OGH 3Ob93/03b

OGH3Ob93/03b17.12.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Sailer, Dr. Fellinger und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Christian Ebert und Dr. Thomas Huber, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Peter M. R*****, vertreten durch Mag. Dr. Karlheinz Klema, Rechtsanwalt in Wien, wegen Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. Jänner 2003, GZ 48 R 874/02f-23, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 29. Mai 2001, GZ 69 E 2914/01y-2, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 5. Juni 2001, GZ 69 E 2914/01y-5, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei die mit 1.833,12 EUR (darin enthalten 305,52 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Erstgericht erklärte das Urteil des Landgerichts München I vom 20. November 1997, 6 O 17798/97, für Österreich für vollstreckbar und bewilligte der Betreibenden gegen den Verpflichteten zur Hereinbringung einer Forderung von 1,407.105,84 S = 102.258,37 EUR sA die Forderungsexekution.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Verpflichteten, in dem er geltend machte, er habe nach Entstehen des Exekutionstitels Teilzahlungen in Höhe von 78.265,08 EUR geleistet, weshalb Vollstreckbarerklärung und Exekutionsbewilligung nur in Ansehung einer Restforderung von 37.571,59 EUR sA zu ergehen hätten, nicht Folge. Es vertrat die Rechtsansicht, ein Oppositionsgrund könne im Rekurs gegen die Vollstreckbarerklärung nur dann mit Erfolg releviert werden, wenn er gleichzeitig einen Versagungstatbestand iSd Art 27 und 28 des hier anzuwendenden LGVÜ bilde. Da dies auf den Einwand der nachträglichen Schuldtilgung mittels Zahlung nicht zutreffe, stehe dem Schuldner hier nur die Oppositionsklage (§ 35 EO) und/oder das Oppositionsgesuch (§ 40 EO) zur Verfügung. Dem Rekurs, in dem ausschließlich Teilzahlungen ins Treffen geführt würden, könne daher kein Erfolg beschieden sein.

Die zweite Instanz ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil zur bedeutsamen Rechtsfrage, ob nachträgliche (Teil-)Zahlungen im Rekurs gegen die Vollstreckbarerklärung mit Erfolg releviert werden könnten, keine Rsp des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Verpflichteten ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Das Rekursgericht ist zutreffend - und auch von den Parteien im Revisionsrekursverfahren nicht bestritten - davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung und Versagung der Vollstreckbarerklärung (§§ 79 ff EO) des Urteils eines deutschen Gerichts vom 20. November 1997 nach dem LGVÜ zu beurteilen sind, das im Verhältnis zwischen Österreich und der Bundesrepublik Deutschland vom 1. September 1996 bis 31. Dezember 1998 gegolten hat, wobei ergänzend hinzuzufügen ist, dass das Datum der Klagseinbringung im Titelverfahren, das hier offenbar nach dem 1. September 1996 liegt, maßgeblich ist (s hiezu eingehend 3 Ob 20/02s = JBl 2003, 191).

Der Verpflichtete bestreitet nicht, dass das Erstgericht nach der für seinen Beschluss maßgeblichen Entscheidungsgrundlage diesen Exekutionstitel eines deutschen Gerichts zu Recht für Österreich für vollstreckbar erklärt hat; er macht ausschließlich geltend, er könne nachträglich von ihm geleistete Zahlungen mit dem Rechtsbehelf gegen die Vollstreckbarerklärung gemäß Art 36 LGVÜ geltend machen. Hiezu ist weiters eingangs klarzustellen, dass es sich hier nicht um eine Unterhaltssache handelt, sodass die Leitlinien der E 3 Ob 20/02s = JBl 2003, 191 auf den hier vorliegenden Anlassfall - entgegen der Ansicht der betreibenden Partei - nicht unmittelbar übertragbar sind, hat doch der erkennende Senat dort nur für Unterhaltsansprüche Folgendes ausgesprochen:

"Im Vollstreckbarerklärungsverfahren können vor dem Gericht des Vollstreckungsstaats Gründe, auf Grund derer der Unterhaltsanspruch nachträglich erloschen sein oder sich vermindert haben soll, nicht mit dem Rechtsbehelf des Art 36 EuGVÜ geltend gemacht werden" (RIS-Justiz RS0116739).

Somit bedarf aber die Beurteilung der Zulässigkeit der Geltendmachung nachträglicher Zahlungen im Rechtsbehelf gegen die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels - abgesehen von titulierten Unterhaltsansprüchen - noch einer Stellungnahme durch den Obersten Gerichtshof.

Der E vom 26. September 2003, 3 Ob 142/03h, lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem der Antrag auf Vollstreckbarerklärung bereits im November 1999 eingebracht worden war; daher war auf das Rechtsmittelverfahren noch § 84 EO idF EO-Nov 1995 anzuwenden. Dort waren zwei Rechtsbehelfe des Verpflichteten gegen die Vollstreckbarerklärung, nämlich Rekurs und Widerspruch, vorgesehen. Die Aussagen dieser E, mit der ein außerordentlicher Revisionsrekurs des Verpflichteten mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen wurde, sind für die hier maßgebende Rechtslage gemäß § 84 EO idF EO-Nov 2000 nicht tragfähig.

Im nunmehrigen Anlassfall wurde der Antrag auf Vollstreckbarerklärung nach dem 30. September 2000 eingebracht. Der deshalb anzuwendende § 84 EO idF EO-Nov 2000 ermöglicht nur noch den Rekurs gegen den Beschluss über einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung, wobei der Antragsgegner die in § 84 Abs 2 Z 2 EO vorgesehenen Neuerungen ausführen kann (zu den Änderungen des § 84 EO auf Grund der Rechtslage nach der EO-Nov 2000 s Jakusch in Angst, EO § 84 Rz 17 ff; Burgstaller/Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 84 Rz 4 ff).

Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des von einem deutschen Gericht erlassenen Urteils ist jedoch keineswegs allein nach den Bestimmungen der EO zu beurteilen. Gemäß § 86 EO idF EO-Nov 2000 sind die vorstehenden Bestimmungen nicht anzuwenden, soweit nach Völkerrecht oder in Rechtsakten der Europäischen Union anderes bestimmt ist. Der in § 86 EO genannte Vorrang bezieht sich nicht nur auf die Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung und die Versagungsgründe, sondern auch auf die Verfahrensvorschriften (Schütz in Angst, EO § 86 Rz 3; Burgstaller/Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 86 Rz 1). Das LGVÜ (ebenso das EuGVÜ), das im zweiten Abschnitt die Vollstreckung von Entscheidungen aus anderen Vertragsstaaten regelt, geht somit den entsprechenden innerstaatlichen Vorschriften der §§ 79 ff EO vor (3 Ob 20/02 = JBl 2003, 191 mwN).

Der hier maßgebliche Art 36 Abs 1 LGVÜ (identisch Art 36 Abs 1 EuGVÜ) lautet:

"Wird die Zwangsvollstreckung zugelassen, so kann der Schuldner gegen die Entscheidung innerhalb eines Monats nach ihrer Zustellung einen Rechtsbehelf einlegen."

Diese Norm sagt nicht, welche Einwendungen dem Schuldner offen stehen (Schlosser, EuGVÜ Art 36 Rz 3). Jedenfalls können insb die Versagungsgründe der Art 27 und 28 LGVÜ/EuGVÜ, aus denen gemäß Art 34 Abs 2 LGVÜ/EuGVÜ der Antrag abgelehnt werden kann, geltend gemacht werden. Hier macht der Schuldner nicht derartige Gründe, sondern nachträglich erfolgte Zahlungen geltend, somit einen Umstand, der nach Erlass der Entscheidung im Ursprungsland eingetreten ist und der grundsätzlich (auch) einen Oppositionsklagegrund (§ 35 EO) bildet.

Nach dem Jenard-Bericht, ABl 1979 Nr C 59 ff (51), kann der Schuldner den Rechtsbehelf (auch) auf Tatsachen stützen, die nach Ergehen des ausländischen Urteils eingetreten sind, indem er zB eine Tilgung seiner Schuld nachweist.

Auch im Schlosser-Bericht ABl 1979 Nr C 59, 71 ff (RN 22) heißt es, der im erörterten Art 36 vorgesehene Rechtsbehelf könne u.a. darauf gestützt werden, die Urteilsforderung sei bereits erfüllt.

Für das Verständnis des Art 36 LGVÜ/EuGVÜ ist ferner insbes die E des EuGH vom 4. Februar 1988, Rs 145/86 - Hoffmann/Krieg (Slg 1988, 645) wesentlich, wonach Art 36 EuGVÜ dahin auszulegen ist, dass die Partei, die nicht den in dieser Vorschrift vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung eingelegt hat, einen stichhaltigen Grund, den sie im Rahmen dieses Rechtsbehelfs gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung hätte vorbringen können, im Stadium der Vollstreckung der Entscheidung nicht mehr geltend machen kann, wobei diese Regel von den Gerichten des Vollstreckungsstaats von Amts wegen anzuwenden ist (4. Rechtssatz Satz 1).

Zur Rechtslage vor der EO-Nov 2000, als nach § 84 EO dem Schuldner gegen die Vollstreckbarerklärung die Rechtsbehelfe des Rekurses mit Neuerungsverbot und des Widerspruchs mit Neuerungserlaubnis zur Verfügung standen, wurden zur hier maßgebenden Rechtsfrage im Wesentlichen folgende Lehrmeinungen vertreten:

Nach Lechner/Mayr (Das Übereinkommen von Lugano 46) konnte der Rechtsbehelf nach Art 36 LGVÜ/EuGVÜ auch auf die Tatsache gestützt werden, die titulierte Forderung sei nach Ergehen der Entscheidung im Ursprungsstaat ganz oder teilweise berichtigt worden. Da nach der Judikatur des EuGH (Hoffmann/Krieg) stichhaltige Gründe, die bereits im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens nach Art 36 gegen die Vollstreckbarerklärung hätten vorgebracht werden können, im Vollzugsstadium nicht mehr releviert werden könnten, seien sämtliche Oppositions- und Impugnationsgründe vom Schuldner (als Neuerungen) mit Widerspruch gegen die stattgebende Entscheidung bei sonstiger Präklusion geltend zu machen.

Musger (Die Zwangsvollstreckung auf Grund ausländischer Titel aus der Sicht des Erstrichters, in Bajons/Mayr/Zeiler, Die Übereinkommen von Brüssel und Lugano 247, 262 ff) führt aus, auch Einwendungen gegen den Anspruch iSd § 35 EO könnten und müssten mit Widerspruch gegen die Vollstreckbarerklärung geltend gemacht werden; werde kein Widerspruch erhoben oder würden die bereits vorhandenen Einwendungen im Widerspruch nicht vorgebracht, so sei der Verpflichtete damit präkludiert.

König (Bedarf die EO einer LGVÜ/EuGVÜ-Nachbesserung? ecolex 1999, 310, 312) geht davon aus, dass "feststeht", dass nach nationalem Recht Oppositionsgründe mit Widerspruch gegen die Vollstreckbarerklärung nicht geltend gemacht werden könnten. Der Widerspruch diene allein dem Zweck, das Nichtvorliegen der spezifischen Voraussetzungen für die Vollstreckung ausländischer Exekutionstitel zu rügen (§ 84 Abs 1 EO). Freilich sei nunmehr die Oppositionsklage offenbar auch schon während des Verfahrens zur Vollstreckbarerklärung des ausländischen Exekutionstitels zulässig, weil § 83 Abs 2 EO die sinngemäße Anwendung der Bestimmungen über die Exekution inländischer Akte und Urkunden bereits im Vollstreckbarerklärungsverfahren vorsehe. Nach Konventionsrecht stehe gegen die Vollstreckbarerklärung ein befristeter Rechtsbehelf zu (Art 36 LGVÜ/EuGVÜ). Der EuGH (Hoffmann/Krieg) verlange, dass alle Einwendungen in diesem Rechtsbehelf - bei sonstigem Ausschluss - vorzubringen seien. Dies gelte auch für Oppositionsgründe, die zu diesem Zeitpunkt bereits bestanden hätten. Im Konventionsbereich sei ein bereits bestehender Oppositionsgrund bei sonstiger Präklusion mit dem Rechtsbehelf des Art 36 LGVÜ/EuGVÜ, sohin mit Widerspruch (§ 84 EO) geltend zu machen.

Neumayr (EuGVÜ - LGVÜ 89) vertritt ebenfalls unter Bezugnahme auf die E des EuGH Hoffmann/Krieg die Ansicht, aus der Sicht des Verpflichteten sei es nicht zulässig, die Vollstreckbarerklärung unbekämpft zu lassen und erst gegen die Exekutionsbewilligung mit einem Rechtsbehelf (zB auch Oppositions- oder Impugnationsklage) vorzugehen, weil dadurch eine Verzögerung des Vollstreckungsverfahrens eintreten könnte. Deshalb müssten alle Gründe, die gegen die Vollstreckung sprächen (einschließlich der Oppositions- und Impugnationsgründe), bei sonstiger Präklusion bereits mit Widerspruch gegen die Bewilligung der Vollstreckbarerklärung geltend gemacht werden.

Zur Zulässigkeit einer derartigen Einwendung nach der seit der EO-Nov 2000 geltenden Rechtslage, wonach gemäß § 84 EO nunmehr der Rekurs mit Neuerungserlaubnis der einzige Rechtsbehelf des Schuldners gegen die Vollstreckbarerklärung ist, vertritt Jakusch (in Angst, EO § 84 Rz 28 f) die Ansicht, es seien nur solche Neuerungen zulässig, die Versagungsgründe beträfen. Der Verpflichtete könne im Rekurs weiteres Sachverhaltsvorbringen erstatten, und zwar auch zu bereits aktenkundigen Versagungsgründen. Hingegen stehe neuem Tatsachenvorbringen, das andere Fragen betreffe, das Neuerungsverbot entgegen. Als Versagungsgründe iSd § 84 Abs 2 Z 2 EO seien nicht bloß die in § 81 EO genannten Tatbestände, sondern auch jene des § 80 EO bzw die in innerstaatlichen oder internationalen Vereinbarungen vorgesehenen Tatbestände zu verstehen.

Nach Burgstaller/Höllwerth (in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 84 Rz 4 f) bleibt zweifelhaft, ob die mit der EO-Nov 2000 angestrebte Harmonisierung mit den Verfahrensvorgaben der Art 36 ff LGVÜ/EuGVÜ in vollem Umfang gelungen sei. Der Verzicht auf den Widerspruch zu Gunsten eines zweiseitigen Rekursverfahrens lasse eine Verschlechterung des Rechtsschutzes befürchten. Die Verfahrensgrundsätze der EO - namentlich deren §§ 55 f - seien den seinerzeit für den Widerspruch maßgeblichen § 431 ff ZPO nicht gleichwertig und erschienen zur Klärung strittiger Tatfragen, die idR Auslandsbezug aufwiesen, weniger geeignet. Die Zulässigkeit von - regelmäßig den Tatsachenbereich betreffenden - Neuerungen im Rekursverfahren lasse befürchten, dass es dabei in praxi häufig nicht mit einem Rechtsgang sein Bewenden haben werde. Ob der - wenngleich zweiseitige - Rekurs mit einem vorangehenden, nur den Grundsätzen der §§ 55 f EO verpflichteten Verfahren tatsächlich als Rechtsbehelf gelten könne, der (in vollem Umfang) "nach den Vorschriften, die für das streitige Verfahren maßgebend sind, eingelegt" werde (Art 37 Abs 1 LGVÜ/EuGVÜ), erscheine gleichfalls überdenkenswert. Burgstaller/Höllwerth (aaO Rz 19) führen zur Eventualmaxime nach § 84 Abs 2 Z 2 EO weiters aus, die Präklusion gelte auch für Oppositionsgründe, die zu Beginn der Rekursfrist schon vorlagen.

Die Regelungen der Art 36 und 37 LGVÜ/EuGVÜ wurden von Art 43 der - hier noch nicht anzuwendenden - EuGVVO übernommen, aber inhaltlich neu gestaltet. Während der erste Abschnitt des Vollstreckbarerklärungsverfahrens einseitig ausgerichtet ist und eine Anhörung der Parteien ausschließt, werden die in Rechtsbehelfen vorgebrachten Gründe in einem Verfahren mit beiderseitigem rechtlichen Gehör geprüft (Burgstaller/Neumayr in Burgstaller, Internationales Zivilverfahrensrecht II Art 43 EuGVO Rz 1).

Burgstaller/Neumayr (aaO Rz 2, 3) vertreten auch zur nunmehrigen Rechtslage die Ansicht, die nachträgliche Bezahlung der Schuld könne mit dem Rechtsbehelf gegen die Vollstreckbarerklärung geltend gemacht werden; sie rechtfertige zwar keine Versagung der Anerkennung, wohl aber die Ablehnung einer Vollstreckbarerklärung.

G. Kodek (in Czernich/Tiefenthaler/G. Kodek Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht2 Art 43 EuGVO Rz 13) meint, das Rechtsmittel des Verpflichteten könne auch noch darauf gegründet sein, dass zwischen Ergehen der Entscheidung im Ursprungsstaat und Vollstreckbarerklärung im Vollzugsstaat Umstände eingetreten seien, die einer Vollstreckbarerklärung entgegenstünden. Hiezu gehöre zB die Konkurseröffnung oder die Zahlung. Der Verpflichtete dürfe daher nicht die Vollstreckbarerklärung unbekämpft lassen und erst gegen die Exekutionsbewilligung "mit einem Rechtsmittel, zB einer Oppositions- oder Impugnationsklage", vorgehen, weil dadurch eine Verzögerung des Vollstreckungsverfahrens eintreten könnte. Deshalb müssten alle Gründe, die gegen die Vollstreckung sprächen (einschließlich Oppositions- oder Impugnationsgründe), bereits "mit Widerspruch" gegen die Bewilligung der Vollstreckbarerklärung geltend gemacht werden.

Die Rechtslage in Deutschland ist insofern anders, als § 12 Abs 1 Anerkennungs- und VollstreckungsausführungsG (AVAG) ausdrücklich bestimmt, dass der Verpflichtete mit der Beschwerde, die sich gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus einer Entscheidung richtet, auch Einwendungen gegen den Anspruch selbst insoweit geltend machen kann, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach Ergehen der Entscheidung entstanden sind. Gegen die Ansicht, der Schuldner könne mit diesem Rechtsbehelf etwa vorbringen, seine Schuld nach Ergehen des ausländischen Urteils beglichen zu haben (Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht7 Art 43 EuGVO Rz 27 mwN) werden nun Bedenken in der Richtung geäußert, dass § 12 dAVAG mit dem Übereinkommen nicht vereinbar sei, weil der nachträgliche Untergang des zuerkannten Anspruchs nicht als Anerkennungsversagungsgrund (Art 34 f EuGVVO bzw Art 27 f LGVÜ/EuGVÜ) aufgeführt sei (Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung im internationalen Rechtsverkehr 434 ff; Münzberg in FS Geimer 750; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht2 Art 43 EuGVVO Rz 14).

Der erkennende Senat hat dazu erwogen:

Auszugehen ist davon, dass dem LGVÜ/EuGVÜ keine Bestimmung zu entnehmen ist, wonach dem Schuldner die Möglichkeit eingeräumt werden muss, die nachträglich erfolgte Zahlung mit dem in Art 36 Abs 1 LGVÜ/EuGVÜ vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Vollstreckbarerklärung geltend zu machen. Der E des EuGH Hoffmann/Krieg ist eine solche Leitlinie - entgegen der in der Lehre wiederholt vertretenen, jedoch nicht zutreffenden Ansicht - nicht zu entnehmen.

Somit ist aber davon auszugehen, dass das LGVÜ/EuGVÜ das Problem der nachträglich gegen den zuerkannten Anspruch entstandenen Einwendungen nicht regelt (Schlosser aaO Rz 4). Es trifft nicht zu, dass nach Konventionsrecht die Möglichkeit - und Verpflichtung - der Geltendmachung solcher Einwendungen im Rechtsbehelf nach Art 36 LGVÜ/EuGVÜ vorgesehen werden müsse. Soweit König (aaO 312) und ebenso nunmehr G. Kodek (aaO) meinen, der EuGH verlange im Erkenntnis Hoffmann/Krieg, dass auch (bereits bestehende) Oppositionsgründe bei sonstigem Ausschluss in diesem Rechtsbehelf vorzubringen seien, ist ihnen nicht beizutreten. Eine derartige Aussage hat der EuGH - wie bereits erwähnt - nicht getroffen. Dessen E ist auch nicht zu entnehmen, das nationale Recht müsse dafür Vorsorge treffen, dass der Schuldner alle ihm über die Versagungsgründe hinaus zustehenden Einwendungen in dem Rechtsbehelf nach Art 36 LGVÜ/EuGVÜ geltend zu machen habe. Der EuGH verweist vielmehr unter Punkt 27. darauf, dass das Übereinkommen, um die Voraussetzungen einzuschränken, denen die Vollstreckung einer im Vertragsstaat ergangenen Entscheidung in einem anderen Vertragsstaat unterworfen werden könne, ein sehr summarisches Verfahren für die Zulassung der Zwangsvollstreckung vorsehe; diese Zulassung könne überdies nur aus den in den Art 27 und 28 EuGVÜ/LGVÜ abschließend aufgezählten Gründen versagt werden.

Gerade die Übertragung dieser Ansicht auf die Rechtslage nach der EO-Nov 2000, die dem Schuldner gegen die Vollstreckbarerklärung nur mehr das aufsteigende Rechtsmittel des Rekurses einräumt - was G. Kodek (aaO) offenbar übersieht und worauf Burgstaller/Höllwerth (aaO Rz 19) im Fall der Geltendmachung von Oppositionsgründen nicht eingehen - lässt es - Jakusch (aaO) folgend - ausgeschlossen erscheinen, dem Schuldner die Geltendmachung von Oppositionsklagegründen, soweit sie nicht auch Versagungsgründe sind, mit Rekurs gegen die Vollstreckbarerklärung zu ermöglichen. Im Rekursverfahren, in dem die zweite Instanz, auf deren Ebene eine mündliche Verhandlung nicht vorgesehen ist, die einzige Tatsacheninstanz ist, hat der Schuldner für die erörterten Oppositionsgründe kein seine Rechte ausreichend wahrendes Forum. Da das Vollstreckbarerklärungsverfahren ein sehr summarisches Verfahren ist (3 Ob 20/02s = JBl 2003, 191 unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH Hoffmann/Krieg), wäre ferner die praktische Wirksamkeit der Regelung des LGVÜ/EuGVÜ beeinträchtigt, wenn dem Schuldner die Geltendmachung von Oppositionsgründen, die keine Versagungsgründe sind, in diesem Verfahren ermöglicht würde. Eine sachliche Begründung dafür, dass dies - anders als bei inländischen Exekutionstiteln - bei ausländischen Exekutionstiteln nicht mit Oppositionsklage (§ 35 EO) geschehen soll, sondern gemäß § 84 Abs 2 Z 2 EO mit Rekurs gegen die Vollstreckbarerklärung erfolgen müsse, ist nicht zu erkennen. Es ist überdies dem Antragsteller nicht zumutbar, eine durch die Klärung von Tatfragen bewirkte Verzögerung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens, die durchaus gravierend sein kann, in Kauf zu nehmen. Diese Überlegungen lassen es ausgeschlossen erscheinen, dem Schuldner die konventionsrechtlich nach dem LGVÜ/EuGVÜ nicht gebotene Möglichkeit der Geltendmachung der nachträglichen Zahlung oder sonstiger Oppositionsgründe, die nicht zugleich konventionskonforme Versagungsgründe sind, mit Rekurs gegen die Vollstreckbarerklärung gemäß § 84 EO idF EO-Nov 2000 einzuräumen.

Es ist somit dem Revisionsrekurs des Verpflichteten ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41, 50 ZPO, § 78 EO.

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