OGH 10ObS131/03t

OGH10ObS131/03t2.9.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Jörg Krainhöfner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Herbert Böhm (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Josef S*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Philipp & Partner, Rechtsanwälte und Strafverteidiger OEG in Mattersburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Jänner 2003, GZ 8 Rs 350/02b-33, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 27. August 2002, GZ 16 Cgs 286/01i-29, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und die Sozialrechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Im Rechtsmittelverfahren ist nicht mehr strittig, dass der am 12. 1. 1947 geborene Kläger Berufsschutz als angelernter Maurer und Schalungsbauer (früher: Betonbauer) genießt und er diese Tätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten kann. Strittig ist die Frage, ob der Kläger auf die Tätigkeit eines Fachmarktberaters/Fachmarktverkäufers im Baustoffbereich verwiesen werden kann und ob die an diese Tätigkeit gestellten Anforderungen seinem medizinischen Leistungskalkül entsprechen.

Mit Bescheid vom 9. 7. 2001 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 30. 4. 2001 auf Gewährung einer Invaliditätspension ab.

Das Erstgericht gab dem dagegen erhobenen, auf Gewährung der Invaliditätspension ab dem Stichtag 1. 5. 2001 gerichteten Klagebegehren statt. Es stellte insbesondere fest, dass der Kläger auf Grund seiner erhobenen Leidenszustände nur mehr leichte und bis zur Hälfte eines Arbeitstages auch mittelschwere Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen, im Freien und in geschlossenen Räumen verrichten könne. Arbeiten mit beiden Armen über Kopf sowie Arbeiten in gebückter Körperhaltung seien auf ein Drittel des Arbeitstages zu verringern. Arbeiten in überwiegender Kälte und Nässe, Arbeiten in stark staubiger Umgebung und mit Reizgasen seien nicht möglich. Unterweisbarkeit, Anpassungsfähigkeit, Umstellbarkeit sowie Schulungsfähigkeit seien gegeben.

Von einem Baumarktberater würden fallweise auch schwere, eigenhändig zu erbringende Hebe- und Trageleistungen, ua auch bei der Regal- und Kundenbetreuung gefordert. Bei der Tätigkeit eines Baumarktberaters würden die Kenntnisse eines Maurers über Materialbedarf und -kunde nicht jedoch die handwerklichen Fähigkeiten verwertet werden. Ein Baumarktberater bedürfe eines Teiles der Kenntnisse und Fähigkeiten eines Einzelhandelskaufmannes mit der Zusatzausbildung für Baustoffhandel. Die mehr als 100 Arbeitsplätze für Baumarktberater mit Spezialisierung für Baustoffhandel würden von gelernten oder angelernten Verkäufern besetzt. Für einen gelernten Maurer gebe es daher keinen ausreichenden Arbeitsmarkt als Baumarktberater, weil in der Regel nur Verkäufer nach einer entsprechenden Einschulung und auch ungelernte Arbeitskräfte nach einer Einschulung in der Dauer von drei Monaten als Baumarktberater mit Schwerpunkt Baustoffhandel eingesetzt würden.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht, dass die Tätigkeit eines Baumarktberaters keine zulässige und zumutbare Verweisungstätigkeit für einen Maurer bzw Betonbauer (nunmehr Schalungsbauer) darstelle, weshalb der Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung einer Invaliditätspension erfülle.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und änderte das Ersturteil - ohne Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung - im klagsabweisenden Sinn ab. Die Frage der Verweisung stelle eine Rechtsfrage dar. Es komme daher der in der Berufung enthaltenen Tatsachenrüge, worin die Beklagte die Feststellung des Erstgerichtes bekämpfte, der Kläger könne im Hinblick auf sein medizinisches Leistungskalkül ("... bis zur Hälfte eines Arbeitstages auch mittelschwere Arbeiten ...") die fallweise auch mit schweren, eigenhändig zu erbringenden Hebe- und Trageleistungen verbundene Tätigkeit eines Baumarktberaters nicht mehr verrichten, keine Berechtigung zu. Die Einholung eines berufskundlichen Sachverständigengutachtens erübrige sich ebenfalls, da dem Berufungsgericht auf Grund der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Verweisungsvoraussetzungen eines Maurers auf Tätigkeiten eines Fachmarktberaters in Baumärkten bekannt seien. Die vom Erstgericht offenbar auf Grund von Notorietät getroffene Feststellung, dass die mehr als 100 Arbeitsplätze für Baumarktberater mit Spezialisierung für Baustoffhandel von gelernten oder angelernten Verkäufern besetzt würden, widerspreche der Erfahrung des erkennenden Senates des Berufungsgerichtes und werde daher nicht übernommen. Im Übrigen "übernahm" das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichtes und verwies auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach ein gelernter Maurer auf den Beruf eines Fachmarktberaters/Fachmarktverkäufers verwiesen werden könne.

Das Berufungsgericht sprach weiters aus, dass die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens. Weiters wird die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht oder an das Berufungsgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung beantragt.

Die beklagte Partei hat eine - ihr freigestellte - Revisionsbeantwortung nicht erstattet.

Die Revision ist, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergeben wird, zulässig und im Sinne der beschlossenen Aufhebung auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist festzuhalten, dass die Bezeichnung der beklagten Partei amtswegig von "Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter" auf "Pensionsversicherungsanstalt" zu berichtigen war, weil mit 1. 1. 2003 alle Rechte und Verbindlichkeiten der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter und die neu errichtete Pensionsversicherungsanstalt als Gesamtrechtsnachfolger übergingen (§ 538a ASVG idF 59. ASVG-Nov BGBl I Nr 1/2002).

Richtig ist, dass der Oberste Gerichtshof bereits in zahlreichen Entscheidungen die Verweisbarkeit gelernter Handwerker auf den Beruf eines Fachmarktberaters/Fachmarktverkäufers in der jeweiligen Branche bejaht hat. So hat der Senat etwa die grundsätzliche Verweisbarkeit eines Tischlers auf Wohn- und Verkaufsberater in Einrichtungshäusern (SSV-NF 10/58; 10 ObS 76/98v; 10 ObS 258/98h), eines Installateurs auf die Tätigkeit eines Baumarktberaters für Installationsbedarf (10 ObS 2339/96k; 10 ObS 369/97f; 10 ObS 17/99v) oder eines Karosseurs auf die Tätigkeit eines Kundendienstberaters (SSV-NF 8/84), aber insbesondere auch die Verweisbarkeit eines gelernten Maurers auf den Beruf eines Fachmarktberaters/Fachmarktverkäufers (SSV-NF 12/25) ausdrücklich bejaht. Begründet wurde diese Rechtsauffassung vor allem damit, dass die handwerkliche Ausbildung und die dabei erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ein Anstellungs- und Ausübungskriterium des Verweisungsberufes bilden. In Groß- und Baumärkten würden insbesondere gelernte Handwerker als Kunden- und Verkaufsberater eingesetzt, wobei auch gegenüber den Kunden mit der Ankündigung geworben werde, dass sie durch Fachkräfte beraten werden, die auf Grund ihrer handwerklichen Ausbildung bei Bedarf den Kunden auch - über das im Rahmen einer kurzfristigen Produkteinschulung erworbene Wissen hinausgehende - fachspezifische Auskünfte und Ratschläge erteilen können. Insofern seien daher auch die praktischen und theoretischen Kenntnisse und Fähigkeiten eines gelernten Handwerkers für die Beratungstätigkeit gegenüber Heimwerkern von wesentlicher Bedeutung.

In der Entscheidung SSV-NF 12/25 wurde beispielsweise darauf hingewiesen, dass ein Maurer für einen Fachmarktberater nach einer durchschnittlich dreimonatigen Einweisung in das Bestellwesen, die interne Organisation und EDV qualifiziert sei. Unter Zugrundelegung der Anforderungen im Verweisungsberuf Fachmarktberater/Fachmarktverkäufer stellten die handwerkliche Ausbildung des Klägers als Maurer und die dabei erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ein Anstellungs- und Ausübungskriterium des Verweisungsberufes dar, weshalb es sich bei diesem Verweisungsberuf um eine qualifizierte Teiltätigkeit des Lehrberufes Maurer handle, sodass der bereits erworbene Berufsschutz nicht verloren gehe. Diese Ansicht wurde in zahlreichen weiteren Entscheidungen (SSV-NF 14/74; 10 ObS 344/01p; 10 ObS 365/01a; 10 ObS 397/01g ua; jüngst 10 ObS 390/02d) ausdrücklich gebilligt.

Die Revisionsausführungen machen insoweit keine neuen Gesichtspunkte geltend, die den erkennenden Senat veranlassen könnten, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen. Die Ausführungen des Revisionswerbers, er sei als Notstandshilfebezieher aus finanziellen Gründen gezwungen, trotz seines Berufsschutzes auch die Tätigkeit als Fachmarktberater anzunehmen, weshalb nicht von einem entsprechenden Arbeitsmarkt ausgegangen werden könne, sind nicht stichhältig. Es ist im Rahmen der Verweisung nur zu prüfen, ob dem Versicherten mit seinen ihm verbliebenen Kräften eine ihm zumutbare Verweisungstätigkeit noch möglich ist, wobei als Verweisungstätigkeiten nur solche Arbeiten in Betracht kommen, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in ausreichender Anzahl (österreichweit zumindest 100 Arbeitsplätze) vorkommen. Die Verweisung erfolgt ohne Rücksicht darauf, ob es auch tatsächlich freie Arbeitsplätze dieser Art gibt und ob der Versicherte zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes auf die Ausübung einer solchen Verweisungstätigkeit angewiesen ist.

Auch der Umstand, dass die mit 1. 7. 2000 in Kraft getretene Einzelhandel-Ausbildungsordnung, BGBl II 2000/186 mit Schwerpunkt Baustoffhandel keine Anrechnung von Lehrzeiten, die im Lehrberuf Maurer zurückgelegt wurden, auf die Lehrzeit im Lehrberuf Einzelhandel - Schwerpunkt Baustoffhandel vorsieht, bedeutet noch nicht, dass beim Verkaufsberater in Baumärkten die Kenntnisse eines Maurers nicht gefragt seien und eine entsprechende Nahebeziehung des Verweisungsberufes zum bisher ausgeübten Beruf fehle (vlg SSV-NF 14/74).

Das Berufungsverfahren ist jedoch mangelhaft geblieben, da das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung ausdrücklich und teilweise stillschweigend von den Feststellungen des Erstgerichtes ohne Erörterung mit den Parteien oder Beweiswiederholung abgegangen ist. So weist der Revisionswerber mit Recht daraufhin, dass die vom Erstgericht für die Tätigkeit eines Fachmarktberaters festgestellten Leistungsanforderungen jedenfalls insoweit mit dem festgestellten Leistungskalkül des Klägers unvereinbar sind, als es dem Kläger unmöglich ist, schwere Lasten zu tragen, während - jedenfalls nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen - von einem Baumarktberater fallweise auch schwere, eigenhändig zu erbringende Hebe- und Trageleistungen, ua auch bei der Regal- und Kundenbetreuung, verlangt werden. Die Beklagte hat die Richtigkeit dieser Feststellung des Erstgerichtes in ihrer Berufung unter Hinweis darauf bekämpft, dass die Tätigkeit als Baumarktberater das Kalkül "mittelschwere Arbeiten" nicht übersteige, da nahezu sämtliche Baumärkte als Selbstbedienungsgroßmärkte konzipiert seien, die Kunden ihre Waren grundsätzlich selbst aus dem Regal zu entnehmen hätten und für allenfalls ausnahmsweise anfallende schwere Hebe- und Trageleistungen Hilfskräfte bzw Transporthilfen zur Verfügung stünden.

Bei den erstgerichtlichen Feststellungen über die Anforderungen in einem Verweisungsberuf handelt es sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes um Tatsachenfeststellungen und nicht um eine rechtliche Beurteilung. Soweit das Erstgericht Beweise aufgenommen und darauf gestützt eine Tatsache festgestellt hat, darf das Berufungsgericht nicht ohne Beweiswiederholung von Feststellungen des Erstgerichtes mit der Begründung abgehen, das Gegenteil sei offenkundig (SSV-NF 14/7 ua). Doch selbst wenn das Erstgericht - wie offenbar im vorliegenden Fall - unter Hinweis auf gleichartige, dem Gericht bekannte Fälle die Anforderungen an Verweisungsberufe, die weitgehend vor den Augen der Öffentlichkeit ausgeübt werden, als offenkundige Tatsachen beurteilt, sind derartige Anforderungen jedoch nicht so unzweifelhaft, dass sie der Entscheidung ohne Erörterung mit den Parteien zugrundegelegt werden könnten (RIS-Justiz RS0040219 [T7]). Gleiches gilt für die vom Erstgericht weiters getroffenen Feststellungen, dass die mehr als 100 Arbeitsplätze für Baumarktberater mit Spezialisierung für Baustoffhandel von gelernten oder angelernten Verkäufern besetzt werden und auch ungelernte Arbeitskräfte nach einer Einschulung von drei Monaten als Baumarktberater mit Schwerpunkt Baustoffhandel eingesetzt werden. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Tatsacheninstanzen in anderen Fällen (vgl beispielsweise den der Entscheidung SSV-NF 12/25 zugrundeliegenden Sachverhalt) abweichend von dem im vorliegenden Verfahren vom Erstgericht getroffenen Feststellungen davon ausgingen, dass der Ausschluss des Versicherten von schweren Arbeiten der Ausübung des Berufes des Verkaufsberaters nicht entgegensteht und für den Fachmarktberater/Fachmarktverkäufer in einem Baumarkt eine kaufmännische oder handwerkliche Ausbildung wie zB als Maurer gefordert wird, wobei Maurer für die Ausübung dieser Verweisungstätigkeit nur einer Einweisung von durchschnittlich drei Monaten in das Bestellwesen, die innere Organisation und EDV bedürfen und der Schwerpunkt der Tätigkeit in Baumärkten oder Fachgeschäften des Baustoffhandels in der fachkundigen Beratung und im Verkauf liegt. Unter Zugrundelegung der in der Entscheidung SSV-NF 12/25 näher festgestellten Anforderungen im Verweisungsberuf Fachmarktberater/Fachmarktverkäufer gelangte der Oberste Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass die handwerkliche Ausbildung des Versicherten als Maurer und die dabei erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ein Anstellungs- und Ausübungskriterium des Verweisungsberufes bilden und es sich bei diesem Verweisungsberuf um eine qualifizierte Teiltätigkeit des Lehrberufes Maurer handelt. An dieser Auffassung hat der Oberste Gerichtshof, wie bereits erwähnt, in der Folge ausgehend von den von den Tatsacheninstanzen jeweils getroffenen Feststellungen in ständiger Rechtsprechung festgehalten.

Von diesen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen, wovon die vom Erstgericht im vorliegenden Fall getroffenen Feststellungen teilweise abweichen, geht offenbar auch das Berufungsgericht im vorliegenden Fall aus, wenn es darauf verweist, dass dem Berufungsgericht auf Grund der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes die Verweisungsvoraussetzungen eines Maurers auf Tätigkeiten eines Fachmarktberaters in Baumärkten bekannt seien. Da aber die Allgemeinkundigkeit einer Tatsache bezweifelt werden kann und der Beweis der Unrichtigkeit offenkundiger Tatsachen zulässig ist (Rechberger in Rechberger, ZPO2 Rz 4 zu § 269), muss das Berufungsgericht das von ihm beabsichtigte Abweichen von erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen mit den Parteien erörtern (SZ 55/116) und ihnen Gelegenheit geben, den Beweis der Unrichtigkeit einer vom Gericht als offenkundig beurteilten Tatsache anzutreten (10 ObS 263/01a = RIS-Justiz RS0040046 [T9] = RS0040219 [T6]; 10 ObS 259/02i). Eine solche Erörterung mit den Parteien hat das Berufungsgericht zu Unrecht unterlassen, weshalb sein Verfahren mangelhaft geblieben ist. Infolge dieses Mangels nach § 503 Z 2 ZPO, welcher inhaltlich auch vom Revisionswerber in seinen Revisionsausführungen geltend gemacht wurde, ist der Revision Folge zu geben und die Entscheidung des Berufungsgerichtes aufzuheben.

Im fortgesetzten Verfahren hat das Gericht zweiter Instanz mit den Parteien die angesprochene Erörterung vorzunehmen, bevor es mit dem Hinweis auf Notorietät von den erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen abweicht. Weiters wird das Berufungsgericht in seiner Entscheidung eindeutig darzustellen haben, von welcher Tatsachengrundlage es ausgeht. Hingegen handelt es sich bei der weiteren "Feststellung" des Erstgerichtes, "ein gelernter Maurer würde seinen Berufsschutz verlieren, wenn er nur im Verkauf oder als Baumarktberater tätig wäre", um eine rechtliche Beurteilung, welche, wie bereits mehrfach ausgeführt, im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes steht.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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