OGH 1Ob633/91

OGH1Ob633/9118.12.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 14. Juli 1957 verstorbenen akademischen Maler Johann Josef W*****, infolge Revisionsrekurses der Gemeinde E*****, Italien, vertreten durch Dr. Friedrich Krall, Rechtsanwalt in Kufstein, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 10. September 1991, GZ 1 b R 153/91-42, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Kufstein vom 26. Juli 1991, GZ A 24/88-39, ersatzlos aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht stellte das Verlassenschaftsverfahren ein. Bescheinigt sei lediglich, daß der Erblasser bei seinem Ableben im Besitz einiger von ihm selbst gemalter Bilder gewesen sei. Gemäß Art. 1161 des italienischen Codice civile trete jedoch die Ersitzung beweglicher Sachen spätestens 20 Jahre nach erlangtem Besitz selbst dann ein, wenn der Besitzer schlechtgläubig sei. Diese Zeit sei längst verstrichen. Die Verlassenschaft verfüge demnach über keinerlei bescheinigtes Vermögen mehr.

Das Gericht zweiter Instanz hob diesen Beschluß infolge Rekurses der erbl. Enkel, die die Einleitung des Verlassenschaftsverfahrens beantragt hatten, auf, trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes zwar

S 50.000,-- übersteige, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei. Für die Zugehörigkeit einer Sache zum Nachlaß entscheide der - bei Gewahrsame fürs erste anzunehmende - Besitz und nicht das Eigentum des Erblassers. Über die Aufnahme ins Inventar habe das Verlassenschaftsgericht ohne Verweisung auf den Rechtsweg zu befinden. Gegenstand dieser Entscheidung sei aber nie das Eigentum an diesen Gegenständen. Selbst bei einem Dritten befindliche Sachen seien ins Inventar aufzunehmen, wenn das Abhandlungsgericht als bescheinigt annehme, daß sie sich im Zeitpunkt des Todes des Erblassers in dessen Besitz befanden. Durch Verweisung auf die italienische Ersitzungsnorm habe das Erstgericht - wenigstens als Vorfrage - über das Eigentum abgesprochen und daran anknüpfend das Abhandlungsverfahren mangels Vermögens eingestellt. Damit habe das Erstgericht seine Kognitionsbefugnis überschritten und sich nicht bloß auf die von ihm zu klärende Frage beschränkt, ob bestimmte Gegenstände im (Mit-)Besitz des Erblassers gestanden seien. Daher habe sich die Sach- und Rechtslage gegenüber dem erstinstanzlichen Beschluß, mit dem die Fortsetzung der Verlassenschaftsabhandlung verfügt worden sei, nicht geändert; demnach sei nach wie vor bescheinigt, daß sich die Gemälde im Besitz des Erblassers befunden haben.

Das dagegen von der von der Witwe nach dem Erblasser als Vermächtnisnehmerin bedachten Gemeinde erhobene Rechtsmittel ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurswerberin beruft sich zur Dartuung ihres Rechtsmittelrechtes darauf, sie sei Eigentümerin jener Vermögensgegenstände, derentwegen die erbl. Enkel die Einleitung und Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung begehren; sie sei deshalb in ihren rechtlichen Interessen beeinträchtigt. Diesen Ausführungen kann jedoch nicht beigepflichtet werden:

Das Rekursrecht steht nur dem zu, dessen rechtliche Interessen durch die bekämpfte Entscheidung beeinträchtigt worden sind, in dessen Rechtssphäre also eingegriffen wurde (SZ 50/41 uva). Durch die Einleitung des Abhandlungsverfahrens soll lediglich geklärt werden, wem der Nachlaß einzuantworten ist; außerdem sind bestimmten Personen gewisse Rechte - so vor allem den Vermächtnisnehmern, den Pflichtteilsberechtigten und den übrigen Nachlaßgläubigern die in den §§ 811 bis 815 BGB umschriebene Rechte - als Verfahrensbeteiligten eingeräumt; darüber hinaus bleibt selbst ihnen die Einflußnahme auf die Verlassenschaftabhandlung verwehrt (ZfRV 1989, 153 ua). Die Rechtsmittelwerberin kann aber nicht einmal eine solche Beteiligtenstellung ins Treffen führen, weil sie nach ihrem eigenen Vorbringen lediglich von der Witwe nach dem Erblasser mit einem Legat bedacht wurde.

Soweit die Revisionsrekurswerberin ihr Rechtsmittelrecht auf das von ihr beanspruchte Eigentum an jenen Sachen stützt, derentwegen das Erstgericht das Verlassenschaftsverfahren eingeleitet hat, ist ihr - wie schon das Gericht zweiter Instanz

hervorhob - entgegenzuhalten, daß das Nachlaßgericht ohnehin nicht über das Eigentum an den zum Nachlaß gehörigen Sachen (§ 97 AußStrG) abzusprechen hat (NZ 1969, 75 ua) und im übrigen im § 104 Abs 1 und 2 AußStrG ausdrücklich angeordnet wird, wie das Abhandlungsgericht bei der Inventarisierung des Nachlasses mit angeblich fremden Sachen zu verfahren hat. Kann der angebliche Eigentümer von Gegenständen nicht einmal die Aufnahme in das Inventar mit Rekurs bekämpfen (NZ 1970, 93), ist ihm das Rechtsmittelrecht umsoweniger dann zuzubilligen, wenn er sich bloß gegen die Einleitung des Verlassenschaftsverfahrens beschwert (vgl insoweit auch NZ 1969, 120). Selbst durch die Einantwortung des Nachlasses an die erbl. Enkel bliebe jene Rechtslage unberührt, auf die sich die Rechtsmittelwerberin zur Darlegung ihres Eigentums beruft (Ersitzung nach italienischem Recht). Das Interesse der Rechtsmittelwerberin beschränkt sich letztlich auf die Ausschaltung bzw Erschwerung der Rechtsverfolgung durch die erbl. Enkel im Eigentumsstreit; dabei handelt es sich jedoch bloß um wirtschaftliche Interessen, die für sich die Beteiligtenstellung im Verlassenschaftsverfahren allein noch nicht zur Folge haben.

Das Rechtsmittel ist deshalb mangels Rekursrechtes als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen, ohne daß geprüft werden müßte, ob eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG ins Treffen geführt wurde.

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