auffahrunfalls vorzuwerfen ist: Hat er es unterlassen, für die eheste Entfernung seines verkehrsbehindernd zum Stillstand gekommenen Autobusses von der Fahrbahn zu sorgen, so hat er dadurch gegen seine Verpflichtung nach § 89a StVO verstoßen. Insofern fällt ihm krasse Sorglosigkeit zur Last, unterließ er es doch trotz wiederholter Urgenz durch die Gendarmerie den ganzen Tag hindurch, seinen verkehrsbehindernd auf der Fahrbahn stehenden und in keiner Weise abgesicherten Autobus abzuschleppen oder doch dessen Abschleppung zu veranlassen.

Er hat dadurch nicht nur die Behinderung der LKW, der Einsatzfahrzeuge und des Schneepflugs in Kauf genommen, sondern musste auch damit rechnen, dass das Fahrzeug wegen der eklatanten Behinderung und Gefährdung des Straßenverkehrs auf Veranlassung der Exekutive in Wahrnehmung deren straßenpolizeilichen Aufgaben abgeschleppt wird. Dass es bei einem solchen Abschleppvorgang trotz der gebotenen Sorgfalt schon angesichts der Größe und des Gewichts des zu bewegenden Fahrzeugs zu Schäden kommen kann, ist jedenfalls nicht als derart außergewöhnlich anzusehen, dass die adäquate (Mit-)Verursachung des Klägers ausgeschlossen werden müsste.

Das grobe Verschulden des Klägers überwiegt die Betriebsgefahr des abgeschleppten Fahrzeugs nach der Rechtsprechung (ZVR 1981/262 ua) derart, dass diese nur dann bei der Abwägung der Haftungskriterien des § 11 EKHG in Anschlag gebracht werden könnte, wenn sie das Ausmaß einer außergewöhnlichen Betriebsgefahr annähme (3 : 1 - ZVR 2002/40); im Übrigen kann selbst die außergewöhnliche Betriebsgefahr eines anderen Fahrzeugs bei grober Fahrlässigkeit gegebenenfalls vernachlässigt werden (ZVR 1980/76; Apathy aaO § 11 EKHG Rz 28). Außerdem ist eine solche Betriebsgefahr nur dann anzunehmen, wenn zur gewöhnlichen Betriebsgefahr besondere Gefahrenmomente hinzutreten (ZVR 2000/62); eine solche besondere Gefahrensituation ist indes zu verneinen, wenn der Abschleppvorgang, wie hier, nachdem der Drittbeklagte den Gendarmen entsprechend instruiert hatte, bei einer Geschwindigkeit von 15-20 km/h abgewickelt wurde. Selbst aber bei Bejahung einer solchen Gefahrensituation wäre sie durch das grob fahrlässige Verhalten des Klägers ausgelöst worden, war der Abschleppvorgang als unaufschiebbare straßenpolizeiliche Maßnahme (§ 89a Abs 2 und 3 StVO) erst und nur dadurch erforderlich geworden. In einem solchen Fall ist dem - hier zudem grob - schuldhaften Handelnden der gesamte Schaden aufzuerlegen (vgl dazu ZVR 1982/282; Apathy aaO § 11 Rz 25).

Der Vollständigkeit halber ist noch zu erwähnen: Selbst wenn die Inbetriebnahme des Kraftfahrzeugs des Klägers ohne dessen Willen erfolgte, scheiden die Rechtsfolgen aktiver Schwarzfahrt (§ 6 EKHG) aus, weil der Abschleppvorgang als - wie erwähnt - unaufschiebbare straßenpolizeiliche Maßnahme weder auf Eigenmacht der daran Beteiligten (§ 6 Abs 1 EKHG) beruhte, noch auf deren Vertrauensmissbrauch iSd § 6 Abs 2 EKHG zurückzuführen ist.

Demnach erweist sich das Ersatzbegehren weder aus dem Titel der Amtshaftung noch auf Grund der Haftungsvorschriften des EKHG als berechtigt. Eine Halterhaftung des erstbeklagten Landes kommt schon deshalb nicht in Betracht.

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

Stichworte