OGH 9Ob95/01p

OGH9Ob95/01p9.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Emma G*****, Landwirtin, *****, vertreten durch Dr. Harald Ofner und Dr. Thomas Wagner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wegen S 39.130,50 sA und Feststellung (Streitwert S 20.000; Revisionsinteresse S 59.130,50), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 15. Jänner 2001, GZ 35 R 662/00p-24, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 28. September 2000, GZ 34 C 1476/98g-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

 

Spruch:

gefasst:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.059,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Dem Verfahren liegt das Begehren der Klägerin auf Zahlung des Förderungsbetrags von S 39.130,50 sA auf Grund ihrer Teilnahme an der ÖPUL-Fruchtfolgestabilisierung im Rahmen des österreichischen Umweltprogramms 1996 gemäß der VO (EWG) Nr 2078/92 des Rates vom 30. 6. 1992 zugrunde. Des weiteren begehrt sie die Feststellung, dass sie berechtigt sei, an der ÖPUL-Fruchtfolgestabilisierung teilzunehmen. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Klägerin ihren Anspruch auf das die Förderung begründende privatrechtliche Verhältnis zwischen den Parteien und nicht auf ein allfälliges rechtswidriges schuldhaftes Organhandeln in Ausübung der Hoheitsverwaltung stützt (vgl 1 Ob 33/94).

Der Klägerin wurde die begehrte Förderung, die unstrittig im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung erfolgt, nicht bewilligt, weil sie den Förderungsantrag irrtümlich falsch ausgefüllt hatte, sodass die primäre Förderungsvoraussetzung, dass die gesamte Ackerfläche mit maximal 75 % Getreide und Mais bewirtschaftet werde, infolge geringfügiger Überschreitung der Grenze von 75 % entgegen den tatsächlichen Gegebenheiten bei der Klägerin nicht gegeben war.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Erstgerichts nicht Folge. Es bestehe keine Verpflichtung, unberechtigte Förderungsgesuche dahin zu überprüfen, ob sie entgegen den Angaben der Antragstellerin allenfalls doch berechtigt seien. Ein offensichtlicher Fehler sei aus dem Antrag der Klägerin nicht erkennbar gewesen. Die Zulassung der ordentlichen Revision begründete das Berufungsgericht damit, dass ein vergleichbarer Rechtsfall vom Obersten Gerichtshof bisher nicht entschieden worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Ein Berufungsurteil ist nur anfechtbar, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt (§ 502 Abs 1 ZPO). Bei dieser Zulässigkeitsprüfung ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht an den diesbezüglichen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO gebunden. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Die Klägerin bringt zur Zulässigkeit der Revision nichts Näheres vor, sondern verweist nur auf die Zulassung und diesbezügliche Begründung des Berufungsgerichts.

Die Beklagte bestreitet in ihrer Revisionsbeantwortung die Zulässigkeit der Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage und beantragt die Zurückzuweisung.

Die Revision ist unzulässig, weil die Revisionsentscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO abhängig ist.

Subventionen sind nach der vom OGH übernommenen Terminologie der Lehre vermögenswerte Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln, die ein Verwaltungsträger oder eine andere mit der Vergabe solcher Mittel betraute Institution einem Privatrechtssubjekt zukommen lässt, wobei sich der Subventionsempfänger zu einem im öffentlichen Interesse gelegenen subventionsgerechten Verhalten verpflichtet, das anstelle eines marktgerechten Entgelts tritt (Wenger in Wenger, Förderungsverwaltung, 42; Adamovich/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 188; ÖZW 1996, 51 [Kalss]; SZ 68/13; 1 Ob 33/94; RIS-Justiz RS0018996). Der weite Bereich der Subventionsgewährung fällt in der Regel (und auch im Zweifel) unter die Privatwirtschaftsverwaltung (SZ 61/261 = JBl 1990, 169 [Ohms]; 1 Ob 33/94; 2 Ob 594/91; RIS-Justiz RS0049755, RS0049747); dies gilt unstrittig auch für den vorliegenden Fall. Die Vergabe erfolgt im Fall der Privatwirtschaftsverwaltung nicht durch Bescheid, sondern auf privatrechtlichem Weg, in der Regel durch Vertrag (Adamovich/Funk aaO 188; SZ 68/13; RIS-Justiz RS0037100).

Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt im Einklang mit der Lehre erkannt hat, besteht auf die Gewährung einer Subvention im allgemeinen kein Rechtsanspruch (vgl auch Pkt 1.14 ÖPUL-Sonderrichtlinie, Beil ./3). Ein solcher entsteht in der Regel erst dann, wenn eine Subvention bescheidmäßig oder durch Abschluss eines privatrechtlichen Rechtsgeschäfts zuerkannt wurde. Der Rechtsanspruch ist im Fall der bescheidmäßigen Zuerkennung im Weg einer Klage beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 137 B-VG, sonst im Rechtsweg durchzusetzen (Adamovich/Funk aaO 191; 2 Ob 594/91; RIS-Justiz RS0018989).

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass für eine Gebietskörperschaft, soweit sie im Rahmen des Privatrechts tätig wird, auch dessen Grundsätze gelten und damit grundsätzlich auch die Privatautonomie gilt. Da über § 16 ABGB die allgemeinen Wertvorstellungen der verfassungsmäßig garantierten Grundrechte in die Privatrechtsordnung einfließen (Aicher in Rummel, ABGB3 Rz 30 ff zu § 16 mwN; RIS-Justiz RS0084879), sind der Privatautonomie neben ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmungen auch aus dem verfassungsgesetzlich garantierten Gleichheitssatz Grenzen gesetzt, wo besondere Umstände hinzukommen. So haben der OGH und die Lehre den Grundsatz entwickelt, dass über die Rechtsfolgen des § 879 ABGB hinaus bei rechtswidriger Vertragsverweigerung immer dort Kontrahierungszwang besteht, wo die Ausnützung einer Monopolstellung wegen faktischer Übermacht eines Beteiligten diesem bei bloß formaler Parität die Möglichkeit der "Fremdbestimmung" über andere gibt und darum gegen die guten Sitten verstieße bzw durch Nichtkontrahieren in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise Schaden zugefügt würde. Insbesondere steht die öffentliche Hand auch bei privatrechtlicher Tätigkeit und gerade bei Subventionsvergaben unter den weitgehenden Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes (SZ 65/166 = ÖZW 1993, 55; ÖZW 1996, 51 [Kalss]; RIS-Justiz RS0038110).

Der Förderungsgeber tritt mit Beginn des Verteilungsvorgangs gegenüber allen, die nach dem vorgegebenen Förderungsziel abstrakt als Empfänger in Betracht kommen, in ein - der Art nach dem vorvertraglichen Schuldverhältnis vergleichbares - gesetzliches Schuldverhältnis (4 Ob 1529/96; RIS-Justiz RS0102013). Dieses wird nach der Herkunft der Mittel und der im Gemeinschaftsinteresse gelegenen Zielsetzung durch ein Diskriminierungsverbot iSd Gleichbehandlungsgrundsatzes bestimmt. Die Einhaltung dieses Grundsatzes ist unabdingbar und auch im Fall der privatrechtlichen Ausgestaltung des Verteilungsvorgangs zum Schutz der Leistungsempfänger einer privatautonomen Regelung zu deren Nachteil entzogen (§ 879 Abs 1 ABGB; ÖZW 1996, 51 [Kalss]). Die Bindung an den Gleichheitsgrundsatz auch bei privatrechtlicher Subventionsvergabe besagt, dass gleiche Sachverhalte gleich zu behandeln sind. In einem Fall willkürlicher Weigerung stünde dem Benachteiligten ein direkter Leistungsanspruch zu, wobei der Subventionswerber die Begünstigung einer mit ihm in äußerlich gleicher Situation befindlichen Mehrheit zu beweisen hätte, dem Subventionsgeber der Beweis eines sachlichen Differenzierungsgrundes möglich wäre (ÖZW 1996, 51 [Kalss]).

Mit dieser Rechtsprechung steht die angefochtene Entscheidung im Einklang. Die Klägerin beklagt, keine Förderung bekommen zu haben; es sei zwar richtig, dass sie laut ihren eigenen Angaben im Förderungsantrag die Förderungsvoraussetzungen nicht erfüllt habe; es wäre ihr jedoch Gelegenheit zu geben gewesen, den erkennbaren Irrtum zu berichtigen. Sie behauptet dabei jedoch keine Willkür oder eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes durch den Förderungsgeber. Es steht sogar unbekämpft fest, dass im Jahr 1996 auch in ähnlichen Fällen geringfügiger Überschreitungen des Getreide-Mais-Anteils von 75 % keine Förderung gewährt wurde. Es steht auch fest, dass die unrichtigen Angaben der Klägerin mit den übrigen Angaben im Förderungsantrag nicht in Widerspruch standen. Die Verneinung des Vorliegens eines offenkundigen Fehlers durch das Berufungsgericht erscheint daher plausibel; keinesfalls kann darin eine krasse Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts erblickt werden. Letztlich hängt aber die Auslegung und Beurteilung von rechtsgeschäftlichen Parteierklärungen von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, denen in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (RIS-Justiz RS0044358).

Aus dem Verweis der Revisionswerberin auf Art 5a VO (EWG) Nr 3887/92 der Kommission vom 23. 12. 1992, wonach ein Beihilfeantrag jederzeit angepasst werden könne, wenn die Behörde einen offensichtliche Fehler anerkenne, kann für die Begründung der Zulässigkeit der Revision iS einer erheblichen Rechtsfrage nichts Wesentliches abgeleitet werden. Zum einen ist die Offenkundigkeit fraglich und mit vertretbarer Begründung vom Berufungsgericht verneint worden, zum anderen wurde das Vorliegen eines offenkundigen Fehlers vom Förderungsgeber verneint. Dass dies willkürlich geschehen wäre, wurde weder von der Revisionswerberin behauptet, noch bestehen dafür Anhaltspunkte. Auf die Frage der Verspätung des Korrekturversuches der Klägerin braucht daher gar nicht mehr eingegangen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO; die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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