OGH 7Ob241/00t

OGH7Ob241/00t14.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Kuras und Dr. Hoch als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. 1.) Peter P*****, geboren am *****, 2.) David P*****, geboren am *****, und 3.) Ulrike P*****, geboren am *****, alle in der Obsorge ihrer Mutter Rosa P*****, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Horn, Jugendabteilung, als Unterhaltssachwalter, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichtes Krems a. d. Donau als Rekursgericht vom 18. August 2000, GZ 2 R 148/00b-55, womit infolge Rekurses der Minderjährigen der Beschluss des Bezirksgerichtes Eggenburg vom 14. Juni 2000, GZ 2 P 1184/95t-50, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes wird aufgehoben und die Pflegschaftssache dem Rekursgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Text

Begründung

Die beiden am 1. 11. 1985 bzw am 10. 6. 1987 geborenen mj Söhne und die am 7. 3. 1990 geborene mj Tochter entstammen der ersten Ehe ihres Vaters Dipl.Ing. Gerald P*****. Mit pflegschaftsbehördlich genehmigten Scheidungsvergleich wurde die Obsorge der Mutter übertragen. Es verpflichtete sich der Vater im Rahmen eines Vergleiches zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltes von je S 4.400,-- an die beiden Söhne und S 3.700,-- an die mj Tochter. Dabei wurde von einem monatlichen Nettoeinkommen von S 32.200,-- ausgegangen.

Auf Grund eines Erhöhungsantrages der Minderjährigen wurden schließlich mit Beschluss des Rekursgerichtes vom 10. 3. 1999 zu 2 R 263/98h-25 ua die monatlichen Unterhaltsbeträge für die mj Söhne ab 1. 1. 1998 mit je S 5.700,-- und für die mj Tochter ab 1. 1. 1998 mit S 4.400,-- festgesetzt. Dabei ging das Rekursgericht damals ua auch davon aus, dass die im Scheidungsvergleich festgelegte Relation des Unterhaltes zum Gesamteinkommen des Unterhaltsschuldners grundsätzlich weiter zu beachten sei. Da damals beim Vergleich der Unterhalt der Söhne um 1,3 % bzw jener der mj Tocher um 1,2 % unter den normalen Prozentsätzen angesetzt worden sei, seien diese Abzüge auch weiter zu berücksichtigen.

Ein im Folgenden gestellter Antrag des Vaters auf Herabsetzung des Unterhaltes im Wesentlichen wegen Gründung eines neuen Hausstandes wurde schließlich mit Beschluss des Rekursgerichtes vom 4. 1. 2000 zu 2 R 185/99i-42 rechtskräftig abgewiesen.

Mit seinem nunmehrigen Antrag begehrt der Vater die Herabsetzung des Unterhaltes für die beiden mj Söhnen ab 1. 11. 1999 auf S 5.300,-- bzw ab 1. 1. 2000 auf S 4.400,-- und für die mj Tochter ab 1. 11. 1999 auf S 4.000,-- und ab 1. 1. 2000 auf S 3.100,--. Er begründet dies zusammengefasst damit, dass er nunmehr für seine zweite Ehegattin, die ab 1. 1. 2000 nur mehr Karenzgeld beziehe, sowie eine am 12. 9. 1999 geborene Tochter aus seiner zweiten Ehe unterhaltspflichtig sei.

Das Erstgericht setzte die monatlichen Unterhaltsbeiträge für die beiden mj Söhne ab 1. 1. 2000 auf S 4.900,-- und ab 1. 4. 2000 auf S 4.400,-- sowie für die mj Tochter für die Zeit von 1. 1. bis 31. 3. 2000 auf S 3.500,-- herab. Im Übrigen wies es das Herabsetzungsbegehren für die beiden mj Söhne ab 1. 1. 2000 auf S 4.900,-- und ab 1. 4. 2000 auf S 4.000,-- sowie hinsichtlich der mj Tochter ab 1. 1. 2000 bis 31. 3. 2000 auf S 3.100,-- und im Ergebnis auch für die Zeit danach ab. Ebenso wies es das Herabsetzungsbegehren ab 1. 11. 1999 bis 31. 12. 1999 ab. Es ging dabei von einer monatlichen Unterhaltsbemessungsgrundlage von S 45.475,-- aus und errechnete unter Berücksichtigung der Sorgepflichten des Unterhaltsschuldners für die geschiedene und die derzeitige Ehefrau sowie die anderen Kinder die den beiden mj Söhnen zustehenden Prozentsätze ab 1. 1. 2000 mit 12 % bzw ab 1. 4. 2000 mit 11 %, da dann die mj Tochter auch das 10 Lebensjahr erreichte. Bei deren Unterhaltsbemessung ging es von einem Anspruch ab 1. 1. 2000 von grundsätzlich 9 % bzw ab 1. 4. 2000 (10. Lebensjahr) 11 % aus. Es zog jedoch weiters ausgehend von der früheren Rechtsansicht des Rekursgerichtes über die Beibehaltung der Relation des Unterhaltes zum Gesamteinkommen von den jeweiligen Prozentsätzen bei den Söhnen 1,3 % und bei der mj Tochter 1,2 % ab.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluss, soweit er diesen weiteren Abzug von 1,2 bzw 1,3 % zugrundelegte, gerichteten Rekurs der Minderjährigen nicht Folge. Es stützte sich dabei darauf, dass die Unterhaltsvereinbarung entsprechend § 914 ABGB auszulegen sei und grundsätzlich die Relation des Unterhaltes zum Gesamteinkommen beizubehalten wäre. Die wesentlichen Parameter hätten sich nur insoweit geändert, als weitere Sorgepflichten hinzugekommen seien. Es könne den Vertragsparteien nicht unterstellt werden, dass eine Änderung der Verhältnisse zum Nachteil des Unterhaltspflichtigen dazu führe, dass sich seine Unterhaltsleistungen erhöhten.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht als zulässig, da zur Frage der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes bei Beibehaltung dieser Relation zwischen den Kindern aus erster Ehe und jenen aus zweiten Ehe eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Der gegen diesen Beschluss erhobene Revisionsrekurs der Minderjährigen ist zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Es entspricht nun der ständigen Judikatur, dass bei einer Neubemessung von Unterhaltsansprüchen wegen Änderung der Verhältnisse diese nicht völlig losgelöst von einer bestehenden vergleichsweisen Regelung und der in ihr zum Ausdruck kommenden Konkretisierung der Bemessungsgrundsätze erfolgen soll (vgl RIS-Justiz RS0019018 = EFSlg 27.503, EvBl 1984/151, 608, RZ 1992/49, 125 = SZ 64/135; RZ 1992/58, 124; EFSlg 83.701; EFSlg 86.695; Schwimann, Unterhaltsrecht2, 100; Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 310 f). Andererseits wurde dann, wenn sich nicht bloß Einkommensverhältnisse, sondern auch weitere für die Unterhaltsbemessung maßgebliche Umstände ändern, eine Neubemessung losgelöst von der bestehenden vergleichsweisen Regelung

vorgenommen (vgl RIS-Justiz RS0047471 = ÖBA 1992, 157 uva, noch

weitergehend RIS-Justiz RS0047529 = EFSlg 19.542, EFSlg 35.075, RZ

1992/58, 154 uva). Im Einzelfall ist regelmäßig entscheidend, was die Parteien mit ihrem Unterhaltsvergleich für die Zukunft regeln wollten (vgl so ausführlich OGH 18. 12. 1998, 6 Ob 307/98d = ÖA 1999, 127 = EFSlg 86.695 mwN ähnlich Schwimann aaO, 100). Nur daraus kann erschlossen werden, ob die besondere Relation des Unterhaltes zum Gesamteinkommen trotz der Änderung beibehalten werden soll.

Regelmäßig ist aber nicht davon auszugehen, dass die Parteien des Unterhaltsvergleiches auch dann, wenn sich der Unterhaltsanspruch der Kinder aus erster Ehe durch das Hinzutreten von weiteren Unterhaltsansprüchen aus der zweiten Ehe verringern sollte, beabsichtigten, noch eine - weitere - Verringerung aus der Relation aus dem bisherigen Unterhaltsvergleich aufrechtzuerhalten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich die Parteien an dem allgemeinen Grundsatz orientieren, wonach die Unterhaltsansprüche von Kindern aus zwei oder mehreren Ehen gleichrangig sind (vgl RIS-Justiz RS0047387 = RZ 1992/24, 69 uva). Es sind die Unterhaltsansprüche der Kinder aus erster Ehe dann unabhängig von der bisherigen Vergleichsrelation zu bemessen, wenn diese Unterhaltsansprüche wegen des Hinzutretens von Unterhaltsansprüchen aus der zweiten Ehe gemindert werden sollten. Nur dann, wenn diese Unterhaltsansprüche aus der zweiten Ehe nicht als Grund für eine Herabsetzung der Unterhaltsverpflichtung herangezogen werden, bieten sie auch keinen Anlass von der im Unterhaltsvergleich festgelegten Relation abzuweichen (vgl EFSlg 83.702).

Da hier aber der unterhaltspflichtige Vater die Unterhaltsverpflichtungen aus seiner zweiten Ehe als Grund für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruches geltend gemacht hat, wird daher der Anspruch dieser mj Kinder aus erster Ehe nach den allgemeinen Grundsätzen losgelöst von der im Unterhaltsvergleich festgelegten Relation zu berechnen sein.

Zufolge der nach § 16 Abs 4 AußStrG maßgeblichen Regelung des § 510 Abs 1 letzter Satz ZPO wird diese Berechnung vom Rekursgericht vorzunehmen sein. Dazu ist das Verfahren an das Rekursgericht zurückzuverweisen.

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