OGH 8Ob6/00s

OGH8Ob6/00s23.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Hoch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sparkasse P*****, vertreten durch Dr. Gerhard Schmidt und Dr. Hans Werner Schmidt, Rechtsanwälte in Graz, und des auf Seiten der klagenden Partei beigetretenen Nebenintervenienten Karl Heinz K*****, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Verein G*****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Graz, wegen S 1,664.346,-- sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 24. September 1999, GZ 2 R 40/99s-57, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die gerügte Mangelhaftigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Mängel erster Instanz, deren Vorliegen schon das Berufungsgericht verneint hat, können nach stRsp im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg gerügt werden (Kodek in Rechberger2 Rz 3 Abs 2 zu § 503 ZPO).

Der Verein als juristische Person bedarf, um im Geschäftsleben auftreten zu können, bestimmter Organe, die durch physische Personen als Organwalter besetzt werden und die für den Verein handeln. § 4 Abs 2 lit g VerG sieht daher vor, dass den Statuten auch die Vereinsorgane zu entnehmen sein müssen. Durch die organschaftliche Vertretung wird der Verein selbst unmittelbar berechtigt und verpflichtet. Das Vereinsorgan bedarf keiner besonderen Vollmacht, um für den Verein tätig werden zu können (1 Ob 348/98b mwN). Nach dem von den Tatsacheninstanzen festgestellten Sachverhalt war der beklagte Verein bei Abschluss des Kreditvertrages statutengemäß durch seinen Obmann und seinen Kassier vertreten (vgl die auf S 4 und 7 des Ersturteils getroffenen Feststellungen, die das Berufungsgericht übernommen hat).

Wenn die Revisionswerberin daran festhält, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Kreditvertragsabschlusses von ihrem "vormaligen" Obmann nicht mehr vertreten werden konnte, weil dieser in der Vorstandssitzung vom 14. 12. 1991 zurückgetreten sei, legt sie nicht die getroffenen, sondern begehrte Feststellungen zugrunde und verschweigt, dass das Berufungsgericht ihrer in diesem Zusammenhang erhobenen Beweisrüge (S 5 ff der Berufung) nicht gefolgt ist (S 12 f der Berufungsentscheidung). Da dem Obersten Gerichtshof eine (neuerliche) Überprüfung der Beweiswürdigung entzogen ist (Kodek in Rechberger2 Rz 1 zu § 503 ZPO), wird mit der Argumentation "zum Rücktritt des vormaligen Obmanns" kein zulässiger Revisionsgrund vorgetragen.

Die weitere für die Zulassung der Revision angeblich "bedeutsame" Frage, ob die vorgebrachten Umstände (!) nicht im Sinne der bisherigen "Judikatur zu nahen Angehörigen" auch Sittenwidrigkeit bewirken könnten, stellt sich hier ebenfalls nicht; wurden doch - mangels Erfolgs der Tatsachenrüge in der Berufung ON 53 - auch die auf S 4 der Revisionsschrift genannten Umstände überwiegend nicht festgestellt. Auf die genannte Rechtsfrage ist daher schon mangels Präjudizialität nicht einzugehen (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 1 zu § 508a ZPO; 7 Ob 78/00x uva).

Gleiches gilt für die - schon im Hinblick auf die statutengemäße Vertretung der Beklagten nicht relevanten - Ausführungen zum Vertrauensschutz betreffend Auskünfte des Vereinsregisters. Außerdem ist das Berufungsgericht tatsächlich davon ausgegangen ist, dass die Klägerin "sich nicht bei der Vereinsbehörde ... erkundigte" (S 21 der Berufungsentscheidung), sondern auf dem Weg über eine andere, größere Bank (S 16 der Berufungsentscheidung).

Davon abgesehen trifft es zwar zu, dass Kollusion nicht nur vorliegt, wenn Vertreter und Dritte absichtlich zusammengewirkt haben, um den Vertretenen zu schädigen, sondern schon dann, wenn der Dritte davon gewusst hat oder sich der Missbrauch ihm geradezu aufdrängen musste (SZ 58/123). Eine Erkundigungspflicht wird also für den Fall bejaht, dass besondere Umstände den Verdacht des Missbrauchs der Vertretungsmacht nahelegen (GesRZ 1978, 131), wobei grob fahrlässige Unkenntnis des Vollmachtsmissbrauchs für die Unwirksamkeit des Geschäfts mit dem Dritten genügt (SZ 69/149 mit ausführlicher Darstellung der Lehre; 5 Ob 164/99z). Wenn die Vorinstanzen die zur sittenwidrigen Kollusion vorgetragenen Behauptungen - soweit sie überhaupt nachzuweisen waren - jedoch als nicht ausreichend angesehen haben, um der Klägerin das erforderliche Verschulden anzulasten (S 21 der Berufungsentscheidung), kann darin jedenfalls keine eklatante Fehlbeurteilung dieser, stets nach dem Einzellfall zu beurteilenden Frage (2 Ob 260/98v; 7 Ob 8/99y; 8 ObA 46/99v; 6 Ob 188/00s mwN) erblickt werden.

Soweit die Revisionswerberin für die Frage der Revisionszulässigkeit zuletzt ins Treffen führt, es sei von Bedeutung, ob nicht über den Einzelfall hinaus die Sorgfaltspflicht der Bank derartig krass verletzt wurde, dass die Klägerin nicht schutzwürdig sei, stützt sie sich ebenfalls nicht auf die getroffenen Feststellungen. Sie beruft sich vielmehr auf die aufgrund der "Verfahrensergebnisse und (nach) dem beigelegten Gutachten eines Sachverständigen für Bankwesen" zu beurteilenden Umstände (S 6 der Revisionsschrift) und verweist auf die insbesondere in der deutschen Lehre vertretene Ansicht, dass die Bank bei Erkennbarkeit einer dauerhaft nicht zu erwartenden Kredittilgung eine entsprechende Aufklärungspflicht gegenüber dem Kreditnehmer treffe. Da in Österreich die Prüfung derselben Sachverhalte beim Eingehen von Bürgschaften "ohnehin ständige Judikatur" sei, bedürfe es der generellen Klärung dieser Auskunftspflicht gegenüber einem "nicht ordnungsgemäßen Hauptschuldner". Die diese Judikatur völlig vernachlässigende Entscheidung des Berufungsgerichts weiche "daher" (!) insoweit von der Rechtsprechung ab (S 13 der Revisionsschrift).

Die angestrebte "generelle Klärung" ist aber schon deshalb ausgeschlossen, weil auch der Umfang der Beratungs- und Aufklärungspflichten von Banken eine Frage des Einzelfalles ist (RIS-Justiz RS0106373), die hier nicht eklatant fehlbeurteilt wurde:

Von den in der Revision angeführten Umständen konnte nur nachgewiesen werden, dass der damalige Vereinsobmann der Beklagten zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme kraft seines Amtes als Vizebürgermeister der Marktgemeinde P***** - so wie sieben andere Gemeindefunktionäre auch - Mitglied des Aufsichtsorganes der Klägerin (des Sparkassenrats) war, in dieser Funktion jedoch keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der Klägerin nehmen konnte (vgl die auf S 7 des Ersturteiles getroffenen Feststellungen, die das Berufungsgericht übernommen hat). Davon ausgehend und unter Zugrundelegung der ständigen Rechtsprechung, wonach die Anforderungen an die Aufklärungspflichten von Banken nicht überspannt werden dürfen, und es dem Bankkunden zuzumuten ist, seine wirtschaftlichen Interessen selbst zu wahren (8 Ob 341/99a mwN), ist in der Beurteilung der Vorinstanzen, die einen Sorgfaltsverstoß der Klägerin gegenüber der Beklagten verneint haben, jedenfalls keine grobe Fehlbeurteilung zu erblicken, die im Interesse der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste.

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