OGH 6Ob125/69

OGH6Ob125/699.7.1969

SZ 42/109

Normen

AußStrG §9
AußStrG §97
JN §1
AußStrG §9
AußStrG §97
JN §1

 

Spruch:

Ein Dritter, der auf eine in das Verlassenschaftsinventar aufgenommene Sache Anspruch erhebt und behauptet, am Todestag des Erblassers die Sache in seinem Besitz gehabt zu haben, kann den Beschluß, mit dem das Inventar genehmigt wurde, nicht anfechten; er kann seine Ansprüche nur im Rechtsweg durchsetzen.

Entscheidung vom 9. Juli 1969, 6 Ob 125/69.

I. Instanz: Bezirksgericht Murau; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.

Text

Der am 10. Juli 1968 verstorbene Elektrohändler Ferdinand K. hinterließ als gesetzliche Erben die Witwe Hermine K. sowie die minderjährigen Kinder Brigitte, Gabriele und Ilse K. In der Todfallsaufnahme wurde bei der provisorischen Erfassung der Nachlaßwerte eine Lebensversicherungspolizze der W.- Versicherungsanstalt ohne nähere Angaben erwähnt. Der für die minderjährigen Kinder bestellte Widerstreitsachwalter Herbert E. trug dem Gerichtskommissär am 6. August 1968 vor, jene Lebensversicherungspolizze, die bisher nicht habe aufgefunden werden können, sei plötzlich beim erbl. Schwager Heimo L. aufgetaucht, der nun die Ansprüche aus dieser Polizze geltend machen wolle. Mit Eingabe vom 29. November 1968 trat Heimo L. im Abhandlungsverfahren selbst auf den Plan und behauptete, es handle sich bei der fraglichen Polizze um eine solche der W.-Versicherungsanstalt samt Zusatzpolizze, die auf den Inhaber laute. Der Erblasser habe ihm die Polizze sofort nach ihrem Erhalt im Dezember 1967 überreicht und dazu bemerkt, er habe mit seiner Gattin laufend Zerwürfnisse, weshalb weder sie noch die Kinder als Begünstigte aus der Lebensversicherung angesehen werden dürften. Der Erblasser habe anläßlich der Überreichung erklärt, Heimo L. sei sein guter Freund und ein verläßlicher Geschäftsmann, und er allein solle der Begünstigte aus dieser Lebensversicherung sein. Gestützt auf dieses Vorbringen, stellte Heimo L. den Antrag, die Lebensversicherungssumme im Verlassenschaftsverfahren als Aktivum auszuscheiden, was mangels einer bis dahin erfolgten Aufnahme in ein Inventar nur als Abstandnahme von einer solchen Aufnahme gemeint sein konnte. Zugleich stellte Heimo L. den Antrag, das Abhandlungsgericht möge mit sogenanntem Rotsiegelbeschluß erkennen, daß der Versicherer die Versicherungssumme an Heimo L. auszuzahlen berechtigt und verpflichtet sei.

Mit Beschluß vom 16. Jänner 1969 verwies das Erstgericht Heimo L. mit seinem Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme auf den Rechtsweg.

Die Versicherungssumme im Betrage von 400.000 S wurde vom Gerichtskommissär in das am 23. Jänner 1969 errichtete Hauptinventar unter die Aktiven aufgenommen.

Das Erstgericht legte dieses Inventar mit Beschluß vom 28. Jänner 1969 der Abhandlung zugrunde, und es erließ unter einem die Einantwortungsurkunde, in welcher der erbl. Witwe und den drei erbl. Kindern zu je einem Viertel eingeantwortet wurde.

Die Aufnahme der Versicherungssumme von 400.000 S in das Hauptinventar und dessen Zugrundelegung durch das Erstgericht bekämpfte Heimo L. mit Rekurs, dem das Rekursgericht mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß Folge gab; es schied aus dem zugrunde gelegten Inventar die Versicherungssumme von 400.000 S aus. Rechtlich führte das Rekursgericht aus, die meritorische Behandlung der Anträge des Heimo L. setzte Parteistellung und Rechtsmittelrecht voraus. Heimo L. sei weder Erbe noch Nachlaßgläubiger. Sollte er aus der Versicherungspolizze begünstigt sein, dann richte sich sein Anspruch nur gegen den Versicherer, aber nicht gegen den Nachlaß. Er sei allerdings am Verlassenschaftsverfahren insofern beteiligt, als die gesetzlichen Erben Anspruch auf die Versicherungssumme erhoben hätten, woraus notwendigerweise eine Kollision mit dem Anspruch des Heimo L. folge. Wenn ferner der Erblasser im Sinne der Behauptungen des Heimo L. die Versicherungspapiere in der Absicht übergeben haben sollte, den Übernehmer zu begünstigen, dann könne dem Heimo L. ein rechtliches Interesse dahin zuerkannt werden, daß ihm das Verlassenschaftsgericht antragsgemäß durch Ausstellung einer Bestätigung oder durch sonstige Beschlußfassung auf einfache Art zur Durchsetzung seines berechtigten Anspruches verhelfe. Schließlich könne er sich durch den Beschluß vom 28. Jänner 1969 dadurch beschwert erachten, daß der Anspruch aus der Versicherungspolizze in die Aktiven aufgenommen wurde. Allerdings sage die Aufnahme in das Inventar nichts über die Berechtigung eines Anspruches oder über das Eigentum aus. Das Inventar solle lediglich jene Sachen, Rechte und Ansprüche aufzählen, die sich im Zeitpunkt des Todes des Erblassers in dessen Besitz befunden hätten. Die Aufnahme der Versicherungssumme in das Inventar sei beim gegebenen Sachverhalt zweifellos unrichtig.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der gesetzlichen Erben Folge und wies den Rekurs des Heimo L. gegen den Beschluß des Erstgerichtes zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Im Vordergrund steht die Rekurslegitimation des Heimo L. Daß er weder Partei des Abhandlungsverfahrens noch Nachlaßgläubiger ist, hat schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt. Das Erstgericht ist offensichtlich von der tatsächlichen Voraussetzung ausgegangen, daß sich die Polizze im Zeitpunkt des Todes des Erblassers in dessen Besitz befunden hat oder befunden haben könnte. Selbst wenn eine Klarstellung der Besitzfrage vor der Entscheidung über die Aufnahme in das Hauptinventar gar nicht oder nur unzulänglich stattgefunden haben sollte, selbst wenn also die Aufnahme in das Inventar ohne hinreichende aktenmäßige Grundlage vorgenommen worden sein sollte, kann sich daraus allein keine Rekurslegitimation des Heimo L. ergeben. Seine Rechtssphäre wird durch eine allenfalls unrichtige oder voreilige Aufnahme in das Inventar nicht berührt; dies umso weniger, als er ja im physischen Besitz der Urkunde ist und die Aufnahme in das Inventar ebensowenig wie das Gegenteil den ohnehin unvermeidlichen Rechtsstreit zwischen den Anspruchsanwärtern präjudiziert. Wird eine Sache in ein Inventar aufgenommen, dann schafft dies gegenüber einem Dritten, der behauptet, Eigentümer oder Besitzer zu sein, keineswegs eine Vermutung, daß er dies nicht sei. Ebensowenig hat für den Rechtsstreit eine Unterlassung der Aufnahme in das Inventar irgendeine Bedeutung. Es fehlt demnach jedwede Beschwer des Dritten.

Bedeutungslos muß es bleiben, daß der Dritte durch den Umstand, daß sein Eigentum im Inventar aufscheint, unangenehm berührt wird; von einem Eingriff in Rechte oder rechtliche Interessen kann da nicht gesprochen werden.

Davon, daß das Verlassenschaftsgericht Heimo L. durch einen Auftrag gegenüber dem Versicherer zur Durchführung seines Anspruches verhelfen könnte, wie das Rekursgericht meint, kann überhaupt keine Rede sein, dies nicht einmal dann, wenn im Abhandlungsverfahren klargestellt werden sollte, daß sich die Urkunde am Todestag des Erblassers im Besitz des Heimo L. befunden haben sollte. Auch unter dieser Voraussetzung würde er noch nicht Gläubiger. Im Sinne des Vorgesagten bedürfte es zur Erlangung der Gläubigerposition einer Verfügung des Erblassers unter Lebenden, deren Vorliegen Heimo L. zwar behauptet, die aber nicht im Abhandlungsverfahren, sondern nur im Prozeß geklärt werden könnte. Unrichtig ist also auch die Meinung, daß sich die Stellung als Beteiligter allein schon aus der Kollision der Interessen hinsichtlich der Gläubigerstellung gegenüber dem Versicherer ergebe.

Zusammenfassend erweist sich der Standpunkt der Erben als richtig, daß das Rekursgericht den Rekurs des Heimo L. mangels Rekurslegitimation hätte zurückweisen müssen, statt ihn sachlich zu erledigen.

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