OGH 7Ob262/02h

OGH7Ob262/02h11.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Josef Lechner und Dr. Ewald Wirleitner Rechtsanwälte in Steyr, wider die beklagte Partei B***** Versicherungs-AG, *****, vertreten durch Dr. Helmut Valenta und Dr. Gerhard Gfrerer, Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 11.184,55 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 15. Juli 2002, GZ 3 R 129/02i-18, womit das mit Beschluss vom 13. Mai 2002, GZ 26 Cg 8/01y-14 ergänzte Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 30. April 2002, GZ 26 Cg 8/01y-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen deren Kostenentscheidungen unberührt bleiben, werden im Übrigen dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 11.114,55 samt 4 % Zinsen seit 1. 10. 1999 binnen 14 Tagen zu bezahlen. Das Mehrbegehren auf Zuspruch von EUR 70 samt 4 % Zinsen seit 1. 10. 1999 wird abgewiesen"

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 686,88 (darin enthalten EUR 114,48 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Kfz-Betrieb der Klägerin ist es zu zwei Schadensfällen gekommen, deren Deckung die beklagte Haftpflichtversicherung verweigert:

Beim Ölfilteraustausch an einem LKW-Motor hat ein Mitarbeiter der Klägerin den Ölfilter nicht ordnungsgemäß befestigt (nicht fest genug angezogen), was in weiterer Folge zu einem Motorschaden in Höhe von S 139.144,81 (darin S 330 für Ölfilter und Entsorgung [unstrittig laut Beilage ./G]) geführt hat. Weiters hat ein Mitarbeiter im Rahmen des "großen Service" eines PKW, bei dem Zahnriemen und Wasserpumpe gewechselt wurden, den Zahnriemen falsch eingestellt, sodass am Kipphebel, der durch die Nockenwelle vom Zahnriemen "getrennt" und am Hydrostößel, der durch die Nockenwelle und den Kipphebel vom Zahnriemen "getrennt" ist [Anm: der also über die genannten Bestandteile auf die beschädigten Motorteile einwirkt], ein Schaden in Höhe von S 31.858,33 (darin S 539 für den Zahnriemen [unstrittig laut Beilage ./I]) entstand. Unstrittig ist auch, dass die jeweiligen (Motor-)Schäden erst nach Übernahme der Fahrzeuge durch den Kunden und nach Verlassen der Betriebsstätte der Klägerin eingetreten sind. Dem zwischen den Parteien bestehenden Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag, der nach dem versicherten Risiko ua Reparatur, Verleih und Handel mit Kraftfahrzeugen sowie den Handel mit Teilen und Zubehör erfasst, liegen die Allgemeinen und die Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung 1995 (AHVB bzw EHVB) mit folgendem Wortlaut zugrunde:

Artikel 1

Versicherungsfall und Versicherungsschutz

1. Versicherungsfall

1.1 Versicherungsfall ist ein Schadenereignis, das dem versicherten Risiko entspringt und aus welchem dem Versicherungsnehmer Schadenersatzverpflichtungen (Punkt 2) erwachsen oder erwachsen könnten. ....

2. Versicherungsschutz

2.1 Im Versicherungsfall übernimmt der Versicherer

2.1.1 die Erfüllung von Schadenersatzverpflichtungen, die dem Versicherungsnehmer wegen eines Personenschadens, eines Sachschadens oder eines Vermögensschadens, der auf einen versicherten Personen- oder Sachschaden zurückzuführen ist, aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhaltes erwachsen.

....

Artikel 7

Ausschlüsse vom Versicherungsschutz

1. Unter die Versicherung gemäß Art 1 fallen insbesondere nicht

1.1 Ansprüche aus Gewährleistung für Mängel;

1.2 Ansprüche, soweit sie aufgrund eines Vertrages oder einer besonderer Zusage über den Umfang der gesetzlichen Schadenersatzpflicht hinausgehen;

1.3 die Erfüllung von Verträgen und die an die Stelle der Erfüllung tretende Ersatzleistung.

...

9. Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden, die an den vom Versicherungsnehmer (oder in seinem Auftrag oder für seine Rechnung von Dritten) hergestellten oder gelieferten Arbeiten oder Sachen infolge einer in der Herstellung oder Lieferung liegenden Ursache entstehen (Anm: "Herstellungs- und Lieferklausel").

10. Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an

....

10.2 beweglichen Sachen, die bei oder infolge ihrer Benützung, Beförderung, Bearbeitung oder einer sonstigen Tätigkeit an oder mit ihnen entstehen (Anm: "Tätigkeitsklausel").

Außerdem vereinbarten die Streitteile die Anwendbarkeit der Klausel Nr 423, die ua folgenden Wortlaut hat:

1. Der Versicherungsschutz bezieht sich abweichend von Art 7.10.2. AHVB auch auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Beschädigung oder Vernichtung bearbeiteter Fahrzeuge, sofern diese Schäden nach Übernahme des Fahrzeuges durch den Kunden und nachdem das Fahrzeug die Betriebsstätte verlassen hat, eingetreten sind.

2. Ansprüche gemäß Art 7.1.1, 7.1.3. und 7.9. AHVB bleiben vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.

...

(Hervorhebungen und Anmerkungen durch den erkennenden Senat)

Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin zuletzt (unter Berücksichtigung des vereinbarten Selbstbehalts [ON 4]) S 153.902,83 = EUR 11.184,55 sA aus dem Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag. Die beiden der Klageforderung zugrundeliegenden Schadensfälle seien als Mangelfolgeschäden von der Deckungspflicht der beklagten Versicherung umfasst. Art 7.9. AHVB (Herstellungs- und Lieferklausel) sei hier nicht einschlägig, weil in beiden Fällen bewegliche Sachen zur Bearbeitung bzw einer Tätigkeit an oder mit ihnen iSd Art 7.10.2. AHVB (Tätigkeitsklausel) an die Klägerin übergeben worden seien. Von der letztgenannten Bestimmung abweichend hätten die Streitteile jedoch in der Klausel Nr 423 vereinbart, dass sich der Versicherungsschutz auch auf derartige Schadenersatzverpflichtungen, die nach Übernahme des Fahrzeuges durch den Kunden und nachdem das Fahrzeug die Betriebsstätte verlassen hat eingetreten seien, erstrecke.

Die beklagte Versicherung beantragte Klagsabweisung. Da die gegenständlichen Servicearbeiten einheitliche Leistungen mit dem Zweck der Gewährleistung eines funktionsfähigen Motors bzw Fahrzeuges darstellten, liege kein Mangelfolgeschaden an einer vom Leistungsgegenstand verschiedenen Sache vor. Es handle sich vielmehr um einen Schaden an einer vom Versicherungsnehmer hergestellten (und) gelieferten Arbeit, der infolge einer in der Herstellung oder Lieferung liegenden Ursache eingetreten sei, also um einen Haftungsausschluss nach der Herstellungs- und Lieferklausel (Art 7.9. AHVB).

Außerdem seien die hier geltend gemachten vertraglichen Ansprüche nicht gedeckt, weil der Versicherungsschutz nur deliktische Schadenersatzansprüche umfasse. Sollte es der zuständige Mechaniker der Klägerin aber unterlassen haben, eine Probefahrt mit dem PKW durchzuführen, bei welcher er den Fehler, nämlich den falsch eingestellten Zahnriemen sofort entdeckt hätte, oder überhaupt die ihm als Fachmann erkennbare falsche Zahnriemeneinstellung nicht weiter beachtet haben, so habe er hiedurch eine Handlung bzw Unterlassung gesetzt, bei welcher der Schadenseintritt mit Wahrscheinlichkeit hätte erwartet werden müssen, jedoch in Kauf genommen, und damit ein Ausschluss vom Versicherungsschutz gesetzt worden sei (Art 7 AHVB).

Die Vorinstanzen haben dem Klagebegehren stattgegeben. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Versicherungsnehmer habe hier ausdrücklich auf die Beifügung der Klausel 423 bestanden, wonach [sich] der Versicherungsschutz - abweichend von Art 7.10.2. AHVB [Tätigkeitsklausel] - auch auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Beschädigung oder Vernichtung bearbeiteter Fahrzeuge beziehe (sofern diese Schäden eintreten, nachdem das Fahrzeug durch den Kunden übernommen wurde und die Betriebsstätte verlassen hat), während Ansprüche nach Art 7.9. AHVB [Herstellungs- und Lieferklausel] vom Versicherungsschutz ausgenommen blieben. Letzteres bedeute, dass sich die Versicherung nicht auf den auszutauschenden Ölfilter bzw auf den falsch eingestellten Zahnriemen beziehe (welche die von der Klägerin konkret hergestellte Arbeit darstellten), nicht jedoch - entgegen der Ansicht der Beklagten - auf den gesamten Motorschaden. Ansonsten würde die grundsätzliche Zusage von Versicherungsschutz lt Art 1 AHVB nämlich dermaßen durchlöchert, dass sie praktisch als inhaltsleer anzusehen wäre.

In den vorliegenden Schadensfällen sei ein Ölwechsel (zu dem standardmäßig der Ölfiltertausch gehöre) bzw ein "großes Service" (welches immer das Auswechseln des Zahnriemens und der Wasserpumpe inkludiere) geschuldet gewesen. Die für diese Leistungen erforderliche Erfüllungshandlung sei im ersten Fall an einem vom Motor abgrenzbaren Teil durchgeführt worden, ohne dass durch die Haupttätigkeit zwangsläufig andere Teile in Mitleidenschaft hätten gezogen werden müssen. Die Ausschlussklausel komme daher nicht zum Tragen. Im zweiten Fall sei der Schaden (durch den falsch eingestellten Zahnriemen) an einer vom Vertragsgegenstand abgrenzbaren, von der Haupttätigkeit (Zahnriemenwechsel) verschiedenen Sache (Kipphebel und Hydrostößel) verursacht worden. Da die Beklagte nur den Ausschlusstatbestand nach Art 7.9. AHVB eingewendet habe, sei auf weitere Auschlusstatbestände nicht näher einzugehen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Selbst wenn man (mit der berechtigten Beweisrüge der Beklagten) davon ausgehe, dass der LKW (nicht nur zum Ölwechsel, sondern) zur Durchführung einer "großen Inspektion" an die Klägerin übergeben worden sei, wäre der Risikoausschluss durch die Herstellungs- und Lieferklausel nach Art 7.9. AHVB nicht gegeben. Diese müsste nämlich eng ausgelegt werden, weil die - hier grundsätzlich maßgebliche - Tätigkeitsklausel nach "Art 10 Punkt 2" (gemeint: Art 7 Punkt 10.2.) AHVB von den Streitteilen abbedungen und davon abweichend geregelt worden sei, dass sich der Versicherungsschutz auch auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Beschädigung oder Vernichtung bearbeiteter Fahrzeuge beziehe, sofern diese Schäden nach Übernahme des Fahrzeuges durch den Kunden und nachdem das Fahrzeug die Betriebsstätte verlassen hat, eingetreten seien (Klausel Nr 423). Genau dieser Versicherungsfall habe sich in den vorliegenden Schadensfällen verwirklicht. Die enge Auslegung des Haftungsausschlusses nach Art 7.9. AHVB sei daher geboten, um der vereinbarten Klausel Nr 423 einen Anwendungsbereich zu belassen. In beiden Schadensfällen habe sich das Ursachenereignis (der Mangel) und das Folgeereignis (der Schaden) daher nicht an ein und der selben Sache (Ölfilter g Motor; Zahnriemen g Kipphebel bzw Hydrostößel) abgespielt. Der Behauptungspflicht zur Begründung eines weiteren Haftungsausschlusses nach Art 7 "Punkt 10.2." (gemeint Art 7 Punkt 2.1.) AHVB sei die Beklagte nicht nachgekommen.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil - soweit überblickbar - eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Auslegung der Herstellungs- und Lieferklausel nach Art 7.9. AHVB 1995 im Zusammenhang mit Serviceüberprüfungen von Kraftfahrzeugen bei Ausschluss der Tätigkeitsklausel nach Art 7.10.2. AHVB 1995 fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung von der beklagten Versicherung erhobene Revision ist zulässig, aber größtenteils nicht berechtigt. Soweit die Revision daran festhält, die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes sei schon deshalb unrichtig, weil nach den AHVB 1995 nur deliktische Ansprüche vom Versicherungsschutz umfasst wären, nicht aber die hier geltend gemachten Ansprüche aufgrund einer vertraglichen Schadenersatzpflicht, steht sie im Widerspruch zur herrschenden Lehre und Rechtsprechung. Dass unter den Begriff Schadenersatzverpflichtungen, die dem Versicherungsnehmer aufgrund "gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts" erwachsen (Art 1.2.1.1. AHVB bzw § 1 AHB), auch vertragliche Schadenersatzansprüche (also zB solche aus positiver Vertragsverletzung [RIS-Justiz RS0114204] oder auf Ersatz des Mangelschadens [Koziol/Welser II12 84 ff]) zählen, ist heute nämlich allgemein anerkannt (Baumann in Berliner Kommentar Rn 49 zu § 149 VersVG mwN; Voit in Prölss/Martin VVG26, 1157 Rz 4 und 5 zu § 1 AHB); handelt es sich dabei doch - präziser ausgedrückt - um gesetzliche Schadenersatzverpflichtungen aus einem Vertragsverhältnis, die sich bei (Leistungs-)Störungen des Vertragsverhältnisses ergeben (Baumann aaO mwN).

Daran kann auch der von der Revision zitierte Art 7.1.2. AHVB nichts ändern, der lediglich - klarstellend - festhält, dass Ansprüche nicht unter die Versicherung fallen, soweit sie aufgrund des Vertrages oder einer besonderen Zusage über den Umfang der gesetzlichen Schadenersatzpflicht hinausgehen; solche beruhen nämlich eindeutig nicht auf "gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen", sondern auf privatautonom geschaffener Verpflichtung (Mecenovic, Die Herstellungs- bzw Lieferklausel in der Allgemeinen Haftpflichtversicherung, 3 mwN).

Es trifft aber auch nicht zu, dass die beklagte Versicherung - entgegen der Ansicht der Vorinstanzen - neben Art 7.9. AHVB (Herstellungs- und Lieferklausel) auch noch weitere Ausschlussgründe geltend gemacht hätte. Die Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass ihren insoweit im Konjunktiv geäußerten Vermutungen kein ausreichendes Tatsachenvorbringens zu entnehmen ist, womit der diesbezüglichen Behauptungs- und Beweispflicht (RIS-Justiz RS0080559; RS0080122) jedenfalls nicht entsprochen wurde, ist nämlich nicht zu beanstanden. Im Übrigen hat sich die Beklagte in erster Instanz, entgegen dem aktenwidrigen Zitat auf Seite 5 der Berufung (= AS 65:

"Art 7 AHVB insbesondere Z 2 Punkt 1"), nicht einmal ziffernmäßig auf diese Bestimmung der AHVB berufen (vgl AS 44).

Was aber den von den Vorinstanzen verneinten Haftungsausschluss nach Art 7.9. AHVB betrifft, darf die Revisionswerberin, die ihren bisherigen Standpunkt, mit dem sich die Begründung angefochtenen Entscheidung aber bereits ausführlich auseinandergesetzt hat, wiederholt, zunächst auf deren Richtigkeit hingewiesen werden (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend ist der Revision folgendes entgegen zu halten:

Es entspricht ganz allgemein einem Grundgedanken der Haftpflichtversicherung, das Unternehmerrisiko im Allgemeinen nicht auf den Versicherer zu übertragen; es soll grundsätzlich nicht versicherungsfähig sein (SZ 58/196; 7 Ob 2018/96g; 7 Ob 297/98x; 7 Ob 228/99a mwN ua; RIS-Justiz RS0081817; zuletzt: 7 Ob 172/01x). Zur Absicherung dieses Grundsatzes dienen die Haftungsausschlüsse des Art 7 AHVB (RIS-Justiz RS0081817 [T1]), wobei der oa Grundgedanke sowohl in der Herstellungs- und Lieferungsklausel nach Art 7.9. AHVB als auch in der - hier nicht näher zu prüfenden - Tätigkeitsklausel nach Art 7.10.2. AHVB zum Ausdruck kommt (7 Ob 172/01x; Wussow AHB8, 541 Anm 108 zur gleichlautenden Bedingungslage in Deutschland nach § 4 Z I 6b AHB bzw § 4 Z II 5 AHB).

Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass sich der Versicherungsschutz im vorliegenden Fall nach dem Wortlaut der - vereinbarungsgemäß (auch nach der Klausel Nr 423) - aufrecht bleibenden Bestimmung des Art 7.9. AHVB nicht auf Schadenersatzverpflichtungen erstreckt, die "an den vom Versicherungsnehmer (oder in seinem Auftrag oder für seine Rechnung von Dritten) hergestellten oder gelieferten Arbeiten oder Sachen infolge einer in der Herstellung oder Lieferung liegenden Ursache entstehen".

Die Herstellungs- und Lieferungsklausel verlangt (wie der erkennende Senat in der E vom 26. 9. 2001, 7 Ob 172/01x bereits ausdrücklich dargelegt hat), dass an den vom Versicherungsnehmer hergestellten bzw gelieferten Arbeiten oder Sachen ein Schaden entstanden ist, der seine Ursache in der Herstellung oder Lieferung selbst hat (vgl Fenyves in VersR 1991, 3 f; Mecenovic, Die Herstellungs- bzw Lieferungsklausel in der allgemeinen Haftpflichtversicherung, 23 ff). Sie kommt nur dann zur Anwendung, wenn sich das Ursachenereignis (der Mangel) und das Folgeereignis (der Schaden) in bzw an ein und derselben Sache abspielen (Fenyves aaO; Mecenovic aaO, 163). Gedeckt sind hingegen die durch eine hergestellte Sache sowie "mittelbar" aus einer mangelhaften Leistung entstandenene Schäden (Fenyves aaO; Voith in Prölss/Martin VVG26, 1193 Rz 98 zu der identischen deutschen Bestimmung des § 4 II 5 AHB), also solche, die durch die Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit gelieferter Waren, Erzeugnisse oder Arbeiten an Personen und (anderen) Sachen entstehen (Achatz ua, Erläuterungen zu den AHVB 1993, 106; Mecenovic aaO, 42; Wussow aaO, 545; RIS-Justiz RS0115614).

Darüber, ob ein und dieselbe Sache oder mehrere verschiedene Sachen vorliegen, entscheidet nach herrschender Meinung die Verkehrsauffassung (Fenyves aaO; Mecenovic aaO, 44, 50; Wussow aaO, 543). Schäden, die demnach am hergestellten Produkt ("an vom Versicherungsnehmer gelieferten Sachen oder Arbeiten" [Achatz ua aaO]) entstehen und ihre Ursache in der Herstellung oder Lieferung haben, sind im Allgemeinen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen (Wussow aaO, 542; RIS-Justiz RS0115614). Wie die Beklagte zutreffend aufzeigt, kann im vorliegenden Fall allerdings kein Zweifel daran bestehen, dass es sich in beiden Schadensfällen um einen einheitlichen Leistungszweck, nämlich die Herstellung eines funktionsfähigen Motors gehandelt hat, und dass nicht ein Mangelfolgeschaden an einer vom Leistungsgegenstand verschiedenen Sache, sondern ein Schaden an einer vom Versicherungsnehmer "hergestellten bzw gelieferten Arbeit" infolge einer in der Herstellung oder Lieferung liegenden Ursache (vgl zur Zweckeinheit: Mecenovic aaO, 47 ff) im Sinn der Herstellungs- und Lieferklausel nach Art 7.9. AHVB gegeben ist:

Der erkennende Senat hat sich bereits in der Entscheidung vom 29. 1. 1997, 7 Ob 2018/96g = VersE 1688 = VersR 1998, 214 = VR 1997/450 = Ertl, Rechtsprechungsübersicht 1997, 449 [454] - mit ausführlicher Begründung - der Ansicht angeschlossen, dass der Risikoausschluss der Tätigkeitsklausel bei beweglichen Sachen selbst dann, wenn der Versicherungsnehmer nur Teile davon zu bearbeiten hatte, nicht auf Schäden an den unmittelbar bearbeiteten Teilen beschränkt bleibt (Voith in Prölss/Martin VVG26, 1183 Rz 56 zu § 4 AHB; Wussow AHB8, 480 ff Anm 65 zu § 4 AHB), sodass der Versicherungsschutz auch dann ausgeschlossen ist, wenn bei fehlerhafter Reparatur eines Teiles ein Schaden an der ganzen Maschine entsteht, wenn also zB "ein nicht genügend befestigter Eisenbolzen eines reparierten Teilstücks sich nach langer Zeit löst und andere im engeren Sinne nicht bearbeitete Teile zerstört" (Bruck/Möller/Johannsen VVG IV8, 424). Bei isolierter Betrachtung des Risikoausschlusses nach Art 7.9. AHVB bestünde daher kein Anlass, Motorschäden, die durch fehlerhafte Montage bestimmter Teile eines LKW-Motors bzw eines PKW-Motors anlässlich ihrer Wartung verursacht wurden, nach der Herstellungs- und Lieferklausel anders zu behandeln; muss doch nach der auch hier (für die Beurteilung der Einheit der Leistung nach dieser Klausel) maßgeblichen Verkehrsauffassung (Fenyves aaO, 4; Mecenovic aaO, 44,

50) - eine zu wartende Maschine "stets eine einheitliche Sache sein" (Wussow AHB8, 543). Daraus würde aber folgen, dass in Anwendung Art 7.9. AHVB - wie bereits ausgeführt - nur Schäden, die durch die hergestellte Sache bzw "mittelbar" aus der mangelhaften Leistung entstehen, gedeckt wären (Fenyves aaO; Voith in Prölss/Martin VVG26, 1193 Rz 98 zu § 4 II 5 AHB).

Andererseits spricht nichts dagegen, dass die Herstellungs- und Lieferungsklausel weitgehend abbedungen werden kann, wobei der Versicherungsnehmer aber nie den Ersatz der ihm gebührenden Leistung erhalten darf, vielmehr ist das Risiko versicherbar, soweit der Versicherungsnehmer auf einen den Wert seiner eigenen Leistung übersteigenden Betrag in Anspruch genommen wird (vgl Mecenovic aaO, 160).

Im vorliegenden Fall war zu prüfen, ob sich die Deckungspflicht der beklagten Versicherung auch auf Schäden an den im Betrieb der Klägerin gewarteten Kfz-Motoren erstreckt, die infolge mangelhafter Montage bestimmter Motorteile (Ölfilter bzw Zahnriemen und Wasserpumpe) nach Ausfolgung der Fahrzeuge an die Kunden eingetreten sind. Die Vorinstanzen haben dies bejaht, weil - angesichts der für derartige Schäden vereinbarten Abweichung von der Tätigkeitsklausel (im Sinn einer Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf Schadenersatzverpflichtungen für bearbeitete Fahrzeuge, sofern der Schaden nach Fahrzeugübernahme durch den Kunden und nach Verlassen der Werkstätte eintritt [= Klausel Nr 423]) - (auch) der Haftungsausschluss nach der Herstellungs- und Lieferklausel nicht erfüllt sei; der beschädigte Motor bzw die beschädigten Motorteile (Hydrostößel und Kipphebel) seien bei der hier gebotenen engen Auslegung der Herstellungs- und Lieferklausel als vom Leistungsgegenstand verschiedene Sachen zu betrachten. Dieser Beurteilung ist zu folgen.

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind iSd stRsp nach Vertragsauslegungsgrundsätzen (§§ 914 ff ABGB) auszulegen. Die Auslegung hat sich daher am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren (RIS-Justiz RS0050063; zuletzt: 7 Ob 205/02a mwN). Die einzelnen Klauseln der Versicherungsbedingungen sind, wenn sie nicht auch Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut auszulegen (RIS-Justiz RS0008901). In allen Fällen ist der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berücksichtigen (7 Ob 205/02a mwN). Nach objektiven Gesichtspunkten als unklar aufzufassende Klauseln müssen so ausgelegt werden, wie sie ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer verstehen musste, wobei Unklarheiten iSd § 915 ABGB zu Lasten des Verwenders der AGB, also des Versicherers gehen (RIS-Justiz RS0008901 [T12] uva, zuletzt 7 Ob 73/02i und 7 Ob 205/02a mwN).

Nach diesen Auslegungsgrundsätzen muss die Klausel 423 insoweit als unklar bezeichnet werden, als sie im Anschluss an die Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf bestimmte ansonsten durch die Tätigkeitsklausel ausgeschlossene Schäden (Punkt 1. der Klausel 423) auch die Bestimmung enthält, dass (ua) Ansprüche gemäß Art 7.9. AHVB vom Versicherungsschutz (doch weiterhin) ausgeschlossen bleiben sollen (Punkt 2. der Klausel 423). Den Überlegungen der Vorinstanzen zu einer hier gebotenen einschränkenden Auslegung des Art 7.9. AHVB kommt daher Berechtigung zu:

Offensichtlich soll durch die Klausel 423 (gegen Bezahlung einer höheren Prämie) der Deckungsbereich der Betriebshaftungsversicherungen bei Kfz-Werkstätten in teilweiser Abweichung von der Tätigkeitsklausel ausgedehnt werden. Ginge man so wie die beklagte Versicherung aber davon aus, dass durch Punkt 2 der Klausel 423 es dennoch bei der uneingeschränkten Anwendbarkeit des Risikoausschlusses im Sinne der Tätigkeitsklausel zu verbleiben hätte, wäre die Zusage der Gewährung von erweitertem Versicherungsschutz - wie gerade der vorliegende Fall deutlich macht - dermaßen durchlöchert, dass sie praktisch als inhaltsleer angesehen werden müsste (vgl dazu jüngst: 7 Ob 205/02a [zu einem den Versicherungsschutz weitgehend einschränkenden Risikoausschluss für "in Verwahrung genommene Sachen"] bzw RIS-Justiz RS0081741 [T1 bis T3]).

Die Wirksamkeit der Vereinbarung einer solchen weitgehenden und dem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer nicht erkennbaren Einschränkung des ursprünglich angekündigten Versicherungsschutzes, der dem Zweck der Klausel 423 im Bereich der KFZ-Werkstätten zuwiderläuft, hätte daher nach der Rechtsprechung des erkennenden Senates einen ausdrücklichen Hinweis des Versicherers zur Voraussetzung gehabt, um dem Versicherungsnehmer den wahren Umfang dieser Bestimmung klar zu machen. Mangels eines solchen Hinweises erscheint die im vorliegenden Fall bereits von den Vorinstanzen vorgenommene Reduktion dieses Risikoausschlusses vom Gegenstand (Leistungsumfang) der "hergestellten bzw gelieferten Arbeit" auf die unmittelbar eingebauten Neuteile (Ölfilter bzw Zahnriemen) durchaus sachgerecht.

Der Argumentation der beklagten Versicherung, dass sich die Abänderung durch das Abbedingen der Klausel nach Art 7.10.2. AHVB nur auf den zeitlichen Ablauf beziehe, und daher Mangelfolgeschäden (nur an anderen als den von der Herstellungs- und Lieferklausel des Art 7.9. AHVB umfassten Ausschlussobjekten), die nach Übernahme des Fahrzeuges durch die Kunden und Verlassen der Betriebsstätte entstehen, gedeckt seien, weil die Beklagte dadurch keine von Art 7.9. AHVB "unabhängige automatische Haftung" also faktisch eine "Erfolgshaftung" für alle wie immer gearteten Schäden nach Übergabe des Fahrzeuges an den Kunden übernommen habe, ist daher nur zu erwidern, dass eine Erfolgshaftung jedenfalls nicht vorliegt, weil bestimmte Ansprüche nach Art 7.9. AHVB (hier: infolge seiner eingeschränkten Anwendbarkeit zB jene, die den Ölfilter bzw den Zahnriemen betreffen) ohnehin weiterhin ausgeschlossen bleiben. Der Versicherungsschutz für die hier geltend gemachten Schäden an vom Versicherungsnehmer gewarteten Fahrzeugmotoren, welche infolge mangelhaft eingebauter Bestandteile selbst als Ausschlussobjekte iSd Art 7.9. AHVB zu betrachten wären, ist jedoch nach dem dargelegten, im Sinne der Z 1 der Klausel 423 eingeschränkten Anwendungsbereich der Herstellungs- und Lieferungsklausel nicht ausgeschlossen, weil es sich damit eben um Schäden, die „mittelbar" aus einer mangelhaften Leistung entstanden sind, handelt.

Da aber die in den Schadensbeträgen enthaltenen Kosten der fehlerhaft eingebauten Teile, nämlich Ölfilter bzw Zahnriemen (das sind - abzüglich des im Klagsbetrag bereits berücksichtigten 10 %igen Selbstbehalts - zusammen: S 782,10 also rund 57 EUR), zuzüglich jener für ihre Montage bisher nicht als Abzugsposten erkannt wurden, war der Zuspruch um insgesamt 70 EUR zu kürzen. Die darin enthaltenen Montagekosten wurden nach freier Überzeugung iSd § 273 ZPO mit S 200 abzüglich 10 % Selbstbehalt, also rund 13 EUR festgesetzt; es wäre nämlich wirtschaftlich unvertretbar, den unverhältnismässigen Verfahrensaufwand für eine vollständige Aufklärung dieses - gegenüber dem Gesamtaufwand (S 153.902,83 = EUR 11.184,55) unbedeutenden - Postens nicht zu ersparen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten erster Instanz gründet sich auf § 43 Abs 2 ZPO, jene über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens auf die §§ 43 Abs 2 und 50 ZPO. Die beklagte Partei konnte nur einen verhältnismäßig geringfügigen Teil des Anspruches abwehren, dessen Geltendmachung überdies besondere Kosten nicht veranlasst hat.

Stichworte