OGH 12Os13/03

OGH12Os13/0327.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. März 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Habl, Dr. Philipp, Dr. Schroll und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Trauner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Josef R***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und einer weiteren Straftat über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 27. November 2002, GZ 12 Hv 144/02v-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef R***** des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I) und des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.

Darnach hat er an einem nicht näher bestimmbaren Tag zwischen dem 11. August 1998 und dem 11. August 1999 in Möllbrücke

mit seiner am 11. August 1986 geborenen Tochter Katrin R*****, sohin mit einer unmündigen Person, den Beischlaf unternommen; durch die unter Punkt I bezeichnete Tat sein minderjähriges Kind zur Unzucht missbraucht.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Angeklagten gegen diesen Schuldspruch aus dem Grund der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Nach seiner kontradiktorischen Vernehmung (§ 162a StPO - ON 8) war das durch die inkriminierte strafbare Handlung in seiner Geschlechtssphäre verletzte Opfer von der Verbindlichkeit zur Ablegung eines (weiteren) Zeugnisses befreit (§ 152 Abs 1 Z 2a StPO) und nahm das Entschlagungsrecht in weiterer Folge in Anspruch (S 277). Der Antrag auf ergänzende Einvernahme der Zeugin Katrin R***** verfiel daher schon deshalb zu Recht der Ablehnung. Dass Josef R*****, der - entgegen der Beschwerdeargumentation - selbst Fragen an Katrin R***** stellte (S 99 ff), anlässlich der kontradiktorischen Vernehmung seiner Tochter anwaltlich nicht vertreten war, ist nicht entscheidend, weil das Gesetz dazu eine notwendige Verteidigung nicht vorsieht (Foregger/Fabrizy StPO8 § 162a Rz 1; 14 Os 58/97; 13 Os 96/99 = ÖJZ-LSK 1999/129; 13 Os 36/01 = JBl 2002, 129). Im Übrigen verfiel der Antrag auch deshalb zu Recht der Ablehnung, weil er prozessordnungswidrig kein Beweisthema enthält (S 233 - Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 EGr 18 f).

Zum weiteren Antrag auf Einholung eines "Glaubhaftigkeitsgutachtens von einem hiezu befugten Sachverständigen aus dem Fachgebiet der aussagepsychologischen Glaubhaftigkeitsbegutachtung im Strafverfahren zum Beweis dafür, dass die Aussage der Katrin R***** nicht einem realen Erlebnis entspricht sowie dafür, dass das im Vorverfahren eingeholte Gutachten ON 10 in keiner Weise auch nur annähernd den Mindesterfordernissen und Mindeststandards eines aussagepsychologischen Glaubhaftigkeitsgutachtens entspricht" (S 232 f) ist festzuhalten, dass die Beurteilung der Verlässlichkeit der Angaben jugendlicher Zeugen gemäß § 258 StPO ausschließlich (hier) dem Gerichtshof zukommt, die Einholung eines Gutachtens eines Psychiaters oder Jugendpsychologen hingegen nur in besonders gelagerten Fällen, etwa bei (hier nicht aktueller und vom Antragswerber nicht einmal behaupteter) festgestellter abwegiger Veranlagung in psychischer oder charakterlicher Hinsicht oder Entwicklungsstörung von Jugendlichen in Betracht kommt (Mayerhofer aaO § 281 Z 4 E 117 mwN; 12 Os 14/00; 14 Os 17/99 = EvBl 1999/164 = JBl 2000, 533).

Abgesehen davon wäre anlässlich der Antragstellung ferner die Bereitschaft der Zeugin darzulegen gewesen, sich einer Befundaufnahme zu unterziehen (dies umso mehr als sie eine neuerliche zeugenschaftliche Einvernahme in der Hauptverhandlung ablehnte). Zur Frage entscheidungswesentlicher Relevanz des Antrags ist letztlich darauf zu verweisen, dass das Schöffengericht den im Beweisantrag kritisierten Ausführungen der Sachverständigen Dr. S***** zu diesem Thema keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat (US 11). Die Nichtigkeitsbeschwerde konnte daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückgewiesen werden (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die außerdem ergriffenen Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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