OGH 8Ob260/02x

OGH8Ob260/02x13.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling, Dr. Kuras und Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Johannes W*****, vertreten durch Brand Lang Breitmeyer, Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, wider die beklagte Partei Robert S*****, vertreten durch Dr. Maximilian Sampl, Rechtsanwalt in Schladming, wegen EUR 5.493,33 s.A. über die ordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Berufungsgericht vom 19. August 2002, GZ 1 R 276/02h-34, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Schladming vom 16. Mai 2002, GZ 1 C 350/01v-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen. Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Gesellschafter und Geschäftsführer der A***** medizinische Geräte Handelsgesellschaft mbH (im folgenden Mitgesellschafterin). Diese ist gemeinsam mit dem Beklagten, der auch gleichzeitig Geschäftsführer ist, je zur Hälfte Gesellschafter der A***** GesmbH (im folgenden gemeinsame Gesellschaft). Die Gründung der gemeinsamen Gesellschaft erfolgte im Jahr 1994, wobei ein Mindeststammkapital von ATS 500.000,-- zur Einzahlung gelangen sollte. Der Kläger als Geschäftsführer der Mitgesellschafterin zahlte an Stammkapital ATS 250.000,-- bar ein. Der Beklagte, der hievon Kenntnis erlangte, nahm die Anmeldung der mit Gesellschaftsvertrag gegründeten gemeinsamen Gesellschaft beim zuständigen Firmenbuch Landesgericht Korneuburg vor. Er unterzeichnete die Erklärung an das Firmenbuchgericht in der Form, dass für beide Gesellschafter je ein Betrag von ATS 125.000,-- an Stammkapital eingezahlt worden sei. Tatsächlich leistete der Beklagte aber keine Einzahlung auf die Stammeinlage. Es kann nicht festgestellt werden, ob diesbezüglich Vereinbarungen zwischen den Streitteilen getroffen wurden, insbesonders ob der Beklagte in Anrechnung auf die Stammeinlage Sacheinlagen erbringen konnte. Die gemeinsame Gesellschaft wurde am 26. 10. 1994 im Firmenbuch des LG Korneuburg (FN 124227m) registriert. Der Steuerberater verbuchte die eingezahlten ATS 250.000,-- nach Einsichtnahme in den Firmenbuchauszug in der Form, dass er jeweils ATS 125.000,-- auf das Stammeinlagenkonto beider Gesellschafter verbuchte. Dem Kläger war bekannt, dass der Beklagte keine Bareinlage geleistet hatte. Im Verfahren C 502/99 b des BG Retz waren die Mitgesellschafterin und der Beklagte zur ungeteilten Hand zur Zahlung von ATS 75.589,90 (Kapital, Zinsen und Kosten) an die Johann B***** GmbH verurteilt worden. Die Bezahlung dieser Summe erfolgte durch die Mitgesellschafterin, während der Beklagte keine Zahlung leistete. In Folge trat die Mitgesellschafterin ihre Forderung an den Kläger ab.

Der Kläger begehrt - soweit dies für das Revisionsverfahren noch relevant ist - vom Beklagten S 75.589,90 s.A. . Er stützte sein Begehren auf den der Mitgesellschafterin gegen den Beklagten zustehenden Schadenersatzanspruch, den diese an den Kläger zediert habe. Als Geschäftsführer der gemeinsamen Gesellschaft habe er bei der Anmeldung beim Firmenbuch wahrheitswidrig angegeben, dass beide Gesellschafter die übernommene Stammeinlage je zur Hälfte eingezahlt hätten, obwohl er selbst keine Zahlung geleistet habe. Im Rahmen einer Drittschuldnerklage sei die Mitgesellschafterin zur Zahlung von ATS 75.589,90 (Kapital, Zinsen und Kosten) an einen Gläubiger der gemeinsamen Gesellschaft verurteilt worden, obwohl der Beklagte allein zahlungspflichtig gewesen sei.

Der Beklagte wendete Gegenforderungen ein und sprach sich gegen die Ausdehnung aus. Es sei unzutreffend, dass er überhaupt keine Zahlungen auf die Stammeinlage der gemeinsamen Gesellschaft geleistet habe. Gemäß § 10 Abs 5 GmbHG sei die Schadenersatzforderung im Hinblick auf die Eintragung ins Firmenbuch am 26.10.1994 jedenfalls verjährt.

Das Erstgericht wies dieses Begehren in Höhe von EUR 5.493,34 s.A. ab.

Rechtlich erachtete das Erstgericht den Einwand der Verjährung gemäß § 10 Abs 5 GmbHG als berechtigt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei, die sich gegen die Abweisung des Betrages von EUR 5.493,34 (s.A.) richtete, nicht Folge. Entgegen der Entscheidung des Erstgerichtes ging das Berufungsgericht jedoch davon aus, dass im gegenständliche Fall die Verjährungsbestimmung nach § 10 Abs 4 und 5 GmbHG nicht zur Anwendung komme. In dieser Bestimmung gehe es nämlich um Schadenersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihren Geschäftsführer, nicht aber um solche nur eines Gesellschafters. Das Klagebegehren würde jedoch am fehlenden Verschulden des Beklagten als Voraussetzung der Schadenersatzforderung scheitern. Gemäß § 63 Abs 2 GmbHG hätten sich die Gesellschaftsgründer proportional an der Aufbringung des Mindeststammkapitals (ein Viertel der Bareinlagen, zumindest jedoch EUR 17.500,--) im Verhältnis der übernommenen Bareinlagen zu beteiligen. Es müsse daher auf jede Stammeinlage einbezahlt werden, unerheblich sei jedoch wer die Einzahlung auf die einzelnen Stammeinlagen vornehme. Nach dem Gesellschaftsvertrag habe jeweils die Bareinzahlung der Hälfte der Stammeinlagen von je ATS 250.000,-- in die Gesellschaftskasse erfolgen müssen. Klar gewesen sei, dass der Beklagte keine Bareinzahlung geleistet habe. Weiters sei den Parteien bewusst gewesen, dass die Gesellschaft nur eingetragen werden könne, wenn die Stammeinlagen zumindest zur Hälfte eingezahlt würden. Wenn dann die Mitgesellschafterin ATS 250.000,-- alleine zur Einzahlung gebracht habe, so habe der Beklagte als Geschäftsführer der gemeinsamen Gesellschaft davon ausgehen können, die Mindestbareinzahlung sei von der Mitgesellschafterin - zumindest vorläufig - auch auf die vom Beklagten übernommene Stammeinlage erbracht worden, um die Firmengründung zu ermöglichen. Der Beklagte habe sohin im Zeitpunkt der Anmeldung beim Firmenbuch keine unrichtige Erklärung abgegeben und auch nicht schuldhaft gehandelt. Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, da keine Rechtsfrage von allgemein erheblicher Bedeutung vorliege.

Über Antrag der klagenden Partei auf Zulassung der ordentlichen Revision änderte das Berufungsgericht den Zulassungsausspruch dahin ab, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei. Es begründete seinen Ausspruch dahin, dass die vom Kläger nach seiner Gesetzesinterpretation vertretene Auffassung über das schuldhafte Verhalten des Beklagten, nicht unvertretbar erscheine und eine höchstgerichtliche Judikatur nicht vorliege, weshalb die Voraussetzungen gemäß § 508 Abs 3 ZPO gegeben seien.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO unzulässig. An den gegenteiligen Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Die Zurückweisung kann sich gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO auf die Zurückweisungsgründe beschränken.

Zutreffend weist der Kläger zwar darauf hin, dass die Anmeldung zum Firmenbuch nicht von sämtlichen Gesellschaftern zu unterfertigen ist, sondern von sämtlichen Geschäftsführern (vgl § 9 GmbHG; Reich-Rohrwig GmbH Recht I2, 136; Kostner Umfahrer GmbH5, 73; Gellis Kommentar zum GmbHG4 , 128 uva).

Dies ist jedoch hier im Ergebnis nicht ausschlaggebend. Stützt sich die Revision doch weitgehend auf § 10 GmbHG und zwar darauf, dass der Beklagte entgegen der von ihm als Geschäftsführer verfassten Anmeldung seine Stammeinlage nicht eingezahlt habe. Dieser bietet jedoch dem einzelnen Mitgesellschafter insoferne keinen Schutz. Entsprechend der einhelligen Judikatur haftet der Geschäftsführer für Nachteile im Vermögen eines Gesellschafters, die nur den Schaden der Gesellschaft - fehlende Bareinzahlung der Stammeinlage - reflektieren, nur der Gesellschaft gegenüber, nicht aber dem einzelnen Gesellschafter (RIS-Justiz RS0059432 mwN insbes SZ 64/160; Reich-Rohrwig aaO, 178 und 345; Koppensteiner GmbH Gesetz2, 136).

Soweit der Revisionswerber vorbringt, der Beklagte habe unrichtige Angaben bei der Anmeldung zum Firmenbuch gemacht und dadurch den Schaden der Mitgesellschafterin verursacht, dass sie im Rahmen der Drittschuldnerklage in Anspruch genommen wurde, weil sie gemäß der Eintragung im Firmenbuch ihre Stammeinlage nicht zur Gänze eingezahlt hätte, ist vorweg darauf zu verweisen, dass entscheidend für die Verpflichtung zur weiteren Einzahlung gemäß § 64 GmbHG nicht die Angaben im Firmenbuch, sondern die tatsächlich erbrachten Leistungen der Gesellschafter auf ihre Stammeinlage sind (Gellis aao, § 64, RZ 2; Koppensteiner, Kommentar GmbH-Gesetz², 65, RZ 5). Wesentlich ist aber, dass das Berufungsgericht von einer schlüssigen Widmung der von der Mitgesellschafterin geleisteten Zahlung auch auf die Stammeinlage des Klägers ausging. Dass grundsätzlich auch die Mindestbareinzahlung von einem Dritten oder einem Mitgesellschafter geleistet werden kann ist nicht weiter strittig (vgl Gellis aaO, 156 mwN).

Inwieweit nun von der angenommenen schlüssigen Widmung ausgegangen werden konnte - zur Ermöglichung der Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch, weil klar war, dass der Beklagte nicht leistet (was auch über Jahre hinweg unbeanstandet blieb) - kann nur anhand der konkreten Umstände im Einzelfall überprüft werden und stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl Kodek in Rechberger ZPO2 § 502 Rz 3 mwN). Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers ist es auch unerheblich, ob der Gesellschafter die Bareinlagen aus eigenen oder fremden Mitteln tätigt (Gellis, Kommentar zum GmbHG4, § 10, RZ 1 mwN; RIS-Justiz RS0059399). Die Revision ist daher als unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtmittels aus dem Grund des § 502 Abs 1 ZPO hingewiesen, sondern deren Unzulässigkeit lediglich mit der nicht gesetzmäßigen Ausführung des Rechtsmittels begründet, weil die explizite Darstellung von Revisionsgründen fehle. Der Schriftsatz diente sohin nicht der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung. In der bloßen Erwähnung (im Schlussantrag der Revisionsbeantwortung), der Oberste Gerichtshof wolle die Revision zurückweisen, ist kein Hinweis auf den tatsächlich vorliegenden Zurückweisungsgrund zu erblicken, befasst sich doch die Revisionsbeantwortung sonst ausschließlich materiell mit dem Revisionsvorbringen (7 Ob 218/01m).

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