OGH 3Ob246/02a

OGH3Ob246/02a26.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Janko T*****, vertreten durch Dr. Janko Tischler jun., Rechtsanwalt-Kommandit-Partnerschaft in Klagenfurt, wider die beklagte Partei I***** d.o.o., ***** vertreten durch Emberger Rechtsanwaltskanzlei GmbH in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO; Streitwert 6.600,13 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 27. Juni 2002, GZ 2 R 157/02v-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 16. März 2002, GZ 7 C 36/00h-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 499,39 EUR (darin 83,23 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger ist an der beklagten Partei, einer Gesellschaft mit Sitz in Slowenien, zu 10 % beteiligt. Diese führt gegen ihn aufgrund der Kostenentscheidung des Schiedsspruchs des internationalen Schiedsgerichts der Wirtschaftskammer Österreich vom 19. November 1999 zur Hereinbringung eines restlichen Betrags von 6.600,13 EUR (= 90.819,71 S) sA Fahrnisexekution, die vom Erstgericht mit Beschluss vom 14. April 2000 bewilligt worden war.

Mit seiner auf § 35 EO gestützten Klage begehrte der Kläger, diese Exekution für unzulässig zu erklären. Dazu brachte er im Wesentlichen vor, er habe mit Schreiben vom 16. Feber 2000 gegenüber der beklagten Partei die Aufrechnung mit drei konkret bezeichneten Forderungen gegen deren Kostenersatzforderung erklärt. Lediglich die Aufrechnung mit einer Kostenersatzforderung aus einem Zivilprozess in Slowenien sei anerkannt worden. Er habe aber zu Recht mit zwei weiteren Forderungen aufgerechnet: Erstens stehe ihm eine bereits fällige Forderung von zumindest 100.000 S aus dem Titel des anteiligen Reingewinns als Gesellschafter der beklagten Partei für die Geschäftsjahre 1996 bis 1998 zu. Zwar sei es für diese Geschäftsjahre nie zu einer rechtswirksamen Beschlussfassung der Generalversammlung über die Verwendung des Reingewinns und dessen Ausschüttung an die Gesellschafter gekommen. Dass dies nicht geschehen sei, sei aber ausschließlich von der beklagten Partei zu verantworten. Zweitens stehe ihm auch noch eine aufrechenbare Schadenersatzforderung von mindestens 250.000 S zu, weil die beklagte Partei ihm gegenüber schuldhaft und rechtswidrig ihre Treuepflichten verletzt habe. Zwischen den Parteien habe sich seit Mai 1994 eine Zusammenarbeit entwickelt. Anfang 1997 habe er von einem österreichischen Klienten, der eine Mehrheitsbeteiligung an einer slowenischen GmbH angestrebt habe, ein Mandat erhalten. Vor Realisierung des Beteiligungserwerbs habe er bereits vorbereitende Tätigkeiten durchgeführt. Über seine Empfehlung sei die beklagte Partei mit einem Bewertungsgutachten betreffend die slowenische Gesellschaft beauftragt worden. Die beklagte Partei habe dies aber dermaßen nachlässig durchgeführt, dass rund drei Monate nach der ersten Kontaktaufnahme das Gutachten noch immer nicht vorgelegen sei. Dadurch habe ihm der Klient den Vertretungsauftrag entzogen. Wäre die beklagte Partei ihren vertraglichen Verpflichtungen ordnungsgemäß und prompt nachgekommen, wäre ihm das Mandat nicht entzogen worden. Ausgehend von dem durch die Durchführung dieses Anteilserwerbs zu erwartenden weiteren Vertretungsaufwand und der relevanten Kostenbemessungsgrundlage und seinen Erfahrungen mit vergleichbaren Vertretungsaufträgen habe sich ein Verdienstentgang ergeben, der zweifellos mit mindestens 300.000 S beziffert werden könne. In der Folge habe der Klient aber die bereits erbrachten Vertretungsleistungen mit 47.588,40 S honoriert. Durch die Aufrechnung sei die betriebene Forderung zur Gänze beseitigt worden. Die beklagte Partei bestritt das Bestehen der dargestellten Gegenforderungen. Für die betreffenden Jahre sei die Ausschüttung eines Gewinns an die Gesellschafter nicht in Betracht gekommen, weil es keinen ausschüttungsfähigen Gewinn gegeben habe. Selbst wenn dies aber der Fall gewesen wäre, hätte ihr 90 %ige Mehrheits-Gesellschafterin so abgestimmt, dass ein allfälliger Gewinn zur Eigenkapitalstärkung für das nächste Geschäftsjahr vorgetragen worden wäre. Zur geltend gemachten Schadenersatzforderung habe der Kläger weder den Mandanten noch den Auftrag konkretisiert, der ihm entzogen worden sei. Auch der geltend gemachte Verdienstentgang fuße auf bloßen Mutmaßungen. Aufgrund der Eventualmaxime sei ihm weiteres Vorbringen verwehrt und mangels Schlüssigkeit auf das Vorbringen nicht weiter einzugehen. Aus Vorsicht werde aber auch eine nachlässige Vorgangsweise durch die beklagte Partei bestritten. Es mangle aber schließlich auch an jedem Rechtswidrigkeits- und Kausalzusammenhang.

Im Verlauf des Verfahrens stellten die Parteien außer Streit, dass der Kläger zumindest mit der Klage in Ansehung der darin behaupteten Gegenforderungen die Aufrechnung erklärt habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf Feststellungen über den Gesellschaftsvertrag der beklagten Partei, deren Entwicklung und die Beteiligungsverhältnisse. Weitere Tatachenfeststellungen betreffen die Umstände, aus denen der Kläger eine Schadenersatzforderung ableitet. Weiters stellte der Erstrichter fest:

Wäre es zur Durchführung des Beteiligungserwerbs gekommen, hätte der Kläger bei der Erstellung der diesbezüglichen Verträge ein Honorar von zumindest 300.000 S erhalten. Es kann allerdings nicht festgestellt werden, dass es bei prompter Anbotslegung durch die beklagte Partei entsprechend den Zusagen vom 10. März 1997 überhaupt zum Beteiligungserwerb durch den Transportunternehmer und damit zu einer solchen Honorarforderung gekommen wäre. Die beklagte Partei erwirtschaftete im Zeitraum 1994 bis 1998 lediglich für das Jahr 1996 einen Gewinn, der jedoch mit dem Verlust aus dem Vorjahr zur Gänze verrechnet werden musste. Im Fall eines Reingewinns hätte die Mehrheitsgesellschafterin im Rahmen der Generalversammlung dahingehend votiert, dass der Gewinn nicht ausgeschüttet, sondern zur Eigenkapitalstärkung verwendet werde. Formelle Beschlussfassungen über die Jahresabschlüsse der Geschäftsjahre 1996 bis 1998 existieren nicht.

In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht das Vorliegen eines ausschüttungsfähigen Gewinns der beklagten Gesellschaft in den Jahren 1996 bis 1998. Darüber hinaus wäre ein solcher Gewinn gar nicht ausgeschüttet worden, weshalb schon deshalb der Kläger den Beweis für die Existenz der zu erstens behaupteten Gewinnforderung nicht habe erbringen können. Im Übrigen wäre ein allfälliger Gewinnanspruch nicht fällig und damit nicht aufrechenbar gewesen.

Für seinen Schadenersatzanspruch habe der Kläger den Kausalitätsbeweis nicht erbringen können. Selbst wenn man diesen aber als erbracht ansähe, wäre das gesellschaftsrechtliche Band zur beklagten Partei zuletzt durch das Verhalten des Klägers im Jahr 1997 bereits derart gelockert gewesen, dass selbst bei Annahme sehr weit gespannter Treuepflichten das Verhalten der Geschäftsführerin der beklagten Partei nicht mehr als rechtswidriger und/oder vorwerfbarer Verstoß gegen die Treuepflichten zu werten sei. Zu einem allfälligen Anspruch auf den Gewinnanteil der Jahre 1999 bis 2001 habe der Kläger keine Aufrechnungseinrede erhoben.

Mit dem angefochtenen Urteil verwarf das Berufungsgericht die wegen Nichtigkeit erhobene Berufung des Klägers, im Übrigen gab es dieser nicht Folge. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Die Bestätigung des Ersturteils gründete die zweite Instanz allein auf rechtliche Erwägungen. Die Berufung müsse bereits an der Unschlüssigkeit des Vorbringens (in erster Instanz) scheitern. Zwar stehe es dem Kläger frei, Gegenforderungen durch Oppositionsklage geltend zu machen, weil gegenüber dem Kostentitel die entsprechenden Einwendungen im Hauptverfahren noch nicht möglich gewesen seien. Der Schuldtilgungseinwand, der als einseitige außergerichtliche Aufrechnungserklärung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1438 ABGB wie eine Zahlung in Höhe des aufgerechneten Betrags wirke und auch im Zuge einer Klage nach § 35 EO erklärt werden könne, habe wie die Relevierung jeglichen Anspruchs vor Gericht die Schlüssigkeitserfordernisse zu beachten. Es müssten alle für die Schlüssigkeit des Klagebegehrens erforderlichen Tatsachen vollständig vorgetragen werden. Dies gelte auch für Gegenforderungen. Auch diese seien im Einzelnen ziffernmäßig zu bezeichnen. Es könne daher nur auf ziffernmäßig bestimmte Gegenforderungen Bedacht genommen werden. Diesen Anforderungen werde das Klagebegehren nicht gerecht. Dem Kläger wäre schon wegen der ihm als Gesellschafter und Aufsichtsrat der beklagten Gesellschaft zustehenden Informationsmöglichkeiten zumutbar gewesen, den ihm zustehenden Gewinnanteil aufzuschlüsseln. Verneinendenfalls wäre er auf die Einbringung einer Stufenklage zu verweisen. Ungenügend sei auch das Vorbringen eines pauschalierten Verdienstentgangs von zumindest 250.000 S, ausgehend von einem "zu erwartenden weiteren Vertretungsaufwand und der relevanten Kostenbemessungsgrundlage und der eigenen Erfahrung mit vergleichbaren Vertretungsaufträgen".

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Das Berufungsgericht begründete seinen Zulässigkeitsausspruch damit, dass Einzelfragen der Verpflichtung zur Aufschlüsselung von Gegenforderungen im Oppositionsverfahren wie im vorliegenden Fall bisher vom Obersten Gerichtshof noch nicht beurteilt worden seien. Nach stRsp des Obersten Gerichtshofs schließt aber die Kasuistik des Einzelfalls, die auch hier, wie aus der zitierten Formulierung hervorgeht, im Vordergrund steht, in der Regel eine beispielgebende Entscheidung und daher das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage aus (RIS-Justiz RS0042405). Da auch die Schlüssigkeit einer Klage nur anhand der konkreten Behauptungen im Einzelfall geprüft werden kann, ist die Schlüssigkeit einer Klage im Einzelfall in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0037780). Der Oberste Gerichtshof hat nicht nur zur prozessualen

Aufrechnungseinrede (1 Ob 617/91 = SZ 64/160 = JBl 1992, 444

[Ostheim] = EvBl 1992/45 = RdW 1992, 142; 3 Ob 543/95), sondern auch

zur Aufrechnung als Oppositionsgrund (3 Ob 280/01z) bereits ausgesprochen, dass es der betreffenden Partei verwehrt sei, aus mehreren Gegenforderungen pauschal eine Aufrechnung abzuleiten. Dadurch erscheint aber die Auffassung des Berufungsgerichts jedenfalls gedeckt, die erste behauptete Gegenforderung, die auf Gewinnansprüche aus mehreren Geschäftsjahren gestützt wird, sei nicht ausreichend bestimmt bzw. unschlüssig, wenn nur ein (Mindest-)Gesamtbetrag genannt wird, nicht aber die behaupteten Gewinne nach den Geschäftsjahren aufgeschlüsselt sind. Aber auch die Frage der ausreichenden Aufschlüsselung bzw. Schlüssigkeit des geltend gemachten Schadenersatzanspruchs wirft keine erheblichen Rechtsfragen auf.

Da auch der Kläger in seiner Revision keine erheblichen Rechtsfragen nach § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, ist die Revision zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf den § 50 iVm § 41 Abs 1 ZPO. Die beklagte Partei hat in ihrer Revisionsbeantwortung zutreffend die Unzulässigkeit der Revision geltend gemacht.

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