OGH 3Ob287/02f

OGH3Ob287/02f22.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hans H*****. Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Moringer & Moser Rechtsanwälte OEG in Linz, wider die beklagte Partei DI Vw Hans Günther H*****, vertreten durch Fiebinger, Polak, Leon & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen 30 Mio S = 2,180.185 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 4. Mai 2002, GZ 3 R 221/01v‑47, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 9. Juli 2001, GZ 11 Cg 33/98k‑36, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

Text

Begründung

Gesellschafter der klagenden Gesellschaft mbH mit einem Stammkapital von 2 Mio S = 145.345,67 EUR sind KR Ing. Hans H***** (im Folgenden nur Mehrheitsgesellschafter; Beteiligung 98,75 %) und sein Sohn, der Beklagte (Beteiligung 1,25 %). Beide sind auch Gesellschafter der H***** GmbH (im Folgenden nur HSK) - deren Stammkapital 4,2 Mio S = 305.225,90 EUR beträgt ‑, und zwar der Mehrheitsgesellschafter (Beteiligung 18 %), der Beklagte (Beteiligung 1 %) und eine näher genannte GmbH (Beteiligung 81 %), an der wiederum der Mehrheitsgesellschafter mit 97,5 % und der Beklagte mit 2,5 % beteiligt sind. Der Beklagte war 1995 alleiniger Geschäftsführer sowohl der klagenden Partei als auch der HSK. Anlässlich einer beabsichtigten Ausweitung der von einer näher genannten Bank an die HSK gewährten Kredite (um 50 Mio S) kam es am 3. Februar 1995 in den Räumlichkeiten der Bank zu einem Gespräch, an dem u.a. der Mehrheitsgesellschafter, sein Berater Dr. Rudolf T***** und der Beklagte teilnahmen. In der Folge fertigte der Beklagte als Geschäftsführer der klagenden Partei zur Besicherung zwei Garantieerklärungen (am 27. Februar 1995 und 16. März 1999), auf Grund derer die klagende Partei für die Rückzahlung von der HSK gewährten Krediten bis zu einem Gesamtvolumen von 120 Mio S = 8,720.740,10 EUR garantierte. Eine Gegenleistung der HSK liegt nicht vor. Die Bank nahm die klagende Partei aus diesen Garantien in Anspruch, entließ jedoch die klagende Partei nach Zahlung von 35 Mio S = 2,543.549,20 EUR (Verkaufserlös eines Grundstücks) aus der weiteren Garantiehaftung.

Die klagende Partei nimmt den Beklagten als ihren Geschäftsführer gemäß § 25 Abs 3 Z 1 GmbH auf Zahlung von 2,180.185 EUR in Anspruch, u.a. weil er bei der Fertigung der Garantien für die HSK das Ausschüttungsverbot des § 82 Abs 1 GmbHG verletzt habe.

Der Beklagte wendete ein, der Mehrheitsgesellschafter habe ihm ausdrücklich den Auftrag zur Unterfertigung der Garantieerklärungen erteilt. Eine Verletzung der Sorgfaltspflicht des Geschäftsführers liege nicht vor, ebenso nicht ein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr. Selbst wenn ein solcher Verstoß vorläge, wäre der klagenden Partei kein Schaden entstanden, weil der Bank die Beteiligungs‑ und finanziellen Verhältnisse bei der klagenden Partei bestens bekannt gewesen seien. Die klagende Partei habe durch die widerspruchslose Zahlung jedenfalls gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.

Das Erstgericht stellte neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt im Wesentlichen fest, dass der Mehrheitsgesellschafter nach der Besprechung am 3. Februar 1995 den Beklagten anwies, er solle als Geschäftsführer der HSK und der klagenden Partei die von Dr. Rudolf T***** mit dem Vertreter der Bank ausgehandelten Garantieerklärungen unterschreiben. Nach Vorliegen der von der Bank verfassten schriftlichen Entwürfe rief Dr. Rudolf T***** den Beklagten an und erklärte ihm, er könne die Verträge, die dem Ergebnis des Gesprächs vom 3. Februar 1995 entsprächen, unterfertigen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Beklagte habe zwar durch die Unterfertigung der Garantieerklärung gegen § 25 GmbHG verstoßen; er habe jedoch einen formlosen Gesellschafterbeschluss vollzogen, sodass er gegenüber der Gesellschaft nicht ersatzpflichtig werde. Da nur eine Garantie zu Gunsten eines Dritten abgegeben worden sei, der keine Einlagen an die klagende Partei zu leisten habe, könne auch kein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr vorliegen. Darüber hinaus würde ein Verstoß gegen dieses Verbot das Rechtsgeschäft nichtig machen, sodass die klagende Partei zur Erfüllung der Garantieverpflichtung gegenüber der Bank nicht verpflichtet gewesen wäre. Ein In‑Sich‑Geschäft iSd § 25 Abs 3 GmbHG liege nicht vor; jedenfalls wäre aber die Haftung der Beklagten ausgeschlossen, weil er nur einen formlosen Gesellschafterbeschluss vollzogen habe.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil es sich "in der entscheidenden Frage des § 25 Abs 5 GmbHG im Rahmen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung gehalten" habe.

Die zweite Instanz vertrat die Rechtsansicht, die ihre Existenz gefährdenden Garantien der klagenden Partei für den Kredit an die HSK als ihrem Konzernunternehmen verstoße gegen das Ausschüttungsverbot des § 82 GmbHG, weil sich die Gesellschafter der HSK dadurch die Zuführung eigener Geldmittel oder weiterer Sicherheiten erspart hätten. Die klagende Partei nehme aber den Beklagten als ihren damaligen Geschäftsführer in Anspruch. Der Beklagte habe bei Unterfertigung der Garantien die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vermissen lassen und hafte daher grundsätzlich gemäß § 25 Abs 3 Z 1 GmbHG. Der Beklagte könne sich aber auf die Weisung des Mehrheitsgesellschafters berufen und hafte der klagenden Partei gegenüber nur insoweit, als der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich sei. Eine solche Behauptung habe die hiefür behauptungs‑ und beweispflichtige klagende Partei nicht aufgestellt, weshalb der Beklagte keinen Ersatz schulde.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig und berechtigt.

a) Das Berufungsgericht bejahte mit eingehender Begründung auf Grund des Drittvergleichs den Verstoß des Beklagten gegen das Ausschüttungsverbot des § 82 Abs 1 GmbHG wegen einer - die Existenz der Gesellschaft gefährdenden - Leistung einer Kreditsicherheit an die HSK als eine den Gesellschaftern nahestehende Gesellschaft ohne Gegenleistung. Gemäß § 82 Abs 1 GmbHG (wie auch nach § 52 AktG) können Gesellschafter ihre Einlagen nicht zurückfordern. Sie haben, solange die Gesellschaft besteht, nur Anspruch auf den nach dem Jahresabschluss als Überschuss der Aktiven über die Passiven sich ergebenden Bilanzgewinn, soweit dieser nicht aus dem Gesellschaftsvertrag oder durch einen Beschluss der Gesellschafter von der Verteilung ausgeschlossen ist. Zweck dieser Vorschrift ist es, das Stammkapital als dauernden Grundstock der Gesellschaft und als einziges dem Zugriff der Gläubiger freigegebenes Befriedigungsobjekt gegen Schmälerung durch Leistung an die Gesellschafter abzusichern. Im Gegensatz zu § 30 dGmbHG verbietet § 82 GmbHG im Prinzip jede Zuwendung der Gesellschaft an die Gesellschafter, die nicht Gewinnverwendung ist (Koppensteiner, GmbHG2, § 82 Rz 1). Die Kapitalerhaltungsvorschriften sollen nach ihrem Sinn und Zweck jede unmittelbare oder mittelbare Leistung an einen Gesellschafter erfassen, der keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht und die wirtschaftlich das Vermögen verringert. Darunter fallen Zuwendungen oder Vergünstigungen aller Art ohne Rücksicht darauf, ob sie in der Handelsbilanz der Gesellschaft mbH oder des Gesellschafters einen Niederschlag finden (SZ 69/149; 6 Ob 4/99b = SZ 72/172 = JBl 2000, 188; zuletzt 4 Ob 262/02s; RIS‑Justiz RS0105518, RS0105532; Koppensteiner aaO § 82 Rz 3). Dass nicht nur offene Barzahlungen an die Gesellschafter unter das Verbot der Einlagenrückgewähr fallen, sondern auch im Gewand anderer Rechtsgeschäfte erfolgte verdeckte Leistungen, ist in Lehre und Rsp anerkannt (SZ 69/149 = JBl 1997, 108 [Hügel 113 f]; 6 Ob 288/99t = SZ 73/14 u.a.; vgl Schiemer/Jarbornegg/Strasser, Aktiengesetz3 § 52 Rz 10). Unzulässig ist jeder Vermögenstransfer von der Gesellschaft zum Gesellschafter in Vertragsform oder auf andere Weise, die den Gesellschafter auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses zu Lasten des gemeinsamen Sondervermögens bevorteilt. Verboten sind auch auf Veranlassung eines Gesellschafters vorgenommene Zuwendungen der Gesellschaft an einen dem Gesellschafter nahestehenden Dritten, so zB an eine Gesellschaft, an der der Gesellschafter selbst beteiligt ist (6 Ob 288/99t; Canaris, Die Rückgewähr von Gesellschaftereinlagen durch Zuwendungen an Dritte in FS Fischer 31 ff [35 ff], 41; Koppensteiner aaO § 82 Rz 18; Hügel aaO).

In der E 4 Ob 252/02s (= EvBl 2003/48 = exolex 2003, 177 [Reich‑Rohrwig/Größ] = RdW 2003, 201 = AnwBl 2003, 128 = wbl 2003, 237 mwN) wurde ausgesprochen: Die Nichtigkeit einer Vereinbarung wegen Gesetz‑ oder Sittenwidrigkeit sei nach stRsp grundsätzlich nur wahrzunehmen, wenn sie eingewandt werde, wobei es genüge, wenn neben dem erforderlichen Sachvorbringen auf die Gesetz‑ oder Sittenwidrigkeit hingewiesen werde. Von Amts wegen wahrzunehmen sei jedoch die absolute Nichtigkeit einer Vereinbarung. Absolut nichtig sei eine Vereinbarung, wenn gegen Gesetze verstoßen wird, die dem Schutz von Allgemeininteressen, der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dienen. Das Verbot der Einlagenrückgewähr des § 82 Abs 1 GmbHG solle das Stammkapital als "dauernden Grundstock der Gesellschaft" und als einziges "dem Zugriffe der Gläubiger freigegebenes Befriedigungsobjekt" gegen Schmälerung durch Leistung an die Gesellschafter absichern. Damit solle sichergestellt werden, dass Leistungen an die Gesellschafter unterbleiben, denen keine gleichwertige Gegenleistung gegenüberstehe und die wirtschaftlich das Vermögen der Gesellschaft zum Nachteil der Gläubiger verringern. In der - im Eintragungsverfahren ergangenen ‑ E 6 Ob 288/99t habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass das Firmenbuchgericht allfällige Verstöße gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr von Amts wegen wahrzunehmen habe. Das Gleiche müsse auch bei der Beurteilung einer Vereinbarung im streitigen Verfahren gelten, weil das Verbot nicht nur die Interessen der jeweiligen Vertragspartner, sondern das allgemeine Interesse daran schütze, dass Gesellschaften mit beschränkter Haftung auch tatsächlich über ihr Stammkapital verfügen. Diese Auffassung des 4. Senats ist zu billigen. Demnach begründet das Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 82 GmbHG absolute Nichtigkeit und ist daher von Amts wegen aufzugreifen, wenn der Sachverhalt einen Anhaltspunkt dafür bietet. Anzeichen für eine Einlagenrückgewähr sind, wenn die Gesellschaft Leistungen für den Gesellschafter oder einen nahestehenden Dritten erbringt, die nicht Gewinnverwendung sind und ihnen auch keine gleichwertige Gegenleistung des Gesellschafters oder des nahestehenden Dritten gegenüber steht. Davon ist hier auszugehen.

b) Die grundsätzliche Bejahung der Haftung des Beklagten gemäß § 25 Abs 3 Z 1 GmbHG durch die zweite Instanz ist nicht zu beanstanden und wird auch vom Beklagten in seiner Revisionsbeantwortung nicht mehr in Zweifel gezogen.

c) Die zweite Instanz vertrat aber die Ansicht, der Beklagte könne sich gegenüber der klagenden Partei wirksam auf einen formlosen Gesellschafterbeschluss berufen, hafte daher gemäß § 25 Abs 5 GmbHG nur insoweit, als der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich sei. Die hiefür behauptungs‑ und beweispflichtige klagende Partei habe eine derartige Behauptung nicht aufgestellt.

Dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden:

§ 25 Abs 5 GmbHG lautet: Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, dass sie in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschaft gehandelt haben. § 43 Abs 3 letzter dGmbHG ist fast gleichlautend. Oberstes Organ der Gesellschaft sind die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit. Sie können durch Weisungen an die Geschäftsführer unmittelbar in die Gesellschaft eingreifen; die Geschäftsführer haben solche Weisungen zu befolgen (§ 20 GmbHG bzw § 37 dGmbHG). Diese Abhängigkeit von den Gesellschaftern bedingt ihre Freistellung von der Haftung gegenüber der Gesellschaft (Lutter/Hommelhoff, GmbHG‑Gesetz15, § 43 Rz 22 mwN). Voraussetzung dafür ist vorerst ein Gesellschafterbeschluss. Dafür, dass ein solcher vorliegt, kann auf die zutreffenden Ausführungen der zweiten Instanz verwiesen werden. Im hier vorliegenden Fall (Zustimmung beider Gesellschafter) werden besondere Förmlichkeiten der Beschlussfassung nicht gefordert (SZ 49/163 mwN); auch eine bloß konkludente Zustimmung oder Genehmigung des Geschäfts durch die Gesellschafter reicht aus (EvBl 1979/135).

Notwendig für eine Freistellung der Haftung ist ferner, dass es sich um keine rechtswidrige Weisung handelt. Im Fall eines Gesetzesverstoßes, der zur Nichtigkeit des Weisungsbeschlusses führt, ist der Geschäftsführer nicht gebunden (Koppensteiner aaO § 20 Rz 9 mwN). Nichtige Weisungsbeschlüsse lassen demnach die Haftung, weil nicht verbindlich, unberührt (Koppensteiner aaO § 25 Rz 17). Dass der Gesellschafterbeschluss, dessen Befolgung durch den Beklagten ihm vorgeworfen wird, mit Nichtigkeit behaftet ist, ist oben dargestellt. Aus folgenden Überlegungen ist dies hier zu beachten:

Die Gesellschaft muss nicht nur den Schadenseintritt beweisen, sie hat auch Tatsachen vorzutragen, aus denen ein Schluss auf die Pflichtwidrigkeit des Geschäftsführers gezogen werden kann. Kann aus diesem Vorbringen in Verbindung mit dem eingetretenen Erfolg der Schluss auf die Pflichtwidrigkeit des Geschäftsführers - wie hier ‑ gezogen werden, ist es Sache des Beklagten, diese Indizwirkung zu erschüttern (3 Ob 34/97i = SZ 71/108; 1 Ob 228/99g; RIS‑Justiz RS0110283). Auf die von der zweiten Instanz zur Begründung der Klageabweisung herangezogene, von der klagenden Gesellschaft verletzte Behauptungs‑ und Beweispflicht kommt es bei einem Aufgreifen des Nichtigkeitsgrunds von Amts wegen allein nicht an. Der Hinweis der zweiten Instanz auf die E 3 Ob 323/97i = exolex 1998, 139 geht auch deshalb fehl, weil diese die Haftung des GmbH‑Geschäftsführers für einen Gründungsschwindel betraf und ausgesprochen wurde, die Haftung entfalle, wenn die Gesellschafter den Geschäftsführer in Kenntnis über alle maßgeblichen Tatumstände entlasten. Behauptungs‑ und beweispflichtig für den Verzicht der GmbH auf Schadenersatzansprüche gegen den haftpflichtigen Geschäftsführer sei dieser. Gelinge ihm dieser Beweis, habe aber die GmbH darzulegen und zu beweisen, dass der erlassene Betrag zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich wäre.

Im vorliegenden Fall ist somit vom Vorliegen eines nichtigen Weisungsbeschlusses der Gesellschafter an den beklagten Geschäftsführer auszugehen.

d) Auf die Frage, ob auch keine Folgepflicht bei Weisungen besteht, welche den Geschäftsführerpflichten widerstreiten oder gar die Existenz der Gesellschaft vernichten oder auch nur stark gefährden (Lutter/Hommelhoff aaO § 43 Rz 19, 22 mwN), muss daher ebensowenig eingegangen werden wie darauf, ob ein bloß anfechtbarer Weisungsbeschluss folgepflichtig macht (Koppensteiner aaO § 20 Rz 9).

e) Nichtige Gesellschafterbeschlüsse stellen den Geschäftsführer von der Haftung nicht frei, allerdings kann sein Verschulden und damit auch seine Haftung zu verneinen sein (Marsch‑Barner/Diekmann in Priester/Mayer, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 3: Gesellschaft mit beschränkter Haftung, § 46 Rz 33 mwN; Zöllner in Baumbach/Hueck, dGmbHG17 § 43 Rz 29; Schneider in Scholz, dGmbHG9, § 43 Rz 98, der aber eine Nichtigkeit nur bei inhaltlichen Mängeln und nicht auch auf Grund von Verfahrensfehlern bejaht). Die Haftung nach § 25 Abs 1 GmbHG begründet eine organisationsrechtliche Verantwortung der Geschäftsführer. Eine (reine) Erfolgshaftung trifft die Geschäftsführer im Rahmen des § 25 GmbHG freilich nicht, denn das unternehmerische Risiko trägt die Gesellschaft (8 Ob 624/88 = SZ 63/124 = GesRZ 1990, 162 = wbl 1990, 348 [Dellinger] = ecolex 1990, 675; 3 Ob 34/97i u.a.; RIS‑Justiz RS0059528). Nicht jedes gewagte Geschäft kann als Verschulden zugerechnet werden. Damit, dass eine Maßnahme für die Gesellschaft auch ungünstig ausfallen kann, muss gerechnet werden. Nur die Verletzung der Pflicht zu branchenadäquaten, größenadäquaten oder situationsadäquaten Bemühungen kann dem Organ als Pflichtverletzung vorgeworfen werden. Die Prüfung pflichtwidrigen Verhaltens hat sich aus der Sicht ex ante zu orientieren (1 Ob 144/01k = GesRZ 2002, 86 = RdW 2002, 342 = ZIK 2002, 92 = wbl 2002, 325 = ecolex 2003, 34 u.a.). Obgleich § 25 Abs 1 GmbHG die von den Geschäftsführern anzuwendende Sorgfalt als die eines ordentlichen Geschäftsmanns umschreibt, wogegen § 84 Abs 1 AktG den Vorstandsmitgliedern die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters aufbürdet, besteht insofern kein substantieller Unterschied, als es hier wie dort darum geht, dass sich die Mitglieder des geschäftsführenden Organs nicht wie beliebige Unternehmer, sondern wie ordentliche Geschäftsleute in verantwortlich leitender Position bei selbständiger treuhändiger Wahrnehmung fremder Position bei selbständiger treuhändiger Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen verhalten müssen (1 Ob 144/01k; Koppensteiner aaO § 25 Rz 14).

Im vorliegenden Fall wurden derartige Umstände, auf Grund derer ein Verschulden des Beklagten bei Befolgung des nichtigen Weisungsbeschlusses zu verneinen wäre, nicht festgestellt; die Haftung des Beklagten für Schäden der Gesellschaft wegen Verstoßes gegen § 82 GmbHG ist - entgegen der Rechtsmeinung der Vorinstanzen - somit grundsätzlich zu bejahen, weil ihn aus den dargelegten Gründen die Weisung des Mehrheitsgesellschafters hievon nicht befreit.

f) Der Beklagte hat bereits im Verfahren erster Instanz eingewendet, der klagenden Partei sei jedenfalls kein Schaden entstanden, weil der Bank die Beteiligungs‑ und finanziellen Verhältnisse bei der klagenden Partei bestens bekannt gewesen seien. Hiezu haben die Vorinstanzen - ausgehend von ihrer unrichtigen Rechtsansicht, das Klagebegehren sei bereits deshalb abzuweisen, weil der Beklagte als Geschäftsführer in Befolgung einer Weisung des Mehrheitsgesellschafters gehandelt habe - keine Feststellungen getroffen, was vom Beklagten auch in der Berufungsbeantwortung gerügt wurde.

Wie der Oberste Gerichtshof in der bereits zitierten grundlegenden Entscheidung SZ 69/149 ausgeführt hat, kann dem Dritten der Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nicht nur bei Kollusion, wenn Vertreter und Dritter absichtlich zusammengewirkt haben, um den Vertreter zu schädigen, entgegengehalten werden. Eine Abwägung der Interessen des Kreditgebers und der durch die verbotene Einlagenrückgewähr geschädigten Gesellschaft und ihrer Gläubiger fordert, das Leistungsverweigerungsrecht nicht nur auf Kollusion zu beschränken. Die Interessen der Gesellschaft und ihrer Gläubiger müssen jedenfalls auch den Interessen jenes Kreditgebers vorgehen, der weiß, dass er den Kredit einem (mittelbaren) Gesellschafter gewährt, der damit den Anteilskauf finanziert, und dass die Sicherheit am Gesellschaftsvermögen bestellt wird. Das Gleiche muss auch für jenen Kreditgeber gelten, dem sich dieses Wissen "geradezu aufdrängen" muss, dessen Unkenntnis demnach auf grober Fahrlässigkeit beruht.

Das Erstgericht wird entsprechende Tatsachenfeststellungen nachzuholen haben, auf deren Grund eine Beurteilung der Einwendungen des Beklagten möglich ist. Sofern der Bank demnach Kollusion bzw Fahrlässigkeit zur Last zu legen ist, scheidet eine Haftung des Beklagten mangels eines ersatzfähigen Schadens aus.

Demnach sind die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung fußt auf § 52 Abs 1 ZPO.

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