OGH 4Ob253/01m

OGH4Ob253/01m13.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter G*****, vertreten durch Dr. Werner Bartlmä, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Hugo J*****, vertreten durch Dr. Franz Niederleitner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Feststellung (Streitwert 400.000 S), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 12. September 2001, GZ 6 R 157/01g-11, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kann zwar ein gerichtlicher Vergleich (SZ 22/52; SZ 24/135; EvBl 1962/86; EvBl 1969/320; SZ 43/116; JBl 1976, 489; JBl 1979, 322; ARD 4280/22/91; MietSlg 51.764 mwN), nicht aber ein Urteil (GlUNF 6869) mit Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit gem § 228 ZPO angefochten werden. Die unterschiedliche Behandlung liegt darin begründet, dass der gerichtliche Vergleich keine gerichtliche Entscheidung ist (JBl 1961, 365; ZBl 1937/454), dass er daher auch weder mit einem Rechtsmittel noch mit einer Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmsklage angefochten werden kann (SZ 22/52; EvBl 1962/86) und dass er auch nicht der materiellen Rechtskraft teilhaft wird (Fasching aaO Rz 1332). Die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Vergleiches übernimmt deshalb in diesem Bereich die Funktion der Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage (Fasching, LB2 Rz 1363; 9 ObA 1004/91); so weit aber das Verfahrensrecht zur Feststellung der Rechtswirksamkeit oder deren Bekämpfung eigene Behelfe vorsieht, ist eine Feststellungsklage ausgeschlossen (Fasching aaO Rz 1091).

Ein Interesse an der Feststellungsklage ist zu bejahen, wenn das Feststellungsbegehren geeignet ist, über die Rechtsbeziehungen der Parteien ein für allemal Klarheit zu schaffen (stRsp ua 2 Ob 590/91; 9 ObA 55/94; 9 ObA 255/99m; 9 ObA 252/00z). Ist in zwei anhängigen Rechtsstreiten über denselben Sachverhalt zu entscheiden, weil beide Sachanträge dasselbe Rechtsschutzziel, nur mit umgekehrten Vorzeichen, anstreben, und ist zudem Parteienidentität gegeben, so wäre es widersinnig, die Führung der beiden Verfahren nebeneinander zuzulassen, bei denen das Begehren der zweiten Klage bei völlig identischem Sachverhalt das begriffliche Gegenteil des ersten Begehrens ist, ist doch die Streitanhängigkeit die Vorläuferin der Einmaligkeitswirkung (ne bis in idem) der materiellen Rechtskraft und deckt sich auch in ihren Auswirkungen mit dieser vollständig. So wie das Gesetz den Parteien ein Rechtsschutzbedürfnis für einen neuen Prozess über einen entschiedenen Anspruch versagt, billigt es ihnen auch kein Rechtsschutzbedürfnis an einem weiteren Prozess über einen Anspruch zu, der bereits Gegenstand eines Rechtsstreits ist. Die Forderung nach Rechtssicherheit und Entscheidungsharmonie steht im Vordergrund, und diese Kriterien gestatten die allenfalls widersprechende Beantwortung einer in zwei Rechtsstreitigkeiten völlig gleichlautenden Rechtsfrage nicht (so zur Frage des Verhältnisses zwischen positiver und negativer Feststellungsklage: SZ 70/261 mwN; EvBl 1999/145).

Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung, wenn sie die Zulässigkeit einer Klage auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit eines in einem Verfahren zwischen denselben Parteien ergangenen Anerkenntnisurteils deshalb verneint, weil damit ein - im Gesetz nicht vorgesehener - Eingriff in die materielle Rechtskraft des Urteils verbunden wäre. Die Entscheidung SZ 8/162 ist nicht einschlägig, weil es dort um die Anfechtung einer gerichtlichen Entscheidung in einem Verfahren ging, das von den Parteien in gemeinsamer Absprache unter Behauptung unrichtiger Tatsachen allein zur Umgehung zwingender gesetzlicher Bestimmungen geführt wurde.

Die Frage, ob die Vorinstanzen die richtige Entscheidungsform gewählt haben oder ob die Klage abzuweisen gewesen wäre, begründet keine erhebliche Rechtsfrage.

Stichworte