OGH 8ObA44/03h

OGH8ObA44/03h25.11.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich und Alfred Klair in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1.) Khaled M*****, Kolporteur, *****, 2.) Joseph M*****, Kolporteur, *****, 3.) Ramzy A*****, Kolporteur, *****, sämtliche vertreten durch Stampfer Orgler & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei K*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Korn & Frauenberger, Rechtsanwälte in Wien, wegen 1.) EUR 4.543,59, zu 2.) EUR 822,91 (Revisionsinteresse EUR 548,61), und zu 3.) EUR 4.881,87 je brutto sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. Dezember 2002, GZ 7 Ra 192/02p-53, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 5. März 2002, GZ 37 Cga 117/00m-48, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

I. Die von der drittklagenden Partei erklärte Rückziehung der Klage unter Anspruchsverzicht wird zur Kenntnis genommen. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind insoweit wirkungslos.

II. Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien haben die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Zu I : § 483 Abs 3 ZPO ist gemäß § 513 ZPO auch im Revisionsverfahren analog anzuwenden (vgl Kodek in Rechberger ZPO2 § 513 Rz 1; zu Kosten OGH 3 Ob 2149/96t).

Zu II : Der Erstkläger war ab 1990 als Kolporteur bei einer Zeitungsvertriebsgesellschaft mbH & Co KG tätig. 1991 wurde dann die beklagte GmbH gegründet und ihr mit Wirkung vom 5. 5. 1991 die Kolportage übertragen, die sie auch in weiterer Folge mit Ausnahme eines Zeitraumes von 1. 8. 1999 bis 9. 10. 2000 in weiterer Folge durchführte. Zu Beginn der Tätigkeit des Erstklägers erfolgte diese allein auf Grund einer mündlichen Absprache, nach der dieser an fixen Standplätzen bzw im Rahmen von Lokaltouren die Zeitungen zu verkaufen hatte. Er erhielt wöchentlich eine Provisionsabrechnung nach der Anzahl der verkauften Exemplare. Es war eine Mindestanwesenheitszeit vorgesehen, ebenso wie das Tragen einer eigenen Dienstkleidung.

Ab 1991 sollten alle Kolporteure auf Grund folgenden Mustervertrages arbeiten:

"I. Verkaufsgebiet

Der Auftragnehmer übernimmt den Verkauf der Tageszeitungen "K*****" und "N***** Zeitung" in dem in der Anlage ./1 näher bezeichneten Verkaufsgebiet ...

II. Konkurrenzklausel

...

Der Verkauf anderer Zeitungs- und Zeitschriftenprodukte, deren Medieninhaber mit der M***** Zeitungs- und Zeitschriftenverlags GmbH & Co KG in einem Konkurrenzverhältnis stehen, ist ausdrücklich untersagt ...

III. Leistungserbringung

Der Auftragnehmer verpflichtet sich, in dem in Punkt I. näher bezeichneten Verkaufsgebiet die Morgen- und/oder Abendkolportage durchzuführen. Er hat dafür zu sorgen, dass das von ihm betreute Verkaufsgebiet ab dem in Anlage ./1 angeführten Zeitpunkt mindestens für die Zeit laut Anlage ./1 besetzt ist ...

Der Auftragnehmer ist nicht verpflichtet, die vertraglich übernommenen Leistungen persönlich zu erbringen. Er ist berechtigt, sich jederzeit ohne Rücksprache mit dem Auftraggeber vertreten und die vertraglich vereinbarten Leistungen durch von ihm beauftragte Vertretungspersonen verrichten zu lassen. Aus administrativen Gründen hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber die Tatsache der Vertretung und der Person seines Vertreters mitzuteilen. Die Honorierung der Vertretung hat ausschließlich durch den Auftragnehmer nach zwischen ihm und seiner Vertretung ohne die Einflussnahme des Auftraggebers zu vereinbarenden Bedingungen zu erfolgen. Die Vertretung hat jedoch den jeweils gültigen österreichischen gesetzlichen Vorschriften zu entsprechen, insbesondere über eine gültige Aufenthaltsbewilligung zu verfügen ...

IV. Leistungsstörungen

Zum Zwecke der Feststellung allfälliger Leistungsstörungen von Seiten des Auftragnehmers (ausreichende und einwandfreie Betreuung des Verkaufsgebietes) ist der Auftraggeber berechtigt ... sich davon zu überzeugen, dass der Auftragnehmer seine vertraglichen Pflichten erfüllt.

...

VI. Entgelt/Abrechnung

Der Auftragnehmer erhält für die von ihm erbrachten Leistungen pro verkauftem Exemplar eine Provision laut Anlage ./3. Er verpflichtet sich, pro Woche ohne Rücksicht auf die tatsächlich erfolgten Verkäufe jedenfalls die in Anlage ./2 genannte Zahl von Exemplaren abzunehmen. Über diese in Anlage ./2 hinausgehende, vom Auftraggeber gelieferten Exemplare sind von ihm zwar ebenfalls zum Verkauf zu übernehmen, jedoch wird ihm für über die in Anlage ./2 genannte Stückzahl hinausgehende nicht verkaufte Exemplare volles Remissionsrecht eingeräumt ...

VII. Verkaufshilfen/Schulung

Der Auftraggeber ist verpflichtet, dem Auftragnehmer nach Jahreszeit angepasste, funktionstüchtige Verkaufshilfen, etwa in Form von Jacken, Mützen, Taschen sowie gegebenenfalls Präsentierhilfen, in brauchbarem Zustand zur Verfügung zu stellen. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, diese Verkaufshilfen mindestens während der in Punkt III. genannten Zeit widmungsgemäß zu verwenden ...

VIII. Steuern und Abgaben

Der Auftragnehmer hat aus eigenem für eine Versteuerung der von ihm aus diesem Vertrag bezogenen Entgelte sowie für eine Ablieferung der Umsatzsteuer zu sorgen. Da durch diese Tätigkeit kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis begründet wird, erfolgt keine Anmeldung zur Sozialversicherung.

IX. Vorauszahlung

Im Hinblick darauf, dass die Abrechnung der dem Auftragnehmer überlassenen Waren periodisch erfolgt, verpflichtet sich der Auftragnehmer zu einer von der Fixabnahme abhängigen, laufenden Vorauszahlung, deren Höhe sich aus Anlage ./2 ergibt ...

X. Konventionalstrafe

Für den Fall des Verstoßes gegen die Punkte I., II. und VII. dieses Vertrages wird die Zahlung einer verschuldensunabhängigen, nicht dem richterlichen Mäßigungsrecht unterliegenden Konventionalstrafe in Höhe von S 500,-- pro Verstoß vereinbart.

...

XII. Schlussbestimmungen

...

Mündliche Nebenabreden wurden nicht getroffen. Änderungen oder Ergänzungen dieser Vereinbarungen ausgenommen Kündigung, bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform."

Ob der Erstkläger diesen Vertrag überhaupt unterfertigte ist nicht feststellbar. Durch die Vertragsgestaltung änderte sich am faktischen Ablauf wenig, allein die Kontrollen verringerten sich und die Kolporteure wurden zur Beistellung eines Vertreters verpflichtet. Vom Leiter der Kolportage wurde auch großes Augenmerk auf die Auswahl des Vertreters gelegt bzw wurde dieser überhaupt von der Beklagten namhaft gemacht. Soweit sich die Vertreter bewährten, wurde den Vertretenen nach ihrer Rückkehr ein anderer Platz zugewiesen. Wurde ein Kolporteur mit geöffneter Jacke angetroffen, so wurde ihm angekündigt, dass er beim nächsten Mal für solche Tage nichts erhalte. Verließ ein Kolporteur vorzeitig seinen Standort, so wird ihm als Sanktion für diese Woche keine Retourware angerechnet. Wenn ein Kolporteur beim Rauchen angetroffen wurde, konnte er an diesem Tag keine Zeitungen zurückgeben.

Der Erstkläger war in den Jahren zwischen 1990 und 1999 etwa vier- bis fünfmal oft mehrere Monate in Ägypten, wobei die Vertretung von der Beklagten bzw vom Erstkläger namhaft gemacht wurde.

Der Zweitkläger arbeitete erst ab November 1997 bei der Beklagten und unterfertigte den dargestellten Vertrag, ohne jedoch eine Übersetzung zu erhalten. Eine während eines Krankenhausaufenthaltes vom 31. 5. bis 12. 6. 1999 mit einem von der Beklagten aufgelegten Formblatt namhaft gemachte Vertretung wurde von der Beklagten akzeptiert. Als sein Vertreter die Jacke einer anderen Zeitung trug, wurde jedoch kein Entgelt bezahlt. Nach einer 1998 durchgeführten Adaptierung des Vertrages, die von den Klägern unterfertigt wurde, erfolgte der Verkauf der Verkaufshilfen an die Kolporteure. Punkt X. des Vertrages über die Konventionalstrafenregelung wurde gestrichen.

Entgegen den Regelungen in der Vertragsschablone benötigten die Kläger für ihre Vertretung die Zustimmung des Kolportageleiters, der auch nicht jeden namhaft gemachten Vertreter akzeptierte. Die Vertretungen waren im Wesentlichen auch nur in einem geringfügigen Ausmaß während Heimaturlauben oder in Krankheitsfällen geduldet. Die Nichteinhaltung der Kolportagezeiten oder Präsentationsvorschriften wurde durch Geldstrafen und nur teilweise Anrechnung der über der Mindestabsatzmenge liegenden Retour-Exemplare sanktioniert. Der Verkauf von anderen Zeitschriften oder Produkten war verboten.

Die Vertragsverhältnisse mit den Klägern wurden von der Beklagten mit 31. 7. 1999 aufgekündigt. Die Kläger arbeiteten danach bei dem anderen Unternehmen, das die Kolportage der Beklagten fortführte, als Kolporteure an denselben Standplätzen weiter.

Der Erstkläger brachte regelmäßig EUR 162,33, der Zweitkläger EUR 57,77 pro Woche ins Verdienen.

Der Erstkläger begehrt Abfertigung und Urlaubsentschädigung für 90 Werktage, der Zweitkläger Urlaubsentschädigung für 90 Werktage. Sie stützen sich jeweils darauf, dass auf Grund der konkreten Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses von abhängigen Arbeitsverhältnissen auszugehen sei. Die Beklagte sei auch passiv legitimiert, da sie die Dienstverhältnisse der Kläger unverändert übernommen und nunmehr beendet habe. Die Kläger hätten unmittelbar nach Beendigung der Arbeitsverhältnisse ihre Ansprüche geltend gemacht.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendet im Wesentlichen ein, dass sie für die Zeiten vor 1991 gar nicht passiv legitimiert sei. Sie habe nunmehr selbst den Kolportagebetrieb übertragen. Bei der neuen Firma hätten die Kläger unverändert ihre Tätigkeit fortgesetzt. Deren Vertragsverhältnis sei ein freier Dienstvertrag gewesen. Sie hätten keinerlei fixe Arbeitszeiten gehabt. Strafen seien nicht vorgesehen gewesen. Eine uneingeschränkte Vertretungsmöglichkeit habe bestanden.

Das Erstgericht wies zwar unbekämpft das Begehren des Zweitklägers auf eine über 60 Werktage hinausgehende Urlaubsentschädigung ab, gab dem Klagebegehren jedoch im Übrigen Folge. Es folgerte dabei im Wesentlichen rechtlich, dass das Vertragsverhältnis als abhängiger Arbeitsvertrag zu qualifizieren sei, wofür insbesondere die Bindung an Weisungen, Arbeitszeiten und Arbeitsort, aber auch die Kontrollunterworfenheit und die Eingliederung in den Betrieb der Beklagten spreche. Eine generelle Vertretungsmöglichkeit habe nicht bestanden. Es stehe den Klägern auch frei, ihre Beendigungsansprüche geltend zu machen.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge. Es ging zusammengefasst rechtlich davon aus, dass das Erstgericht im Hinblick auf die persönliche Abhängigkeit der Kläger zutreffend vom Vorliegen eines abhängigen Arbeitsvertrages ausgegangen sei. Seien die Kläger doch bei der Ausübung ihrer Tätigkeit keinesfalls frei und selbständig und dürften sich im Ergebnis auch nicht nach ihren Ermessen vertreten lassen. Fallweise Delegierungsmöglichkeiten schlössen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses nicht aus. Hinsichtlich der Urlaubsentschädigung sei davon auszugehen, dass allfällige unbezahlte Auslandsaufenthalte diese nicht verkürzen würde. Dass die Kläger in dieser Zeit tatsächlich Urlaub konsumiert hätten, sei auch gar nicht vorgebracht worden. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte das Vertragsverhältnis zum 31. 7. 1999 aufgekündigt habe, sei es den Klägern auch freigestanden, die Ansprüche aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Veräußerer geltend zu machen. Die Aufgriffsobliegenheit bestehe nur hinsichtlich des Fortführungsanspruches. Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da der Qualifikation des Vertragsverhältnisses von Zeitungskolporteuren erhebliche Bedeutung im Sinn des § 46 Abs 1 ASGG zukomme.

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Judikatur ergibt sich die wesentliche Abgrenzung des Arbeitsvertrages von anderen Vertragstypen aus der persönlichen Arbeitsleistung und der Abhängigkeit des Arbeitnehmers, also der Unterworfenheit unter die funktionelle Autorität des Arbeitgebers, die sich in organisatorischer Gebundenheit, insbesondere hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Kontrolle auswirkt (vgl OGH 8. 8. 2002, 8 ObA 277/01w mwN; RIS-Justiz RS0021284; RIS-Justiz RS0021306; Arb 10.944, SZ 70/52 uva; allgemein Krejci in Rummel³ § 1151 ABGB, Rz 36 ff; Tomandl, Arbeitsrecht 14, 91f). Entscheidend ist dabei, ob Merkmale der persönlichen Abhängigkeit nach der tatsächlichen Ausgestaltung der gegenseitigen Rechtsbeziehung überwiegen (vgl OGH 22. 1. 2003, 9 ObA 131/02h und OGH 9. 7. 2003, 9 ObA 78/03s; zuletzt OGH 30. 10. 2003 8 ObA 45/03f). Ist doch davon auszugehen, dass die Parteien den Vertrag regelmäßig auch so verstanden haben, wie sie ihn vollziehen bzw dass es ihnen ja auch freisteht, diesen entsprechend zu ändern (vgl im Übrigen zum einvernehmlichen Abgehen von der Schriftform etwa Rummel in Rummel ABGB3 § 884 Rz 3 mwN; Apathy in Schwimann ABGB2, § 884 Rz 2 mwN). Dem kann die Beklagte auch nicht entgegenhalten, dass es damit der Beschäftigte in der Hand hätte, sich etwa durch die mangelnde Ausübung des Vertretungsrechts zum "Arbeitnehmer zu machen", weil sie selbst ja entsprechende Mitwirkungsbefugnisse und Einschränkungen bei der Vertretung gefordert hat und dies dann von den Klägern akzeptiert wurde. Davon, dass auch längere Vertretungen "zugestanden" wurden, ist ohnehin auch das Berufungsgericht ausgegangen.

Konkret auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies, dass nicht die erstellte - im Übrigen von den Klägern vorweg auch gar nicht unterfertigte - Vertragsschablone entscheidend ist, sondern wie dieser Vertrag in der jahrelang dauernden Vertragsbeziehung tatsächlich gelebt wurde.

Entscheidend ist also die konkrete Vertragsbeziehung im Einzelfall. Deren Beurteilung stellt aber regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl etwa zuletzt OGH 9. 7. 2003 9 ObA 78/03s mwN). Dies zeigt sich im Übrigen auch daran, dass die Beurteilung von Vertragsverhältnissen von Kolporteuren in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend der konkreten Ausgestaltung als Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs 2 ASVG bereits erfolgt ist (vgl VwGH 31. 1. 1995, VwGH 92/08/0213; vgl im Übrigen auch OGH Arb 11.116).

Im Ergebnis ist es auch hier auf die konkreten Verhältnisse des Einzelfalles abzustellen. Dass den Vorinstanzen bei der Beurteilung der konkreten Rechtsverhältnisse eine vom Obersten Gerichtshofes aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, vermag die Beklagte nicht darzustellen. Geht es doch hier um langjährig Beschäftigte, die nach der konkreten Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses genaue Vorgaben hinsichtlich Arbeitsort, Arbeitszeit und sogar Arbeitskleidung- und -verhalten (sanktioniert) hatten und sich auch nur eingeschränkt und mit Zustimmung der Beklagten vertreten lassen konnten.

Die Ausführungen der Beklagten hinsichtlich der "Aufgriffsobliegenheit" der Kläger erfassen Entscheidungen, denen eine andere Fallkonstellation zugrundelag. Die Fälle, in denen der Oberste Gerichtshof eine Aufgriffsobliegenheit des Dienstnehmers im Zusammenhang mit Beendigungen angenommen hat, betrafen Fallkonstellationen, in denen der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit einer Beendigungserklärung geltend gemacht und die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses begehrt hat (RIS-Justiz RS0107828 mwN; RIS-Justiz RS0028233 mwN). Der wesentliche Grund liegt darin, dass ein Klarstellungsinteresse des anderen Vertragspartners - des Arbeitgebers - besteht (vgl OGH 9 ObA 160/99f = SZ 72/112; OGH 1. 12. 1999, 9 ObA 276/99z ua). Es geht also darum, dass der Arbeitnehmer, sein Recht - dessen Geltendmachung ihm freisteht (vgl RIS Justiz RS0111017 mwN etwa 9 ObA 240/98d) -, die Beendigungserklärung als unwirksam anzufechten, im Hinblick auf die synallagmatische Arbeitsrechtsbeziehung (Geldansprüche, ohne dass dafür Arbeitsleistung erbracht wurde) in angemessener Zeit geltend zu machen hat. Können doch sonst dem anderen Vertragspartner - dem Arbeitgeber-, der auf die Wirksamkeit die von ihm getroffenen Rechtsgestaltung (Kündigung) vertraut, Nachteile entstehen. Davon kann aber hier nicht ausgegangen werden, da die Kläger ohnehin die von der Beklagten ausgesprochenen Aufkündigungen ihrer Arbeitsverhältnisse zugrundelegen, also die von der Beklagten vorgenommene Rechtsgestaltung gar nicht bekämpfen.

Soweit die Beklagte letztlich geltend macht, dass entgegen der Annahme des Berufungsgerichtes vom Vorliegen eines Vorbringens hinsichtlich des Urlaubsverbrauches auszugehen sei, ist dem entgegenzuhalten, dass die Beurteilung, wann ein Vorbringen konkret als erstattet zu erachten ist, regelmäßig nur nach den Umständen des Einzelfalles erfolgen kann und damit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darstellt (vgl Kodek in Rechberger ZPO2 § 502 Rz 3). Die Ansicht der Beklagten, dass es eines derartigen Vorbringens in erster Instanz deshalb nicht bedurft hätte, weil die Beklagte ja vom mangelnden Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses ausgegangen sei, setzt sich nicht mit dem Umstand auseinander, dass die Kläger stets behauptet haben, dass hier ein abhängiges Arbeitsverhältnis gegeben ist.

Insgesamt wird im Hinblick auf die vielfältige Möglichkeit der Gestaltung solcher Vertragsbeziehungen keine Rechtsfrage aufgezeigt, deren Bedeutung über die Beurteilung im Einzelfall hinausgehen würde.

Der Revision war daher ohne Bindung an den Ausspruch des Berufungsgerichtes (vgl § 508a Abs 1 ZPO) mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Da die Kläger zwar ebenfalls davon ausgegangen sind, dass keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt, jedoch einen Antrag auf Zurückweisung der Revision nicht gestellt haben, konnte auch ein Kostenanspruch an sie nicht erfolgen (vgl OGH 30. 6. 2001, 1 Ob 117/00p).

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