Spruch:
Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 2.429,34 (darin enthalten EUR 404,89 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.798,02 (darin enthalten EUR 299,67 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Firmenwortlaut der Beklagten wurde von zuletzt "P***** GmbH" auf "P***** G***** GmbH" geändert (FN ***** Handelsgericht Wien). Die Parteibezeichnung der Beklagten ist daher in diesem Sinne im Urteilskopf zu berichtigen (§ 235 Abs 5 ZPO). Der Kläger wird mit seinem in der Revision enthaltenen "verfahrensrechtlichen Antrag" (S 3d Revision ON 93) auf diese Berichtigung verwiesen. Die Vorinstanzen haben zurecht die Berechtigung der Entlassung des Klägers vom 9. 10. 1998 wegen Vertrauensunwürdigkeit bejaht und demzufolge seine beendigungsabhängigen Ansprüche (Kündigungsentschädigung, Abfertigung etc) verneint. Im Ergebnis zurecht bejaht wurde hingegen der Anspruch des Klägers auf Ersatzleistung für offenen Resturlaub (88 Werktage) aus den Urlaubsjahren 1994/95 bis 1997/98 von insgesamt EUR 51.578,26 brutto. Unbekämpft blieb schon in der Berufung des Klägers die erstgerichtliche Teilabweisung hinsichtlich weiterer 10 Werktage Resturlaub. Auf die Ausführungen des Berufungsgerichtes wird verwiesen. Den Revisionsausführungen beider Parteien wird ergänzend Folgendes entgegengehalten:
Rechtliche Beurteilung
Zur Revision des Klägers:
Das Berufungsgericht hat nach eingehender Prüfung sämtliche Feststellungen des Erstgerichtes übernommen und die vom Kläger gerügte Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens verneint. Legt man die erstgerichtliche Feststellung zugrunde, dass der Kläger Verfasser der näher wiedergegebenen anonymen Briefe ist, ist die in rechtlicher Hinsicht daraus abgeleitete, die Entlassung begründende Vertrauensunwürdigkeit des Klägers nach § 27 Z 1 AngG nicht weiter fraglich. Der Kläger will jedoch die erstgerichtliche Feststellung seiner Urheberschaft dieser Briefe nicht wahrhaben und bekämpft diese in der Revision mit Mängel- und Rechtsrüge. Letztlich laufen aber seine Ausführungen - trotz entgegenstehender Beteuerungen - nur auf eine neue Überprüfung der Beweiswürdigung hinaus, die jedoch dem Obersten Gerichtshof verwehrt ist (Kodek in Rechberger, ZPO² § 503 Rz 1 ua). Nach ständiger Rechtsprechung kann auch ein Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens, der bereits in der Berufung geltend gemacht, vom Gericht zweiter Instanz aber verneint wurde, im Revisionsverfahren nicht mehr gerügt werden (RIS-Justiz RS0042963 ua). Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Klägers kann daher nicht eingegangen werden. Der Vorwurf einer Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 510 Z 2 ZPO) wurde vom Obersten Gerichtshof geprüft, er ist jedoch unbegründet. Diese Beurteilung bedarf keiner Begründung (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO).
Zur Revision der Beklagten:
Auch hier gilt, dass die Überprüfung der Beweiswürdigung dem Obersten Gerichtshof entzogen ist. Auf die sogar ausdrücklich dem "Berufungsgrund" der "unrichtigen Sachverhaltsfeststellung auf Grund unrichtiger Beweiswürdigung" unterstellten Ausführungen der Beklagten ist daher nicht weiter einzugehen.
In rechtlicher Hinsicht ist voranzustellen, dass die noch strittigen 88 Werktage Resturlaub des Klägers aus Urlaubsjahren stammen, die vor dem 31. 12. 2000 begonnen haben. Entsprechend § 19 Abs 5 und 6 UrlG sind daher hierauf noch die Regelungen des Urlaubsgesetzes idF vor der Novelle BGBl I Nr 44/2000 (Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2000) anzuwenden. Wenn - aus welchen Gründen immer - ein Urlaubsverbrauch während eines Urlaubsjahres unterblieben ist, dann wird der Urlaubsanspruch von selbst auf das folgende, gegebenenfalls auf das übernächste, Urlaubsjahr übertragen und ist zu entschädigen, wenn er nicht konsumiert und nicht verjährt ist (RIS-Justiz RS0063938). Ein Verfall von Urlaubsansprüchen kommt außerhalb der Verjährung nicht in Betracht (9 ObA 74/01z; 9 ObA 133/01a; RIS-Justiz RS0077520 ua). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den §§ 9, 10 UrlG aF, dass Urlaube aus abgelaufenen Urlaubsjahren - ungeachtet der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch bei verschuldeter Entlassung (wie im vorliegenden Fall) - voll zu "entschädigen" sind (Cerny, Urlaubsrecht7 § 10 Erl 2 mwN; 9 ObA 60/99k; 9 ObA 133/01a; 8 ObA 29/03b ua). Insbesondere sollte die Pönalisierung des § 10 Abs 2 UrlG aF über den Entfall selbst der Urlaubsabfindung bei unberechtigtem vorzeitigem Austritt nur auf den nicht verbrauchten Urlaub des laufenden Urlaubsjahres erstreckt werden (vgl RIS-Justiz RS0077314 ua), sodass davon ausgegangen wurde, dass sich die Vorschriften über die Urlaubsabfindung nur auf den noch nicht verbrauchten Urlaub des im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses laufenden Urlaubsjahres erstrecken (8 ObA 29/03b; RIS-Justiz RS0077311).
Damit der Urlaub während des Arbeitsverhältnisses verbraucht werden kann, ist zunächst der Abschluss einer Vereinbarung iSd § 4 Abs 1 UrlG notwendig (Cerny aaO § 9 Erl 1). Dieser Abschluss bedarf einer übereinstimmenden Willenserklärung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer über den Beginn und das Ende des Erholungsurlaubes (§ 4 Abs 1 UrlG), die auch schlüssig zustande kommen kann (8 ObA 205/00f; RIS-Justiz RS0053087; RIS-Justiz RS0077447 ua). Eine derartige Urlaubsvereinbarung kam allerdings nach den bindenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen nicht zustande. Eine Zumutbarkeitsprüfung iSd § 9 Abs 1 Z 4 UrlG aF stellt sich hier schon deshalb nicht, weil das gegenständliche Arbeitsverhältnis nicht durch Kündigung, sondern durch (fristlose) Entlassung des Klägers beendet wurde (Cerny aaO § 9 Erl 1, 9).
Der Zinsenzuspruch an den Kläger beruht auf § 49a erster Satz ASGG. Liegt eine Forderung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis vor, so kann grundsätzlich ohne weitere Behauptungen der dort festgelegte gesetzliche Zinssatz begehrt werden. Nur dann, wenn die Verzögerung der Zahlung auf einer (hier nicht vorliegenden) vertretbaren Rechtsansicht des Schuldners beruht, sind die sonstigen gesetzlichen Zinsen anzuwenden (§ 49a zweiter Satz ASGG). Daraus ergibt sich aber auch, dass allein der Umstand, dass sich der Schuldner auf unzutreffende Tatsachenbehauptungen stützt, an dem Anspruch auf Zinsen nach § 49a ASGG erster Satz nichts ändern kann, wäre doch sonst auch noch ein Verfahren zur Frage der Gründe für diese falschen Tatsachenbehauptungen zu führen (8 ObA 306/01k mwN). Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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