Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben und das angefochtene Urteil mit der Maßgabe bestätigt, dass es anstelle des Ausspruches über die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung zu lauten hat:
"Festgestellt wird, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Streitteilen trotz der Kündigungserklärung des Klägers vom 27. 1. 2000 über den 10. 2. 2000 hinaus fortbesteht."
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 22.017,78 (darin S 3.669,63 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die vom Kläger selbst ausgesprochene Kündigung unter einem anfechtbaren Willensmangel zustandegekommen ist, zutreffend bejaht. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:
Auch eine Dienstnehmerkündigung kann als einseitige
empfangsbedürftige Willenserklärung, wenn Willensmängel behauptet
werden, wie jedes andere Rechtsgeschäft nach den allgemeinen Regeln
angefochten werden (9 ObA 205/99h = ecolex 2000, 139 ((Mazal)), DRdA
2000, 293 ((Rummel)) = ZAS 2000/153 ((Gerlach)), weil die
Bestimmungen der §§ 869 bis 875 ABGB auf "sonstige
Willenserklärungen, welche einer anderen Person gegenüber abzugeben
sind", also insbesondere auf einseitige Rechtsgestaltungserklärungen,
entsprechend Anwendung finden (stRsp RIS-Justiz RS0028513, zuletzt 9
ObA 205/99h). Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Drohung mit einem
Übel, durch dessen an sich erlaubte Zufügung der Drohende sein
Interesse wahrt, im Allgemeinen nicht widerrechtlich. Die
Rechtswidrigkeit ist aber zu bejahen, wenn die Drohung als Mittel zur
Herbeiführung eines Erfolges dient, auf den der Drohende keinen
Anspruch hatte oder wenn Mittel und Zweck für sich betrachtet zwar
rechtmäßig sind, aber das Mittel zur Erreichung gerade dieses Zweckes
nicht angemessen ist. Entscheidend ist also, ob die Drohung nach Treu
und Glauben bzw nach der Auffassung aller billig und gerecht
Denkenden als angemessenes Mittel zur Erreichung des angestrebten
Zweckes zu werten ist oder ob der Drohende einen Anspruch auf
Erreichung gerade dieses Zweckes hatte (9 ObA 205/99h mwN).
Kündigt daher der Arbeitnehmer das Dienstverhältnis unter dem Eindruck der Ankündigung des Arbeitgebers, ihn zu entlassen, kommt es entscheidend darauf an, ob für den Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Androhung der Entlassung plausible und objektiv ausreichende Gründe
für deren Ausspruch gegeben waren (9 ObA 205/99h, 8 ObA 2/99y = Arb
11.888 = WBl 1999/368 ua). Schon nach dem eigenen Vorbringen (AS 13),
über welches die Feststellungen diesbezüglich nicht hinausgehen, verfügte die beklagte Arbeitgeberin lediglich über die nicht näher konkretisierte Information, dass der Kläger in einem Betrieb der O*****, wo er in der Kantine als Koch arbeitete, zwei Frauen, mit denen er in beruflichem Kontakt stand, in Form von "Telefonterror" belästigt und ihnen beim persönlichen Aufeinandertreffen Szenen gemacht habe. Diese Information stammte vom Obmann des Zentralbetriebsrates der O*****, bei welcher die Beklagte einige Kantinen betrieb. Die beklagte Partei fand es vor dem Gespräch mit dem Kläger, in welchem diesem die Entlassung angedroht wurde, nicht für notwendig, diese vagen Informationen auch nur einigermaßen konkretisieren zu lassen. Sie konfrontierte den Kläger daher auch nur mit unbestimmten und für diesen auch nicht ohne weiteres verifizierbaren oder widerlegbaren Vorwürfen. Eine Konkretisierung erfolgte lediglich dadurch, dass der Kläger selbst die Auseinandersetzungen mit seiner früheren Freundin, welche das Verhältnis nicht fortsetzen wollte, schilderte. Da jedoch die beklagte Partei auf einer Entlassung beharrte, blieb im Unklaren, inwieweit auch in diesem Zusammenhang noch weitere Vorwürfe gegen ihn erhoben würden. Die Drohung mit der Entlassung führte daher für den Kläger wie für jeden anderen in seiner Lage zu einer Zwangssituation, weil die ihm eingeräumte eintägige Überlegungsfrist mangels Konkretisierung der Vorwürfe keine ausreichende Möglichkeit bot, diese auf ihren Gehalt hin zu prüfen. Die vom Kläger selbst zugestandenen und hier festgestellten Auseinandersetzungen mit seiner ehemaligen Freundin konnten der beklagten Partei nicht für die Annahme eines plausiblen Entlassungsgrundes dienen. Wenngleich die frühere Freundin des Klägers die fünf festgestellten Anrufe, bei denen der Kläger von ihr eine Erklärung für die Beendigung ihres Verhältnisses verlangte, begreiflich als Belästigung empfunden hatte, lag darin - auch für die Beklagte erkennbar - keine sexuelle Belästigung oder ein sonstiger Entlassungsgrund im Sinne des § 82 GewO.
Die vom Kläger - für andere Personen hörbar - geäußerten Vorwürfe gegenüber seiner früheren Freundin "Wenn du Charakter hättest, würdest du zum Billa einkaufen gehen; ich möchte dich hier nicht mehr sehen" oder "Was bildest du dir ein, ich habe mich wegen dir scheiden lassen und jetzt stehe ich so da", sind wie vom Berufungsgericht zutreffend beurteilt, keine groben Ehrenbeleidigungen im Sinne des § 82 lit g GewO, erster Tatbestand. Um diesen Entlassungsgrund zu verwirklichen, müsste die Äußerung objektiv geeignet sein, im erheblichen Maße ehrverletzend zu wirken, dh den Umständen nach, unter welchen sie erfolgt, von einem Menschen mit normalem Ehrgefühl nicht anders als mit dem Abbruch der Beziehungen beantwortet werden (RIS-Justiz RS0029827). Da somit die Arbeitgeberin zum Zeitpunkt der Androhung der Entlassung nicht über plausible und objektiv ausreichende Gründe für deren Ausspruch verfügte, ging ihre diesbezügliche Drohung über das Maß des Erlaubten hinaus und war daher widerrechtlich.
Aus Anlass der Revision war jedoch der Spruch des Berufungsurteils im Sinne der ständigen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0039019) zu korrigieren. Danach hat nämlich das Urteil nicht auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Erklärung, sondern auf Feststellung des aufrechten Bestehens des betroffenen Rechtsverhältnisses zu lauten. Das Gericht hat ein Klagebegehren seinem Sinngehalt nach zu verstehen und erforderlichenfalls von Amts wegen den Urteilsspruch dem tatsächlichen Begehren des Klägers anzupassen (ständige Rechtsprechung RdW 1997, 593, ÖBl 1991, 90, SZ 61/242; 1 Ob 239/97x uva). Wohl ist das - im Revisionsverfahren noch relevante - Urteilsbegehren "Die vom Kläger inhaltlich des Schreibens vom 27. 1. 2000 erklärte Kündigung dessen Dienstverhältnisses mit der geklagten Partei ist unwirksam" nicht völlig eindeutig, doch geht aus dem Vorbringen (AS 3 und 5) ausreichend klar hervor, dass der Kläger seine Kündigungserklärung wegen eines Willensmangels anficht und deshalb die Feststellung des Fortbestandes seines Arbeitsverhältnisses begehrt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41, 50 Abs 1 ZPO.
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