OGH 1Ob171/02g

OGH1Ob171/02g25.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Heidemarie P*****, vertreten durch Dr. Michael Nierhaus, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Reinhold P*****, vertreten durch Dr. Hans Lehofer und Mag. Bernhard Lehofer, Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterhalts (Streitwert gemäß § 58 JN 20.929,78 EUR, gemäß § 9 Abs 3 RATG 6.976,59 EUR), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 18. März 2002, GZ 2 R 51/02p-32, womit das Urteil des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 10. August 2001, GZ 28 C 72/00a-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei an rückständigem Unterhalt 22.673,92 EUR (= 312.000 S) samt 4 % Zinsen seit 1. 4. 2000 sowie ab 1. 5. 2000 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 581,38 EUR (= 8.000 S) zu zahlen, abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 4.757,95 EUR (darin 474,69 EUR Umsatzsteuer und 1.909,82 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Ehe der Streitteile war zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz (19. 6. 2001) noch aufrecht. Mittlerweile ist sie aus dem gleichteiligen Verschulden der Parteien rechtskräftig geschieden. Der Ehe entstammt eine im Jahre 1978 geborene Tochter, für die der Beklagte noch unterhaltspflichtig ist. Zum Zeitpunkt der Eheschließung - im Jahre 1978 - war die Klägerin berufstätig. Nach der Geburt ihrer Tochter und nach dem Karenzurlaub wollte sie wieder zu arbeiten beginnen, doch meinte der Beklagte, dass er ohnehin genug verdiene. Die Klägerin erzielte in der Folge aus verschiedenen (Teilzeit-)Beschäftigungen Einkünfte in unterschiedlicher Höhe, zuletzt bezog sie seit dem 10. 3. 2001 eine Arbeitslosenunterstützung von 8.436 S monatlich. Ihren ursprünglichen Wunsch, nach der Geburt der Tochter wieder ganztägig zu arbeiten, hatte sie wegen einer Krankheit der Tochter längst aufgegeben. Sie führte, bis sie die gemeinsame Ehewohnung am 24. 5. 2000 verließ, den Haushalt und betreute die gemeinsame Tochter. Bei der Haushaltsführung half der Beklagte nur gelegentlich mit. Bis zum 1. 11. 1999 betreute die Klägerin auch die im selben Haus wohnende Mutter des Beklagten. Dieser war bis zu seiner Pensionierung am 1. 1. 1999 als Angestellter berufstätig und erzielte 1997 ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von 54.141 S, 1998 ein solches von 60.849 S, 1999 in Höhe von 27.308 S und im Jahre 2000 ein Monatsnettoeinkommen von 52.762 S. Im Jahre 1999 bezog er anlässlich seiner Pensionierung eine Abfertigung von 1,569.000 S. Er zahlte sämtliche Fixkosten für die Ehewohnung im Betrag von monatlich durchschnittlich etwa 4.000 S. Im Jahre 1996 kauften die Streitteile je zur Hälfte eine Eigentumswohnung, die großteils aus Ersparnissen finanziert wurde. Die Klägerin bewohnt dieses Objekt seit Juni 2000. Der Beklagte finanzierte gemeinsame Urlaube und auch Urlaube, die die Klägerin allein bzw mit ihrer Tochter verbrachte.

Seit 25. 1. 2000 unterhält die Klägerin ehewidrige Beziehungen zu einem in Italien wohnhaften Transportunternehmer. Am 24. 5. 2000 verließ sie die gemeinsame Ehewohnung. Die Klägerin und der Transportunternehmer führen keinen gemeinsamen Haushalt und haben auch "keine gemeinsame Kasse"; die Klägerin erledigt auch keine Hausarbeiten für ihn. Sie unterhalten eine aufrechte Geschlechtsgemeinschaft.

Der Beklagte hatte in der Zeit der Wohngemeinschaft mit der Klägerin am Monatsanfang stets einen Betrag (als "Wirtschaftsgeld") in eine Schachtel gelegt, aus der die Klägerin den allgemeinen Bedarf des täglichen Lebens für Haushalt und Familie bestritt. "Persönliche Dinge" für sich (Kleidung, Kosmetika etc) durfte die Klägerin mit diesem Bargeld nicht bezahlen; hiefür verwendete sie ihr eigenes Einkommen bzw Erspartes. Jeden Sonntag Vormittag stellte der Beklagte eine Abrechnung auf, bei der die Klägerin ihre Ausgaben nachweisen und für sich persönlich allenfalls entnommenes Geld - bei einem Toleranzbereich von 5 bis 50 S - rückerstatten musste. Die Höhe des zur Verfügung gestellten "Wirtschaftsgeldes" schwankte in den Jahren 1997 bis 2000 zwischen 8.750 und 12.500 S monatlich. Die Klägerin forderte vom Beklagten nie ausdrücklich mehr Wirtschaftsgeld. Sie hatte sich mit der zur Verfügung gestellten Summe "abgefunden".

Die Klägerin begehrte vom Beklagten rückständigen Unterhalt im Betrag von 22.673,92 EUR (= 312.000 S) sowie ab 1. 5. 2000 eine monatliche Unterhaltsleistung von 581,38 EUR (= 8.000 S). Sie habe über Wunsch des Beklagten eine "Hausfrauenehe" geführt, sei für den Haushalt stets allein verantwortlich gewesen, und habe auch die Mutter des Beklagten gepflegt. Dieser habe ihr lediglich ein monatliches Wirtschaftsgeld von 4.000 S zur Verfügung gestellt und die Fixkosten der Ehewohnung bestritten. Sämtliche Ausgaben für persönliche Bedürfnisse habe sie mit ihrem geringfügigen eigenen Einkommen abdecken müssen. Sie habe vor dem 25. 1. 2000 keine ehewidrige Beziehung unterhalten. Mit dem Transportunternehmer sei sie keine Lebensgemeinschaft eingegangen, ihr Unterhaltsanspruch sei daher nicht verwirkt. Da sie nur Arbeitslosenunterstützung beziehe und die Fixkosten einer Wohnung zu tragen habe, sei der Beklagte zur Leistung des laufenden Unterhalts verpflichtet.

Der Beklagte wendete ein, die Klägerin habe ihren Unterhaltsanspruch verwirkt, zumal sie mit dem Transportunternehmer ein ehewidriges Verhältnis eingegangen sei und eine Lebensgemeinschaft unterhalte. Der Beklagte habe die Klägerin stets ausreichend alimentiert und ihr monatlich 10.000 S zur Verfügung gestellt.

Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, der Klägerin für die Zeit von April 1997 bis 23. 5. 2000 Unterhalt im Betrag von 5.813,83 EUR (= 80.000 S) samt 4 % Zinsen seit 1. 4. 2000 und weiters ab 24. 5. 2000 einen monatlichen Unterhalt von 581,38 EUR (= 8.000 S) zu zahlen, wies aber das Mehrbegehren der Klägerin auf Zahlung weiteren rückständigen Unterhalts von 16.860,10 EUR (= 232.000 S) samt 4 % Zinsen seit 1. 4. 2000 ab. Den Zuspruch stützte es auf § 94 Abs 2 ABGB. Dass sich die Klägerin mit der finanziellen Situation "abgefunden" habe, habe nicht das Erlöschen des ihr gebührenden Unterhalts zur Folge. Unter Bedachtnahme darauf, dass der Beklagte periodenweise Mehrleistungen erbracht habe und dass der Unterhalt nach Billigkeitskriterien zu bemessen sei, ergebe sich ein Unterhaltsrückstand von 80.000 S. Nach Aufhebung der Haushaltsgemeinschaft habe die Klägerin den Anspruch auf Zahlung von Unterhalt behalten, weil Rechtsmissbrauch nicht vorliege. Im Lichte des neuen § 68a EheG werde der Unterhaltsanspruch nur in besonders krassen Fällen verwirkt. Gewiss stelle das Ausbrechen aus einer Ehe und das Eingehen einer Geschlechtsgemeinschaft mit einer anderen Person eine schwere Eheverfehlung dar. Es sei aber eine Erfahrungstatsache, dass bei lang andauernden Ehen das Auseinanderleben stets auf dem Prinzip von Ursache und Wirkung beruhe und bei einer intakten Ehe mit beiderseitigen wertschätzendem und liebevollem Verhalten unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen das dauerhafte Einbrechen eines Dritten keine Chance habe. Der Ehebruch sei letztlich nur Symptom und nicht Ursache des Auseinanderlebens. Die Klägerin sei aus einer für sie (finanziell und unterhaltsmäßig) einengenden Beziehung ausgebrochen. Sie habe zuvor 22 Jahre lang den Haushalt ordnungsgemäß geführt, die gemeinsame Tochter erzogen und auf eine eigenständige Entfaltung im Berufsleben und damit auf ausreichende finanzielle Absicherung verzichtet. Selbst im Falle einer Scheidung aus dem Alleinverschulden der Klägerin erscheine es daher nicht unbillig, wenn der Beklagte zum Unterhalt der Klägerin, die auf Grund ihres Alters, der Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft und der mangelnden beruflichen Aus- und Weiterbildung Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt habe, weiterhin in gewissem Umfang beitrage. Dabei richte sich das Ausmaß des Unterhaltsanspruchs nach dem Lebensbedarf der Unterhaltsbedürftigen. Eine Befristung sei nicht vorzunehmen, weil sich die Arbeitsplatzchancen der Klägerin mit zunehmender Dauer der Arbeitslosigkeit und mit zunehmendem Alter nicht verbessern würden.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Eine lang andauernde, unbeanstandete "Unterhaltsübung" lasse nicht auf einen Unterhaltsverzicht schließen, weil aus dem bloßen Nichtbegehren ein Verzichtswille nicht abgeleitet werden könne. Ehewidrige Beziehungen und ein fortgesetztes sexuelles Liebesverhältnis stellten grundsätzlich schwere Verletzungen der ehelichen Verhaltenspflichten dar, die die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs rechtfertigten. Ein solcher Verstoß sei aber dann nicht rechtsmissbräuchlich, wenn der andere Ehepartner durch sein Verhalten die Ehe bereits weitgehend zerrüttet habe. Die Beweislast für die Unterhaltsverwirkung treffe den Unterhaltspflichtigen. Dem Beklagten sei der Beweis einer schuldhaften Ablehnung der Ehe durch die Klägerin nicht gelungen. Sein Verhalten im Zusammenhang mit der Geldgebarung sei vielmehr geeignet gewesen, eine weitgehende Zerrüttung der Ehe herbeizuführen, sodass die Aufnahme ehewidriger Beziehungen und der Auszug aus der Ehewohnung nicht als Verwirkungstatbestand gewertet werden könnten. Umso weniger werde die "Unbilligkeitsgrenze des § 68a EheG" erreicht, welche Bestimmung verhindern solle, dass Unterhalt zugesprochen werde, wenn der Berechtigte eklatant gegen Gebote verstoße und dies mit dem objektiven Gerechtigkeitsempfinden aller vernünftig denkenden Menschen unvereinbar sei. Der zugesprochene Unterhaltsbetrag erweise sich als angemessen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist zulässig und berechtigt.

Vorweg ist klarzustellen, dass sich die Regelung des § 68a EheG, auf die sich die Klägerin und die Vorinstanzen beziehen, nur auf die Unterhaltspflicht nach Scheidung einer Ehe anwenden lässt. Im vorliegenden Fall war die Ehe zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung noch nicht geschieden und musste daher der Unterhaltsanspruch der klagenden Ehegattin nach § 94 ABGB beurteilt werden. Gemäß § 94 Abs 2 ABGB hatte die Klägerin, die den gemeinsamen Haushalt (großteils) führte, gegen den Beklagten Anspruch auf Unterhalt, wobei ihre eigenen Einkünfte angemessen zu berücksichtigen waren. Dieser Anspruch des Unterhaltsberechtigten besteht nach Aufhebung des gemeinsamen Haushalts fort, sofern nicht dessen Geltendmachung, besonders wegen der Gründe, die zur Aufhebung des gemeinsamen Haushalts geführt haben, ein Missbrauch des Rechtes wäre. Es ist daher - in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - der Unterhaltsanspruch der Klägerin einerseits bis zur Aufhebung der Haushaltsgemeinschaft am 24. 5. 2000 und andererseits für die Zeit danach gesondert zu beurteilen:

Für die Zeit bis zur Aufhebung der Haushaltsgemeinschaft ist den Vorinstanzen durchaus dahin beizupflichten, dass der Klägerin höhere als die ihr zugekommenen Unterhaltsleistungen zugestanden wären. Die Vorinstanzen haben aber ausdrücklich festgestellt, die Klägerin habe vom Beklagten nie ausdrücklich mehr "Wirtschaftsgeld" verlangt, vielmehr habe sie sich mit den ihr zur Verfügung gestellten Beträgen "abgefunden" (S 8 des Ersturteils). Das kann aber - entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen - nur so verstanden werden, dass die Klägerin auf einen ihr zustehenden höheren Unterhalt verzichtet hat. Zwar kann aus der bloßen Tatsache, dass es der Berechtigte unterlässt, mehr zu begehren, für sich noch nicht auf den Willen, darauf zu verzichten, geschlossen werden (EFSlg 91.889), die Klägerin hat aber nicht nur auf keinen höheren Unterhaltsleistungen bestanden, sondern sich mit den erbrachten Leistungen begnügt, indem sie sich damit abgefunden und den gewährten Unterhalt subjektiv als die von ihr zu beanspruchende Leistung akzeptiert hat. Der Zuspruch eines Unterhaltsrückstands für die Zeit bis zum 23. 5. 2000 erfolgte demnach nicht zu Recht.

Die Geltendmachung von Unterhalt für die Zeit nach Aufhebung der Haushaltsgemeinschaft, also ab dem 24. 5. 2000, stellt einen Missbrauch des grundsätzlich nach § 94 Abs 2 ABGB zustehenden Rechts der Klägerin dar:

Gemäß § 94 Abs 2 Satz 2 zweiter Halbsatz ABGB erlischt der Unterhaltsanspruch zur Gänze, wenn seine Geltendmachung besonders wegen der Gründe, die zur Aufhebung des gemeinsamen Haushalts geführt haben, ein Missbrauch des Rechts wäre. Nicht jede schwere Eheverfehlung bedeutet schon die Rechtsmissbräuchlichkeit des Unterhaltsbegehrens. Die gesetzlichen Unterhaltsansprüche erlöschen vielmehr nur in besonders krassen Fällen, in denen die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs wegen des Verhaltens des betreffenden Ehegatten grob unbillig erschiene. Entscheidendes Beurteilungskriterium ist dabei die schuldhafte Ablehnung der Ehe durch den Unterhaltsberechtigten, also der völlige Verlust oder die ihm nahekommende Verflüchtigung des Ehewillens. Es wäre sittenwidrig, jenem Ehegatten, der schuldhaft die gebotene Ehegesinnung vermissen lässt, den finanziellen Vorteil aus der Ehe zu belassen, obwohl er selbst nicht zur Erfüllung der ihn treffenden ehelichen Verpflichtung bereit ist (JBl 2001, 582; EFSlg 88.829; 88.832; EvBl 1997/161; EFSlg 83.042 f; 53.007). Grundloses Verlassen des anderen Eheteils ist in der Regel rechtsmissbräuchlich (EFSlg 88.837; 83.047).

Der Ehebruch und das "fortgesetzte sexuelle Liebesverhältnis" stellen ungeachtet des bereits anhängigen Scheidungsverfahrens grundsätzlich derart schwerwiegende Verletzungen der ehelichen Verhaltenspflichten dar, dass der Unterhaltsanspruch des ehebrecherischen Ehegatten als verwirkt angesehen werden muss. Von dieser Regel kann bloß dann eine Ausnahme gerechtfertigt sein, wenn der andere Ehegatte ausdrücklich oder wenigstens unzweifelhaft schlüssig zu erkennen gegeben hat, dass er seinen ernstlichen Willen, die Ehe ihrem Wesen gemäß fortzusetzen, aufgegeben und dadurch die andernfalls zur Verwirkung des Unterhaltsanspruchs führende schwere Pflichtverletzung seines Ehepartners gebilligt, veranlasst oder gefördert hat (EvBl 1997/161). Bei der Beurteilung, ob Rechtsmissbrauch vorliegt, sind stets die Umstände des Einzelfalls maßgeblich (EFSlg 76.689; 37.544). Bei der Wertung des Gewichts der Eheverfehlungen und ihrer Eignung, den Unterhaltsanspruch bei aufrechtem Bestand der Ehe zum Erlöschen zu bringen, darf auch das Verhalten des anderen Teiles nicht vernachlässigt werden (EFSlg 37.546).

Geht man von den dargestellten Grundsätzen aus, dann ist das Unterhaltsbegehren der Klägerin rechtsmissbräuchlich. Die dem Beklagten angelasteten Eheverfehlungen waren bei richtigem Verständnis des Wesens der Ehe keineswegs geeignet, die Zerrüttung der Ehe und auch nicht deren "weitgehende" Zerrüttung herbeizuführen. Was die ihm zur Last gelegte Verletzung der Unterhaltspflicht betrifft, kann darauf verwiesen werden, dass die Klägerin - wie zuvor erörtert - sich mit dem ihr gereichten Unterhalt bis zur Auflösung der häuslichen Gemeinschaft abfand, sodass dem Beklagten eine Unterhaltsverletzung gar nicht vorgeworfen werden kann. Die ihm ferner angelastete Verletzung der "Pflicht zur anständigen Begegnung" ist ebensowenig als gravierende Eheverfehlung zu werten wie die Tatsache, dass der Beklagte penible Aufzeichnungen über die finanziellen Verhältnisse der Ehegatten führte und eine genaue wöchentliche Abrechnung einforderte. Dass bereits durch diese Verhaltensweisen eine weitgehende Zerrüttung der Ehe eingetreten wäre, muss daher vereint werden. Deshalb hat der Beklagte das "Ausbrechen" der Klägerin aus der Ehe nicht verursacht und schon gar nicht verschuldet, weil er diese etwa "unterhaltsmäßig knapp gehalten" habe. Im Gegensatz dazu hat die Klägerin ehewidrige Beziehungen zu einem anderen Mann aufgenommen, unterhält mit diesem eine Geschlechtsgemeinschaft, und lässt von diesem sexuellen Liebesverhältnis auch nicht ab. Dieses Verhalten hat - im Übrigen auch nach Ansicht des Berufungsgerichts (S 12 des Berufungsurteils) - die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin zur Folge, so dass der Beklagte diese auch unter Beweis gestellt hat.

Die missbräuchliche Rechtsausübung ist auch unter Zugrundelegung der aus § 68a EheG herausleuchtenden Rechtsauffassung nicht in Zweifel zu ziehen. Gemäß § 68a Abs 2 EheG kann - nach Scheidung einer Ehe - unabhängig vom Verschulden an der Scheidung Unterhalt nach dem Lebensbedarf des sogar allenfalls allein an der Scheidung Schuldigen gewährt werden. Gemäß § 68a Abs 3 EheG vermindert sich oder besteht dieser Unterhaltsanspruch aber nicht, soweit die Gewährung des Unterhalts unbillig wäre, weil unter anderem der Bedürftige einseitig besonders schwerwiegende Eheverfehlungen begangen hat. Diese Bestimmung steht insofern im Einklang mit § 94 Abs 2 zweiter Satz ABGB, als auch danach der gesetzliche Unterhaltsanspruch in besonders krassen Fällen erlischt, in denen dessen Geltendmachung angesichts des Verhaltens des - sonst - berechtigten Ehegatten grob unbillig erschiene (JBl 2001, 582 ua). Nach beiden Gesetzesbestimmungen soll der Zuspruch von Unterhalt verhindert werden, wenn der Berechtigte - so wie hier die Klägerin - eklatant gegen eheliche Gebote verstößt, und dieser Verstoß nach dem objektiven Gerechtigkeitsempfinden aller vernünftig denkenden Menschen mit dem Zuspruch von Unterhalt unvereinbar ist (so auch Deixler-Hübner, Grundfragen des neuen verschuldensunabhängigen Unterhaltsanspruchs nach § 68a EheG, in ÖJZ 2000, 707 [712 f]; dieselbe, Das neue Eherecht, 32; vgl Ferrari/Hopf, Eherechtsreform in Österreich, 53). Das trifft hier zu.

In Stattgebung der Revision sind die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen wird.

Der Ausspruch über die Kosten des gesamten Verfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Zur Bemessungsgrundlage kann auf die Ausführungen der Vorinstanzen verwiesen werden.

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