Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 24. 11. 1998 wurde Mag. Dr. Friedrich S***** zum Sachwalter für Peter R***** im Sinne des § 273 Abs 3 Z 1 ABGB bestellt. Er wurde mit der Vertretung des Betroffenen vor Ämtern, Behörden, Gerichten und Versorgungsinstituten betraut, weil dies für den Betroffenen aufgrund der paranoiden Persönlichkeitsstörungen unerlässlich sei.
Der Sachwalter beantragt nun seine Enthebung, sowie Neubestellung einer anderen Person zum Sachwalter mit der Begründung, dass er durch den Betroffenen immer wieder eines illoyalen Verhaltens, der Unfähigkeit und unregelmäßiger Handlungen bezichtigt worden sei. Es sei ihm eine eifrige und unparteiische Amtsführung iSd § 194 ABGB nicht mehr möglich. Es bestehe Feindschaft zwischen ihnen. Das Erstgericht wies den Antrag des Sachwalters ab. Bestehe Feindschaft zwischen dem Betroffenen und dem Sachwalter, könne letzterer diese Funktion nicht länger ausüben. Es sei an diesen Begriff jedoch ein strenger Maßstab anzulegen und es könne nicht jedes gespannte, gestörte oder durch gegenseitige Ablehnung beherrschte Verhältnis allein schon als Feindschaft beurteilt werden. Die vom Betroffenen dem Sachwalter gegenüber erhobenen Vorwürfe seien zwar sehr unangenehm, daraus könne aber noch keine Feindschaft iSd § 194 ABGB abgeleitet werden. Gerade aufgrund der Verhaltensweisen, die der Betroffene nicht nur dem Sachwalter, sondern auch bei Gericht zu Tage lege, sei es aufgrund der paranoiden Persönlichkeitsstörung des Betroffenen notwendig, dass ihm ein Sachwalter beistehe. Der Sachwalter leiste für den Betroffenen hervorragende Arbeit und befürworte nur jene Handlungen, die für den Betroffenen von Vorteil seien. Eine Enthebung des Sachwalters aufgrund der Bezichtigungen von völlig aus der Luft gegriffenen Anschuldigungen führten dazu, dass für den Betroffenen nach jeder Bezichtigung ein neuer Sachwalter bestellt werden müsste.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Sachwalters nicht Folge. Es pflichtete dem Erstgericht bei, dass der Sachwalter nach der Aktenlage seine Aufgabe im erforderlichen Ausmaß bestmöglich wahrnehme. Es liege auf der Hand, dass Äußerungen einer Person, die aufgrund einer geistigen Störung ihre Handlungen nicht abschätzen könne und eines Sachwalters zur Verrichtung verschiedenster Angelegenheiten bedürfe, nicht von vornherein dazu führen könnten, dass sich ein Sachwalter als Feind des Betroffenen fühlen könnte. Dass der Betroffene mit Maßnahmen des Sachwalters nicht einverstanden sei, sei durchaus üblich und könne - wenn wie hier der Sachwalter ausschließlich im Interesse des Betroffenen agiere - unbeachtet bleiben. Auch Verbalinjurien, die darauf fußen, wie sie aus dem beigelegten Schreiben des Betroffenen vom 11. 1. 2001 zu entnehmen seien, seien von einem berufsmäßigen Parteienvertreter, der die beim Betroffenen vorhandenen mentalen Unzulänglichkeiten sehr wohl erkennen könne, hinzunehmen, weil es sonst jeder Betroffene in der Hand hätte, durch erfolgreiche Wechsel in der Person des Sachwalters die Sachwalterschaft selbst in Frage zu stellen. Der Betroffene knüpfe ausschließlich an Sachfragen an und leite daraus seine ablehnende Haltung gegenüber dem Sachwalter ab. Es sei nicht so, dass persönliche Gründe vorliegen würden, die die Annahme einer Feindschaft zwischen Betroffenem und Sachwalter rechtfertigen würden. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, da, soweit überblickbar, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, wann die Kriterien des § 194 ABGB zwischen Betroffenem und Sachwalter vorlägen, fehle. Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Sachwalters mit einem Abänderungsantrag, in eventu wurde ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Betroffene beteiligte sich am Rechtsmittelverfahren nicht.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichtes mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.
Zunächst ist festzuhalten, dass die §§ 190 bis 210 ABGB mit Wirkung vom 1. Juli 2001 aufgehoben wurden (Art 1 Z 39 und Art XVIII § 1 Abs 1 KindRÄG 2001, BGBl I 135/2000). Auf Änderungen der Rechtslage hat das Gericht in jeder Lage des Verfahrens Bedacht zu nehmen, sofern die neue Bestimmung nach ihrem Inhalt auf das in Streit stehende Rechtsverhältnis anzuwenden ist. Dies ist nach den Übergangsbestimmungen zu beurteilen (RIS-Justiz RS0031419). In den Übergangsbestimmungen ist für die relevanten Bestimmungen keine Sonderregelung getroffen worden, weshalb von der Geltung der neuen Rechtslage ab 1. Juli 2001 auszugehen ist.
Gemäß § 189 Abs 2 ABGB idF des KindRÄG 2001 (Art I Z 38 leg cit) kann eine besonders geeignete Person die Betrauung mit der Obsorge nur ablehnen, wenn ihr diese unzumutbar wäre. Diese Bestimmung ist im Sachwalterrecht gemäß § 282 Abs 1 ABGB idF des KindRÄG 2001 entsprechend anzuwenden (7 Ob 323/01b, Schauer, NZ 2001, 275 ff [283]). Aus § 189 Abs 2 ABGB nF ist im Zusammenhalt mit der Aufhebung der §§ 195, 200, 201 und 203 ABGB und den §§ 187, 188 und 213 ABGB nF (vgl dazu Schwarzl in Ferrari/Hopf, Reform des Kindschaftsrechtes 24 ff) abzuleiten, dass nach der neuen Rechtslage nicht für jede zur Betrauung mit der Obsorge geeignete andere Person die Verpflichtung zur Übernahme der Obsorge besteht, sondern nur für "besonders geeignete Personen". Der Begriff "besonders geeignete Person" ist im Gesetz nicht definiert. In den EB RV 296 BlgNR 21. GP 72 heißt es, niemand solle gegen seinen Willen auch nur mit Teilen der Obsorge betraut werden. Dieser Grundsatz gelte aber dann nicht, wenn für die Übernahme eines bestimmten Teils der Obsorge besondere fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich seien und die zu betrauende Person Kraft ihrer beruflichen Stellung besonderen berufsrechtlichen Verpflichtungen unterliegt. Nicht definiert ist, welche Personen als "besonders geeignet" anzusehen sind. Wie § 281 Abs 3 ABGB zeigt, wird sich im Recht der Sachwalterschaft die "besondere Eignung" regelmäßig in Bezug auf die Art der zu besorgenden Angelegenheiten bestimmen lassen (7 Ob 323/01b mwN). Der erkennende Senat hat bereits ausgesprochen, dass ein Rechtsanwalt als Verfahrenssachwalter nicht nur dann "besonders geeignet" iSd § 189 Abs 2 ABGB nF ist, wenn die Bestellungsvoraussetzungen nach § 281 Abs 3 ABGB vorliegen, sondern auch dann, wenn andere Personen für die Funktion des Verfahrenssachwalters nicht auffindbar oder verfügbar sind (7 Ob 323/01b).
Nach dem vorhin Gesagten ist daher Mag. Dr. Friedrich S***** eine "besonders geeignete Person" iSd § 189 Abs 2 ABGB nF. Das Gesetz präzisiert nicht, wann einem Sachwalter die Betrauung mit der Obsorge unzumutbar ist. Die Kriterien der alten Rechtslage (vgl 7 Ob 198/00v) sind auf die nun geltende Rechtslage insoweit übertragbar als bei Feststellung von "Feindschaft" zwischen dem Betroffenen und dem Sachwalter auch nach der neuen Rechtslage davon auszugehen ist, dass dem Sachwalter die Betrauung unzumutbar ist. Die Beurteilung der Frage, ob ihm die Betrauung mit der Obsorge im vorliegenden Fall wegen behaupteter Feindschaft zumutbar oder unzumutbar ist, ist ebenso eine Ermessensentscheidung, wie dies bereits in den Entscheidungen zu § 194 ABGB aF ausgesprochen wurde. Bei einer Ermessensentscheidung kann eine offenbare Gesetzwidrigkeit schon begrifflich nicht vorliegen (RIS-Justiz RS0087116)), zumal der Akteninhalt selbst keinen Anhaltspunkt für einen Ermessensmißbrauch bietet. Der Lösung der Frage, ob die Enthebung des Sachwalters gerechtfertigt ist oder nicht, kommt keine erhebliche Bedeutung über den Einzelfall hinaus zu (6 Ob 566/89; RIS-Justiz RS0109619 ua). Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 14 Abs 1 AußStrG war daher der Revisionsrekurs zurückzuweisen.
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