OGH 9Ob32/04b

OGH9Ob32/04b31.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Claudia W*****, derzeit arbeitslos, *****, vertreten durch Dr. Armin Kaufmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte und gefährdende Partei Ing. Christian W*****, Beamter, *****, vertreten durch Dr. Raimund Hora, Rechtsanwalt in Wien, wegen einstweiligen Unterhaltes (§ 382 Abs 1 Z 8 lit a EO), über den Revisionsrekurs der beklagten und gefährdenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 20. Jänner 2004, GZ 16 R 496/03k, 16 R 497/03g-55, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der als "ordentlich" bezeichnete außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2und § 521a Abs 2 ZPO iVm §§ 402 Abs 4, 78 EO abgewiesen.

Text

Begründung

Mit einstweiliger Verfügung des Erstgerichtes vom 21. 10. 2003 wurde der Beklagte für schuldig erkannt, der Klägerin vom 14. 1. 2003 bis 15. 6. 2003 monatlich EUR 547,-- und ab 16. 6. 2003 monatlich EUR 650,-- an Unterhalt zu zahlen. Er wurde weiters für schuldig erkannt, der Klägerin einen Prozesskostenvorschuss (für das Scheidungsverfahren) von EUR 2.500,-- zu zahlen. Mit Beschluss vom 20. 11. 2003 (ON 49) wies das Erstgericht den Antrag des Beklagten ab, seinem Rekurs gegen die einstweilige Verfügung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rekursverfahrens (allenfalls Revisionsrekursverfahrens) einstweilen zu hemmen.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluss des Erstgerichtes über die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs diesbezüglich nicht zulässig sei. Desgleichen gab es dem Rekurs gegen die einstweilige Verfügung teilweise nicht Folge und bestätigte die Verpflichtung des Beklagten zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses von EUR 2.500,--. Hinsichtlich der Festsetzung des monatlichen Unterhaltes, hob das Rekursgericht die angefochtene einstweilige Verfügung des Erstgerichtes auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach weiters aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs in Ansehung des bestätigenden Teiles der Entscheidung nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich das als "Revisionsrekurs" bezeichnete Rechtsmittel des Beklagten, welches als außerordentlicher Revisionsrekurs zu behandeln ist, mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Antrag der klagenden Partei auf vorläufigen Unterhalt und Prozesskostenvorschuss abgewiesen werde; in jedem Falle möge dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stattgegeben werden. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich der Revisionsrekurs gegen den aufhebenden Teil des angefochtenen Beschlusses richtet, ist er schon aus dem Grunde des § 527 Abs 2 erster Satz (iVm §§ 402 Abs 4, 78 EO) jedenfalls unzulässig, weil das Rekursgericht diesbezüglich ein Rechtsmittel nicht zugelassen hat.

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass die Befassung des Obersten Gerichtshofes mit der Überprüfung des zuerkannten Prozesskostenvorschusses nicht schon aus dem Grund des § 528 Abs 2 Z 1a ZPO (iVm §§ 402 Abs 4, 78 EO) unzulässig ist. Für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses ist nämlich der Wert des gesamten Streitgegenstandes maßgeblich, über den das Rekursgericht entschieden hat, auch wenn bezüglich eines Teiles mit Aufhebung vorgegangen wurde (RIS-Justiz RS0042821; vgl insb [T 6]). Sowohl der Anspruch auf laufenden monatlichen Unterhalt als auch derjenige auf Deckung notwendiger Prozess- und Anwaltskosten sind "Unterhalt" im Sinne des § 94 ABGB (RIS-Justiz RS0013486). Gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN hat daher auch für die Ermittlung der Revisionsrekurszulässigkeit eine Zusammenrechnung stattzufinden.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist jedoch, soweit er sich gegen die Zuerkennung des Prozesskostenvorschusses richtet, mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 528 Abs 1 ZPO) unzulässig.

Das Rekursgericht berücksichtigt mit seiner Entscheidung durchaus die Judikatur, nach welcher gesetzliche Unterhaltsansprüche in besonders krassen Fällen erlöschen, in denen die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruches wegen des Verhaltens des betreffenden Ehegatten grob unbillig erschiene. Insbesondere setzt sich das Rekursgericht eingehend mit der vom Revisionsrekurswerber zitierten Entscheidung 1 Ob 171/02g auseinander, ohne sich dazu in Widerspruch zu setzen. Auch diese Entscheidung geht davon aus, dass bei der Beurteilung, ob Rechtsmissbrauch im Sinn des § 94 Abs 2 ABGB vorliegt, stets die Umstände des Einzelfalles maßgeblich sind und bei der Wertung des Gewichtes der Eheverfehlungen und ihrer Eignung, den Unterhaltsanspruch bei aufrechtem Bestand der Ehe zum Erlöschen zu bringen, auch das Verhalten des anderen Teiles nicht vernachlässigt werden darf (RIS-Justiz RS0047080 ua). Die Verneinung eines Rechtsmissbrauches, und zwar selbst durch Eingehen einer ehewidrigen Liebesbeziehung durch die Klägerin, ist vertretbar, wenn man in Betracht zieht, dass der Beklagte einerseits durch sein langanhaltend liebloses Verhalten gegenüber der Beklagten deren Auszug aus der gemeinsamen Wohnung verursacht und andererseits deren Rückkehr nicht nur ausdrücklich abgelehnt, sondern durch Anbringen neuer Schlösser an der Ehewohnung sogar faktisch verhindert hat. Dieser Begründung hält der Revisionsrekurswerber lediglich Entscheidungen entgegen, denen andere Sachverhalte bzw solche mit unterschiedlicher Gewichtung zugrunde liegen. Auch aus der von ihm zitierten Entscheidung 7 Ob 104/03z ist für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen, zumal dieser Entscheidung die Bindungswirkung der Vorentscheidung 1 Ob 171/02g zugrundeliegt.

Dem Revisionsrekurs betreffend Ablehnung der aufschiebenden Wirkung fehlt es an der für die Zulässigkeit notwendigen Beschwer. Diese ist sowohl hinsichtlich der Teilaufhebung als auch hinsichtlich der Teilbestätigung infolge Erledigung des Rekurses weggefallen (8 Ob 44/02g; Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 4 zu § 524).

Ein Kostenzuspruch an die klagende Partei für deren Revisionsrekursbeantwortung hatte nicht zu erfolgen, da das Rechtsmittel des Beklagten als bloßer außerordentlicher Revisionsrekurs erkennbar war und keine Mitteilung im Sinn des § 508a Abs 2 ZPO (iVm §§ 402 Abs 4, 78 EO) erging.

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