OGH 7Ob99/03i

OGH7Ob99/03i7.5.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Hermann H***** und 2. Christine L*****, beide: *****, vertreten durch Schöpf Maurer & Bitschnau Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei Isolde H*****, vertreten durch Dr. Raimund Danner, Rechtsanwalt in Salzburg, sowie den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Ing. Paul T***** KG, *****, vertreten durch Dr. Hans Estermann, Rechtsanwalt in Mattighofen, wegen EUR 6.903,92 sA (Revisionsinteresse: EUR 5.232,44 [= S 72.000]), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 25. September 2002, GZ 54 R 145/02s-42, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 4. März 2002, GZ 11 C 2308/99a-37, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 439,72 (darin enthalten EUR 73,29 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichtes ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO).

Die Kläger begehrten zuletzt (ON 10) die Rückzahlung von S 95.000 (EUR 6.903,92) an zu viel bezahltem Mietzins aus zwei aufeinander folgenden Mietverträgen (für die Zeiträume: 1. 1. 1997 bis 31. 12. 1998 und 1. 1. 1999 bis 31. 8. 1999) betreffend eine ihnen von der Beklagten vermietete Wohnung. Sie stützen ihren Anspruch auf Mietzinsminderung bzw -befreiung auf gravierende Schimmelbildungen, die eine Reduktion des vereinbarten monatlichen Mietzinses (S 10.000) um zumindest 50 % für 20 Monate rechtfertigten.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der Berufung der Beklagten Folge und änderte das Ersturteil im klagsabweisenden Sinne ab.

Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes zur Frage der Schimmelbildung und führte dazu aus, es bestehe (zwar) kein Zweifel daran, dass diese ein erhebliches Ausmaß erreicht und die Benützung des Bestandgegenstandes nicht unbeträchtlich beeinflusst habe. Die Kläger hätten dies aber auch entsprechend erkannt und zu bekämpfen (sanieren) versucht. Schon der Umstand, dass sie durch das Aufstellen zusätzlicher Heizquellen eine erträgliche Raumtemperatur zu erreichen gedachten, spreche jedenfalls dagegen, dass allein ein fehlerhaftes Heizverhalten der Kläger Grund für die Schimmelbildung und die daraus resultierende Beeinträchtigung des Bestandobjektes gewesen sein könnte.

Eine Rückforderung zuviel bezahlter Mietzinse komme hier nicht in Betracht. Die Kläger hätten sich zwar ausdrücklich auf Unkenntnis des Mietzinsminderungsrechtes berufen; dem sei jedoch einerseits § 2 ABGB entgegenzuhalten, andererseits der Umstand, dass sie die - offensichtlichen - Mängel im Zeitpunkt der Mietzinszahlung erkennen konnten. Da die Möglichkeiten zu beurteilen, dass eine bzw welche Zinsminderung berechtigt sei, damals (Winter 1997) auch nicht geringer gewesen seien als zur Zeit der Klagseinbringung (November 1999), könnten die Kläger nicht nachträglich - gut zweieinhalb Jahre nach dem ersten Auftreten des Mietzinsminderungsgrundes, zwei Monate nach Beendigung des Mietverhältnisses und trotz eines noch Anfang 1999 in Kenntnis der Mängel neu (zum selben Mietzins) geschlossenen zweiten [Miet-]Vertrages für eine weitere Vertragsperiode (!) - irrtümliche Zahlung geltend machen.

Den nunmehr vorliegenden, über Antrag der Revisionswerberin gemäß § 508 Abs 1 ZPO abgeänderten Zulassungsausspruch hat das Berufungsgericht im Wesentlichen wie folgt begründet:

"Tatsächlich vermögen die Revisionswerber unter Anführung zahlreicher Judikaturzitate aufzuzeigen, dass ein behaupteter Rechtsirrtum immer wieder in der Rechtsprechung Beachtung gefunden hat, sodass das Argument, dass die Entscheidung des Berufungsgerichtes zum Nachteil der Kläger überzogen streng und (unter anderem) eine Heranziehung des § 2 ABGB allenfalls rechtlich verfehlt ist, nicht völlig von der Hand zu weisen ist".

Auch die Revisionswerber machen in ihrem Zulassungsantrag ausschließlich geltend, dass das Berufungsgericht von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes "zur Rückforderung rechtsgrundlos geleisteter Zahlungen aus einem Bestandvertrag infolge Rechtsirrtums" abgewichen sei.

Rechtliche Beurteilung

Dabei wird Folgendes übersehen:

Gewährt der Bestandgeber dem Bestandnehmer den bedungenen Gebrauch nicht oder nicht in vollem Ausmaß, so tritt [zwar] ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Bestandgebers als Gewährleistungsfolge eigener Art ex lege eine Zinsbefreiung bzw Zinsminderung ein, und zwar vom Beginn der Gebrauchsbeeinträchtigung bis zu deren Behebung (Würth in Rummel I3 Rz 10 zu § 1096 ABGB mwN; zuletzt: 1 Ob 89/02y). Ausgeschlossen ist eine Zinsbefreiung (-minderung) jedoch ua dann, wenn der Mieter die Umstände, die seinen Gebrauch hindern, akzeptiert, weil ja der Umfang des Gebrauches und die Pflicht zu dessen Gewährung der Parteiendisposition unterliegen, wenn er also in Kenntnis der Mängel vorbehaltlos den Vertrag abschließt bzw das Mietobjekt übernimmt oder trotz Kenntnis der Befreiungsgründe vorbehaltlos einen bestimmten Mietzins vereinbart (MietSlg 50.148, 47.098, 42.100; RIS-Justiz RS0021408 [T1 und T3], RS0024634; Würth aaO Rz 11 zu § 1096 ABGB mwN). Ein Verzicht auf Zinsbefreiung oder -minderung für den jeweiligen Zinstermin liegt jedenfalls in der vorbehaltlosen und ohne Irrtum (auch Rechtsirrtum) erfolgten Zahlung des vollen Zinses, weil [auch] dadurch die Rückforderung nach § 1431 ABGB ausgeschlossen wird (Würth aaO; Binder in Schwimann VI2 Rz 70 f zu § 1096 ABGB mwN; RIS-Justiz RS0021408, RS0024634; MietSlg 50.148 mwN und 1 Ob 89/02y, EWr III/1096 A/63).

Im vorliegenden Fall haben die Kläger trotz des (bereits ab dem Winter 1997 auftretenden) "gravierenden Schimmelpilzbefalls" (der nach den unstrittigen Feststellungen ein erhebliches Ausmaß erreichte und die Benützung des Bestandgegenstandes nicht unbeträchtlich beeinflusste, was die Kläger auch entsprechend erkannten und zu bekämpfen [sanieren] versuchten, wobei jedenfalls nicht alleine ein fehlerhaftes Heizverhalten der Kläger Grund für die Schimmelbildung und die daraus resultierende Beeinträchtigung des Bestandobjektes gewesen sein konnten) nicht nur bis zuletzt vorbehaltlos den vereinbarten Mietzins gezahlt, sondern sogar ab 1. 1. 1999 neuerlich einen Mietvertrag mit derselben Mietzinshöhe abgeschlossen; zu einer Zeit also, als ihnen das volle Ausmaß der Beeinträchtigungen bereits hinlänglich bekannt war.

Diese Feststellungen hat das Berufungsgericht - von den Revisionswerbern ungerügt - übernommen. Daraus ist aber - wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat - abzuleiten, dass die Kläger die für die Mietzinshöhe maßgebenden Umstände akzeptierten, sodass keine Rechtsgrundlage für das Begehren auf Mietzinsminderung besteht (MietSlg 50.148 mwN; RIS-Justiz RS0021408 [T4]). Von der im Zulassungsantrag zitierten zur Begründung des abgeänderten Zulassungsausspruchs herangezogenen Judikatur (wonach ein gemäß § 1096 Abs 1 ABGB von der Entrichtung des Bestandzinses ganz oder zum Teil befreiter Bestandnehmer berechtigt ist, darüber hinaus bezahlte Beträge [auch] bei [Rechts-]Irrtum über seine Verpflichtung zurückzuverlangen [vgl dazu RIS-Justiz RS0021357]) ist das Berufungsgericht daher nicht abgewichen:

Da im vorbehaltlosen Abschluss eines neuen Mietvertrages mit in gleicher Höhe vereinbartem und bezahltem Mietzins (trotz Kenntnis der gravierenden Beeinträchtigungen) - wie bereits ausgeführt - ein Akzeptieren der für die Mietzinshöhe maßgeblichen Umstände erblickt werden muss (MietSlg 50.148; RIS-Justiz RS0021408 [T3]), ist die in leg cit statuierte gänzliche oder teilweise Zinsbefreiung nämlich auf die vereinbarten Zinszahlungen bis zur (vorzeitigen) Auflösung des gegenständlichen Mietvertrages überhaupt nicht anwendbar (RIS-Justiz RS0024634; vgl auch MietSlg 47.098); geht es doch, wenn Bestandnehmer - wie hier - die Umstände, die den Gebrauch hindern, im Rahmen ihrer Parteiendisposition akzeptiert haben, nicht (mehr) um eine "bei Vertragsabschluss nicht berücksichtigte" Unbrauchbarkeit. Eine Zinsbefreiung (-minderung) nach § 1096 ABGB ist in diesem Fall schon von vornherein ausgeschlossen (Würth aaO Rz 11 Punkt 1. zu § 1096 ABGB mwN). Eine Irreführung bei Abschluss des zweiten Mietvertrages wurde nicht geltend gemacht.

Insgesamt werden erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO somit nicht aufgezeigt.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO; die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels in ihrer Revisionsbeantwortung ausdrücklich hingewiesen.

Stichworte