OGH 5Ob158/04b

OGH5Ob158/04b28.9.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Tittel, Dr. Baumann und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marianne B*****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Vetter - Dr. Frisch, Lustenau, gegen die beklagte Partei Walter H*****, vertreten durch Dr. Klaus Riedmüller, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Verschaffung von Wohnungseigentum (Streitwert EUR 5.537,14), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 14. April 2004, GZ 4 R 109/04i-31, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 12. Jänner 2004, GZ 28 C 930/01h-22, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden, soweit mit ihnen über die Eventualbegehren der klagenden Partei abgesprochen wurde, aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Die Streitteile sind die leiblichen Kinder des am 26. 1. 1966 verstorbenen Gottfried H***** und der am 23. 10. 1967 verstorbenen Anna H*****. Diese waren Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** mit der Adresse *****.

Mit wechselseitigem Testament vom 13. 2. 1965 hatten Gottfried und Anna H***** den Beklagten und dessen Bruder Helmut H***** je zur Hälfte als Erben der genannten Liegenschaft (offenbar des gesamten Vermögens) eingesetzt. Im Zuge eines Erbteilungsübereinkommens wurde diese Liegenschaft geteilt; der Beklagte ist seither grundbücherlicher Alleineigentümer des Grundstücks ***** im Ausmaß von 435 m2, auf dem sich das Haus ***** befindet.

Noch zu Lebzeiten der Eltern der Streitteile hatte die Klägerin mit deren Einverständnis auf Grund einer Baubewilligung vom 15. 6. 1964 einen Zubau zum Haus errichtet, der aus Wohnküche, Zimmer und Flur im Erdgeschoss sowie zwei Zimmern, Abstellraum, Dusche/WC und Flur im Obergeschoss besteht. Diesbezüglich enthielt das Testament der Ehegatten Gottfried und Anna H***** folgende Bestimmung:

"Dieser Zubau hat mit der Grundfläche, auf der dieser Zubau steht, in das Eigentum der Frau Marianne B***** nach dem Ableben der beiden Testamentserrichter Gottfried und Anna H***** überzugehen."

Die Klägerin ist im Verlassenschaftsverfahren nach Gottfried und Anna H***** als Vermächtnisnehmerin auf den streitigen Rechtsweg verwiesen worden. Dass sie ihn beschritten hätte, ist nicht feststellbar. Sie ist bislang nicht im Grundbuch eingetragen.

Der Zubau wird seit 1965 von der Klägerin und ihrem Ehemann bewohnt. Das im südwestlichen Teil des Erdgeschosses gelegene Zimmer im Ausmaß von 13,23 m2 wird derzeit vom Beklagten genutzt. Seit 1965 nutzt die Klägerin auch den Gehweg zum Haus und einen kleinen Gartenanteil. Ob von dieser Nutzung auch die Holzlage westlich der Wohnung der Klägerin erfasst ist, konnte nicht festgestellt werden.

Im Haus L***** sind derzeit drei Wohneinheiten vorhanden, und zwar eine Wohnung im Erdgeschoss (top 1), erreichbar über den westseitigen Eingang, eine Wohnung im Obergeschoss (top 3), erreichbar über eine Außentreppe, und eine weitere, sich über Erdgeschoss und Obergeschoss erstreckende Wohnung im nördlichen Anbau, die von der Ostseite im Erdgeschoss erschlossen ist. Das Gebäude befindet sich in einem überwiegend guten, sehr gepflegten Bau- und Erhaltungszustand.

Es existiert ein Nutzwertgutachten des Sachverständigen Lambert G*****, wonach der Nutzwert von top 1 und 3 zusammen 98 von insgesamt 166 Anteilen beträgt, der Nutzwert von top 2 68 von insgesamt 166 Anteilen. In diesem Gutachten wurde davon ausgegangen, dass top 1 und 3 dem Beklagten, top 2 der Klägerin zufallen soll.

Aufwendungen für Verbesserungen am Wohnhaus, Betriebskosten, Versicherungsprämien und Grundsteuer werden von den Streitteilen seit Jahren anteilsmäßig getragen. Strom- und Wasser wurden jeweils getrennt abgerechnet.

Die Klägerin befand sich seit dem Erbanfall im guten Glauben, Eigentümerin des Zubaus und jenes Teils der Liegenschaft zu sein, auf dem der Zubau steht. Zu Beginn des Jahres 2000 wollte sie ihr Eigentumsrecht weitergeben und nahm deshalb Kontakt mit dem Beklagten auf. Es wurde ein Wohnungseigentumsvertrag ausgearbeitet, den der Beklagte letztlich nicht unterschrieb.

Mit der vorliegenden, am 29. 10. 2001 eingebrachten und später modifizierten Klage begehrte die Klägerin den Beklagten schuldig zu erkennen, in den zum integrierenden Bestandteil des Urteilsbegehrens gemachten Wohnungseigentumsvertrag einzuwilligen. Daneben hat die Klägerin noch folgende Eventualbegehren gestellt:

1.) Es sei festzustellen, dass die Klägerin zu 1/10 und der Beklagte zu 9/10 Miteigentümer der Liegenschaft ***** sind; der Beklagte sei schuldig, in die Einverleibung des Miteigentums der Klägerin zu 1/10 an der genannten Liegenschaft einzuwilligen; das Miteigentumsrecht sei durch die Begründung von Wohnungseigentum aufzuheben.

2.) Der Beklagte sei schuldig, der Klägerin das Miteigentumsrecht zu 1/10 und das Fruchtgenussrecht für sich und ihre Rechtsnachfolger an der (konkret beschriebenen) Wohnung im nordwestlichen Zubau des Hauses ... sowie die Dienstbarkeit des Gehrechts ... und der ausschließlichen Nutzung der Holzlage ... grundbücherlich einzuräumen.

3.) Der Beklagte sei schuldig, in die Einverleibung des Miteigentumsrechts der Klägerin an der Liegenschaft .... im Ausmaß von 1/10 einzuwilligen.

Diese Begehren begründet die Klägerin im Wesentlichen damit, Eigentümerin des Zubaus zu sein, was der Beklagte auch wiederholt anerkannt habe, sodass schon deshalb von einer Verjährung des Klagsanspruchs keine Rede sei könne. Das Vermächtnis ihrer Eltern sei (im Fall der Unmöglichkeit einer Realteilung) so verstehen, dass ihr Wohnungseigentum am Zubau zu verschaffen sei. Weitere Rechtsgründe ihres (Mit-)Eigentums seien in der Ersitzung bzw in § 418 ABGB zu finden.

Der Beklagte beantragte die Abweisung sämtlicher Klagebegehren. Er bestritt zwar nicht das Eigentumsrecht der Klägerin an dem von ihr errichteten und bewohnten Zubau, wohl aber "die Errichtung von Miteigentum". Eine Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum habe er nie gemacht. Die Ansprüche der Klägerin aus dem Legat seien verjährt. Die betreffende Verfügung sei als Realteilungsanordnung mangels Erfüllbarkeit unwirksam, könne aber auch nicht so verstanden werden, dass der Klägerin Wohnungseigentum zu verschaffen sei. Der Erwerb von Miteigentum der Klägerin aus dem Titel der Ersitzung oder gemäß § 418 ABGB sei schon aus rechtlichen Gründen auszuschließen. Lediglich der Einräumung eines Fruchtgenussrechtes stimme der Beklagte (mit Einschränkungen) zu. Im Übrigen sei der Beklagte als bloßer Miterbe nicht passiv legitimiert.

Das Erstgericht wies auf Basis des eingangs wiedergegebenen Sachverhalts und der zusätzlichen Feststellung, dass die Streitteile zu Beginn des Jahres 2000 die Begründung von Wohnungseigentum beschlossen hätten, das auf Einwilligung in den vorgelegten Wohnungseigentumsvertrag lautende Hauptbegehren der Klägerin ab, gab jedoch ihrem ersten Evenutalbegehren Folge. Es bejahte die Passivlegitimation des Beklagten, weil die Klägerin als Vermächtnisnehmerin nach Einantwortung des Nachlasses einen oder alle Erben auf Erfüllung des Vermächtnisses belangen könne. Allerdings sei eine unmittelbare Wohnungseigentumsbegründung durch letztwillige Verfügung nicht möglich. Außerdem sei der Legatsanspruch verjährt. Die Klägerin habe jedoch einen ideellen Miteigentumsanteil im Ausmaß von 1/10 an der Liegenschaft ersessen. Der ersessene Miteigentumsanteil sei zwar kleiner als der für den Erwerb von Wohnungseigentum am Zubau erforderliche Mindestanteil, die Ersitzung von Wohnungseigentum entspreche aber dem Willen der Erblasser und auch die Streitteile selbst hätten über Jahre so gehandelt, als sei die Klägerin Wohnungseigentümerin. Letztlich habe daher die Aufhebung des Miteigentums durch Begründung von Wohnungseigentum zu erfolgen.

Das Urteil des Erstgerichtes wurde in der Sache lediglich vom Beklagten angefochten. Das Gericht zweiter Instanz gab dessen Berufung teilweise Folge und wies auch das erste Eventualbegehren der Klägerin ab. Es erkannte jedoch den Beklagten schuldig, in die grundbücherliche Einverleibung des Fruchtgenussrechts der Klägerin an der Wohnung im Zubau ... sowie der Dienstbarkeit des Gehrechts ... einzuwilligen. Das dazugehörige Mehrbegehren (Verschaffung von Miteigentum, Erstreckung des Fruchtgenussrechts auf die Rechtsnachfolger der Klägerin, Dienstbarkeit der Nutzung der Holzlage) wurde abgewiesen.

Rechtlich begründete das Berufungsgericht diese Entscheidung wie folgt:

An der Passivlegitimation des Beklagten sei im Hinblick darauf, dass er eingeantworteter Erbe und grundbücherlicher Eigentümer des von der Klägerin beanspruchten Liegenschaftsteils ist, nicht zu zweifeln (Welser in Rummel3, Rz 13 zu § 647 ABGB).

Was die Verjährungseinrede des Beklagte betreffe, sei richtig, dass die Klägerin die ihr zustehende Frist von 30 Jahren zur Einklagung des Vermächtnisses nicht gewahrt habe. Gemäß § 1497 ABGB werde aber die Verjährung ua dann unterbrochen, wenn derjenige, der sich auf sie berufen will, vor dem Ablauf der Verjährungszeit entweder ausdrücklich oder stillschweigend das Recht des anderen anerkannt hat. Hiezu genüge es, wenn aus dem Verhalten des Anerkennenden auf dessen Bewusstsein geschlossen werden kann, verpflichtet zu sein. Es sei dabei der objektive Erklärungswert maßgeblich. So reiche eine Rechtshandlung aus, die eine - wenn auch nur deklarative - Anerkennung des Rechts notwendig voraussetzt oder ausreichend deutlich die Absicht erkennen lässt, die Schuld anzuerkennen (RIS-Justiz RS0034477). Im gegenständlichen Fall stehe fest, dass die Erhaltungs- und Bewirtschaftungskosten des Gebäudes (samt Zubau) seit Jahrzehnten anteilsmäßig von den Streitteilen getragen wurden. Der Beklagte habe auch ausdrücklich erklärt, des Eigentumsrecht der Klägerin am Zubau nicht zu bestreiten, dass "der Klägerin das gehört, wo sie drauf wohnt". Nach diesem Verhalten des Beklagten sei eine Unterbrechung der Verjährung des der Klägerin ausgesetzten Legats iSd § 1497 ABGB zu bejahen.

Das führe jedoch nicht zu einer Klagsstattgebung. Auszugehen sei davon, dass eine Realteilung des Hauses L***** unmöglich ist. In ihren Eventualbegehren unterstelle die Klägerin, zu 1/10 Miteigentümerin der Liegenschaft ***** geworden zu sein. Dies sei aber aus dem Legat keinesfalls ableitbar. Ausdrücklich sei dort über einen physischen Liegenschaftsanteil (den Zubau samt darunterliegender Grundfläche) verfügt worden und nicht über einen ideellen Anteil an der Gesamtliegenschaft. Nach der Rechtsprechung könne nun ein Vermächtnis zwar ein tauglicher Titel für die Begründung von Wohnungseigentum sein, aber nur dann, wenn der Erblasser alleiniger Liegenschaftseigentümer war (RIS-Justiz RS0108931). Diese Voraussetzung liege nicht vor, weil nach den wechselseitigen Testamenten der Eltern der Streitteile jeweils der Beklagte und dessen Bruder Helmut H***** je zur Hälfte Erben der Liegenschaft werden sollten. Auch andere Voraussetzungen für die Begründung von Wohnungseigentum lägen nicht vor. Da die Aufhebung der (behaupteten) Miteigentumsgemeinschaft durch Begründung von Wohnungseigentum erstmals in der Tagsatzung am 4. 4. 2003 verlangt wurde, habe das WEG 2002 zur Anwendung zu kommen. Nach dessen § 11 Abs 2 sei das Wohnungseigentum mit dem Mindestanteil untrennbar verbunden. Dieser entspreche dem Verhältnis des Nutzwertes des Objekts zur Summe der Nutzwerte aller Wohnungseigentumsobjekte der Liegenschaft (§ 2 Abs 9 WEG 2002). Der Nutzwert des von der Klägerin genutzten Zubaus betrage 68/166 Anteile. Sie selbst begehre aber nur die Einräumung eines Miteigentumsanteils von 1/10 der Gesamtliegenschaft. Das mache die Begründung von Wohnungseigentum auf Grund des Legats unmöglich.

Auf § 418 ABGB könne die Klägerin den Klagsanspruch nicht stützen, weil es an der Tatbestandsvoraussetzung fehle, dass die Bauführung ohne Wissen des Grundeigentümers erfolgte. Das Vorliegen einer Vereinbarung über die Bauführung zwischen Grundeigentümer und Bauführer schließe die Anwendung des § 418 ABGB aus, wobei unerheblich sei, auf welchem Vertragstypus sie beruht (RIS-Justiz RS0011052).

Zur behaupteten Ersitzung eines ideellen Miteigentumsanteils von 1/10 der Gesamtliegenschaft sei (ua) vorauszuschicken, dass prinzipiell auch die Ersitzung von Miteigentum möglich ist. Wesentlich sei die Ausübung des vollen Eigentumsinhalts, also die Verfügung über die Sache im Zusammenwirken mit anderen (SZ 39/77). Im gegenständlichen Fall habe sich der Besitzwille der Klägerin ausschließlich auf den von ihr und ihrem Gatten errichteten Zubau samt darunter liegender Grundfläche bezogen, nicht aber auf einen ideellen Teil der Gesamtliegenschaft. Sie habe auch gar nicht behauptet, sich je als Miteigentümerin der Gesamtliegenschaft geriert zu haben. Ihr Besitzwille sei auf den konkreten physischen Teil des Gebäudes gerichtet gewesen; dessen Ersitzung sei allerdings unmöglich, außer es handle sich um einen vertikalen Teil eines Gebäudes, wenn jeder Teil selbständig und ohne Inanspruchnahme des anderen benützbar ist (7 Ob 512/76, 9 Ob 177/02y). Da die verfahrensgegenständliche Liegenschaft real nicht geteilt werden könne, sei auch die Ersitzung des Eigentums am Zubau auszuschließen. Das wiederum führe zur Abweisung des ersten Eventualbegehrens, wozu noch zu bemerken sei, dass an der begehrten Feststellung - wegen einer bereits möglichen Leistungsklage - kein rechtliches Interesse bestünde.

Für die vom Beklagten im zweiten Eventualbegehren verlangte Einwilligung in die Einverleibung des Miteigentumsrechts der Klägerin gelte das zuvor Gesagte. Für das von der Klägerin als "zweitbeste Variante" beanspruchte Fruchtgenussrecht bestehe allerdings eine Rechtsgrundlage im Vermächtnis. Die Parteien hätten jahrelang so gehandelt, als wäre die Klägerin über die im Zubau befindlichen Wohnräume selbst verfügungsberechtigt, aber auch erhaltungspflichtig. Der Anspruch auf Verdinglichung dieses Rechts sei im Hinblick auf das Anerkenntnis des Beklagten auch nicht verjährt. Da eine Realteilung ebensowenig in Frage komme wie der Erwerb von Mit- und Wohnungseigentum, erweise sich die Annahme eines Fruchtgenusses als dem Erblasserwillen am ehesten entsprechend. Hinsichtlich des Gehrechts könne sich die Klägerin auf den Titel der Ersitzung stützen, doch würde auch der Fruchtgenuss an der Wohnung die Einräumung eines Gehrechts decken. Das Fruchtgenussrecht sei allerdings eine persönliche Dienstbarkeit und könne deshalb nur der Beklagten zustehen. Für die begehrte Dienstbarkeit an der Holzlage fehle eine Sachverhaltsgrundlage. Mit diesen Einschränkungen sei dem zweiten Eventualbegehren Folge zu geben gewesen. Zum dritten Eventualbegehren sei lediglich anzumerken, dass es sich weitgehend mit dem zweiten decke und mangels eines Titels für den Erwerb von Miteigentum ohnehin nicht erfolgreich sein könnte.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes zwar EUR 20.000,-- übersteigt, die ordentliche Revision jedoch nicht zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, dass sich die Lösung der aufgeworfenen Rechtsfrage an der höchstgerichtlichen Judikatur habe orientieren können.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts hat die Klägerin ao Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhoben. Beantragt wurde, es so abzuändern, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Dem Beklagten wurde die Beantwortung der Revision freigestellt. Er hat von dieser Äußerungsmöglichkeit Gebrauch gemacht und in seiner Revisionsbeantwortung primär die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels mangels klärungsbedürftiger Rechtsfragen beantragt; hilfsweise soll der Revision nicht Folge gegeben werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergeben wird, zulässig; sie ist iS einer vom Abänderungsbegehren mitumfassten Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile zur Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage auch berechtigt.

Eine die Anrufung des OGH rechtfertigende unrichtige rechtliche Beurteilung der Streitsache durch das Berufungsgericht sieht die Revisionswerberin zunächst einmal darin, dass die für die Auslegung letztwilliger Verfügungen geltenden Grundsätze nicht beachtet worden seien. Maßstab habe die Erforschung des wahren Willens des Erblassers zu sein; ihm sei zum Durchbruch zu verhelfen. Im gegenständlichen Fall sei der Wille der Erblasser eindeutig dahin gegangen, der Klägerin Eigentum an dem von ihr errichteten Zubau zu verschaffen. Das habe auch der Beklagte immer anerkannt. Wenn das in der Weise, wie sich das die Erblasser vorstellten, nicht möglich sei, müsse der ihrem Willen am ehesten entsprechende Zustand hergestellt werden. Dafür komme die Begründung von Wohnungseigentum, dann die Einräumung von schlichtem Miteigentum und schließlich ein vererbliches (übertragbares) Fruchtgenussrecht in Betracht. Auch den Rechtsgrund der Ersitzung des beanspruchten Miteigentums habe das Berufungsgericht zu Unrecht verneint. Dass der beanspruchte Miteigentumsanteil mit 1/10 bemessen wurde, hänge damit zusammen, dass der Klägerin nach dem Wunsch der Erblasser der Zubau samt Grundfläche übereignet werden sollte, was etwa 1/10 der Gesamtgrundfläche entspreche.

Diesen Argumenten hält der Beklagte im Wesentlichen das entgegen, was er schon in erster Instanz als Grund für die Klagsabweisung anführte: Unerfüllbarkeit und damit Nichtigkeit des Legats, mangelnde Passivlegitimation, Verjährung des Klagsanspruchs und Nichterfüllung der Voraussetzungen für die Ersitzung von Miteigentum. Die Begründung von Wohnungseigentum könne wegen der rechtskräftig gewordenen Abweisung des Hauptbegehrens gar kein Thema mehr sein.

Dazu wurde erwogen:

Der Revisionswerberin ist beizupflichten, dass das Berufungsgericht den Regeln über die Auslegung letztwilliger Verfügungen zu wenig Beachtung geschenkt hat. Die Auslegung muss so tief wie möglich in die persönlichen Vorstellungen des Testators eindringen (Kralik, Erbrecht 121; 7 Ob 675/85). Sie hat sich, da es bei letztwilligen Verfügungen keinen Erklärungsempfänger gibt, vorwiegend am subjektiven Willen des Erklärenden zu orientieren; ihr Ziel muss es sein, dass der vom Erblasser angestrebte Erfolg eintritt (vgl RIS-Justiz RS0012238; RS0012342; RS0012370; RS0012410). Stehen der Verwirklichung einer letztwilligen Anordnung tatsächliche oder rechtliche Hindernisse entgegen, dann ist dem Willen des Erblassers wenigstens so weit wie möglich zu entsprechen und seine Verfügung in diesem Umfang als rechtswirksam aufrechtzuerhalten (vgl 10 Ob 2335/96x = SZ 69/247).

Mit dem gegenständlichen Vermächtnis haben die Eltern der Streitteile ihren eindeutigen Willen bekundet, der Klägerin die Rechtsposition einer Eigentümerin an dem von ihr und ihrem Ehegatten errichteten Zubau zu verschaffen. Sie waren dabei offenbar in der Vorstellung befangen, dass dies durch die Begründung von realem Anteilseigentum geschehen könne. Da sich das als unmöglich herausgestellt hat, kann ihre letztwillige Verfügung nach den dargelegten Auslegungsgrundsätzen nur so verstanden werden, dass ihre Tochter wenigstens ideelles Miteigentum an der den Söhnen hinterlassenen Liegenschaft verbunden mit dem ausschließlichen Nutzungsrecht am Zubau erhalten sollte. Dafür bietet sich als naheliegendste Möglichkeit die Begründung von Wohnungseigentum an. Es ist daher zu untersuchen, ob das Vermächtnis mit dieser Maßgabe erfüllbar wäre, also aufrecht bleiben kann.

Wie bereits die Vorinstanzen erkannt haben, ist das Vermächtnis als Titel für die Einräumung von Wohnungseigentum geeignet und ausreichend (RIS-Justiz RS0108931). Dass es hiefür einer letztwilligen Verfügung des Alleineigentümers der betreffenden Liegenschaft bedarf, stellt die Gültigkeit des gegenständlichen Erwerbstitels nicht in Frage, weil eine gemeinsame Verfügung aller Anteilseigentümer, hier der Eltern der Streitteile durch ein wechselseitiges Testament, der Verfügung des Alleineigentümers gleichsteht.

Die Verjährung des Anspruchs auf Erfüllung des der Klägerin ausgesetzten Vermächtnisses hat schon das Berufungsgericht mit dem zutreffenden (hier gemäß § 510 Abs 3 Satz 2 ZPO nicht weiter auszuführenden) Hinweis auf ein Anerkenntnis des Beklagten verneint. Dass der Beklagte der Klägerin nach dem Willen seiner Eltern die Verschaffung von Eigentum an dem von ihr errichteten und bewohnten Zubau schuldet, bestreitet dieser auch gar nicht.

Die passive Sachlegitimation des Beklagten zur Erfüllung des Legats kann ebenfalls nicht zweifelhaft sein. Er ist, wie das Berufungsgericht richtig erkannte, mit dem Legat belastet und zudem noch Alleineigentümer der Liegenschaft, an der Wohnungseigentum begründet werden soll. Die dagegen in der Revisionsbeantwortung vorgebrachten Argumente sind schon deshalb nicht zielführend, weil das Vermächtnis von Wohnungseigentum gleich jeder anderen Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum zumindest in analoger Anwendung des § 43 WEG 2002 mit einer gegen den Eigentümer der Liegenschaft zu richtenden Klage auf Einverleibung des Eigentumsrechts durchgesetzt werden kann.

Sollten sich der Begründung von Wohnungseigentum an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft keine sonstigen Hindernisse entgegenstellen (was nach dem bisherigen Verfahrensverlauf zwar wahrscheinlich ist, aber nicht abschließend geklärt wurde), könnte also die Klägerin vom Beklagten auf Grund des Legats vom 13. 2. 1965 die Abtretung eines dem Mindestanteil nach § 2 Abs 9 WEG 2002 genügenden Miteigentumsanteils und die Einräumung von Wohnungseigentum am Zubau verlangen. Das zur Nutzung dieses Objekts notwendige Gehrecht ist ohnehin kein Streitpunkt mehr.

Vordergründig steht der Erreichung dieses Verfahrensergebnisses der Umstand entgegen, dass die Klägerin die Abweisung des Hauptbegehrens durch das Erstgericht unangefochten ließ und dass sie bei einem Nutzwertanteil des beanspruchten Zubaus von 68/166 nur einen Miteigentumsanteil von 1/10 anstrebt, was weit vom erforderlichen Mindestanteil entfernt wäre.

Letzteres beruht offenbar auf einem Missverständnis wohnungseigentumsrechtlicher Prinzipien. Es war immer klar, dass die Klägerin die Begründung von Wohnungseigentum am Zubau anstrebt. Das tut sie trotz Abweisung des Begehrens, mit dem der Beklagte zur Einwilligung in den vorbereiteten schriftlichen Wohnungseigentumsvertrag verhalten werden sollte auch jetzt noch. Ihr erstes Eventualbegehren, zunächst die Abtretung eines Miteigentumsanteils und dann die Teilung ins Wohnungseigentum durchzusetzen, verfolgt im Grunde dasselbe Ziel wie das Hauptbegehren. Das offenkundige Auseinanderklaffen von beanspruchtem Miteigentumsanteil und notwendigem Mindestanteil hätte die Vorinstanzen dazu veranlassen müssen, gemäß § 182 Abs 2, § 182a ZPO die Angelegenheit zu erörtern und auf eine Aufklärung des Widerspruchs hinzuwirken. Dass dies nicht geschehen ist, ist auf eine Verkennung der Rechtslage durch die Vorinstanzen zurückzuführen, die aus unterschiedlichen Gründen meinten, das Legat sei kein ausreichender Titel für die Verschaffung von Wohnungseigentum. Als Folge der Korrektur dieses Beurteilungsfehlers erweist sich das Verfahren als mangelhaft iSd § 496 Abs 1 Z 3 ZPO, weil ein entscheidungswesentlicher Umstand nicht erörtert wurde.

Die Abweisung des Begehrens, den Beklagten zur Einwilligung in den vorgelegten Wohnungseigentumsvertrag zu verhalten, steht dieser Erörterung nicht entgegen. Die Rechtskraft der abweislichen Entscheidung erfasst lediglich die Einwilligung jenen detailliert ausgearbeiteten Wohnungseigentumsvertrag, der dem Gericht vorgelegt und in das Urteilsbegehren integriert wurde. Dass die Klägerin davon unabhängig den Anspruch auf Verschaffung von Wohnungseigentum verfolgt, ergibt sich aus dem hier behandelten Eventualbegehren. Es wird wie aufgezeigt zu erörtern und der Klägerin die Möglichkeit einer Klarstellung ihres Vorbringens zu geben sein.

Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.

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