OGH 7Ob235/01m

OGH7Ob235/01m14.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Neumayr als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der DI Dr. Emilia R*****, über den Rekurs der Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. Juni 2001, GZ 45 Nc 7/01y-3, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird, soweit er sich gegen die Abweisung der Kostenlosigkeit der Herstellung von Aktenabschriften im Rahmen der Verfahrenshilfe richtet, zurückgewiesen.

Im Übrigen wird dem Rekurs nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Betroffene richtete an das Landesgericht für ZRS Wien als dem für die Entscheidung über den Akt 2 P 196/99w des Bezirksgerichtes Fünfhaus zuständigen Rekursgericht den Antrag "auf vollständige kostenlose (im Rahmen der Verfahrenshilfe) Akteneinsicht und Aktenabschrift a) am 18. 6. 2000, 19. 6. 2001 (und später an den anderen Tagen) des derzeit beim Landesgericht für ZRS Wien (seit 11. Juni 2001) vorgelegten Sachwalterschaftsaktes des Bezirksgerichtes Fünfhaus 2 P 196/99w in den Räumlichkeiten des Landesgerichtes für ZRS Wien und b) aller Gerichtsakten der Geschäftsabteilung 45 binnen sieben Tagen".

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesgericht für ZRS Wien als Rekursgericht den Antrag der Betroffenen zu a) zurück, weil es funktionell für die Entscheidung über diesen Antrag nicht zuständig sei und eine Überweisung gemäß § 44 JN deshalb unterbleibe, weil die Betroffene beim Erstgericht ohnedies bereits einen entsprechenden Antrag gestellt habe, und den Antrag zu b) ab, weil die Zustellung der Rechtsmittelentscheidung - zumindest im Regelfall - zur vollen Wahrung der verfahrensrechtlichen Interessen einer Partei als hinreichend angesehen werden müsse, soferne im konkreten Fall nichts anderes dargetan werde.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der Rekurs der Betroffenen mit einem Abänderungsantrag.

Grundsätzlich ist von der Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels auszugehen, solange sich seine Verspätung nicht aus der Aktenlage eindeutig ergibt (vgl RIS-Justiz RS0006965). Ein Rückschein über die Zustellung der angefochtenen Entscheidung an die Betroffene ist nicht aktenkundig. Die Betroffene führt aus, die für sie bestimmte Entscheidungsausfertigung nicht erhalten zu haben. Im Übrigen wäre im außerstreitigen Verfahren auch auf verspätete Rekurse Rücksicht zu nehmen, wenn sich die Verfügung noch ohne Nachteil eines Dritten abändern lässt (§ 11 Abs 2 AußStrG).

Der Rekurs ist, soweit er sich gegen die Entscheidung im Rahmen der Verfahrenshilfe richtet, unzulässig, im Übrigen ist er nicht berechtigt.

Gemäß § 14 Abs 2 Z 2 AußStrG ist der Revisionsrekurs in Verfahrenshilfesachen jedenfalls unzulässig. Für die Unzulässigkeit des Rekurses gegen die Entscheidung der zweiten Instanz im Rahmen von Verfahrenshilfesachen macht es keinen Unterschied, ob die zweite Instanz in Erledigung eines Rechtsmittels oder unmittelbar erstinstanzlich entschieden hat (vgl RIS-Justiz RS0017159 zur Bestimmung von Sachverständigengebühren).

Dies bedeutet, dass über die Frage der Kostenlosigkeit von Aktenabschriften im Rahmen der Verfahrenshilfe der Rechtszug an den Obersten Gerichtshof jedenfalls unzulässig ist. Diesbezüglich war der Rekurs zurückzuweisen.

Im Außerstreitgesetz befindet sich keine Regelung des Rechts auf Akteneinsicht. Nach ständiger Rechtsprechung kann § 219 ZPO hier sinngemäß angewendet werden (RIS-Justiz RS0005803, Danzl, Geo, Anm 3c) zu § 170 Geo).

Über den Antrag auf Gewährung der Akteneinsicht eines Verfahrensbeteiligten entscheidet der in der anhängigen Zivilrechtssache zuständige Richter (vgl Danzl aaO Anm 22). Gegen die Ablehnung der Akteneinsicht steht der Rekurs nach § 514 Abs 1 ZPO offen (6 Ob 250/98b uva, Danzl aaO Anm 23).

Das von der Betroffenen angerufene Rekursgericht hat zutreffend erkannt, dass es für die Entscheidung über die Akteneinsicht in den erstinstanzlichen Sachwalterschaftsakt funktionell nicht zuständig ist. Es lag ihm bereits der Beschluss des Bezirksgerichtes Fünfhaus (Erstgericht im Sachwalterschaftsverfahren 2 P 196/99w) vom 25. 6. 2001 vor, mit dem über den gleichartigen Antrag der Betroffenen auf Akteneinsicht und Herstellung von Abschriften bereits entschieden wurde. Es konnte deshalb unterlassen, den Antrag gemäß § 44 JN an das zuständige Bezirksgericht Fünfhaus zu überweisen.

Zur Einsicht in Rechtsmittelakten verwies das Rekursgericht zutreffend auf die Entscheidung 5 Ob 551/90. Rechtsmittelakten bestehen in aller Regel nur aus den Ausfertigungen der vorinstanzlichen Entscheidungen und dem Entscheidungsentwurf sowie dem Protokoll über die Abstimmung bzw dem Abstimmungsvermerk. Gemäß § 219 Abs 1 ZPO ist es den Parteien verwehrt, in Entwürfe zu Urteilen und Beschlüssen sowie in Protokolle über Beratungen und Abstimmungen des Gerichtes Einsicht zu nehmen. Dies bedeutet, dass der Rechtsmittelakt soweit er der Einsicht einer Partei zugänglich ist, nur die Entscheidung enthält, deren Ausfertigung den Parteien ohnedies zugestellt wird. Im Regelfall ist daher die Zustellung der Entscheidungsausfertigung zur Wahrung der verfahrensrechtlichen Interessen der Partei hinreichend. Ein darüber hinausgehendes Interesse der Betroffenen ist im vorliegenden Fall nicht zu erkennen. Im Übrigen lässt der Antrag auf Einsicht in alle Akten der Geschäftsabteilung 45 nicht erkennen, in welche konkreten Akten die Betroffene Einsicht begehrt.

Stichworte