OGH 6Ob101/02z

OGH6Ob101/02z16.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 9. 8. 2000 verstorbenen Herbert Leopold Z*****, über den Revisionsrekurs der Brigitte Z***** , vertreten durch Czerwenka & Partner, Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 5. Dezember 2001, GZ 45 R 692/01z-32, mit dem der Rekurs der Brigitte Z***** gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 8. August 2001, GZ 29 Hc 136/00w-20, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der am 8. 9. 2000 verstorbene Herbert Z***** war in erster Ehe mit der Rekurswerberin Brigitte Z***** verheiratet. Als Ehewohnung diente ein auf einer Liegenschaft des Chorrherrenstiftes Klosterneuburg als Superädifikat errichtetes Einfamilienhaus. In dem anlässlich der Ehescheidung geschlossenen Vergleich vom 22. 3. 1988 vereinbarten Herbert und Brigitte Z*****, dass das Haus samt Garten der Brigitte Z***** zur alleinigen Nutzung verbleibt und dass diese sämtliche mit der Nutzung zusammenhängende Kosten übernimmt. Im Vergleich wurde festgehalten, dass es sich bei dem Haus um ein je im Hälfteeigentum der Eheleute stehendes und verbleibendes Superädifikat handle. Am 9. 7. 2001 wurde ein Teilinventar errichtet, das als Nachlassaktiven die Hälfte des Superädifikates unter Berücksichtigung der alleinigen Nutzungsrechte der Brigitte Z***** mit einem Schätzwert von 190.000 S ausweist. Dieses Teilinventar hat das Erstgericht mit Beschluss vom 8. 8. 2001 zu Gericht angenommen. Das Rekursgericht wies den dagegen von Brigitte Z***** erhobenen Rekurs zurück, weil einem nicht am Verlassenschaftsverfahren beteiligten Dritten, der behaupte, Eigentümer oder Besitzer einer Sache zu sein, gegen deren Aufnahme in das Inventar mangels eines Eingriffes in seine Rechtssphäre keine Rekurslegitimation zukomme. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine divergierende (ältere) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Rekurslegitimation angeblicher Besitzer einer Sache vorliege und jüngere Entscheidungen hiezu nicht ergangen seien.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Brigitte Z***** ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Einige ältere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes erkannten dem Besitzer von Nachlassgegenständen bezüglich der Inventarisierung ein Rekursrecht zu. Zwar habe ein Nachlassgläubiger im Verlassenschaftsverfahren keine Beteiligtenstellung. Die Rechtslage sei jedoch anders, wenn sich ein Dritter gegen die Aufnahme bestimmter angeblich ihm gehörender Gegenstände in das Inventar wende. Insoweit trete dieser nicht als bloßer Forderungsberechtigter auf. Darüber, ob die in § 97 AußStrG für die Aufnahme von Vermögensobjekten in das Inventar geforderten Voraussetzungen vorlägen, habe das Abhandlungsgericht zu entscheiden. Daher sei dem Besitzer von in das Inventar aufgenommenen Gegenständen die Rekurslegitimation zuzubilligen, auch wenn er im Übrigen am Verlassenschaftsverfahren nicht beteiligt sei (8 Ob 47/69 = NZ 1969, 120 mwN). In derselben Entscheidung wurde aber auch ausgeführt, dass im Verlassenschaftsverfahren nicht darüber abgesprochen werden könne, ob diese Gegenstände im Eigentum des Erblassers stünden oder ob sie mit Recht vom Dritten als ihr Eigentum beansprucht würden. In der Entscheidung 6 Ob 125/69 (SZ 42/109 = EvBl 1970/68 = NZ 1970,

93) verneinte der Oberste Gerichtshof die Rekurslegitimation eines Dritten, der behauptet hatte, im Besitz der in das Inventar aufgenommenen, auf Inhaber lautenden Lebensversicherungspolizze zu sein. Selbst wenn eine Klarstellung der Besitzfrage vor der Einantwortung über die Aufnahme in das Inventar gar nicht oder nur unzulänglich stattgefunden haben sollte, könne sich daraus allein keine Rekurslegitimation desjenigen, der selbst Besitz zu haben behaupte, ergeben. Seine Rechtssphäre werde durch eine allenfalls unrichtige Aufnahme in das Inventar nicht berührt. Die Aufnahme in das Inventar präjudiziere ebensowenig wie das Gegenteil den unvermeidlichen Rechtsstreit zwischen den Anspruchsanwärtern. Werde eine Sache in das Inventar aufgenommen, dann schaffe dies gegenüber einem Dritten, der behaupte, Eigentümer oder Besitzer zu sein, keineswegs eine Vermutung, dass er dies nicht sei.

Dieser Entscheidung, auf die sich das Rekursgericht berufen hat, sind weitere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes gefolgt, die ebenfalls davon ausgehen, dass ein Dritter, der auf eine in das Verlassenschaftsinventar aufgenommene Sache Anspruch erhebt und behauptet, am Todestag des Erblassers die Sache in seinem Besitz gehabt zu haben, den Beschluss auf Errichtung des Inventars nicht anfechten kann (5 Ob 744/80 = EFSlg 37.216; 1 Ob 633/91 = RS0006264). Nach ständiger Rechtsprechung sind strittige Eigentumsfragen nicht im Verlassenschaftsverfahren, sondern im Prozessweg zu entscheiden, hat die Aufnahme oder Nichtaufnahme einzelner Sachen in das Inventar für einen solchen Rechtsstreit keine Bedeutung und hat die diesbezügliche Entscheidung des Abhandlungsgerichtes keine Wirkungen über das Verlassenschaftsverfahren hinaus (RIS-Justiz RS0007818; RS0006465). Daraus folgt, dass die Rechtssphäre des wahren Eigentümers einer Sache durch deren Aufnahme in das Inventar nicht berührt wird. Für die Frage der Rekurslegitimation kann nicht entscheidend sein, ob der Dritte Eigentümer oder Besitzer einer in das Inventar aufgenommenen Sache zu sein behauptet, ist doch wesentliches Merkmal des Besitzes der Wille des Inhabers, die Sache "als die seinige zu behalten" (§ 309 ABGB). Besitzer einer körperlichen Sache ist daher bei deren Innehabung der Eigentümer oder wer sich dafür hält (Spielbüchler in Rummel ABGB I3 § 309 ABGB Rz 4).

Das Rechtsschutzbedürfnis ist eine Voraussetzung der Rechtsmittelzulässigkeit (RIS-Justiz RS0043815), dessen Vorliegen das Rekursgericht hier zu Recht verneint hat. Es bleibt der Rechtsmittelwerberin unbenommen, im streitigen Rechtsweg die Frage zu klären, ob der Erblasser (der ruhende Nachlass) Eigentümer der Superädifikatshälfte war (RZ 1960, 14). Allein aus der Tatsache der Beschlusszustellung, die für den Empfänger Rechte nicht begründet, ist eine Rekursberechtigung nicht abzuleiten (RIS-Justiz RS0006882). Soweit in den Rekursausführungen sinngemäß auch die Anordnung der Schätzung der Superädifikatshälfte bekämpft wird, fehlt der Rechtsmittelwerberin schon deshalb die Beschwer, weil die Schätzung längst durchgeführt wurde, die Beschwer aber zur Zeit der Erhebung des Rechtsmittels noch gegeben sein muss (RIS-Justiz RS0041770; RS0043815).

Der zurückweisende Beschluss des Rekursgerichtes ist daher zu bestätigen.

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