OGH 10ObS303/02k

OGH10ObS303/02k17.9.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Gustav Liebhart (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Schönhofer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Anton B*****, vertreten durch Dr. Peter Nöbauer, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Friedrich Hillegeist Straße 1, 1020 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 4. Juni 2002, GZ 12 Rs 107/02w-25, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 20. November 2001, GZ 31 Cgs 43/00a-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend, weshalb auf die Richtigkeit dieser Ausführungen verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Den Revisionsausführungen ist noch Folgendes zu entgegnen:

In Zukunft zu erwartende Kuraufenthalte in Verbindung mit leidensbedingten Krankenständen von insgesamt 7 Wochen können nach stRsp nur dann einen Ausschluss vom Arbeitsmarkt begründen, wenn die Absolvierung derselben zur Hintanhaltung einer Verschlechterung des Leistungskalküls (unbedingt) notwendig ist (10 ObS 36/01v = ARD 5254/23/2001; RIS-Justiz RS0084079 [T2]; SSV-NF 7/76, 8/120, 10/14). Der erkennende Senat hat bereits in der Entscheidung vom 24. 8. 1993, 10 ObS 159/93 = SSV-NF 7/76 ausführlich begründet, weshalb es für die Frage, ob durch eine regelmäßig zu erwartende längerdauernde Abwesenheit von der Arbeitsstelle ein Ausschluss vom allgemeinen Arbeitsmarkt begründet wird, ausschlaggebend darauf ankommt, ob aus gesundheitlichen Gründen die Absolvierung von Kuraufenthalten unbedingt erforderlich ist, in welcher Weise sich die Kur auf die Langzeitprognose auswirkt, und welche Entwicklung bei Nichtinanspruchnahme von Kurbehandlungen zu erwarten ist. An diesen Grundsätzen wurde auch in den zitierten Folgeentscheidungen festgehalten.

Ob und gegebenenfalls im welchem Ausmaß bei Verrichtung dem Leistungskalkül entsprechender Arbeiten künftig Krankenstände mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, ist aber eine Tatsachenfrage, die von den Gerichten erster und zweiter Instanz aufgrund von Gutachten ärztlicher Sachverständiger zu klären ist (RIS-Justiz RS0043118 [T3], RS0084399 [T5]; 10 ObS 153/01z). Das Revisionsgericht hat daher nach dem von den Tatsacheninstanzen bindend festgestellten Sachverhalt davon auszugehen, dass im Fall des Klägers (über seine jährlichen Krankenstände von 6 Wochen hinaus) alle 2 bis 3 Jahre Kuraufenthalte zur Hintanhaltung einer Verschlechterung seines (Gesundheits-)Zustandes empfehlenswert wären, jedoch nicht zwingend notwendig sind, wobei es möglich ist, dass sich im Jahr der Kur die Krankenstandsprognose reduziert, aber nicht festgestellt werden kann, in welchem Ausmaß.

Wenn das Berufungsgericht somit zutreffend von einer sieben Wochen nicht erreichenden Krankenstandsdauer ausgegangen ist (womit das auch vom Revisionswerber zugestandene, für den Ausschluss vom Arbeitsmarkt erforderliche Ausmaß nicht erreicht wurde) kann darin auch kein Abweichen von der - in der Revision zitierten - Entscheidung 10 ObS 31/96 = SSV-NF 10/14 erblickt werden; war doch dort davon auszugehen, dass die zur Verhinderung einer Verschlimmerung der Krankheit erforderlichen Kuraufenthalte ausschließlich leidensbedingt anfallen werden, während hier nach dem eingeholten Sachverständigengutachten feststeht, dass dieselben nicht zwingend notwendig sondern nur "empfehlenswert" (vgl auch die Gutachtenserörterung AS 199) sind. Soweit der Kläger von dem feststellungsfremden Sachverhalt ausgeht, die Kurzeiten seien (auch im vorliegenden Fall) zur Hintanhaltung einer Verschlechterung des Leistungskalküls "notwendig" gewesen, und sich mit der Beweislast für den insoweit zu erbringenden Beweis (Wahrscheinlichkeitsbeweis) befasst, ist ihm außerdem Folgendes entgegenzuhalten:

Richtig ist, dass die Verletzung von Beweislastregeln, soweit sie dem materiellen Recht angehören, stets eine revisible unrichtige rechtliche Beurteilung darstellt (Rechberger in Rechberger² Rz 12 vor § 266 ZPO). Die Beweislastverteilung kommt freilich erst und nur dann zum Tragen, wenn ein Beweis für die strittige, entscheidungswesentliche Tatsache nicht erbracht werden konnte (RIS-Justiz RS0039875), das Beweisverfahren also ohne subsumtionsfähiges Sachverhaltsergebnis geblieben ist (RIS-Justiz RS0039872). Die Frage der Beweislast stellt sich aber dann nicht mehr, wenn die Tatsacheninstanzen - wie hier - ohnehin Feststellungen getroffen haben. Der Oberste Gerichtshof hat nämlich nicht (auch) zu überprüfen, ob die vom Berufungsgericht gezogene Schlussfolgerung aus den einzelnen Verfahrensergebnissen richtig oder fehlerhaft ist (Kodek in Rechberger² Rz 3 aE zu § 503 ZPO).

Den Überlegungen der Revision zur Beweislastverteilung ist daher nur zuzugestehen, dass ein diesbezüglicher Fehler als error in iudicando, also unrichtige rechtliche Beurteilung, revisibel (RIS-Justiz RS0039939; 7 Ob 134/01h mwN) wäre; die Frage ob einer beweispflichtigen Partei der Nachweis einer bestimmten Tatsache gelungen ist (oder nicht) ist hingegen eine solche der Beweiswürdigung (MGA JN-ZPO15 E 78 zu § 503 ZPO) und im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbar (RIS-Justiz RS0112242). Bei Vorliegen entsprechender (positiver) Sachverhaltsfeststellungen bedarf es nicht des Rückgriffs auf die Anwendung von Beweislastregeln, weil es dann ja keine Rolle mehr spielt, wen die Beweislast trifft, wenn die zu beweisende Tatsache ohnehin feststeht (RIS-Justiz RS0039939 [T23]; RS0039875 [T1] bis [T4]; RS0039872 [T1] und [T2]; 3 Ob 342/99f; 8 ObA 59/00k; 2 Ob 296/00v = EvBl 2001/91; 7 Ob 134/01h; zuletzt: 7 Ob 111/02b).

Den Kläger trifft die (objektive) Beweislast dafür, dass in Zukunft Krankenstände in einem Maß auftreten, das im Sinne der Judikatur den Ausschluss vom Arbeitsmarkt bedingt. Dieser Beweis wäre im vorliegenden Fall nur erbracht, wenn feststünde, dass neben den festgestellten, für die Zukunft zu erwartenden Krankenständen von 6 Wochen jährlich, die Absolvierung von Kuraufenthalten (unbedingt) notwendig ist. Die Vorinstanzen haben ihren Entscheidungen zu Grunde gelegt, dass Kuraufenthalte zwar empfehlenswert, aber nicht (unbedingt) notwendig sind. Damit ist aber der Beweis, dass beim Kläger gesundheitsbedingte Arbeitsausfälle in einem 6 Wochen übersteigenden Ausmaß mit größter Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, nicht erbracht.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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