OGH 7Ob189/01x

OGH7Ob189/01x26.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach dem am ***** verstorbenen Helmut H*****, vertreten durch Dr. Franz Marschall, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Emilia W*****, vertreten durch Mag. Dr. Erhard Buder und Dr. Gabriele Herberstein, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 930.000,-- sA, über die außerordentliche Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 18. April 2001, GZ 11 R 207/00t-24, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die angefochtene Entscheidung steht mit den Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 1435 ABGB und insbesondere mit der Entscheidung 1 Ob 703/88, SZ 62/5 = JBl 1989, 590 = RZ 1989, 113/38, auf die sich die Revisionswerberin stützen will, im Einklang. Danach sind außergewöhnliche Zuwendungen, die in der erkennbaren Erwartung des Fortbestehens (oder der Aufnahme) einer Lebensgemeinschaft oder - wie hier - in Erwartung einer Eheschließung unentgeltlich erbracht wurden, bei Zweckverfehlung rückforderbar (vgl JBl 1988, 253; 4 Ob 2021/96a ua; Rummel in Rummel, ABGB3 Rz 8 zu § 1435). Entgegen der Ansicht der Beklagten kann auch keine Rede davon sein, dass die betreffende oberstgerichtliche Judikatur uneinheitlich wäre und etwa die erwähnte Entscheidung 1 Ob 703/88 mit den vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen 3 Ob 515/91, JBl 1991, 588 und 4 Ob 2335/96b, EFSlg 81.584 in Widerspruch stünde.

Es entspricht stRsp, dass der in § 815 dBGB ausdrücklich normierte Grundsatz, ein Bereicherungsanspruch werde versagt, wenn der Leistende den Eintritt des Geschäftszweckes wider Treu und Glauben verhindere, auch für den österreichischen Rechtsbereich Gültigkeit hat (1 Ob 703/88; RIS-Justiz RS0033767). Für die rechtsvernichtende Tatsache, dass der (während des Berufungsverfahrens verstorbene, ursprüngliche) Kläger den Eintritt des Geschäftszweckes wider Treu und Glauben vereitelte, wäre die Beklagte beweispflichtig gewesen (vgl 1 Ob 703/88 mwN). Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes hat aber der Rückforderungsausschluss iSd § 815 dBGB etwa bei einer Lebensgemeinschaft insofern keine bzw weniger Bedeutung, als dabei keine Treue- und Fortsetzungspflicht besteht (6 Ob 725/87; 3 Ob 515/91) und es daher auf die Ursachen der Auflösung der Lebensgemeinschaft nicht ankommt. Selbst wenn ein Kläger die Fortsetzung der Lebensgemeinschaft vereitelt hätte, stünde ihm der Anspruch auf Ersatz im Rahmen des verschafften Nutzens zu (2 Ob 509/87, EFSlg 54.321; 4 Ob 2335/96b). Ein Verschulden des Leistenden an der Auflösung einer Lebensgemeinschaft mit dem Leistungsempfänger hat noch nicht seinen Ausschluss von Rückforderungsansprüchen zur Folge; vielmehr müssten besondere Umstände und ein besonderes Verpflichtungsverhältnis vorliegen, um einen derartigen Ausschluss zu rechtfertigen. Wiederholt hat der Oberste Gerichtshof daher bereits ausgesprochen, dass das Verschulden eines Klägers am Scheitern der Lebensgemeinschaft nicht seinen Anspruch auf ein am verschafften Nutzen orientiertes angemessenes Entgelt hindert (RIS-Justiz RS0033759). Dass diese Grundsätze in gleicher Weise für die Auflösung eines Verlöbnisses zwischen - wie im vorliegenden Fall - nicht in Lebensgemeinschaft lebenden Streitparteien zu gelten haben, liegt auf der Hand.

Eine Zweckvereitelung wider Treu und Glauben ist, wie der Oberste Gerichtshof in der bereits mehrfach erwähnten Entscheidung 1 Ob 703/88 (mwN) ausgesprochen hat, nicht schon dann gegeben, wenn eine Seite grundlos ein Verlöbnis auflöste, da die Verpflichtungswirkung des Verlöbnisses nicht so weit reicht. Umstände, wonach die Auflösung des gegenständlichen Verlöbnisses, wie die Beklagte behauptet, wider Treu und Glauben erfolgt wäre, wurden weder von ihr vorgebracht, noch von den Vorinstanzen festgestellt. Dabei spielt es selbstredend keine Rolle, dass der Kläger sein Heiratsversprechen nicht einfach (grundlos) zurückgenommen, sondern sich unter Hinweis darauf, dass er sich dadurch einen Pensionsanspruch erhalten könne, bereit erklärt hat, die Beklagte lediglich kirchlich zu ehelichen. Die - von der Revisionswerberin als iSd § 502 Abs 1 ZPO als erheblich angesehene - Frage, ob das durch Verlöbnis gegenseitig gegebene vorläufige Versprechen, sich zu ehelichen, auch durch eine kirchliche Trauung erfüllt werde, bedarf daher keiner Erörterung.

Stichworte