OGH 8ObA26/00g

OGH8ObA26/00g28.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Johann Holper und Dr. Pipin Henzl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Nasrin K*****, vertreten durch Dr. Maximilian Ganzert, Dr. Friedrich W. Ganzert und Dr. Helmut Greil, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagte Partei P***** Ges. m. b. H., *****, vertreten durch Dr. Bernhard Steinbüchler und Mag. Harald Mühlleitner, Rechtsanwälte in St. Florian, wegen S 62.253,79 sA (Revisionsstreitwert S 46.703,03 sA) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Oktober 1999, GZ 11 Ra 187/99w-22, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 8. Juni 1999, GZ 19 Cga 181/98k-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.058,88 (darin S 676,48 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen haben den Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt, weshalb es gemäß § 510 Abs 3 ZPO ausreicht, auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils zu verweisen. Ergänzend ist anzumerken:

Gemäß § 19 Abs 2 AngG kann ein Dienstverhältnis auf Probe nur für die Höchstdauer eines Monats vereinbart und während dieser Zeit von jedem Vertragsteil jederzeit gelöst werden. Durch den Abschluss eines zwar als "provisorisch" betrachteten, jedoch über diesen Zeitraum hinausgehenden Dienstverhältnisses auf bestimmte Zeit wird kein solches Dienstverhältnis auf Probe, sondern ein zeitlich begrenztes Dienstverhältnis zur Probe begründet. Die Erprobung ist dabei ebenso wie die hier darüberhinaus gegebene Zusage der Förderung durch das Arbeitsmarktservice das - rechtlich unerhebliche - Motiv des Vertragsabschlusses. Ein Dienstverhältnis dieser Art kann nur im ersten Monat von beiden Vertragsteilen jederzeit, danach aber nur noch aus wichtigen Gründen (§ 25 AngG) vorzeitig aufgelöst werden (ArbSlg 9.765; 9 ObA 68/88; 9 ObA 365/89 u. a.).

Das Arbeitsverhältnis ist ein Dauerschuldverhältnis (Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht8, 141 mwH). Die vorzeitige Auflösung des Vertrages kommt - wie bereits dargestellt - nur wegen einer schwerwiegenden Änderung der Verhältnisse in Betracht; es muss sich dabei immer um Gründe handeln, die nicht schon im Zeitpunkt der Begründung des Dauerschuldverhältnisses bekannt waren (6 Ob 709/78; JBl 1992, 187; 9 Ob 2100/96f u. a.). Dieser ständigen Rechtsprechung folgen auch die vom Berufungsgericht zitierten Lehrmeinungen. Dass der Geschäftsführer der Beklagten damit hätte rechnen können, die aus dem Iran stammende Klägerin, die im Zeitpunkt der Einstellung nach dem Vorbringen der Beklagten (AS 14) "nur über unzureichende Kenntnisse der deutschen Sprache, der Rechtschreibung und auch beinahe über keine EDV-Kenntnisse" verfügte, könne die an sie als Chefsekretärin gestellten Anforderungen binnen zwei Monaten erfüllen, widerspricht jeder Lebenserfahrung.

Abgesehen davon, dass zumindest im Bereich zwingenden Rechts ein Rechtsfolgeirrtum unbeachtlich ist (SZ 55/161; SZ 57/194; 5 Ob 105/90 u. a.), sind der Klägerin allfällige Zusagen Angestellter des Arbeitsmarktservice über die jederzeitige Lösbarkeit des Dienstverhältnisses nicht zuzurechnen, weil nicht hervorgekommen ist, es wäre ein Auftrag der Klägerin zum Abschluss des Arbeitsvertrages vorgelegen, und derartige Erklärungen erkennbar nicht zum Aufgabenbereich (§§ 29 ff AMSG) dieser Dienstleistungseinrichtung gehören (vgl SZ 67/136; 3 Ob 7/95 u. a.). Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 875 ABGB wurde weder behauptet noch ist derartiges im Verfahren ersichtlich geworden.

Der Zinsenzuspruch gemäß § 49a ASGG kann von der Beklagten nicht mehr bekämpft werden, hat sie doch im Verfahren erster Instanz (AS 14) "die geltend gemachten Ansprüche der Höhe nach" außer Streit gestellt und wäre es ihre Sache gewesen allfällige Unklarheiten dieser Erklärung aufzuklären und die Zinsenhöhe ausdrücklich zu bestreiten. Auf die Frage der - nach obigen Ausführungen wohl zu bejahenden - Unvertretbarkeit der Rechtsansicht der Beklagten kommt es daher nicht mehr an.

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