OGH 8Ob3/02b

OGH8Ob3/02b13.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 8. Oktober 1991 verstorbenen, zuletzt in *****, wohnhaft gewesenen KR Oskar R*****, infolge der ordentlichen Revisionsrekurse 1.) der Felicitas V*****, vertreten durch John & John, Rechtsanwälte in Wien,

2.) der Elisabeth R*****, vertreten durch Dr. Andreas Reiner, Rechtsanwalt in Wien, und 3.) der Gabriela R*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Lenneis, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 8. November 2001, GZ 3 R 281/01y-740, mit dem den Rekursen der Elisabeth R*****, der Felicitas V***** und der Gabriela R*****, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 31. August 2001, GZ 3 A 1299/92d-733, nicht Folge gegeben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Dem hier vorliegenden Abhandlungsverfahren wurde folgende vom Erblasser KR Oskar R***** geschriebene letztwillige Verfügung zugrundegelegt:

"Testament

Ich, Oskar R*****, geboren am 11. 12. 1906 treffe hiemit folgende letztwillige Verfügung und setze alle vorherigen außer Kraft. Mein Sohn Viktor erbt mein gesamtes Vermögen zu sechzig Prozent und meine Töchter zu je zehn Prozent. Meine Töchter werden mit den von ihnen geerbten Anteilen an der Firma Franz M. R***** O.H.G. Unterbeteiligte am Hauptgesellschafter Viktor R*****. Von mir gehaltene Unterbeteiligung übernimmt mein Sohn Viktor."

Zum Verlassenschaftskurator in Firmenangelegenheiten wurde zuerst der Sohn Viktor bestellt. Dieser wurde jedoch dann über Antrag von drei der vier Töchter des Erblassers enthoben und ein Verlassenschaftskurator (ON 125, ON 148) bestellt. Später erfolgte dann auch die Bestellung eines Separationskurators gemäß § 812 ABGB, für Felicitas V***** (ON 213) sowie Elisabeth W***** (ON 233; vgl ferner ON 344). Drei der vier Töchter haben sich des Erbes entschlagen und machten einen Anspruch auf Zahlung eines Geldpflichtteiles geltend, in eventu die Verpflichtung der beklagten Verlassenschaft zum Abschluss eines Unterbeteiligungsvertrages an dem Anteil des Erblassers an seinen Gesellschaften. Diese stellen die wesentlichen Aktiva dar. Es sollte die Verlassenschaft je eine Unterbeteiligung im Umfang von 10 % an den 42/93stel Anteilen an den Gesellschaften zu den im Einzelnen urteilsmäßig zuzuerkennenden Bedingungen einräumen. Zusätzlich begehrten sie auch noch eine Pflichtteilsergänzung in Geld. Mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 15. 10. 1998, 6 Ob 189/98g wurde das Hauptbegehren ebenso wie der auf Geld gerichtete Pflichtteilsergänzungsanspruch des Eventualbegehrens abgewiesen, jedoch dem Eventualbegehren über die Verpflichtung der Verlassenschaft zum Abschluss der Unterbeteiligungsverträge rechtskräftig stattgegeben. Dabei ging der Oberste Gerichtshof davon aus, dass die im Testament verfügten Unterbeteiligungen als Vermögenswerte auf die Pflichtteilsansprüche der Klägerinnen anzurechnen und als Gesellschaften bürgerlichen Rechts zu qualifizieren seien. Die darüber hinausgehenden Pflichtteilsergänzungsansprüche bzw die Geltendmachung des Schenkungspflichtteiles seien verjährt. Die Verfügung über die Unterbeteiligung stelle im Hinblick auf die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene und dem Erblasser bewusste Unmöglichkeit der Vererbung der Gesellschafterstellung an seine Töchter die Anordnung eines Legates zu Gunsten des Sohnes (Erben) und die Belastung mit Sublegaten zu Gunsten der Klägerinnen - der Töchter - dar. Dieses Sublegat umfasse die schuldrechtliche Verpflichtung zur Einräumung der Unterbeteiligungen im Sinne eines Damnationslegates entsprechend den §§ 649 und 650 ABGB. In den mit den Urteilen zustandegekommenen Unterbeteiligungsverträgen der drei "Sublegatarinnen" (vgl ON 525 und ON 574) sind jeweils umfangreiche Regelungen über die Ausübung der Gesellschaftsrechte durch den Hauptgesellschafter, die Gewinn- und Verlustbeteiligung der Unterbeteiligten, deren Informationsrechte und die Auflösung des Unterbeteiligungsverhältnisses sowie eine Schiedsklausel enthalten.

Nach der oben erwähnten Bestellung des Separationskurators im Jahre 1993 für Felicitas V***** (ON 213) und Elisabeth R***** (ON 233) wurde ein weiterer ua auch von der dritten Sublegatarin Gabriela R***** eingebrachter Antrag auf Bestellung eines Separationskurators nach § 812 ABGB (ON 505, 506 und 508) 1998 rechtskräftig mit der Begründung zurückgewiesen, dass ohnehin bereits ein Separationskurator bestellt wurde.

In einem weiteren Urteil des Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 22. 4. 1997 zu GZ 4 Ob 88/97p im Erbrechtsstreit zwischen der vierten Tochter und dem Sohn ging der Oberste Gerichtshof davon aus, dass das testamentarische Erbteil der anderen drei Töchter, die sich wirksam ihres Erbrechtes entschlagen haben, der vierten Tochter und dem Sohn als verbleibende gesetzliche Erben je zur Hälfte gebühre. Die Einantwortung des Nachlasses erfolgte dann mit der Einantwortungsurkunde vom 7. 7. 1998 (ON 534) an die vierte Tochter Evelyne D***** zu 25 % und an den Sohn Viktor R***** zu 75 %.

Über Antrag der Sublegatarinnen, der drei Töchter Elisabeth R*****, Felicitas V***** und Gabriela R***** (ON 576, 578 und 579) wurde mit Beschluss des Erstgerichtes vom 22. 6. 1999 (ON 606) die Absonderung fortgesetzt, hingegen der Antrag des Sohnes und Haupterben Viktor R*****, die Absonderung der Verlassenschaft aufzuheben und eine dahingehende Eintragung im Firmenbuch zu löschen (ON 586), abgewiesen. Das Erstgericht stützte sich dabei darauf, dass eine Sicherung der Unterbeteiligung der Sublegatarinnen vom Erblasser nicht verfügt wurde. Dieser sei aber davon ausgegangen, dass es sich bei der Gesellschaft um ein lebendes Unternehmen und nicht nurmehr um eine Liegenschaftsverwaltungsgesellschaft handle. Die Ausschüttung der Verwertungserlöse aus den Liegenschaften an die Unterbeteiligten habe durch den Sohn und Haupterben Viktor R***** zu erfolgen. Dies liege im Wesen der vom Erblasser gewollten "Unterbeteiligungen". Der Zweck der Nachlassseparation liege in der Verhinderung der Vermengung des Verlassenschaftsvermögens mit jenem des Erben, wobei die subjektive Besorgnis des Gläubigers bzw Legatars ausreiche. Unterbeteiligungsverträge bildeten keine ausreichende Absicherung. Der Hauptgesellschafter habe der Anregung des Richters, die Unterbeteiligten in die Verhandlungen über eine Realteilung des Gesellschaftervermögens einzubeziehen, nicht Folge geleistet. Es sei auch nicht ersichtlich, dass dieser über ein ausreichendes Vermögen verfüge. Ohne die Absonderung könnten die Sublegatarinnen ohnehin gemäß § 161 Abs 1 AußStrG eine Sicherstellung - allerdings im Rechtsweg - begehren. Aus dem sonstigen Verhalten des Hauptgesellschafters sei weiter eine Gefährdung abzuleiten. Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs des Haupterben Viktor R***** keine Folge und begründete dies damit, dass die "subjektive Besorgnis" noch nicht weggefallen sei. Es bestehe auch weiterhin eine Gefährdung der Ansprüche der unterbeteiligten Legatarinnen. Der Antrag auf Enthebung sei daher abzuweisen und den Anträgen auf Fortsetzung der Nachlassabsonderung Folge zu geben. Dieser Beschluss des Rekursgerichtes (ON 636) wurde den Parteien am 8. 2. 2000 zugestellt und blieb unangefochten.

Mit seinem hier maßgeblichen Antrag vom 25. 7. 2001 begehrt der Haupterbe erneut, den Separationskurator seines Amtes zu entheben. Er bezieht sich dabei auch auf die Ausführungen des Obersten Gerichtshofes in seiner Entscheidung vom 12. 4. 2001 zu 8 Ob 27/01f betreffend die abhandlungsgerichtliche Genehmigung einer Aufstellung über die Entwicklung der Gesellschafter-Privatkonten ab 30. 6. 1991 und die Auszahlung des an die Verlassenschaft ausgeschütteten Betrages von S 496.200,-- zu je einem Drittel an die drei "Legatarinnen Elisabeth W*****, Gabriela R***** und Felicitas V*****" . Der Zweck der Nachlassabsonderung sei mittlerweile erreicht. Die Rechtskraft der Vorentscheidung stehe dem neuerlichen Antrag nicht entgegen, da sich diese nur mit der Frage der Gefährdung befasst habe.

Die Schwestern des Haupterben wenden sich gegen den Antrag auf Aufhebung der Separationskuratel. Sie stützen sich im Wesentlichen auf die Rechtskraft der Entscheidung über die Abweisung des früheren Aufhebungsantrages. Auch Beschlüssen im Außerstreitverfahren komme Rechtskraftwirkung zu. Es handle sich hier auch nicht um eine Frage des Rechtsfürsorgebereiches. Die wesentlichen Umstände hätten sich seit der Beschlussfassung nicht geändert. Auch habe der Antragsteller gar keine Änderungen behauptet. Die Bedenken gegen die Ausfolgung des Vermögens an den Antragsteller bestünden weiter, was von den Schwestern auch noch näher begründet wurde. Fiele die Nachlassseparation weg, so müsste eine Sicherung ihrer Ansprüche durch einstweilige Verfügung entsprechend den §§ 379 Abs 2 sowie 381 Z 1 EO erfolgen.

Mit dem hier maßgeblichen Beschluss vom 31. 8. 2001 (ON 733) hob das Erstgericht über Antrag, aber auch von Amts wegen die Nachlassseparation auf und enthob den Separationskurators seines Amtes.

Wie sich schon aus den Ausführungen des Obersten Gerichtshofes zu 8 Ob 27/01f ergebe handle es sich bei § 812 ABGB um einen verbliebenen Rest der amtswegigen Fürsorge. Insoweit könne auch eine Rechtskraft nicht eintreten. Andernfalls würde der Bund allein aufgrund des Untätigseins der Beteiligten Gefahr laufen, jahrzehntelang kostenintensive Verfahren zu führen, obwohl die Voraussetzungen längst erloschen seien.

Das Rekursgericht gab mit dem angefochtenen Beschluss vom 8. 11. 2001 (ON 740) den von drei der vier Töchtern erhobenen Rekursen nicht Folge. Rechtlich folgerte es dabei im Wesentlichen, dass zwar der Nachlassabsonderung widerstreitende Interessen zwischen Erben und Nachlassgläubigern zugrundeliegen würden und es sich daher grundsätzlich nicht um einen Rechtsfürsorgebereich handle, dass darin aber doch auch Reste der amtswegigen Fürsorge für die Nachlassgläubiger enthalten seien. Auch sei die Nachlassseparation von amtswegen aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen weggefallen seien. Ferner sei eine zu Unrecht bewilligte Separation von Amts wegen oder auf Antrag aufzuheben; dies müsse umso mehr gelten, wenn in einem Beschluss nur zu Unrecht der Wegfall der Voraussetzungen für die Separation verneint worden sei. Auch liege eine Undurchführbarkeit der Verfügung im Rechtssinne vor. Mit dem Abschluss der Unterbeteiligungsverträge seien die Separationsgläubiger befriedigt worden und daher die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Nachlassseparation erloschen. Den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof erachtete das Rekursgericht als zulässig, da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dazu, ob die materielle Rechtskraft auch das Abgehen von Beschlüssen hindere, mit denen die Aufhebung der Nachlassabsonderung zu Unrecht verweigert worden sei, nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse der drei früheren Sublegatarinnen Elisabeth W*****, Gabriele R***** und Felicitas V***** sind aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt. Die Verwaltung des gesamten Nachlasses wurde mit den Beschlüssen vom 3. 6. 1993 (ON 213) und 6. 7. 1993 (ON 233) jedenfalls für zwei der Legatarinnen und zwar für Elisabeth R***** und Felicitas V***** angeordnet. Die Aufhebung wurde trotz Einantwortung und Beendigung des Rechtsstreites über die Einräumung der Unterbeteiligung mit Beschluss des Abhandlungsgerichtes vom 22. 6. 1999 (ON 606) mangels Bekämpfung der bestätigenden Rekursentscheidung vom 11. 1. 2000 (ON 636) rechtskräftig abgelehnt.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 12. 4. 2001 zu 8 Ob 27/01f dargelegt hat liegt der Zweck der Nachlassabsonderung im Sinn des § 812 ABGB und der Bestellung eines Separationskurators darin, Nachlassgläubiger - hier die Sublegatare - vor der Gefahr einer Verhinderung der Befriedigung ihrer Forderung durch eine Vermengung der Verlassenschaft mit dem Vermögen des Erben, insbesondere der tatsächlichen Verfügungsgewalt des Erben zu schützen (vgl 8 Ob 27/01f mwN = Welser in Rummel ABGB3 § 812 Rz 2: Kralik in Ehrenzweig, Erbrecht, 359; Weiß in Klang Komm z ABGB III, 1017 f;

Eccher in Schwimann ABGB § 812 Rz 1; vgl ferner RIS-Justiz RS0013073

und RS0013061). Das abgesondert verwaltete Vermögen soll

ausschließlich der Befriedigung der Absonderungsgläubiger dienen (vgl

8 Ob 27/01f mwN = RIS-Justiz RS0013063; ähnlich RIS-Justiz RS0013061

= SZ 56/28, JBl 1989, 173). Dabei erfolgt die Nachlassabsonderung im

Sinne des § 812 ABGB jeweils nur für den Nachlassgläubiger, auf

dessen Antrag sie bewilligt wurde (vgl OGH 8 Ob 27/01f mwN = Welser

aaO Rz 23, Kralik aaO, 361; Weiß in Klang aaO, 1022). Mit dem

Erlöschen der Voraussetzungen für die Absonderung, insbesondere der

Befriedigung dieser Absonderungsgläubiger ist die Nachlassabsonderung

wieder aufzuheben (vgl OGH 8 Ob 27/01f mwN = Welser aaO, Rz 27;

Kralik aaO, 363; Weiß aaO, 1025 ua; OGH 25. 8. 1993 1 Ob 569/93 = NZ

1994, 111).

Hier bestanden nun die Forderungen der Sublegatarinnen - wie rechtskräftig feststeht - in der Einräumung eines Unterbeteiligungsverhältnisses an dem Gesellschaftsanteil. Diese Forderung wurde aber durch den mit der Rechtskraft des Urteiles wirksamen (vgl OGH 8 Ob 27/01f RIS-Justiz RS0004455, insb JBl 1983, 166) Abschluss des Unterbeteiligungsvertrages befriedigt. Alle darüber hinausgehenden Begehren der Sublegatarinnen wurden rechtskräftig abgewiesen. Damit haben die Sublegatarinnen mit Abschluss des Unterbeteiligungsvertrages alles bekommen, was sie als Sublegatarinnen (Nachlassgläubiger) zu bekommen haben. Etwaige Ansprüche aus der Verletzung des Unterbeteiligungsvertrages können sie nicht mehr als Nachlassgläubiger im Sinne des § 812 ABGB aus der letztwilligen Verfügung geltend machen, sondern aus dem Unterbeteiligungsvertrag. Insofern sind sie nicht mehr Nachlassgläubiger im Sinne des § 812 ABGB. Damit sind aber die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Nachlassseparation im Sinne des § 812 ABGB erloschen. Dass den Sublegatarinnen die ihnen im Rahmen der letztwilligen Verfügung zuerkannte und nunmehr auch befriedigte Forderung auf Einräumung einer Rechtsposition als Unterbeteiligte nicht ausreichend erscheint, kann daran nichts ändern. Auch bei Einräumung eines unmittelbaren Gesellschaftsanteiles oder eines Miteigentumsanteiles hätten sie im Falle eines Streites mit den anderen Gesellschaftern oder Miteigentümern ihre Ansprüche in den jeweils dafür vorgesehenen Verfahren geltend machen müssen und nicht durch Bestellung eines Separationskurators. Hier wurde den Rekurswerberinnen vom Erblasser - wie rechtskräftig feststeht - eben nur die Stellung von Unterbeteiligten eingeräumt.

Soweit die Revisionsrekurswerberinnen sich darauf stützen, dass dem Antrag auf Enthebung des Separationskurators die Rechtskraft der Vorentscheidungen entgegenstehe ist Ihnen schon entgegenzuhalten, dass die Enthebung ja nicht bloß auf Antrag sondern auch amtswegig erfolgte.

Allgemein anerkannt ist, dass grundsätzlich auch Beschlüsse im Außerstreitverfahren sowohl materielle als auch formelle Rechtskraft entfalten können (vgl etwa OGH 17. 9. 1996 4 Ob 2237/96s = EFSlg

82.881. RIS-Justiz RS0007171 uva; Fucik/Mayr Verfahren außer Streitsachen, 70; differenziert zum Rechtsfürsorgebereich Klicka/Oberhammer Außerstreitverfahren3, Rz 52; Dolinar Außerstreitverfahrensrecht, 150). Dies wesentliche Funktion der materiellen Rechtskraft wird dabei vor allem darin gesehen, den Rechtsfrieden zwischen den Parteien herzustellen (vgl etwa Dolinar Außerstreitverfahrensrecht, 147). Es wird auch davon ausgegangen, dass Beschlüsse, die ohne Nachteil für einen Dritten geändert werden können, weder der formellen noch der materiellen Rechtskraft fähig sind (vgl RIS-Justiz RS0007084 = SZ 60/103). Weiters ist unstrittig, dass sich die Rechtskraft nur auf den Sachverhalt beziehen kann, der zur Zeit der früheren Entscheidung gegeben war (vgl etwa OGH RIS-Justiz RS0007140 mwN; Fucik/Mayr Verfahren außer Streitsachen, 71; Klicka/Oberhammer Außerstreitverfahren3, 37; Kralik in Kralik/Walter Grundlegende Neuerungen im Außerstreitverfahren, 161 ff uva).

Wesentlich ist hier nun, was als entscheidungsrelevanter Sachverhalt zu beurteilen ist. Dies ergibt sich aus den Bestimmungen über den Separationskurator.

Die Regelung des Separationskurators in § 812 ABGB wird als noch als verbliebener Rest der amtswegigen Fürsorge für die Nachlassgläubiger verstanden (vgl RIS-Justiz RS0013090 = insbes JBl 1984, 553; Knell Kuratoren im österreichischen Recht, 56). Wird damit doch eine teilweise vom Gericht überwachte Verwaltung, die den Haftungsfonds für die Nachlassforderungen sichern soll, zur Verfügung gestellt (vgl zur eingeschränkten Verwaltungsbefugnis des Erben OGH 8 Ob 27/01f mwN RIS-Justiz RS0008227; Welser aaO § 812 Rz 21; Knell, Die Kuratoren im österreichischen Recht, 112). Insoweit geht sie auch über die bloße Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den Parteien hinaus.

Es wird nun von Welser (aaO Rz 28) unter Hinweis auf Weiß in Klang (§ 812 Punkt IV, 1022) überhaupt die Ansicht vertreten dass die Separationskuratel nicht nur über Antrag, sondern auch von Amts wegen aufzuheben wäre, wenn sie zu Unrecht bewilligt wurde (vgl in diesem Sinne in einem obiter dictum tw auch OGH 19. 2. 1992 1 Ob 528/92 = RZ 1993/25). Dies könnte dahin verstanden werden, dass damit dem Beschluss über die Bestellung oder die Abweisung eines Antrages auf Enthebung überhaupt jede Rechtskraftwirkung genommen wird, da jederzeit eine Überprüfung der "Rechtmäßigkeit" vorgenommen werden kann.

Der erkennende Senat schließt sich dem nun insoweit an als es alleine schon die auf Dauer angelegte Tätigkeit des Gerichtes im Rahmen der Überwachung des Separationkurators rechtfertigt, das weitere Vorliegen der Voraussetzungen für die Bestellung eines Separationskurators auch amtswegig zu überprüfen. Dass die Bestellung selbst nur über Antrag zu erfolgen hat (vgl Welser aaO Rz 6 mwN) ändert daran nichts. Nicht nur dass die Amtswegigkeit typisch für das Außerstreitverfahren ist und selbst eine Antragsbindung nur auf die Einleitung des Verfahrens bezogen wird (vgl Klicka/Oberhammmer aaO 27; Fucik/Mayr aaO, 18), wird doch auch sonst, selbst wenn die Erbringung einer Dauerleistung - hier der überwachten Vermögensverwaltung - von einem Antrag abhängig gemacht wird, das weitere Vorliegen der "Anspruchsvoraussetzungen" häufig auch amtswegig überwacht.

Es kann nun dahingestellt bleiben, inwieweit diese amtswegige Kontrolle gerade wegen der umfassenden Prüfungsbefugnis auch in auf Antrag eingeleiteten Verfahren durch die Rechtskraft von Entscheidungen über die Anträge anderer Parteien beeinträchtigt werden kann. Muss doch hier unabhängig von sonstigen Änderungen, die die amswegige "Entziehung" solcher Leistungen rechtfertigen können im Rahmen der Nachlassseparation der Nachlassgläubiger jedenfalls damit rechnen, dass regelmäßig überprüft wird, ob er bei der Geltendmachung seiner Forderung entsprechend "betriebsam" ist. Rechtfertigt doch nur dieser Umstand die weitere Aufrechterhaltung der Nachlassseparation (vgl OGH 25. 8. 1993 1 Ob 569/93 = NZ 1994, 111; Eccher aaO, § 812 Rz 11). Damit wird aber auch dem zeitlichen Element alleine Relevanz verliehen. Hier ist nun für einen erheblichen Zeitraum, der ein Jahr deutlich überschreitet, vor der nunmehr auch amtswegig vorgenommenen Entziehung eine "Betriebsamkeit" schon wegen des Erlöschens der Forderung nicht mehr feststellbar. Alleine dies ist schon als wesentliche Änderung des Sachverhaltes anzusehen, sodass schon aus diesem Grund eine Bindung an die frühere Entscheidung zu verneinen war.

Insgesamt war daher den Revisionsrekursen nicht Folge zu geben.

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