Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.436,49 (darin enthalten S 406,08 an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begann, nachdem sie ihre Lehramtsprüfung (Englisch/Geschichte) mit sehr gutem Erfolg absolviert hatte, im Schuljahr 1987/88 in einem Realgymnasium im 19. Wiener Gemeindebezirk als Vertragslehrerin II 1 der Beklagten zu unterrichten. Der Direktor dieser Schule wies in ihrer Dienstbeschreibung darauf hin, dass sie große Unsicherheiten, mangelnde Konsequenz und geringes Durchsetzungsvermögen im Umgang mit Schülern zeige, Probleme mit der Einordnung in das Lehrerteam habe, sich jedoch große Mühe gebe. Trotz ihres Engagements seien jedoch Schüler, Eltern und Kollegen immer wieder über ihre Art befremdet, weshalb aus der Sicht des Direktors eine weitere Verwendung in dieser Schule nicht möglich sei. In dem darauffolgenden Schuljahr 1988/89 unterrichtete sie dann in einem Realgymnasium im 6. Bezirk als Karenzvertretung Englisch in der Unterstufe, wobei hier die Direktorin ihre Unterrichtsvorbereitung und den Unterrichtsaufbau als einwandfrei beurteilte und ihr bei der Notengebung nichts Außergewöhnliches auffiel, es ihr jedoch schien, dass sich die Klägerin bei der Gangaufsicht aber auch gegenüber den Lehrerkollegen zurückgezogen verhalte und kein selbstsicheres Auftreten habe. Auch beschwerten sich sowohl die Eltern als auch die Kinder gegenüber der Direktorin, dass Kinder im Unterricht nicht aufpassten. Der Krach in ihrer Klasse war über den ganzen Gang zu hören. Da diese Direktorin nicht danach trachtete, die Klägerin weiter in ihrer Schule zu behalten und diese dann insgesamt nur ein Jahr an dieser Schule beschäftigt war, kam es zu keiner Dienstbeschreibung.
In der Schule im 18. Wiener Gemeindebezirk, in die die Klägerin dann im Jahre 1989 kam, kümmerte sich die damalige Direktorin persönlich um die disziplinäre Ordnung. Die Klägerin unterrichtete zwei erste Klassen in Englisch und im darauffolgenden Jahr bekam sie auch höhere Schulstufen und zwar bis zur fünften Klasse. Sie war jedoch nur im wirtschaftskundlichen Zweig eingesetzt, in dem hauptsächlich Mädchen unterrichtet werden. Mit den Kindern in der ersten Klasse, in der die Klägerin Klassenvorstand war, kam sie sehr gut aus. Auffälligkeiten hinsichtlich der Notengebung, Pünktlichkeit, der Gangaufsicht oder der Teilnahme an Konferenzen wurde nicht festgestellt, jedoch hielt sich die Klägerin eher im zweiten Aufenthaltsraum im Keller als im Konferenzzimmer auf. Sie war im Unterricht vorbereitet und kontrollierte die Hausübungshefte. Im Schuljahr 1991/1992 kamen dann Mädchen aus der sechsten Klasse und ihre Eltern zur Direktorin und meinten, dass die Mädchen bei der Klägerin zu wenig lernen würden und mehr Hausübungen zwischen den Schularbeiten erforderlich wären. Diesem Wunsch kam die Klägerin nach, wobei sich jedoch dann die Noten dieser Klasse verschlechterten und die Kinder wieder weniger Hausübungen haben wollten. Als die Direktorin beabsichtigte, die Klägerin aus der Klasse herauszunehmen, um Schwierigkeiten bis zur Matura zu vermeiden, bat die Klägerin, weiter in dieser Klasse tätig sein zu dürfen und wurde dabei auch von der Personalvertretung unterstützt. Bei einer Kontrolle ihres Unterrichts durch einen Inspektor für Englisch wurden keine gröberen Mängel festgestellt.
Im Schuljahr 1992/1993 kam es zu einem Wechsel in der Direktion. Die Klägerin ersuchte die neue Direktorin, in Klassen mit Mädchen unterrichten zu können. Die neue Direktorin wurde von Eltern mit dem Anliegen konfrontiert, die Klägerin nicht als Klassenvorstand der zweiten Klasse einzusetzen, da während des Unterrichtes der Klägerin keine Disziplin in der Klasse herrsche. In diesem Schuljahr gab es dann auch Probleme in der Klasse, in der die Klägerin Geschichte unterrichtete, wobei sich diese Probleme jedoch noch im selben Schuljahr legten.
Während dieser Zeit besuchte die Klägerin auch durchschnittlich einmal pro Woche einen Bediensteten des Stadtschulrates, für den sie tiefere Gefühle hegte und ein schwärmerisches Verhalten an den Tag legte, dem sie kleine Geschenke übermittelte und mit dem sie Treffen vereinbaren wollte. Dieser nahm jedoch die Einladungen nie an und fühlte sich auch auf Grund von anonymen Anrufen bedrängt. Es kam dann schließlich zu einem Gespräch im Stadtschulrat, bei dem der Klägerin angeraten wurde, sich einer Therapie zu unterziehen, was sie dann auch über dringliches Anraten von Feber bis Anfang Juli 1993 wahrnahm. Eine vom Stadtschulrat veranlasste amtsärztliche Untersuchung der Klägerin ergab eine "sichtlich auffallende Persönlichkeitsvariante mit leichten sensitiven Beziehungsideen", und "deutlichen Infantilismen und einem manieristischen Verhalten", jedoch keine Dienstunfähigkeit.
Das Schuljahr 1993/1994 brachte für die Klägerin erstmals die Aufgabe, 14 Schülern die Englischmatura abzunehmen. Da ihre Maturavorbereitung von der Direktorin als unzureichend eingestuft wurde, wurde sie diesbezüglich dann von einer erfahrenen Kollegin unterstützt, wobei das Ergebnis nach Ansicht der Direktorin noch immer ungenügend war. Zur Matura, bei der die Anwesenheit ab 7.30 Uhr vorgesehen war, kam sie erst um 7.50 Uhr. Ihre Korrektur der schriftlichen Maturaarbeiten wurde vom Vorsitzenden der Prüfungskommission als unzureichend eingestuft und einige Noten herabgesetzt, andere hinaufgesetzt. Bei der mündlichen Matura hielt er ihre Fragestellungen für durchaus positiv, nicht jedoch ihre Notenvorschläge.
Am 17. 5. 1994 verfasste die Direktorin der Schule dann an den Landesschulinspektor ein Schreiben, in dem sie auf die Unpünklichkeit, die Unzulänglichkeiten der Klägerin im Zusammenhang mit der Matura und auch die Beschwerden der Eltern hinwies und damit schloß, dass sie der Meinung sei, dass die Klägerin den Anforderungen des Berufes in psychischer und in didaktischer Hinsicht nicht gewachsen sei. Insbesondere könne sie sich den disziplinären Ausseinandersetzungen mit den Schülern nicht stellen. In einem weiteren Schreiben vom 13. 6. 1994 fasste die Direktorin dann den Ablauf der mündlichen Matura zusammen und hielt erneut fest, dass die Klägerin den Anforderungen des Berufes nicht gewachsen sei.
Das Ergebnis einer amtsärztlichen Untersuchung vom 1. 7. 1994 war dann, dass die Klägerin zwar weiter einen ausreichendes Leistungsniveau aufweise, sich jedoch eine Persönlichkeitsstörung im Sinne eines herabgesetzten Realitätsbezuges zeige. Sie sei derzeit als Lehrerin nicht dienstfähig. Das Dienstverhältnis wurde dann von der Beklagten mit Schreiben vom 12. 10. 1994 gemäß § 32 Abs 2 lit b VBG 1948 infolge Dienstunfähigkeit der Klägerin zum 31. 1. 1995 gekündigt und als Kündigungsgrund auf das amtsärztliche Gutachten verwiesen; die darin angesprochenen Probleme (Infantilismen) träten deutlicher hervor und die Klägerin zeige einen herabgesetzten Realitätsbezug. Vor dieser Kündigung wurde nur der Fachausschuss verständigt. Vor einer weiteren - für den Fall der Unwirksamkeit der ersten Kündigung - ausgesprochenen Kündigung vom 24. 10. 1995, die sich auch auf den Grund der Dienstunfähigkeit stützt, wurde auch der Dienststellenausschuss befasst.
Die Klägerin ist auf Grund ihres Gesundheitszustandes noch in der Lage, den Lehrberuf auszuüben. Sie leidet an keinen Neurosen, psychischen oder leistungsmäßigen Erkrankungen und kann alle körperlichen und geistigen Arbeiten verrichten. Sie ist fachlich kompetent und auch Streß- und Belastungssitutaionen, wie sie im Schüler- und Lehrerverhältnis auftreten können, gewachsen. Es fehlen ihr jedoch grundlegende Kenntnisse über die rechtlichen Vorschriften für die Ausübung des Lehrberufes sowie die Fähigkeit zur Zusammenarbeit und zur Kommunikation mit Vorgesetzen und Kollegen. Ihre Stimme ist nicht genügend ausgebildet hinsichtlich Lautstärke sowie Intonation und sie hat auch keine ausreichende Fähigkeit zur Autorität.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ihr Dienstverhältnis infolge Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen über den 31. 1. 1995 bzw den 31. 1. 1996 hinaus weiter aufrecht fortbestehe. Sie stützt sich darauf, dass sie entgegen dem angegebenen Kündigungsgrund noch weiter in der Lage sei, ihren Dienst als Lehrerin für Geschichte und Englisch auszuüben. Sie habe ständig einen guten Kontakt zu den Schülern gehabt, ebenso zu ihren Kollegen. Auch Unpünktlichkeiten habe sie sich nicht zu schulden kommen lassen. Ein Infantilismus oder eine Persönlichkeitsstörung im Sinne eines herabgesetzten Realitätsbezuges liege bei ihr nicht vor. Die Schlussfolgerungen der amtsärztlichen Untersuchungen seien nicht nachvollziehbar. Die Schwierigkeiten mit einer Klasse in dem Schuljahr 1992/1993 seien bereits im Sommersemester wieder überwunden gewesen. Die Abnahme ihrer ersten Matura im Jahr 1993/1994 habe sie vor besondere Anforderungen gestellt, wobei der Vorsitzende der Maturakommission auch bei anderen Lehrern ein zu niedriges Leistungsniveau festgestellt habe. Die erste Kündigung sei auch deshalb unwirksam, da es unterlassen worden sei, den Dienststellenausschuss damit zu befassen, obwohl die Kündigung durch die Schuldirektorin veranlasst worden wäre. Davon habe die Klägerin erst im Jänner 1995 erfahren.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, dass der Kündigungsgrund des § 32 Abs 2 lit b VBG 1948 vorliege. Der Unterricht der Klägerin sei mangelhaft gestaltet gewesen. Auf Grund einer amtsärztlichen Untersuchung hätten sich Infantilismen und eine auffallende Persönlichkeitsvariante mit leichten sensitiven Beziehungsideen bereits im Jahre 1993 ergeben. 1994 sei es zu neuen massiven Beschwerden von Eltern und Schülern gekommen, die Klägerin sei zu spät zum Unterricht erschienen, habe sich bei der Gangaufsicht versteckt und Gesprächskontakte mit Kollegen und der Direktorin vermieden. Im Zusammenhang mit der Matura 1994 habe sie Arbeiten mit zehn schweren Fehlern noch mit sehr gut beurteilt und auch sonst vollkommen willkürliche Beurteilungsanträge gestellt und auf Vorhalte in infantiler Weise reagiert. Eine amtsärztliche Untersuchung habe die Dienstunfähigkeit ergeben und auch, dass die Klägerin nicht bereit sei, sich einer Therapie zur Wiedererlangung ihrer Dienstfähigkeit zu unterziehen. Auf Grund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung könne der Klägerin eine Klasse nicht mehr anvertraut werden. Es fehlten ihr vor allem die für ihren Lehrberuf maßgeblichen Fähigkeiten, etwa auch die spezifische Fähigkeit, den Kindern und Jugendlichen mit ausreichender Autorität und entsprechendem Einfühlungsvermögen zu begegnen. Die Klägerin sei zu einer zweckentsprechenden Kommunikation und einem situativ angepassten Verhalten nicht fähig. Sie könne im Umgang mit den Schülern nicht die erforderliche Autorität und Selbstsicherheit aufbringen. Sie könne ihre Emotionen nicht unter Kontrolle bringen. Da nicht die Schuldirektorin die Kündigung veranlasst habe, sei auch der dort eingerichtete Dienststellenausschuss nicht zu befassen gewesen, sondern der Fachausschuss. Im Übrigen sei eine darauf gestützte Anfechtung entsprechend § 10 Abs 9 BPVG verfristet. Schließlich habe die Beklagte nach Befassung des Dienststellenausschusses auch noch die Eventualkündigung ausgesprochen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es folgerte rechtlich aus den einleitend dargestellten Feststellungen, dass die Klägerin ihren Anspruch nicht auf § 9 iVm § 10 Abs 9 BPVG stützen könne. Die Möglichkeit zur Geltendmachung der Unwirksamkeit der Kündigung wegen der mangelnden Verständigung des Dienststellenausschusses sei mit sechs Wochen befristet, die Klage aber erst danach eingebracht worden; der von der Beklagten geltend gemachte Kündigungsgrund des § 32 Abs 2 lit b VBG sei jedoch nicht verwirklicht, da die Klägerin stets in gleicher Weise dienstfähig oder dienstunfähig gewesen sei. Dieser der Beklagten jahrelang bekannte Umstand könne nicht mehr als Kündigungsgrund geltend gemacht werden.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge. Bereits vom ersten Schuljahr 1987/1988 an seien die Schwachstellen der Klägerin im Umgang mit den Schülern sowie ihre Probleme mit der Einordnung in das Lehrerteam bekannt gewesen. Erst die Vorfälle im Zusammenhang mit dem Mitarbeiter des Wiener Stadtschulrates in der ersten Hälfte des Jahres 1993 sowie die Probleme bei der Matura 1994 hätten zu amtsärztlichen Untersuchungen geführt. Da aber die Kündigungsgründe des VBG unverzüglich geltend zu machen seien, sei die Kündigung verspätet ausgesprochen worden. Eine signifikante Verminderung der Dienstfähigkeit der Klägerin sei nicht ersichtlich. Die schlechte Vorbereitung für die Englischmatura 1994, die Unpünktlichkeit und der Prüfungsverlauf seien zwar allenfalls als Dienstverletzungen einzustufen, könnten jedoch nicht unter den von der Beklagten herangezogenen Kündigungsgrund des § 32 Abs 2 lit b VBG subsumiert werden.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist zulässig (vgl § 46 Abs 3 ASGG), aber im Ergebnis nicht berechtigt.
Der von der Beklagten gerügte Mangel des Berufungsverfahrens liegt nicht vor.
Nach § 32 Abs 1 des VBG 1948 kann die Kündigung eines Dienstverhältnisses nur schriftlich und mit Angabe des Grundes vorgenommen werden. Die Kündigungsgründe, die in der schriftlichen Kündigung nicht geltend gemacht worden sind, können nachträglich nicht zur Rechtfertigung der Kündigung herangezogen werden (vgl Arb 10.637, Arb 10.949; RIS-Justiz RS0082181 ua).
Die Beklagte hat sich hier bei ihrer Kündigung auf die Verwirklichung des Kündigungstatbestandes des § 32 Abs 2 lit b des VBG 1948 nunmehr (§ 32 Abs 2 Z 2 des VBG 1948) berufen und ausgeführt, dass bei der Klägerin die Probleme der "Infantilismen" und des infolge der gesundheitlichen Beeinträchtigung herabgesetzen Realitätsbezuges verstärkt hervortreten würden.
§ 32 Abs 2 Z 2 des VBG 1948 sieht es als Kündigungsgrund vor, wenn sich der Vertragsbedienstete für eine entsprechende Verwendung als geistig oder körperlich ungeeignet erweist.
Die Beklagte wendet sich nun zu Recht gegen die Ansicht der Vorinstanzen, dass ihr die Geltendmachung des Kündigungsgrundes verwehrt sei, weil die Kündigung nicht unverzüglich ausgesprochen worden sei.
Den Vorinstanzen ist nun insoweit beizupflichten, als im Allgemeinen auch Kündigungsgründe nach § 32 VBG ohne Verzögerung geltend zu machen sind, wobei aber auch auf die Probleme der Willensbildung juristischer Personen und auf die durch die Einschaltung der Personalvertretung entstehenden Verzögerungen Bedacht zu nehmen ist (vgl allgemein RIS-Justiz RS0082158; Arb 10.140; OGH 9 ObA 211/98i). Dies kann jedoch auf den Kündigungsgrund der mangelnden Eignung für eine entsprechende Verwendung im Sinne des § 32 Abs 2 Z 2 VBG 1948 nur differenziert übertragen werden. Ähnlich wie bei dem Austrittsgrund des § 26 Abs 1 AngG, wonach der Angestellte dann austreten kann, wenn er zur Fortsetzung seiner Dienstleistung unfähig wird und er sich im Hinblick auf das Vorliegen eines Dauertatbestandes jederzeit zur Rechtfertigung der vorzeitigen Beendigung darauf berufen kann (vgl etwa 9 ObA 71/89 uva), wurde dies auch im Zusammenhang mit Dauerzuständen als Entlassungsgründen bejaht, wenn nicht ein Verzicht auf das Auflösungsrecht oder der Wegfall der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung anzunehmen ist (vgl etwa OGH Art 10.535). Dies hat grundsätzlich auch für den Kündigungsgrund der "Dienstunfähigkeit" im Sinne des § 32 Abs 2 Z 2 VBG zu gelten (vgl etwa auch zum Kündigungsschutz nach dem KVI und dem mangelnden Erfordernis des unverzüglichen Ausspruches der Kündigung wegen Eintritts der dauernden Berufungsunfähigkeit OGH 22. 11. 1995; 9 ObA 172/95 = ARD 4730/23/26). Bei der mangelnden Eignung aus körperlichen oder geistigen Gründen handelt es sich ja auch um einen Dauertatbestand. Dieser ist nur dann erfüllt, wenn der Vertragsbedienstete sich auf Grund seiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten als ungeeignet erweist, nicht nur die bisherige Tätigkeit zu verrichten, sondern auch alle anderen Tätigkeiten, die unter Bedachtnahme auf seine Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die Natur des Unternehmens und der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers beiden Vertragsteilen zumutbar und angemessen sind (vgl OGH DRdA 1993/14, 126 [Mazal] = Arb 11.025 ua). Wenngleich dies nun nicht soweit geht, dass der Arbeitgeber verhalten wäre, auf Dauer einen der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers entsprechenden neuen Posten zu schaffen (vgl RIS-Justiz RS0031393 = ZAS 1968/14, 105 [Dittrich]; SZ 59/68, SZ 67/94) sind jedoch jedenfalls vorhandene leichtere Arbeiten dem Arbeitnehmer zuzuweisen (vgl RIS-Justiz RS0031388). Auch im Hinblick auf dieses Erfordernis der umfassenden Prüfung der Möglichkeiten des Einsatzes des Arbeitnehmers im Betrieb wird dieser aber regelmäßig aus dem Umstand, dass er sich bei einer gewissen Tätigkeit als ungeeignet erweist auch nicht schließen können, dass der Arbeitgeber auch für den Fall, dass bei einer umfassenden Prüfung der Verwendungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers eine Weiterbeschäftigung nicht erfolgen kann, auf die Geltendmachung dieses Kündigungsgrundes verzichtet und das Arbeitsverhältnis aufrecht erhalten will. Auch die Unzumutbarkeit verstärkt sich mit der Dauer der Dienstunfähigkeit und deren Nachweis in verschiedenen Verwendungen. Die Grenze wird dort zu sehen sein, wo im Einzelfall aus besonderen Umständen heraus der Wille des Arbeitgebers zur Einschränkung der Dienstpflichten abgeleitet werden kann. Darauf hat sich die Klägerin aber gar nicht berufen und es finden sich auch keinerlei Anhaltspunkte dafür.
Wenngleich es der Beklagten also durchaus weiter frei steht, sich auf eine allfällige Dienstunfähigkeit der Klägerin zu berufen, mangelt es hier doch am konkreten Nachweis. Die Beklagte hat ihre Kündigung darauf gestützt, dass die Klägerin wegen verstärkt auftretender Infantilismen und eines wegen ihrer Krankheit verminderten Realitätsbezuges nicht mehr dienstfähig sei. Es wurde aber festgestellt, dass bei der Klägerin keinerlei psychische oder physische Erkrankungen feststellbar sind, sie vielmehr auf Grund ihres Gesundheitszustandes in der Lage ist, den Lehrberuf auszuüben, und dass sie auch fachlich kompetent ist. Allein das Fehlen grundlegender Kenntnisse über rechtliche Vorschriften für die Ausübung des Lehrberufes sowie die mangelnde Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Kommunikation mit Vorgesetzten und Kollegen und fehlende Autorität wurden nachgewiesen. Es kann nun dahingestellt bleiben, ob dies überhaupt noch den von der Beklagten geltend gemachten Kündigungsgründen unterstellt werden kann. Dass die mangelnde Kenntnis der Vorschriften über die Ausübung des Lehrberufes auf eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung im Sinne des § 32 Abs 2 Z 2 VBG zurückzuführen ist, hat sich nicht ergeben. Vielmehr wurde ausdrücklich die sonstige fachliche Kompetenz der Klägerin festgestellt und zeigt sich diese im Übrigen auch darin, dass sie während dieses Verfahrens noch das Doktorrat erworben hat. Die mangelnde Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Kommunikation sowie zur Autorität und damit offensichtlich im Zusammenhang die mangelnde Ausbildung ihrer Stimme hinsichtlich Lautstärke und Intonation wären nun grundsätzlich als Kündigungsgrund nach § 32 Abs 2 Z 2 VBG 1948 geeignet. Dazu wäre es jedoch auch erforderlich, noch darzutun, welche konkreten Auswirkungen dies auf die Möglichkeit zur Verrichtung einer entsprechenden Verwendung hat. Bleibt es doch dem Dienstnehmer überlassen, allfällige persönliche Defizite durch entsprechende Anstrengungen - die der Klägerin auch von ihren Vorgesetzten immer wieder attestiert wurden - zu kompensieren. Auch lässt sich erst an Hand konkreter Feststellungen über die Auswirkungen dieser Defizite beurteilen, inwieweit daraus tatsächlich eine mangelnde Eignung im Sinne des § 32 Abs 2 Z 2 VBG 1948 ableitbar ist. Gerade für das letzte Jahr wurden aber keine damit im Zusammenhang stehenden konkreten Schwierigkeiten festgestellt. Bei den Problemen der Klägerin bei der ersten von ihr abgenommenen Reifeprüfung kamen keine Zusammenhänge mit diesen allgemeinen Schwierigkeiten der Klägerin hervor. Dafür wäre es nicht nur erforderlich, die Meinung des jeweiligen Vorgesetzten, sondern auch den konkreten Sachverhalt festzustellen. Ferner wäre zu prüfen, inwieweit allfällige Autoritätsprobleme der Klägerin so massiv sind, dass sie auch durch eine Unterstützung - wie sie offensichtlich von der früheren Direktorin der Schule geboten wurde - oder durch Einsatz der Klägerin in disziplinär leichter zu handhabenden Klassen - die Klägerin hatte ja offensichtlich in den ersten beiden Klassen, insbesondere bei Mädchen, keine derartigen Probleme - im Rahmen des Zumutbaren und für die Schüler pädagogisch Förderlichen möglich wäre.
Schließlich wäre gerade dann, wenn die Beklagte davon ausgeht, dass etwaigen Defiziten der Klägerin durch Therapien abgeholfen werden kann, die Klägerin deutlich auf die bei ihr bestehenden Probleme (Autoritätsdefizit, mangelnde stimmliche Ausbildung, Kommunikationsprobleme) und das Erfordernis solcher Therapien hinzuweisen und ihr auch klar zu machen, dass bei Unterlassung bzw mangelndem Erfolg dieser Maßnahmen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen muss (vgl im Zusammenhang 9 ObA 193/89; 9 ObA 211/98i).
Da es also der Beklagten insgesamt nicht gelungen ist, die Verwirklichung des Kündigungsgrundes nach § 32 Abs 2 Z 2 VBG nachzuweisen, war der Revision im Ergebnis nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.
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