OGH 9Ob132/03g

OGH9Ob132/03g19.11.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** L***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Stefan Gloß ua, Rechtsanwälte in St. Pölten, wider die beklagte Partei Bundesimmobilien GmbH, ***** vertreten durch Dr. Josef Olischar und Mag. Martin Kratky, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 17.497,01 sA, infolge ordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 19. August 2003, GZ 1 R 112/03b‑16, mit dem der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 18. März 2003, GZ 29 Cg 124/02h‑12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2003:0090OB00132.03G.1119.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.000,98 (darin EUR 166,83 an USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

 

Begründung:

 

Die Republik Österreich, vertreten durch das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, schrieb im Dezember 1998 Elektroinstallationsarbeiten beim Vorhaben L*****, 2. und 3. Bauabschnitt, ***** aus. Die klagende Partei beteiligte sich an diesem Vergabeverfahren und legte am 26. 1. 1999 für die ausgeschriebenen Leistungen ein Anbot über netto S 13,375.780,60. Das Anbot der klagenden Partei wurde mit der Begründung terminlicher Unzuverlässigkeit von der Vergabe ausgeschlossen. Der Zuschlag wurde einem anderen Bieter erteilt.

Die klagende Partei hat keinen Antrag an das Bundesvergabeamt im Sinne des § 113 Abs 3 BVergG 1997 gestellt.

Die klagende Partei begehrt nun von der beklagten Partei Schadenersatz in Höhe des ihr entgangenen Gewinns. Sie sei Bestbieterin im Vergabeverfahren gewesen; ihr Anbot sei zu Unrecht ausgeschieden worden. Die beklagte Partei hafte gemäß § 17 BundesimmobilienG für das rechtswidrige Vorgehen der Republik Österreich im Vergabeverfahren. Die klagende Partei sei nicht gehalten gewesen, vor Beschreiten des Rechtswegs einen Feststellungsantrag an das Bundesvergabeamt zu stellen. Die Erstreckungsverordnung von 1995 beziehe sich lediglich auf das BundesvergabeG 1993 und sei auf das BundesvergabeG 1997 nicht mehr anwendbar.

Die beklagte Partei beantragte in erster Linie die Zurückweisung der Klage. Nach der Erstreckungsverordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten seien auch in diesem Vergabeverfahren der zweite und vierte Teil des BundesvergabeG anzuwenden gewesen. Die Klageführung vor einem ordentlichen Gericht wäre nur zulässig, wenn die klagende Partei vorher ein Nachprüfungsverfahren vor dem Bundesvergabeamt eingeleitet hätte. Mangels eines derartigen Antrags fehle eine nach ständiger Judikatur notwendige Klagsvoraussetzung.

Das Rekursgericht bestätigte den klagezurückweisenden Beschluss des Erstgerichts und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs letztlich für zulässig. Der Oberste Gerichtshof habe bereits unmissverständlich ausgesprochen, dass prozessuale Voraussetzung für die Zulässigkeit der klageweisen Geltendmachung jedes Schadenersatzanspruchs wegen Verletzung von Bestimmungen des BundesvergabeG nach § 125 Abs 2 BVergG 1997 sei, dass zuvor eine Feststellung des Bundesvergabeamtes nach § 113 Abs 3 BVergG erfolgt ist. Die zu einem gegenteiligen Interpretationsergebnis der maßgeblichen Bestimmung des § 125 Abs 2 BVergG führenden Überlegungen der klagenden Partei seien unzutreffend. Ein Schadenersatzanspruch wegen Verletzung der Bestimmungen des BVergG als Schutzgesetz auch zugunsten jener Bieter, die den Zuschlag nicht erhalten haben, setze unabhängig davon, ob der Vertrauensschaden oder das Erfüllungsinteresse geltend gemacht werde, die Feststellung voraus, ob wegen eines Verstoßes gegen das BVergG oder die hiezu ergangenen Verordnungen der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde. Hiefür sei die ausschließliche Zuständigkeit des Bundesvergabeamtes festgelegt. § 125 Abs 2 Satz 2 BVergG 1997 normiere darüber hinaus eine Bindung des Gerichtes an eine derartige Feststellung des Bundesvergabeamts. Dies müsse gleichermaßen für den in § 122 Abs 1 BVergG 1997 normierten Ersatzanspruch hinsichtlich der Kosten der Anbotsstellung und der Teilnahme am Vergabeverfahren wie für die im § 124 BVergG 1997 ausdrücklich für unberührt erklärten sonstigen zivilrechtlichen Schadenersatzansprüche gelten. Auch der vom Gesetzgeber in den Erläuternden Bemerkungen zum BVergG 1993 genannte Zweck der Vorbeugung einer übermäßigen Arbeitsbelastung der Gerichte gelte gleichermaßen für alle aufgrund der Verletzung von Vergabevorschriften geltend gemachten Schadenersatzansprüche.

Es entspreche der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, dass eine Durchführungsverordnung nur dann außer Kraft tritt, wenn sich die gesetzliche Grundlage ändert und in der Neufassung der bisher die Grundlage für die Verordnung bildenden Gesetzesbestimmung keine vergleichbare Grundlage mehr zu finden sei. Im vorliegenden Fall sei aber die Bestimmung des § 8 BVergG 1993 inhaltlich unverändert im § 14 BVergG 1997 wiederzufinden. Es bestehe daher kein Anlass, das Außerkrafttreten der Erstreckungsverordnung 1995 vor der entsprechenden Anordnung in der Erstreckungsverordnung 2000 anzunehmen. Die Erstreckungsverordnung 1995 finde auch in der Nachfolgebestimmung des BVergG 1997 voll ihre gesetzliche Deckung und sei daher gültiger Rechtsbestand geblieben, wovon auch der Verordnungsgeber der Erstreckungsverordnung 2000 durch seine Außerkrafttretensbestimmung ausgehe. Da somit eine Feststellung des Bundesvergabeamtes nach § 113 Abs 3 BVergG 1997 als Prozessvoraussetzung für die Klageführung fehle, habe das Erstgericht die Klage zu Recht zurückgewiesen.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob die Prozessvoraussetzung der vorherigen Anrufung des Bundesvergabeamtes unterschiedslos in allen Fällen der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gelte, erst einmal vom Obersten Gerichtshof ‑ und nur als obiter dictum (7 Ob 200/00p) ‑ behandelt worden sei, sodass von einer gesicherten Rechtsprechung nicht ausgegangen werden könne. Auch zur Frage, ob die Erstreckungsverordnung 1995 ungeachtet der Novelle BGBl 776/1996 bis zu ihrer formellen Außerkraftsetzung durch die Erstreckungsverordnung 2000 weiterhin in Geltung gestanden sei, liege keine Rechtsprechung des Höchstgerichts vor.

Die klagende Partei beantragte in ihrem ordentlichen Revisionsrekurs, den angefochtenen Zurückweisungsbeschluss ersatzlos zu beheben und dem Erstgericht die Durchführung des weiteren Verfahrens aufzutragen; weiters regt sie die Einholung einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zur Frage an, "ob die Erstreckungsverordnung 1995 zum Zeitpunkt der Kundmachung des BVergG 1997 noch in Kraft war".

Die beklagte Partei beantragte, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

 

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Auffassung der Revisionsrekurswerberin besteht kein Grund zur Annahme, die aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung des § 8 BVergG 1993 erlassene Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der für Auftraggeber im Bereich der Bauleistungen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten der Anwendungsbereich des zweiten und vierten Teiles des Bundesvergabegesetzes erweitert und die Ö‑Norm A 2050 für verbindlich erklärt wird (Erstreckungsverordnung 1995), durch die Novellierung der Ermächtigungsnorm im BVergG außer Kraft getreten wäre. Wie bereits die Vorinstanzen zutreffend dargelegt haben, entspricht es der herrschenden Judikatur des VfGH, dass eine Verordnung ‑ abgesehen vom Fall ihrer ausdrücklichen Aufhebung ‑ nur dann ohne weiteres außer Kraft tritt, wenn sich die gesetzliche Grundlage ändert und in der Neufassung keine vergleichbare Grundlage mehr zu finden ist (VfSlg 12.634 ua). Im vorliegenden Fall wurde § 8 Abs 1 BVergG 1993 durch die Novelle 1996 ‑ nunmehr als § 8a Abs 1 - dahin verändert, dass die ursprünglich weiter gefasste Verordnungsermächtigung auf Fälle eingeschränkt wurde, in denen bestimmte Auftragswerte nicht unterschritten werden. Damit blieb die Verordnungsermächtigung jedenfalls in einem wesentlichen Teilbereich aufrecht, sodass die Erstreckungsverordnung 1995 lediglich für Vergabeverfahren unterhalb der nunmehr festgesetzten Auftragswerte unanwendbar werden konnte. Dass im vorliegenden Vergabeverfahren die durch die Novelle 1996 festgelegten Grenzwerte des § 8a Abs 1 BVergG 1993 (= § 14 Abs 1 des ‑ wiederverlautbarten ‑ BVergG 1997) unterschritten worden wären, behauptet die beklagte Partei nicht.

Somit bestehen keine Bedenken gegen die Anwendung der Erstreckungsverordnung 1995 auf das zu beurteilende Vergabeverfahren, sodass auch keine Veranlassung besteht, eine Entscheidung des VfGH im Sinne des § 89 Abs 3 B‑VG zu begehren. § 1 Abs 1 der Erstreckungsverordnung 1995 erklärt nun den zweiten und vierten Teil des BVergG 1993 für Vergabeverfahren im Bereich der Bauleistungen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten auch unterhalb der im BVergG festgelegten Schwellenwerte für bindend. Die klagende Partei behauptet nicht, dass der Auftragswert die im § 2 Abs 1 der Erstreckungsverordnung 1995 genannten Beträge unterschritten hätte. Ist nun aufgrund der Erstreckungsverordnung auch der vierte Teil des BVergG anzuwenden, so gilt dies auch für dessen viertes Hauptstück, in dem die Schadenersatzansprüche von übergangenen Bietern und deren Geltendmachung geregelt ist.

Zutreffend hat das Rekursgericht darauf hingewiesen, dass die Frage, ob auch die klageweise Geltendmachung von entgangenem Gewinn unter Berufung auf einen Verstoß gegen vergaberechtliche Bestimmungen die vorherige Anrufung des Bundesvergabeamts als notwendige Prozessvoraussetzung erfordert, aus dem Gesetz nicht ohne weiteres zu beantworten ist. Der Oberste Gerichtshof hat sich mit dieser Problematik ‑ wenn auch nicht eingehend ‑ zu 7 Ob 200/00p (= JBl 2002, 117 mit Anm von Rummel) auseinandergesetzt. Dabei wurde zwar einerseits zwischen dem Kostenersatz nach § 122 Abs 1 BVergG 1997 und sonstigen Ansprüchen aus Vergaberechtsverstößen unterschieden, andererseits aber doch festgehalten, dass nach § 125 Abs 2 BVergG prozessuale Voraussetzung für die Zulässigkeit der klagsweisen Geltendmachung "jedes Schadenersatzanspruchs" eine vorherige Feststellung des Bundesvergabeamtes nach § 113 Abs 3 BVergG sei. Die Feststellung, ob wegen eines Vergaberechtsverstoßes der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde, sei für die Zivilgerichte bindend.

Es ist nun nicht zu bestreiten, dass eine isolierte Betrachtung des Wortlauts des § 125 Abs 2 BVergG 1997 (früher § 102 Abs 2 BVergG 1993) auch eine auf Ersatz des Erfüllungsinteresses gerichtete Klage erfasst, da dort ganz allgemein formuliert wird, dass "eine Schadenersatzklage" nur zulässig ist, wenn zuvor eine Feststellung des Bundesvergabeamtes gemäß § 113 Abs 3 BVergG 1997 (bzw § 91 Abs 3 BVergG 1993) erfolgt ist. Bei Einbeziehung der Gesetzessystematik wäre allerdings auch die Auffassung der Revisionswerberin vertretbar, dass sich die genannte Prozessvoraussetzung auf die klageweise Geltendmachung des Erfüllungsinteresses gerade nicht erstreckt, bezieht sich doch der einleitende Halbsatz des § 125 Abs 1 BVergG 1997 ausdrücklich (nur) auf Ansprüche gemäß den §§ 122 und 123, insbesondere also auf den im § 122 Abs 1 BVergG statuierten Anspruch auf Ersatz der Kosten der Angebotstellung und der durch die Teilnahme am Vergabeverfahren entstandenen sonstigen Kosten.

Eine allein systematische Auslegung wäre allerdings schon deshalb nicht unproblematisch, weil das BVergG in seiner ursprünglichen Fassung (in § 98 Abs 1 letzter Satz BVergG 1993) den Ersatz des entgangenen Gewinns ausdrücklich ausschloss, weshalb keine Veranlassung bestand, bei der Formulierung des § 102 Abs 1 BVergG 1993 (später § 125 Abs 1 BVergG 1997) auf derartige Ansprüche Bedacht zu nehmen. Aus dem Umstand, dass die genannte Bestimmung auch anlässlich der Änderungen durch die Novelle 1996, insbesondere den Wegfall des letzten Satzes in § 98 Abs 2 BVergG 1993, unverändert blieb, dürfen keine weitreichenden Konsequenzen gezogen werden, zumal der Wortlaut des § 102 Abs 2 BVergG 1993 (§ 125 Abs 2 BVergG 1997) ohnehin sämtliche Schadenersatzansprüche erfasst.

Bei teleologischer (zweckbezogener) Betrachtung erschiene eine Differenzierung im Hinblick auf die Rechtswegzulässigkeit bzw die Notwendigkeit eines zweistufigen Verfahrens zweifellos nicht sachgerecht, kommt doch in allen Fällen ein Ersatzanspruch nur in Betracht, wenn ein Vergaberechtsverstoß bei der Zuschlagserteilung unterlaufen ist, mögen auch für den Ersatz des Erfüllungsinteresses noch weitere Voraussetzungen ("Bestbietereigenschaft" des Klägers) vorliegen müssen. In diesem Sinne wurde in der Judikatur des OGH wiederholt darauf hingewiesen, dass die zwingende Durchführung eines Feststellungsverfahrens vor dem Bundesvergabeamt als Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Schadenersatzklage nach den dazu ergangenen Erläuternden Bemerkungen (972 BlgNR 18. GP  71) einer übermäßigen Arbeitsbelastung der Gerichte vorbeugen soll (2 Ob 2/97a) bzw dass es Zweck der Feststellung durch das Bundesvergabeamt sei, die Gerichte bei der Prüfung vergaberechtlicher Sachverhalte zu entlasten und eine einheitliche Auslegung vergaberechtlicher Normen zu gewährleisten (4 Ob 62/03a unter Berufung auf die EB zu § 102 BVergG).

Ganz in diesem Sinne weist auch Rummel (Entscheidungsbesprechung, JBl 2002, 120) darauf hin, dass nach dem Text des § 125 Abs 2 BVergG "jeder" Schadenersatzanspruch, also offenbar auch der Anspruch auf Nichterfüllungsschaden, die Feststellung des Bundesvergabeamts, dass der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt worden ist, voraussetze. Damit stehe immerhin fest, dass ein entsprechender Ersatzanspruch des übergangenen Bieters nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es wäre wünschenswert, die ratio der Arbeitsteilung zwischen Bundesvergabeamt und Gerichten ernst zu nehmen: Die Verfahrenskontrolle, also die Prüfung der Vergabeentscheidung, soll möglichst dem Bundesvergabeamt überlassen sein; nur die Folgen einer vom Bundesvergabeamt festgestellten Rechtsverletzung sollten die Gerichte beurteilen. Ähnlich argumentieren Czernich/Rungg (Die Novelle zum BVergG: Neuerungen im Geltungsbereich und Rechtsschutz, RdW 1997, 67) im Zusammenhang mit der durch die Novelle 1996 abgeschafften Beschränkung des Schadenersatzanspruchs des übergangenen Bieters auf das negative Interesse: Voraussetzung eines vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machenden Schadenersatzanspruchs des übergangenen Bieters gegen die vergebende Stelle sei weiterhin ein vorangehendes Verfahren vor dem Bundesvergabeamt. Den ordentlichen Gerichten bleibe die Beantwortung der Frage nach der Höhe des Schadenersatzes, die sich nach allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts richte (Dabei übersehen die Autoren allerdings, dass das Bundesvergabeamt keine positive Entscheidung darüber trifft, wer tatsächlich Bestbieter war).

Dass es nicht nur dem Sinn des Gesetzes, sondern auch dem Willen des historischen Gesetzgebers entspricht, das Verfahren zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen vergaberechtswidrigen Zuschlags ohne Rücksicht auf den Inhalt des jeweiligen Ersatzanspruchs im gleichen Sinn auszugestalten, wird durch die Ausführungen in den Gesetzesmaterialien bestätigt. Durch die Novelle 1996 wurde insbesondere die bisherige Beschränkung des österreichischen Vergaberechts auf den Ersatz des Vertrauensschadens ‑ europarechtlichen Vorgaben entsprechend ‑ fallen gelassen, wobei in der Regierungsvorlage vorgeschlagen wurde, in § 98 Abs 1 VergG 1993 (nunmehr § 122 Abs 1 BVergG 1997) den Ausschluss von Ersatzansprüchen auf entgangenen Gewinn durch den Satz "Der Ersatz eines entgangenen Gewinns ist vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen." zu ersetzen. Damit wäre auch systematisch eine Gleichbehandlung derartiger Ersatzansprüche mit den schon bisher in der genannten Gesetzesstelle geregelten Ansprüchen auf Ersatz der Kosten der Anbotstellung sowie der Kosten der Teilnahme am Vergabeverfahren klargestellt worden. Die Erläuternden Bemerkungen dazu (323 BlgNR 20. GP , 103) halten "lediglich der Klarstellung halber" fest, dass, um derartige Ansprüche (entgangener Gewinn) vor den ordentlichen Gerichten geltend machen zu können, zuerst ein Nachprüfungsverfahren gemäß dem BVergG (inklusive Feststellung) durchzuführen sei; die Feststellung gemäß § 91 Abs 3 sei sohin eine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anrufung der ordentlichen Gerichte zur Erlangung von Schadenersatz. Der Verfassungsausschuss hielt die in der RV vorgeschlagene Änderung des § 98 Abs 1 BVergG 1993 für entbehrlich. Durch den Entfall des bisherigen letzten Satzes des § 98 Abs 1 ("Der Ersatz eines entgangenen Gewinns kann nicht geltend gemacht werden") werde klargestellt, dass in Verbindung mit § 101 ("Im Übrigen bleiben die nach anderen Rechtsvorschriften bestehenden Ersatzansprüche, Solidarhaftungen sowie Rücktrittsrechte unberührt") der entgangene Gewinn ‑ bei Vorliegen der sonstigen zivilrechtlichen Voraussetzungen ‑ vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen ist; klarstellenderweise sei festzuhalten, dass für die Anrufung der ordentlichen Gerichte die Feststellung des Bundesvergabeamtes gemäß § 91 Abs 3 eine Zulässigkeitsvoraussetzung darstellt (463 BlgNR 20. GP , 7). Somit steht eindeutig fest, dass der Gesetzgeber der Novelle 1996 auch die klageweise Geltendmachung entgangenen Gewinns verfahrensmäßig nicht anders behandeln wollte als die gerichtliche Verfolgung von anderen auf vergaberechtswidriger Zuschlagserteilung beruhenden Ersatzansprüchen, die ihre Rechtsgrundlage allein in besonderen Bestimmungen des BVergG haben. Eine derartige Gleichstellung ist auch erforderlich, um dem Ziel, einer übermäßigen Arbeitsbelastung der Gerichte vorzubeugen und eine einheitliche Auslegung vergaberechtlicher Normen zu gewährleisten, zum Durchbruch zu verhelfen. Darüber hinaus erschiene es auch fragwürdig, die durch § 125 Abs 2 Satz 2 BVergG 1997 angeordnete Bindung einer Entscheidung des Bundesvergabeamtes gemäß § 113 Abs 3 BVergG 1997 insoweit zu "teilen", als sie lediglich auf Ansprüche gemäß den §§ 122 f BVergG 1997 zu beziehen, bei der Entscheidung über den Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns hingegen außer Acht zu lassen wäre. Erfasst die Bindung an eine Feststellungsentscheidung des Bundesvergabeamtes nun aber alle Ersatzansprüche zwischen den Beteiligten, so ist es nur konsequent, den (vermeintlich) zu Unrecht übergangenen Bieter auch bei der Geltendmachung von Ansprüchen auf Ersatz des Erfüllungsinteresses vorerst auf eine Antragstellung beim Bundesvergabeamt zu verweisen.

Die Auffassung der Vorinstanzen, es fehle an einer gesetzlich angeordneten Prozessvoraussetzung, nämlich einer feststellenden Entscheidung des Bundesvergabeamtes im Sinne des § 113 Abs 3 BVergG 1997, erweist sich somit als zutreffend.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO.

 

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