OGH 5Ob155/03k

OGH5Ob155/03k19.4.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anna H*****, vertreten durch Dr. Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, als bestellter Verfahrenshelfer, wider die beklagte Partei B***** AG, *****, vertreten durch Doralt, Seist, Csoklich Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, wegen US$ 1,2 Mio s. A. (EUR 941.839,93), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 15. April 2003, GZ 4 R 4/03t-64, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Vernichtung oder Minderung einer objektiv gegebenen Erwerbschance - also einer solchen, die im Verkehr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen wird - ist positiver Schaden. Eine solche Erwerbschance bildet einen selbständigen Vermögenswert, wenn der Geschädigte eine rechtlich gesicherte Position hatte, den Gewinn zu erzielen (vgl SZ 57/173; EvBl 1983/72; SZ 53/146; SZ 65/13, SZ 58/104; SZ 68/191; SZ 68/189; SZ 71/56; RIS-Justiz RS0030452, RS0030452; Harrer in Schwimann2 Rz 12 zu § 1293 ABGB mwN; Welser in Koziol/Welser II12, 286 FN 16; Reischauer in Rummel2 Rz 8 zu § 1293 mwN).

Eine solche rechtlich gesicherte Erwerbsmöglichkeit hat die Klägerin nicht erwiesen.

Nach der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bedarf es einer rechtlich gesicherten Erwerbsmöglichkeit dann nicht, wenn der Verdienst mit hoher Wahrscheinlichkeit eingetreten wäre. Dieser Verdienst ist dann wertungsmäßig einer rechtlich gesicherten Erwerbsmöglichkeit gleichzustellen (vgl JBl 1991, 796; JBl 1993, 399; RIS-Justiz RS0030452; Welser aaO; Reischauer aaO). Voraussetzung für einen entsprechenden Anspruch auf Verdienstentgang im Geschäftsbetrieb ist also, dass der Geschädigte eine Gewinnchance nicht wahrnehmen konnte, deren Realisierung nach typischen Marktverhältnissen praktisch gewiss gewesen wäre (SZ 71/56). Dass die konkrete Gewinnchance im Sinn eines Verdienstes, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eingetreten wäre, bestand, hat der Geschädigte nach ganz allgemeinen Beweislastgrundsätzen nachzuweisen (RIS-Justiz RS0022686). Der den insoweit recht vagen Ausführungen der klagenden Partei offenbar zugrundeliegende Gedanke einer Beweislastumkehr, kann nicht gefolgt werden.

Ob im konkreten Fall eine derart konkrete Gewinnchance gegeben war, die von der beklagten Partei vereitelt wurde, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (2 Ob 265/02p), weshalb auch insoweit keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt. Die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht, dass bloß der Nachweis eines Käufers zur Dartuung einer konkreten Gewinnchance nicht ausreichte, weil der Nachweis eines zu bestimmten Bedingungen zur Lieferung bereiten Unternehmens nicht gelang, stellt jedenfalls keine auffallende Fehlbeurteilung dar, die durch den Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste. Im Weiteren ist die Frage, ob ein Gericht § 273 ZPO anzuwenden hat, eine rein verfahrensrechtliche Entscheidung (RIS-Justiz RS0040282) und kann, wenn der Verfahrensmangel vom Gericht zweiter Instanz verneint wurde, nicht mehr an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (RIS-Justiz RS0040364 o.a.). Ergänzend ist dazu nur noch auszuführen, dass § 273 ZPO in der Fassung vor der ZVN 2002 erst dann anzuwenden ist, wenn feststeht, "dass eine Partei ... eine Forderung zu stellen hat", im konkreten Fall also nur zur Feststellung der Höhe eines Schadens hätte dienen können, nicht aber zum Nachweis einer konkreten Gewinnchance.

Mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erweist sich die außerordentliche Revision der Klägerin als unzulässig. Sie war daher zurückzuweisen.

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