OGH 8Ob72/01y

OGH8Ob72/01y12.4.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Konkurssache der Gemeinschuldnerin H***** GmbH, ***** (20 S 346/98b des Landesgerichtes Wels), vertreten durch den Masseverwalter Dr. Heinrich Oppitz, Rechtsanwalt in Wels, wegen Feststellung des Verteilungsentwurfes, infolge Revisionsrekurses des Masseverwalters und des Konkursgläubigers OÖ Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 21. Februar 2001, GZ 2 R 19/01d und 2 R 20/01a-41, mit dem infolge Rekurses der Konkursgläubigerin A***** Baugesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, der Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 18. Jänner 2001, GZ 20 S 346/98-35 abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 27. April 1998 zu GZ 20 S 346/98b-4 wurde das Konkursverfahren eröffnet und die erste Gläubigerversammlung und Berichtstagsatzung sowie allgemeine Prüfungstagsatzung für den 23. 7. 1998 anberaumt.

Der hier maßgebliche Konkursgläubiger meldete in weiterer Folge bereits vor dieser Tagsatzung eine Konkursforderung von S 3,560.930,32 aus Lieferungen an, die auch im Ausmaß von S 3,545.308,67 unbestritten blieb und anerkannt wurde.

Der Masseverwalter brachte jedoch dann gegen diesen Konkursgläubiger eine Anfechtungsklage wegen inkongruenter Deckung in Höhe von weiteren S 1,484.682,10 ein. Dieser wurde schließlich rechtskräftig mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 29. 8. 2000 zu GZ 1 Ob 168/00p, eingelangt beim Vertreter dieses Konkursgläubigers am 22. 9. 2000, stattgegeben.

Am 9. 12. 2000 fasste das Erstgericht einen Beschluss, wonach "zur Prüfung der Forderungen, die erst nach Ablauf der Anmeldungsfrist angemeldet und in der allgemeinen Prüfungstagsatzung nicht verhandelt worden sind, und der allenfalls bis zur Tagsatzung etwa noch angemeldeten Konkursforderungen" und "zur Verhandlung und Beschlussfassung über die vom Masseverwalter gemäß § 121 KO gelegte Rechnung "sowie" zur Verhandlung über allfällige Erinnerungen gegen den Verteilungsentwurf" eine Tagsatzung für den 18. 1. 2001 anberaumt wurde. Dabei wies es darauf hin, dass im Verteilungsentwurf eine Quote von 3,9 % vorgesehen ist. Dieser Beschluss wurde in der Insolvenzdatei noch am gleichen Tag wie folgt kundgemacht:

"Tagsatzung: ...... nachträgliche Prüfungstagsatzung

Rechnungslegungstagsatzung

Verteilungstagsatzung

Die Konkursgläubiger und der Gemeinschuldner können in die vom Masseverwalter gelegte Rechnung Einsicht nehmen und allfällige Bemängelungen bei der Tagsatzung oder vorher durch Schriftsatz anbringen. Der Masseverwalter hat einen Verteilungsentwurf vorgelegt. Den Konkursgläubigern und dem Gemeinschuldner steht es frei, in diesen Einsicht zu nehmen und binnen 14 Tagen ihre Erinnerungen anzubringen.

......"

Der Konkursgläubigerin wurde dieser Beschluss erst am 8. Jänner 2001 zugestellt.

Diese meldete am 11. Jänner 2001 eine weitere Forderung aus der infolge Anfechtung an die Masse zurückgezahlten S 1,484.682,10 samt Zinsen in Höhe von S 117.798,34 insgesamt sohin S 1,602.480,44 an.

Am 15. Jänner stellte der Konkursgläubiger einen Antrag auf Verlegung der Verteilungstagsatzung, da die Ladung nicht rechtzeitig erfolgt sei und machte dabei auch geltend, dass es sich nicht um eine Tagsatzung zur Prüfung der "Schlussrechnung", sondern nur um eine Rechnungslegungstagsatzung handle.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab.

Mit dem hier maßgeblichen Beschluss genehmigte das Erstgericht in der Verteilungstagsatzung den Verteilungsentwurf, der die zuletzt genannte Forderungsanmeldung nicht berücksichtigt. Dabei stützte es sich darauf, dass diese Konkursgläubigerin ausreichend Zeit gehabt hätte, ihre zweite Forderungsanmeldung rechtzeitig einzubringen.

Das Rekursgericht wies den gegen die Abweisung des Vertagungsantrages gerichteten Rekurs der Konkursgläubigerin wegen mangelnden Rechtschutzinteresses zurück, gab jedoch dem Rekurs gegen die Genehmigung des Verteilungsentwurfes Folge. Dabei trug es dem Masseverwalter auf, dem Konkursgericht einen neuen Verteilungsentwurf unter Berücksichtigung der zuletzt genannten Forderungsanmeldung zur Genehmigung vorzulegen. Es ging dabei davon aus, dass zwar nach § 107 Abs 1 KO Forderungen, die später als 14 Tage vor der Tagsatzung zur Prüfung der Schlussrechnung angemeldet werden, nicht zu beachten sind. Dies solle verhindern, dass die Schlussverteilung und der Verteilungsentwurf mehrmals geändert werden müssen. Hier wäre es aber auch bei Berücksichtigung der Forderungsanmeldung zu keiner Verzögerung gekommen, weil dem Masseverwalter die Höhe der Forderung im Hinblick auf den Anfechtungsprozess ohnehin bekannt gewesen sei.

Wesentlich sei, dass das Erstgericht in seinem Beschluss selbst darauf hingewiesen habe, dass "allenfalls bis zur Tagsatzung etwa noch angemeldete Konkursforderungen" zu prüfen seien. Die darauf folgende Genehmigung des Verteilungsentwurfes ohne Berücksichtigung der dann noch angemeldeten Forderung verstoße gegen den Grundsatz des " fair trial". Hinzu komme, dass sich die Abfertigung der Ladungen wegen der Weihnachtsfeiertage verzögert habe und erst am 8. 1. 2001, also einem Zeitpunkt, zu dem die 14-Tagefrist vor dem 18. 1. 2001 bereits in Lauf gesetzt war, zugestellt wurde. Wesentlich sei aber im Ergebnis doch die individuelle Zustellung und nicht die Bekanntgabe in der Insolvenzdatei, da nicht jedem mittellosen Österreicher die Installierung und der Gebrauch eines Internetanschlusses zugemutet werden könne. Jedenfalls sei wegen der unrichtigen Rechtsbelehrung durch das Erstgericht die Prüfung noch in die Verteilung miteinzubeziehen.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht im Hinblick auf eine mangelnde Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes als zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diesen Beschluss erhobenen Revisionsrekurse des Masseverwalters sowie der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse als Konkursgläubigerin sind zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Rekurslegitimation des Masseverwalters ergibt sich schon daraus, dass er gemäß § 81 Abs 2 KO die gemeinsamen Interessen aller Konkursgläubiger gegenüber den Sonderinteressen einzelner Beteiligter zu wahren hat (vgl OGH 22. 12. 1999, 8 Ob 125/99m).

§ 107 Abs 1 KO regelt, dass Forderungen, die erst nach Ablauf der Anmeldungsfrist angemeldet und in der allgemeinen Prüfungstagsatzung nicht verhandelt worden sind, in einer besonderen Prüfungstagsatzung geprüft werden. Ferner legt diese Bestimmung fest, dass Forderungen, die später als 14 Tage vor der Tagsatzung zur Prüfung der "Schlussrechnung" angemeldet werden, nicht zu beachten sind. Dies stellt nun eine Einschränkung des allgemeinen Grundsatzes dar, wonach Konkursgläubiger ihre Forderungen bis zur rechtskräftigen Konkursaufhebung geltend machen können (vgl auch RIS Justiz RS0065228 = SZ 43/51 = EvBl 1970/269, 464 = JBl 1973, 47; 8 Ob 125/99m; RIS-Justiz RS0106826). Durch § 107 Abs 1 KO soll verhindert werden, dass sich die Schlussverteilung verzögert (vgl Konecny in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen § 107 KO Rz 12).

Wesentlich ist aber, dass sich diese Rechtsfolge nur auf die "Schlussverteilung" bezieht, hingegen bei anderen Verteilungen § 134 KO ja sogar ausdrücklich vorsieht, dass Gläubiger, deren Forderungen wegen verspäteter Anmeldung bei einer Verteilung nicht berücksichtigt werden können die Möglichkeit zusteht, bei der folgenden Verteilung einen Betrag voraus zuerhalten, der ihrer Gleichstellung mit den übrigen Gläubigern entspricht.

Dies ergibt sich auch aus der allgemeinen Struktur des Verwertungs- und Verteilungsverfahren nach der Konkursordnung, wonach einerseits der Masseverwalter über Anordnung des Konkursgerichtes nach § 121 Abs 1 KO wiederholt Rechnung zu legen und nach § 128 Abs 2 KO auch die Verteilung an die Konkursgläubiger so oft stattzufinden hat, als ein hinreichendes Massevermögen vorhanden ist. Andererseits ist jedenfalls nach Abschluss der Tätigkeit des Masseverwalters von diesem Rechnung zu legen, die in § 107 Abs 1 "als Schlussrechnung" bezeichnet wird und hat dann nach der zugrundeliegenden vollständigen Verwertung der Masse auch die "Schlussverteilung" im Sinne des § 136 KO zu erfolgen. Für diese sind dann hinsichtlich des Verteilungsentwurfes auch strengere Formvorschriften gegeben.

Daraus ergibt sich aber, dass die Folge des Ausschlusses nach § 107 Abs 1 KO hinsichtlich der Forderungsanmeldung auch nur dann eintreten kann, wenn eine Tagsatzung zur Prüfung der "Schlussrechnung" angeordnet wird oder sonst die mit dieser Tagsatzung verbundenen besonderen Rechtsfolgen ersichtlich sind.

Maßgeblich ist dabei entsprechend dem § 174 Abs 2 iVm § 173a KO primär die öffentliche Bekanntmachung durch die Aufnahme in die Insolvenzdatei (vgl allgemein RIS-Justiz RS0110969 insb 8 Ob 168/00i; RIS-Justiz RS0036582).

Da hier aber lediglich eine "Rechnungslegungstagsatzung" kundgemacht und auch sonst nicht auf deren besonderen Charakter hingewiesen wurde, können auch nicht die Folgen des § 107 Abs 1 letzter Satz KO eintreten.

Im Ergebnis war daher dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.

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