OGH 3Ob34/97i

OGH3Ob34/97i24.6.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dipl.Ing.Josef S*****, und

2. Berndt B*****, beide vertreten durch Dr.Johannes Reich-Rohrwig ua Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Mag.Helmut F*****, vertreten durch Dr.Raimund Hora, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,178.243,91 sA (Erstkläger) und S 952.784,-- sA (Zweitkläger), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 24. Oktober 1996, GZ 1 R 194/96y-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 21.Mai 1996, GZ 13 Cg 316/95p-6, bestätigt wurde, in nichöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 28.356,65 (darin S 4.726,11 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte war seit 12.3.1987 alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer der G 5 ***** GmbH (folgend: G 5), deren Firma 1991 in "M***** GmbH" geändert wurde. Die Gesellschaft befindet sich seit 29.4.1994 in Liquidation, Liquidator ist der Beklagte.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 20.3.1990 hatten die Kläger und die G 5 die "M***** GmbH (folgend: M*****) zur Verwirklichung eines Projektes über die Erzeugung und den Vertrieb von Mineralmehl gegründet. Der Anteil der G 5 am Stammkapital der M***** von S 40 Mio belief sich auf S 37,600.000, jener der Kläger auf jeweils S 1,200.000. Das Stammkapital sollte jeweils zur Hälfte eingezahlt werden. Die Kläger wurden im Gesellschaftsvertrag zu alleinvertretungsbefugten Geschäftsführern bestellt. Am 18.4.1990 wurden zwischen den beiden Klägern und der M***** Geschäftsführeranstellungsverträge geschlossen, die jeweils vom betroffenen Kläger und dem Beklagten (unter der Überschrift "Generalversammlung") unterzeichnet wurden. In den Anstellungsverträgen wurde ua ein monatliches Entgelt der Geschäftsführer von S 50.000 und der Ersatz von bis zum 1.7.1990 entstandenen "Projektvorlaufkosten" durch die Gesellschaft an die beiden Geschäftsführer vereinbart. Die G 5 zahlte die Stammeinlage der M***** nicht ein. Dadurch konnte der Gesellschaftszweck der M***** nicht erreicht werden.

Mit Urteil vom 13.7.1993, 15 Cg 87/91-27 des Handelsgerichtes Wien, bestätigt mit Urteilen des Oberlandesgerichtes Wien vom 16.2.1994, 1 R 221/93-31, und des Obersten Gerichtshofes vom 13.7.1995, 6 Ob 570/94 = SZ 68/129 = JBl 1996, 528 - Geist/Karollus wurde die G 5 zur Zahlung von S 722.366,17 an den Erstkläger und von S 584.134 an den Zweitkläger jeweils samt 8,75 % Zinsen p.a. seit 1.12.1990, sowie zur Zahlung von Prozeßkosten erster Instanz von S 207.523, zweiter Instanz von S 19.491,12 und dritter Instanz von S 25.908,30 verpflichtet. Der Oberste Gerichtshof führte aus, daß den Klägern aus der schuldhaften Verletzung (§ 1298 ABGB) des Gesellschaftsvertrages durch die G 5, nämlich die Nichtleistung der Mindesteinlage, ein direkter Schadenersatzanspruch gegen ihre Mitgesellschafterin zustehe, den sie im eigenen Namen geltend machen könnten.

Mit Beschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 25.8.1995, 9 E 103/95s, wurde den Klägern aufgrund der angeführten Urteile zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderungen die Pfändung der der G 5 gegen den Beklagten angeblich zustehenden "Schadenersatzforderung von etwa S 3 Mio aus der vorsätzlichen oder fahrlässigen Schädigung der G 5 in seiner Eigenschaft als deren Geschäftsführer, Liquidator und/oder Gesellschafter, insbesondere durch schuldhafte Herbeiführung des Schadens, der der G 5 dadurch entstanden ist, daß sie aufgrund der Erklärung des Beklagten bei der Begründung der M***** eine Verpflichtung zur Leistung der Stammeinlage im Betrag von S 37,600.000 eingegangen ist, ohne über die dafür erforderlichen finanziellen Mittel zu verfügen, und in der Folge auch Dienstverträge mit den beiden Klägern abgeschlossen hat und diese dadurch geschädigt hat, wodurch die G 5 schließlich "zu den oben genannten Urteilen verurteilt" wurde, einschließlich der "Schadenersatzforderung für Prozeßkosten", bewilligt und die gepfändete Forderung zur Einziehung bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderungen überwiesen.

Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger vom Beklagten die zugesprochenen Beträge samt Nebengebühren. Neben Geltendmachung einer direkten Schadenersatzpflicht des Beklagten wegen schuldhafter Verletzung der Vorschriften des § 159 StGB und des § 25 GmbHG als Geschäftsführer der G 5 stützten die Kläger ihre Ansprüche insbesondere auch darauf, daß ihnen die Schadenersatzforderung der G 5 gegen den Beklagten als ihren Geschäftsführer exekutiv überwiesen worden sei. Die Forderung der G 5 bestehe zu Recht, weil der Beklagte durch Abschluß des Gesellschaftsvertrages der M***** und Abschluß der Anstellungsverträge mit den Klägern sorgfaltswidrig in Kenntnis der fehlenden oder unsicheren Finanzierungsmöglichkeit für die G 5 Verpflichtungen eingegangen sei, die diese - wie sich aus den Urteilen ergebe - schuldhaft nicht habe erfüllen können; dadurch habe er die G 5 im Umfang der Forderungen der Kläger geschädigt.

Der Beklagte wendete, soweit für das Revisionsverfahren noch relevant, ein, nicht die Eigenkapitalausstattung der G 5 sei für das Scheitern der neu gegründeten Gesellschaft ausschlaggebend gewesen, sondern die Ablehnung der Banken, denen keine ausreichende Sicherheit habe geboten werden können; selbstverständlich sei der Beklagte bereit, die Unterlagen über die finanzielle Ausstattung der G 5 dem Gericht vorzulegen. Der G 5 sei (durch das Verhalten des Beklagten) kein Kapital entzogen worden. Der Beklagte als Geschäftsführer habe zwar das Stammkapital der neu gegründeten Gesellschaft nicht eingezahlt. Daraus könne aber ein Verschulden des Beklagten nicht abgeleitet werden, im Gegenteil dieses Verhalten sollte eine Schädigung der G 5 hintanhalten, wenn man bedenkt, daß die Finanzierung des Projekts nicht sichergestellt war. Der Beklagte hätte vielmehr durch Einzahlung des auf die G 5 entfallenden Stammkapitals die G 5 geschädigt.

Die Kläger replizierten, bei pflichtgemäßem Verhalten hätte sich der Beklagte als Geschäftsführer der G 5 von vornherein nicht auf das Projekt und den Abschluß des Gesellschaftsvertrages und der Anstellungsverträge einlassen dürfen, wenn die G 5 zur Finanzierung des Projektes vorhersehbarerweise nicht in der Lage gewesen sei. In der (einzigen) Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 8.März 1996 gab der Erstrichter bekannt, daß er nach Verlesung von Akten die Sache für spruchreif halte: Der Beklagte habe sich als Geschäftsführer der G 5 dieser gegenüber schadenersatzpflichtig gemacht; dieser Anspruch sei von den Klägern in Exekution gezogen worden. Der Beklagtenvertreter erstattete kein weiteres Vorbringen; die Verhandlung wurde daraufhin geschlossen.

Das Erstgericht gab den Klagebegehren statt. Es beurteilte den von ihm festgestellten Sachverhalt rechtlich folgendermaßen: Der Beklagte als Geschäftsführer der G 5 hätte dafür sorgen müssen, daß der Schaden, der dieser Gesellschaft durch die Verurteilung zur Zahlung der Kapitalbeträge, Zinsen und Kosten an die Kläger entstanden sei, nicht eintrete. Er hätte also dafür sorgen müssen, daß die G 5 ihre Stammeinlage für die M***** einzahle. Daß der Schaden durch diese Nichteinzahlung entstanden sei, gehe aus dem Verfahren vor dem Handelsgericht Wien, an dem der Beklagte als Geschäftsführer der dortigen Beklagten beteiligt gewesen sei, klar hervor. Er hätte gemäß § 1298 ABGB beweisen müssen, daß er an der Erfüllung seiner Verbindlichkeit, nämlich die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers aufzuwenden, um den gegenständlichen Schaden von der G 5 abzuwenden, schuldlos verhindert gewesen sei. Diesen Beweis habe er jedoch nicht einmal angeboten, weshalb er für den Schaden dieser Gesellschaft hafte.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig. Es verneinte die geltend gemachten Verfahrensmängel. In Erledigung der Rechtsrüge führte es aus, die Gesellschaft (mbH) habe zur Begründung eines Schadenersatzanspruches gegen ihren Geschäftsführer nach § 25 Abs 2 GmbHG nur darzutun, daß ihr Vermögen zweckwidrig beeinträchtigt worden sei und die Möglichkeit eines Zurechnungszusammenhanges zwischen der Vermögensverminderung und einer Handlung oder Unterlassung ihres Geschäftsführers bestehe. Letzterem obliege die Behauptungs- und Beweislast dafür, daß er die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes erfüllt habe (EvBl 1986/86; SZ 59/1; SZ 67/128 ua). Stehe sohin fest, daß der Beklagte als Geschäftsführer der G 5 dieser Gesellschaft einen Schaden verursacht habe, so hätte er nachweisen müssen, daß er seine Sorgfaltspflicht erfüllt habe bzw der Schaden ohne sein Verschulden eingetreten sei. Da der Beklagte hiezu in erster Instanz aber keinerlei Vorbringen erstattet habe, könne in der Beurteilung des Erstgerichtes, er habe diesen Beweis nicht einmal angetreten, kein Rechtsirrtum erblickt werden.

Die gegen das zweitinstanzliche Urteil gerichtete außerordentliche Revision des Beklagten ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz zulässig, weil die zu lösende Rechtsfrage der GmbH-Geschäftsführerhaftung im Falle des Eingehens von Verpflichtungen anläßlich einer Gesellschaftsgründung über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist. Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

In der Revision werden zwei Fragenkomplexe behandelt: a) Die Gesellschaft, deren Geschäftsführer der Beklagte war, sei nicht geschädigt worden; b) die Vorinstanzen hätten die Beweislast für die Haftung von Geschäftsführern nach § 25 GmbHG falsch gelöst.

In beiden Punkten kann dem Revisionswerber nicht gefolgt werden.

Zu a): Es trifft zwar zu, daß die Kläger für den Eintritt eines Schadens beweispflichtig sind. Rechtskräftig steht aber fest, daß die G 5 aufgrund der auch vom Beklagten abgeschlossenen Verträge zur Bezahlung von Geschäftsführerentgelt und Projektvorlaufkosten verurteilt wurde. Diese Beträge werden als überwiesener Schadenersatzanspruch der Gesellschaft geltend gemacht. Nach Lehre und Rechtsprechung tritt aber ein Vermögensschaden bereits im Zeitpunkt des Entstehens einer Verbindlichkeit beim Geschädigten ein (SZ 64/23; SZ 53/107; SZ 52/146 uva; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I3 Rz 2/36; Oberhofer in ÖJZ 1995, 180 f). Ein solcher Vermögensschaden tritt auch dann ein, wenn der Geschädigte vermögenslos ist (AnwBl 1992, 397; HS 11.465; 7 Ob 510/76; Oberhofer aaO). Dieser Rechtsansicht hat sich auch die deutsche Lehre und Rechtsprechung, die ursprünglich die gegenteilige Meinung vertrat (vgl Oberhofer aaO FN 4, der diese Judikatur rückblickend als schlichtweg unverständlich bezeichnet) angeschlossen (Grunsky in Münchener Kommentar3 Rz 6 vor § 249 BGB mwN in FN 8; Soergel/Mertens12 Rz 46 zu § 249 BGB). Die Kausalität des Verhaltens des Beklagten für den Schadenseintritt liegt auf der Hand. Hätte der Beklagte als Geschäftsführer der Gesellschaft mbH die Verträge nicht abgeschlossen, wären die rechtskräftig festgestellten Forderungen der Kläger gegen die Gesellschaft aus dem geltend gemachten Rechtsgrund nicht entstanden.

Zu b): Der Oberste Gerichtshof hat erstmals in der Entscheidung HS

11.465 unter Berufung auf Torggler, Die Rechtsstellung des GmbH-Geschäftsführers in GesRZ 1974, 47, ausgesprochen, daß den Geschäftsführer die Beweislast dafür trifft, er habe die ihm als Geschäftsführer nach § 25 GmbHG obliegende Sorgfalt angewendet. An dieser Rechtsprechung hielt der Oberste Gerichtshof in der Folge fest (RdW 1984, 42; GesRZ 1984, 218; EvBl 1986/86 - dort allerdings unter nicht näher begründeter Gleichsetzung von Rechtswidrigkeit und subjektiver Vorwerfbarkeit). Diese Beweislastumkehr folgt aus einer analogen Anwendung des § 84 Abs 2 zweiter Satz AktG (Koppensteiner, Kommentar GmbH, Rz 29 zu § 25 GmbHG).

Zutreffend weist hier allerdings der Revisionswerber darauf hin, daß jedenfalls die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bei völlig vergleichbarer Rechtslage mit der des Obersten Gerichtshofes in EvBl 1986/86 nicht übereinstimmt. So führte der Bundesgerichtshof in BB 1980, 1344, aus, die Gesellschaft müsse Tatsachen vortragen und beweisen, aus denen sich ergibt, daß der Geschäftsführer einer ihm obliegenden Pflicht objektiv nicht ausreichend nachgekommen ist (und der Gesellschaft hiedurch ein Schaden entstand). Im dort entschiedenen Fall beurteilte der Bundesgerichtshof aber den Sachverhalt dahin, daß die Art des behaupteten Schadens so stark für den Zusammenhang mit einem pflichtwidrigen Verhalten oder Unterlassen des Geschäftsführers spreche, daß von der Klägerin eine weitergehende Darlegung einstweilen nicht verlangt werden könne. Die herrschende deutsche Lehre lehnt diese Entscheidung jedenfalls insoweit ab, als daraus abgeleitet würde, der Bundesgerichtshof hätte damit ausdrücken wollen, die Umkehr der Beweislast gelte nur für das Verschulden, nicht aber für die Pflichtwidrigkeit (Mertens in Kölner Kommentar zum Aktiengesetz2 Rz 102 zu § 93 AktG). Uwe H.Schneider in Scholz8 Rz 168 zu § 43 GmbHG vermißt in der Aussage des Bundesgerichtshofes Klarheit. Der Geschäftsführer seinerseits habe vielmehr darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, daß er die gebotene Sorgfalt beachtet und daher durch sein Verhalten seine Pflichten nicht verletzt habe, oder aber, daß ihn kein Verschulden trifft. Die Umkehr der Beweislast nicht nur hinsichtlich des Verschuldens, sondern auch der objektiven Pflichtwidrigkeit folge aus der allgemeinen Regel, wonach derjenige, der zu bestimmter Tätigkeit verpflichtet ist, im Zweifel wegen seiner Sachnähe zu beweisen hat, daß sein Verhalten auch der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes entsprochen habe. Würde man eine Umkehrung der Beweislast auf das Verschulden beschränken, so wäre die Beweislastumkehr nahezu ohne praktische Bedeutung. Geführt kann dieser Beweis dadurch werden, indem der Geschäftsführer darlegt, daß sein Verhalten im Rahmen des unternehmerischen Ermessens lag. Gegen jede Darlegungs- und Beweispflicht der Gesellschaft sprechen sich (ohne nähere Begründung) Zöllner in Baumbach-Hueck16 Rz 24 zu § 43 dGmbHG und Koppensteiner in Rowedder3 Rz 34 zu § 43 dGmbHG unter Angabe der Lehrmeinungen, die die Umkehr der Beweislast für die Pflichtwidrigkeit verneinen, aus. So lehren etwa Lutter/Hommelhoff, GmbHG14 Rz 21 zu § 43 und Meyer-Landrut GmbHG Rz 15 zu § 43, daß für die Pflichtwidrigkeit des Verhaltens des Geschäftsführers die geschädigte Gesellschaft beweispflichtig sei (Meyer-Landrut aaO meint allerdings, daß diese Streitfrage dann ohne Bedeutung sei, wenn sich objektiver und subjektiver Sorgfaltsmaßstab decken). Zöllner aaO und Koppensteiner aaO weisen darauf hin, daß der Geschäftsführer den besseren Zugang zu den maßgeblichen Tatsachen hat.

Stellt man die Begriffe objektive Sorgfaltswidrigkeit und Pflichtverletzung (mit Ausnahme einer besonderen etwa in der Nichtbefolgung eines Gesellschafterbeschlusses begründeten - Zöllner aaO, dessen Ansicht von Koppensteiner aaO gebilligt wird) gleich, so divergieren hier auch die Ansichten der österreichischen Lehre:

Reich-Rohrwig, Das österreichische Gesellschaftsrecht2 Rz 2/417 vertritt - ohne nähere Begründung und ohne Hinweis auf die divergierenden deutschen Lehrmeinungen - die Ansicht, die klagende Gesellschaft treffe auch die Beweislast, daß ihr Gesellschafter objektiv seiner ihm obliegenden Pflicht nicht nachgekommen ist. Wünsch, Kommentar zum GmbHG Rz 45 zu § 25 übernimmt hingegen die Ansicht von Uwe H.Schneider aaO. Derjenige, der zu bestimmter Tätigkeit verpflichtet ist, hat im Zweifel zu beweisen, daß er seinen Pflichten nachgekommen ist. Das gilt auch im Verhältnis der GmbH zu ihren Geschäftsführern. Würde man eine Umkehr der Beweislast auf das Verschulden beschränken, so wäre die Beweislastumkehr nahezu ohne praktische Bedeutung. Zu diesem Ergebnis kommt auch Koppensteiner, Kommentar zum GmbHG Rz 29 zu § 25 GmbHG. Der Geschäftsführer müsse Tatsachen behaupten und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ableiten läßt, daß er sich innerhalb des mit dem Amt verbundenen Verhaltensspielraumes gehalten hat.

Der erkennende Senat hat erwogen:

Es ist zwar gewiß zutreffend, daß das Fehlschlagen unternehmerischer, durch den Geschäftsführer getroffener Entscheidungen nicht bereits an sich haftungsbegründend ist, würde doch sonst dem Geschäftsführer nahezu in Form einer Erfolgshaftung das typische, die Gesellschaft treffende Unternehmerrisiko aufgebürdet werden. Nur eine Verletzung branchen-, größen- und situationsadäquater Bemühungen wäre ihm als Pflichtverletzung vorzuwerfen (Reich-Rohrwig aaO Rz 2, 307 und 325).

Wenn eine Handlung einen Schaden verursacht hat, ist zu prüfen, ob dieses Verhalten rechtswidrig ist, ob etwa ein Verstoß gegen eine Verhaltenspflicht vorliegt (Harrer in Schwimann2 Rz 9 zu § 1294 ABGB). Das gegen Verhaltenspflichten verstoßende Verhalten einer Person, mit der man in einer rechtlichen Sonderbeziehung steht, kommt dann aber als Grundlage der Rechtswidrigkeit in Betracht (Karollus, Funktion und Dogmatik der Haftung als Schutzgesetzverletzung 78). Dem Bundesgerichtshof und der deutschen Mindermeinung ist dann aber insoweit beizupflichten, daß die klagende Gesellschaft (hier die Überweisungsgläubiger) nicht nur den Schadenseintritt und die Kausalität beweisen müssen, sondern auch Tatsachen vorzutragen haben, aus denen ein Schluß auf die Pflichtwidrigkeit des Verhaltens des Geschäftsführers gezogen werden kann. Dieser Verpflichtung sind die Kläger hier nachgekommen. Sie haben nicht nur in der Klage, sondern insbesondere in der Replik gegen die Ausführungen in der Klagebeantwortung, wonach die Unterlassung der Einzahlung der (halben) Stammeinlage durch den Beklagten gerade die von ihm vertretene Gesellschaft vor Schaden schützen sollte, dargelegt, der Beklagte hätte sich als Geschäftsführer der G 5 von vornherein nicht auf das Projekt und den Abschluß des Gesellschaftsvertrages und der Anstellungsverträge einlassen dürfen, wenn die G 5 zur Finanzierung des Projektes in vorhersehbarer Weise nicht in der Lage war. Dazu brachte der Beklagte schon in der Klagebeantwortung vor, daß ungeachtet des vorgesehenen Stammkapitals von 40 Mio S erhebliche Mittel durch Fremdfinanzierung hätten aufgebracht werden müssen. Ähnlich wie in der Entscheidung des BGH BB 1980, 1344, kann dann aber aus dem in diesem Punkt unbestritten gebliebenen Vorbringen der Kläger in Verbindung mit dem eingetretenen Erfolg der Schluß gezogen werden, daß sich daraus zwingend die Pflichtwidrigkeit des Beklagten ergibt. Sache des Beklagten wäre es gewesen, diese Indizwirkung durch sein Vorbringen, etwa durch die Behauptung, er habe ohnedies im Einvernehmen mit allen Gesellschaftern gehandelt, zu erschüttern, wozu, worauf in der Lehre mehrfach durchaus zutreffend hingewiesen wird, er kraft der Nähe zum Beweis durchaus in der Lage gewesen wäre. Nun liegt gewiß eine Pflichtwidrigkeit des Geschäftsführers gegenüber der von ihm vertretenen Gesellschaft vor, wenn er zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages und von Anstellungsverträgen, die in naher Zukunft Verbindlichkeiten der Gesellschaft erwarten lassen, denen bei Scheitern des Projektes äquivalente Gegenleistungen nicht gegenüberstehen werden, eine Beantwortung der Frage, ob und unter welchen Bedingungen erhebliches Fremdkapital aufgenommen werden könnte, nicht einmal versucht. Da die Vorschrift des § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG nur bei Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch die Gesellschaft, nicht aber - infolge teleologischer Reduktion - auf den Überweisungsgläubiger anzuwenden ist (SZ 63/16; Koppensteiner, GmbHG Rz 5 zu § 25), haben die Vorinstanzen im Ergebnis zutreffend die Schadenersatzpflicht des Beklagten gegenüber der von ihm vertretenen Gesellschaft bejaht.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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