OGH 2Ob154/02i

OGH2Ob154/02i15.1.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1.) Johann F*, und 2.) Maria F*, beide * beide vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann und Dr. Haymo Modelhart, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien 1.) Johann S*, und 2.) Hedwig S*, beide * beide vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in Peuerbach, wegen Feststellung (Streitwert EUR 10.174,20) sA, infolge Revision der zweitbeklagten Partei und Rekurses der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 16. April 2002, GZ 3 R 253/01y‑14, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 18. Oktober 2001, GZ 3 Cg 86/01h‑8, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2004:E71935

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Revision der Zweitbeklagten und der Rekurs des Erstbeklagten werden zurückgewiesen.

Die Zweitbeklagte ist schuldig, den Klägern die mit EUR 789,91 (darin enthalten EUR 131,65 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

 

Begründung:

 

Die Kläger betreiben gemeinsam die Landwirtschaft R*berg 1, die Beklagten die Landwirtschaft R*berg 2. Beiden Höfe liegen einige Kilometer außerhalb des Ortsgebietes von P*bach und sind durch einen öffentlichen Weg ca 10 m getrennt, die Haustüren sind ca 70 bis 80m voneinander entfernt. Zwischen den Häusern und der Bundesstraße liegen noch Nebengebäude, an die ein Obstgarten und weiters in einer Entfernung von ca 70 bis 100m die Bundesstraße anschließt. Die Bundesstraße ist von den Nebengebäuden gerade noch einsichtig. Die Zufahrt zu den Häusern ist etwa 50 m über das Haus R*berg 1 hinaus asphaltiert, danach schließt nur mehr ein geschotterter, landwirtschaftlichen Zwecken dienender Feldweg an, der wieder in die Bundesstraße einmündet. Auf der Zufahrt zu den beiden Häusern ist mit Durchzugsverkehr nicht zu rechnen. Im Haus R*berg 2 der Beklagten lieg ein Innenhof, der mit einem Schiebetor nach außen versperrbar ist. Vom Küchenfenster dieses Hauses sind Teile des Hofes einzusehen; von der Stube aus der gesamte Innenhof. Links hinten im Innenhof befindet sich ein Sandhaufen, auf dem vor dem 22. 10. 1991 häufig der am 27. 5. 1988 geborene Sohn der Beklagten Florian und die beiden 1982 und 1984 geborenen Töchter der Kläger und auch andere Nachbarkinder gespielt haben. Von den Klägern und den Beklagten wurde es als normal angesehen, dass ihre Kinder miteinander spielten; es wurden nie Vereinbarungen über eine wechselseitige Übernahme der Aufsicht über die Kinder getroffen. Der Sohn der Beklagten entfernte sich beim Spielen immer wieder vom elterlichen Hofbereich und hielt sich im Nahbereich des elterlichen Hauses, meistens am Nachbarhof der Kläger auf, ohne dies seinen Eltern mitzuteilen. Die Zweitbeklagte war damit nicht einverstanden und holte ihn wieder vom Haus der Kläger zurück, wenn sie bemerkte, dass er sich entfernt hatte. Es gab nie Äußerungen der Kläger, dass der Sohn der Beklagten nicht zu ihnen kommen dürfe.

Am 22. 10. 1991 ging der Sohn der Beklagten kurz vor Mittag vom Innenhof des elterlichen Hofes zum Vorplatz des Hofes der Kläger und nach kurzem Aufenthalt in der Küche bei der Mutter bzw Schwiegermutter der Kläger in das Nebengebäude, wo er mit den beiden Töchtern spielte. Beim Spielen ereignete sich ein Unfall. Der Sohn der Beklagten kletterte auf eine Frontladerverlängerung, die trotz eines Eigengewichtes von über 100 kg umfiel und ihn am Fuß schwer verletzte.

Der Minderjährige nahm wegen der erlittenen Verletzungen die nunmehrigen Kläger in Anspruch. Letztlich wurde ihnen eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorgeworfen, weil die Frontladerverlängerung des Traktors derart steil aufgestellt gewesen sei, dass sie leicht umkippen habe können. Dieser Umstand sei für beide erkennbar gewesen. Die Kläger wurden deshalb rechtskräftig zur Zahlung von S 576.966,36 verurteilt; weiters wurde die Haftung der Kläger für künftige Unfallsfolgen ausgesprochen (OLG Linz 6 R 68/99h).

Die Kläger begehren die Erlassung eines Feststellungsurteiles des Inhalts, die Beklagten seien zur ungeteilten Hand schuldig, den Klägern 50 % aller Schäden und Nachteile zu ersetzen, die die Kläger dem mj. Florian aus dem Vorfall vom 22. 10. 1991 auf Grund der mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 6. 5. 1999, 6 R 68/99h ausgesprochenen Haftung der Kläger zu ersetzen haben. Die Beklagten hätten ihre elterliche Aufsichtspflicht gröblichst vernachlässig, weil sie ihren im Vorfallszeitpunkt erst ca 3 ½ Jahre alten Sohn völlig unbeaufsichtigt hätten spielen lassen. Obwohl sie gewusst hätten, dass ihr Sohn immer wieder, ohne sie vorher zu fragen, zum Hof der Kläger gehe, hätten sie ihren Sohn nicht einmal so weit beaufsichtigt, dass er auf dem elterlichen Hof geblieben sei, obwohl gerade im Bereich einer Landwirtschaft, wie sie die Kläger, die Beklagten und sonstige Nachbarn in der Umgebung betrieben, gefährliche Geräte aufgestellt seien und es Werkzeuge oder Geräte gebe, mit denen sich ein unbeaufsichtigt spielendes Kind verletzen könne. Auf Grund der schweren Verletzungen des mj. Florian sei zu erwarten, dass dieser weitere Ansprüche gegen die Kläger erhebe, für die sie dem Minderjährigen zu 100 % haften würden. Sie hätten daher ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung der Beklagten gegenüber den Klägern für die Regressansprüche der Kläger aus solchen Leistungen an Florian.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Im Unfallszeitpunkt sei die Aufsichtspflicht ausschließlich von der Zweitbeklagten ausgeübt worden, weshalb der Erstbeklagten nicht passiv legitimiert sei. Eine allfällige Aufsichtspflichtverletzung sei nicht kausal für den eingetretenen Schaden gewesen, weil selbst bei entsprechender Aufsicht ein Schadenseintritt unvermeidbar gewesen sei; die Frontladerverlängerung sei derart rasch umgefallen, dass sie von den Beklagten auch dann nicht hätte aufgefangen werden können, wenn sie unmittelbar neben ihrem Sohn gestanden wären. Die Kläger seien nicht aktiv legitimiert, weil allfällige Ansprüche nach § 67 VersVG auf ihre Haftpflichtversicherung übergangen seien. Allfällige Regressansprüche seien verjährt, weil die Kläger bereits nach der im Vorprozess ergangenen Revisionsentscheidung vom 28. 1. 1998 mit ihrer Sachfälligkeit hätten rechnen müssen. Ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung der Beklagten bestehe nicht, weil allfällige Regressansprüche in 30 Jahren verjährten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Neben dem eingangs wiedergegebenen Feststellungen hielt es noch Folgendes fest:

Als die Zweitbeklagte ihren Sohn vor dem Unfall zum letzten Mal sah, spielte dieser am Sandhaufen im Innenhof. Sie ließ ihren Sohn etwa 15 Minuten (allenfalls etwas mehr oder weniger, höchstens 30 Minuten) unbeobachtet, während sie mit dem Kochen des Mittagessens, dem Decken des Tisches in der Stube und dem Füttern ihrer damals 8 Monate alten Tochter beschäftigt war. Der Zweitbeklagte arbeitete auf dem Felde abseits vom Hofe. Beide Beklagte wussten nichts von der Aufstellung einer Frontladerverlängerung im Nebengebäude des Hofes der Kläger.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, den Beklagten könne eine Verletzung der Aufsichtspflicht nicht angelastet werden, weil Kindern, wenn es mit den örtlichen Verhältnissen irgendwie vereinbar sei, die Möglichkeit des Spielens im Freien erhalten bleiben müsse und eine Überwachung auf Schritt und Tritt in der Regel nicht verlangt werden könne. Gerade im ländlichen Bereich entspreche es den Anschauungen des Verkehrs, dass Kinder ab einem gewissen Alter - insbesondere ab Erreichen des schulpflichtigen Alters - beim Spielen auch in etwas größerer Entfernung vom Elternhaus ohne ständige Beaufsichtigung gelassen würden. Höhere Anforderungen an die Aufsichtspflicht der Eltern seien nur dann zu stellen, wen nach den konkreten Verhältnissen mit der Möglichkeit eines schädigenden Verhaltens durch den Aufsichtsbefohlenen gerechnet werden müsse. Es könne vernünftigerweise nicht verlangt werden, Kinder auf ländlichen Höfen auf Schritt und Tritt zu bewachen und beim Mangel einer Bewachung einzusperren. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich der Erstbeklagte auf die Erfüllung der Aufsichtspflicht durch die Zweitbeklagte habe verlassen dürfen.

Das von den Klägern angerufene Berufungsgericht gab deren Berufung Folge. Es sprach mit Teilurteil aus, das (im Berufungsurteil näher umschriebene) Feststellungsbegehren der Kläger bestehe gegenüber der Zweitbeklagten zur Hälfte zu Recht und verpflichtete die Zweitbeklagte zum Ersatz der Hälfte der Kosten der Kläger des erstinstanzlichen Verfahrens und des Rechtsmittelverfahrens. Hinsichtlich des Erstbeklagten wurde das Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung und allfälligen Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen das Teilurteil und die Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig seien.

Es verwies auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, bei Beurteilung der Obsorgepflicht des Aufsichtspflichtigen komme es auf das Alter, die Entwicklung, die Eigenart des Kindes, auf die Voraussehbarkeit eines (selbst‑)schädigenden Verhaltens des zu Beaufsichtigenden, auf das Maß der von diesem ausgehenden, sich oder dritten Personen drohenden Gefahr sowie darauf an, was den Aufsichtspflichtigen in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden könne.

Entscheidend sei, was verständige Eltern nach vernünftigen Anforderungen im konkreten Fall unternehmen müssten, um die Schädigung Dritter oder Selbstbeschädigung durch ihre Kinder zu verhindern, welchen Anlass sie zu bestimmten Aufsichtsmaßnahmen gehabt hätten. Eine Überwachung auf Schritt und Tritt komme im Allgemeinen nicht in Betracht; dies treffe vor allem auf größere Kinder zu. Es entspreche den Anschauungen des Verkehrs, dass Kinder ab einem gewissen Alter beim Spielen auch in etwas größerer Entfernung vom Elternhaus ohne ständige Beaufsichtigung gelassen werden. Dies treffe insbesondere auf schulpflichtige Kinder zu (RS0027469). Kleinkinder erforderten ein größeres Maß an Aufmerksamkeit, weil auch eine normale Umgebung für Kleinkinder ein erhebliches Gefahrenpotential darstelle. In ungewohnter Umgebung sei jedenfalls eine ständige Beaufsichtigung erforderlich.

Im konkreten Fall hätten geeignete Vorkehrungen gegen ein vom Aufsichtspflichtigen unbemerktes Entschwinden des Kleinkindes aus seiner gewohnten Umgebung getroffen werden müssen, weil der Minderjährige sich immer wieder vom elterlichen Hof entfernt habe und zu seinen Nachbarn gegangen sei, von wo ihn seine Mutter immer wieder zurückgeholt habe. Durch Versperren des Schiebetores wäre ein unbemerktes Verschwinden aus dem elterlichen Hof verhindert worden, ohne dem Kind die Möglichkeit des Spielens im Freien zu nehmen. Eine kindgerechte Ausstattung des Innenhofes hätte eine ständige Beobachtung entbehrlich gemacht. Da die Neigung des Kindes, sich beim Spielen vom unmittelbaren Hofbereich zu entfernen, bekannt gewesen sei, hätte es ständig beobachtet werden müssen. Sei eine ständige Beobachtung aufgrund anderer beruflicher oder häuslicher Pflichten nicht möglich gewesen, wäre es erforderlich gewesen, das Kleinkind vorübergehend ins Haus zu holen. Die Zweitbeklagte habe daher ihre Aufsichtspflicht verletzt, weil sie ihren zuletzt im Innenhof spielenden Sohn durch rund 15 Minuten nicht beobachtet habe, obwohl ihr bekannt gewesen sei, dass er sich wiederholt aus dem Hofbereich entfernt habe, ohne sie vorher zu fragen. Auch wenn der Zweitbeklagten nicht bekannt gewesen sei, dass am Nachbarhof der Kläger eine Frontladerverlängerung im steilen Winkel aufgestellt gewesen sei, habe sie angesichts der sonstigen Gefahrenquellen, die auf einem Bauernhof bestünden, verhindern müssen, dass ihr Sohn unbemerkt auf den landwirtschaftlichen Hof der Kläger gelangen könne. Die Verletzung der Aufsichtspflicht durch die Zweitbeklagte wiege gleich schwer wie das den Klägern anzulastende Verschulden.

Zur Beurteilung einer allfälligen Verletzung der Aufsichtspflicht durch den Erstbeklagten fehlten aber noch Feststellungen zum Vorbringen, zum Unfallszeitpunkt sei die Aufsichtspflicht ausschließlich von der Zweitbeklagten wahrgenommen worden und der Erstbeklagte habe sich auf die Erfüllung der Aufsichtspflicht durch die Zweitbeklagte verlassen dürfen (RS0027422).

Letztlich sei eine Regressforderung der Kläger nicht verjährt, weil Rückgriffsforderungen wie hier in 30 Jahren verjährten. Das Feststellungsbegehren sei zulässig, weil künftige Ersatzfoderungen wegen Folgeschäden möglich seien und ein rechtliches Interesse der Kläger an der Feststellung der teilweisen Regresspflicht zur Klarstellung der Haftung und zur Vermeidung späterer Beweisschwierigkeiten bestehe.

Die ordentliche Revision und der Rekurs seien zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob eine kontinuierliche Beaufsichtigung von Kleinkindern auch in gewohnter Umgebung notwendig sei, und das Berufungsgericht mit seiner Rechtsansicht von der Entscheidung 2 Ob 6/89, wonach das unbeaufsichtigte Spielen eines noch nicht einmal dreijährigen Kindes in unmittelbarer Nähe einer Bundesstraße kein Verletzung der Aufsichtspflicht darstelle, abgegangen sei.

Die Revisionswerberin und der Rekursweber machen - zusammengefasst - geltend, eine schadenskausale Aufsichtsverletzung sei hier nicht anzunehmen, weil das Kind mit den Nachbarkindern im Bereich einer Spielhütte gespielt habe; die Schädigung durch eine umstürzende Frontladerverlängerung sei nicht vorhersehbar gewesen, ein Regress liege nicht vor, auch ein Feststellungsinteresse sei zu verneinen.

Die Kläger beantragen, die Revision und den Rekurs als unzulässig zurückzuweisen; hilfsweise die Bestätigung des Berufungsurteils.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes liegt eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht vor.

Der Vorwurf der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahren wurde geprüft. Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor, was nicht weiters zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).

Nach ständiger - vom Berufungsgericht zitierter - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kommt es bei der Frage, ob der Aufsichtpflichtige seiner Obsorgepflicht im Sinne des § 1309 ABGB genügt hat, auf das Alter, die Entwicklung und die Eigenart des Kindes, auf die Voraussehbarkeit eines schädigenden Verhaltens des zu Beaufsichtigenden sowie darauf an, was den Aufsichtspflichtigen in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden kann. Entscheidend ist, was verständige Eltern nach vernünftigen Anforderungen im konkreten Fall unternehmen müssen, um eine Schädigung zu verhindern, welchen Anlass sie zu bestimmten Aufsichtsmaßnahmen hatten (RIS‑Justiz RS0027323; Reischauer in Rummel² § 1309 Rz 4, Harrer in Schwimann² § 1309 Rz 1, 6 f, 11 je mwN). Die Rechtsprechung hat zwar ausgeführt, dass eine "Überwachung auf Schritt und Tritt" im Allgemeinen nicht in Betracht kommt, doch trifft dies nach Ansicht des erkennenden Senates vor allem auf größere Kinder zu (2 Ob 110/98k mwN). Die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Frage, ob grundsätzlich für Kleinkinder ein größeres Maß an Aufmerksamkeit zu fordern ist, weil auch eine "normale" Umgebung für Kleinkinder eine erhebliches Gefahrenpotential darstellt (Harrer in Schwimann² aaO Rz 7), ist nach Ansicht des erkennenden Senates ebenfalls jeweils nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (2 Ob 110/98k), weshalb eine Rechtsfrage von erheblicher, über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung nicht vorliegt. Durch die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, die Zweitbeklagte wäre hier verhalten gewesen, ihren knapp 3 ½ jährigen Sohn deshalb besonders im Auge zu behalten, weil ihr dessen Neigung, den Hof zu verlassen und auf den Nachbargrund zu gehen, bekannt war, wird die Aufsichtspflicht nicht überspannt. Im Rahmen des zulässigen Ermessensspielraumes liegt auch die Ansicht des Berufungsgerichtes, die Zweitbeklagte hätte, wäre sie wegen der Erfüllung ihrer Pflichten nicht zur laufenden Kontrolle ihres im Hof spielenden Sohnes in der Lage gewesen, das den Hof abschließende Schiebetor absperren müssen, damit sich das unbeaufsichtigte Kind nicht unbemerkt aus dem Hofe hätte entfernen können (vgl dazu Harrer in Schwimann² aaO Rz 7). Da die Zweitbeklagte schon bisher ihren Sohn immer wieder zurückholen musste, weil er sich unbemerkt entfernt hatte, gab sie zu erkennen, dass sie mit Gefahren für ihr Kind rechnete, die aus einer ungewohnten Umgebung resultierten. Sie musste als Landwirtin auch wissen, welche vielfältigen Gefahren für Kleinkinder. die zu Spontanaktionen neigen, in ungewohnter Umgebung bestehen.

Der Vorwurf des Berufungsgerichtes, der Zweitbeklagten sei im konkreten Fall eine Verletzung der Aufsichtspflicht vorzuwerfen, stellt daher keine zur korrigierende Fehlbeurteilung dar. Die Entscheidung 2 Ob 6/89 steht dem mangels vergleichbaren Sachverhalts nicht entgegen.

Fragen der Verschuldensteilung stellen wegen ihrer Einzelfallbezogenheit ebenfalls keine erheblichen Rechtsfragen dar.

Soweit das Berufungsgericht noch weitere Feststellungen zur Beurteilung einer allfälligen Haftung des Erstbeklagten für erforderlich erachtet, kann dem der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes zur Feststellungsfähigkeit eines künftigen Anspruchs auf Solidarregress entspricht ebenfalls der ständigen Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0017548).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 und 52 ZPO.

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