OGH 3Ob7/95

OGH3Ob7/958.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michael W*****, vertreten durch Dr.Hermann Spinner, Rechtsanwalt in Lienz, wider die beklagte Partei Elisabeth W*****, vertreten durch Dr.Gerhard Seirer, Rechtsanwalt in Lienz, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 19.Oktober 1994, GZ 4 R 115/94-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Matrei in Osttirol vom 9.Juni 1994, GZ C 44/94 p-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 13.725,-- (darin enthalten S 2.287,50 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 15.11.1991, Sch 4/91-3, gemäß § 55a EheG im Einvernehmen geschieden. Der Kläger verpflichtete sich laut dem in der vorangegangenen Tagsatzung protokollierten Vergleich, zum Unterhalt der Beklagten einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 5.000,--, beginnend mit Dezember 1991, zahlbar bis zum 10. eines jeden Monats, zu leisten. Aufgrund dieses Vergleiches wurde der Beklagten mit Beschluß des Erstgerichtes vom 23.3.1993, E 955/93p-1, gegen den Kläger zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstands vom 1.12.1991 bis 30.11.1993 von S 115.000,-- und des ab 1.12.1993 jeweils am 10. eines jeden Monats fällig werdenden Unterhalts von S 5.000,-- Gehalts- und Fahrnisexekution bewilligt.

Der Kläger beantragt mit Oppositionsklage, diese Exekution werde für unzulässig erklärt, weil die Beklagte im Anschluß an den Scheidungsvergleich vom 15.11.1991 auf jeglichen Unterhalt in voller Kenntnis der Tragweite und unwiderruflich verzichtet habe.

Die Beklagte wendete ein, daß sie nach der Scheidungsverhandlung, in welcher der Scheidungsbeschluß verkündet und ein Vergleich über den Unterhalt erzielt worden sei, irrtümlich und sittenwidrig seitens der klagenden Partei eine Verzichtserklärung unterfertigt habe. Diese Erklärung werde ausdrücklich angefochten, weil sie in krassem Gegensatz zu den Vereinbarungen in der Scheidungsverhandlung stehe und sich die beiden am selben Tag abgegebenen Erklärungen krass widersprächen. In Unkenntnis der rechtlichen Umstände und über Ersuchen des Klägers bzw des Rechtsvertreters Dr.R***** sei die Erklärung unterfertigt worden. Diese Erklärung sei an sich schon im Hinblick auf den Scheidungsbeschluß sittenwidrig.

Der Kläger replizierte, die Beklagte sei über die Folgen des Verzichtes vollständig aufgeklärt worden. Ursprünglich sei im Scheidungsvergleich keine Unterhaltszahlung an die Beklagte vereinbart worden; damit sei die Beklagte einverstanden gewesen. Der damalige gemeinsame Rechtsvertreter Rechtsanwalt Dr.R***** habe vorgeschlagen, einen entsprechenden Punkt in den Vergleich aufzunehmen, um für die Beklagte einen Pensionsanspruch zu wahren. Die Beklagte sollte dann sogleich außerhalb der Verhandlung schriftlich eine Unterhaltsverzichtserklärung abgeben. Auch damit sei die Beklagte einverstanden gewesen. Diese Absprachen seien unmittelbar vor der Scheidungsverhandlung in einem Kaffeehaus getroffen worden. Die Verzichtserklärung selbst sei noch im Verhandlungssaal von Rechtsanwalt Dr.R***** geschrieben und von der Beklagten unterfertigt worden.

Das Erstgericht fällte das Urteil, der Urteilsanspruch, zu dessen Hereinbringung zu E 955/93 des Erstgerichtes die Exekution bewilligt worden sei, sei erloschen; es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Der Kläger und die Beklagte waren im Scheidungsverfahren von Dr.Peter R*****, Rechtsanwalt in L*****, vertreten, der damals auch Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Klägers war. Der Kläger hatte zur Bedingung für eine einvernehmliche Scheidung einen Unterhaltsverzicht der Beklagten ihm gegenüber gemacht und dies Dr.R***** auch mitgeteilt. Dieser hatte daher in den Entwurf der Vereinbarung gemäß § 55a Abs 2 EheG unter Punkt 2.2 einen gegenseitigen Unterhaltsverzicht in der üblichen Textierung ("Herr Michael W***** und Frau Elisabeth W***** erklären rechtsverbindlich und unwiderruflich im Rahmen gegenständlichen Scheidungsverfahrens gegenseitig auf Unterhalt zu verzichten, dies selbst für den Fall geänderter Verhältnisse oder im Notfall") aufgenommen.

In einem weiteren Entwurf wurde dieser Punkt wie folgt ergänzt:

"Im Zusammenhang damit wird auf Grund ausdrücklicher diesbezüglicher Erläuterung von beiden Vertragsteilen insbesondere aber als bisher zeitweise bei ihrem Ehemann mitversicherte Ehefrau von Frau Elisabeth W***** ausdrücklich deren Kenntnisnahme bestätigt, wonach auf Grund gegenständlichen Unterhaltsverzichtes ein Anspruch auf Witwer/n -pension nicht besteht, demnach ein allfälliger Pensionsanspruch die gesetzlich erforderlichen Mindestpensionszeiten voraussetzt.".

Rechtsanwalt Dr.R***** hatte mit der Beklagten persönliche Kontakte am 7.11. und 12.11.1991. Dabei wurde über das bevorstehende Scheidungsverfahren gesprochen. Es wurden mit ihr entweder der Inhalt der genannten Entwürfe erörtert, möglicherweise hat der Rechtsvertreter auf Grund dieser Gespräche die Entwürfe erst konzipiert. Rechtsanwalt Dr.R***** unterrichtete die Beklagte jedenfalls davon, daß der Kläger nur unter der Voraussetzung des gegenseitigen Unterhaltsverzichts einer einvernehmlichen Scheidung zustimmt; die Beklagte akzeptierte dies.

Aus einem nicht mehr feststellbaren Grund wollte Rechtsanwalt Dr.R***** in der schriftlichen Vereinbarung nicht mehr einen gegenseitigen Unterhaltsverzicht aufgenommen haben, sondern eine Unterhaltsverpflichtung des Klägers der Beklagten gegenüber über einen monatlichen Betrag von S 5.000,--. Dies sollte allerdings nur den Zweck haben, daß die Beklagte im Falle des Ablebens des Klägers einen Pensionsanspruch hat. Damit nun der Kläger auf Grund dieser festgeschriebenen Unterhaltsverpflichtung dennoch keinen Unterhalt an die Klägerin zu leisten hat, sollte die Beklagte unmittelbar im Anschluß an die Scheidungsverhandlung eine Verzichtserklärung unterfertigen. Diese Vorgangsweise besprach und erläuterte Rechtsanwalt Dr.R***** sowohl mit dem Kläger als auch mit der Beklagten; beide waren damit einverstanden.

In der Scheidungsverhandlung am 15.12.1991 wurden die einzelnen Punkte der vom Rechtsvertreter vorgelegten Vereinbarung nochmals durchgegangen und teilweise abgeändert und schließlich vom Richter als Vergleich diktiert. Im Punkt 3) wurde die Unterhaltsverpflichtung des Klägers festgehalten.

Im Anschluß an die Scheidungsverhandlung setzte sich Rechtsanwalt Dr.R***** im Warteraum des Gerichtes mit den Streitteilen zusammen und schrieb dort die Verzichtserklärung in Handschrift nieder. Während des Schreibens sagte er die Worte noch laut vor sich hin. Die Verzichtserklärung lautet:

"Verzichtserklärung

Im Anschluß an die Scheidungsverhandlung beim BG Matrei erklärt hiemit Frau Elisabeth W***** in voller Kenntnis aller Umstände auf den mit gerichtlichem Vergleich festgelegten Unterhaltsanspruch in Höhe von S 5.000,-- (in Worten: Fünftausend) monatlich zahlbar bis

10. eines jeden Monats ab Dezember 1991 zu Lebzeiten des Verpflichteten Michael W***** unwiderruflich zu verzichten, demnach ein allfälliger Pensionsanspruch jedenfalls bestehen bleibt.

Matrei, am 15.11.91

Unterschrift W***** Elisabeth"

Die Beklagte leistete sogleich ihre Unterschrift. Ob Rechtsanwalt Dr.R***** vorher noch einmal den Text vorgelesen hat oder ob die Beklagte die Vereinbarung noch einmal durchgelesen hat, konnte nicht festgestellt werden.

Die Beklagte hat gegen den Kläger auf Grund dieses Unterhaltstitels vorher noch nie Exekution geführt.

Das Erstgericht beurteilte diesen Sachverhalt rechtlich dahin, es sei davon auszugehen, daß die Streitteile anläßlich der einvernehmlichen Scheidung einen gegenseitigen Unterhaltsverzicht vereinbaren wollten. Ausschließlich zur Wahrung des Pensionsanspruchs für die Beklagte sei die Vorgangsweise gewählt worden, wonach im Unterhaltsvergleich eine Unterhaltsverpflichtung für den Kläger aufgenommen wurde und die Beklagte praktisch gleichzeitig auf diesen Unterhaltsanspruch verzichtete. Nachdem diese Vorgangsweise mit der Beklagten abgesprochen worden sei, könne von einer Irreführung nicht die Rede sein. Es könne darin aber auch keine Sittenwidrigkeit erblickt werden. Die Vereinbarung eines gegenseitigen Unterhaltsverzichts sei in einem Scheidungsverfahren durchaus üblich. Mit der gewählten Konstruktion sei letztlich nichts anderes bewirkt worden, als daß die Beklagte eben keinen Unterhalt vom Kläger erhalten könne. Die Vorgangsweise möge allenfalls der Pensionsversicherung gegenüber zumindest bedenklich sein, für die Beklagte habe sie keinen Nachteil bedeutet. Aufgrund des von der Beklagten somit in Kenntnis aller Umstände abgegebenen Unterhaltsverzichts habe daher dem Klagebegehren, das richtig auf Feststellung, daß der Anspruch, zu dessen Hereinbringung die Exekution bewilligt wurde, erloschen sei, stattgegeben werden müssen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die Revision zulässig sei, weil zu der letztlich zu klärenden Frage, ob ein vom gemeinsamen Vertreter der Vertragsteile bei einem Vertragsteil veranlaßter Irrtum im Sinne des § 871 Abs 1 ABGB als "durch den anderen veranlaßt" zu beurteilen sei, eine Rechtsprechung fehle. Dieser Frage komme im Hinblick darauf, daß Vertragsteile häufig gemeinsam einen Dritten mit der Vertretung beauftragen, damit dieser ein abzuschließendes Rechtsgeschäft als Vertreter beider zustande bringe, eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

Das Berufungsgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus, es sei davon auszugehen, daß zwischen den Parteien vereinbart war, anläßlich der Scheidungsverhandlung vergleichsweise eine Unterhaltsverpflichtung des Klägers gegenüber der Beklagten festzuhalten, wobei aber die Beklagte unmittelbar im Anschluß an die Tagsatzung eine entsprechende Verzichtserklärung unterfertigen sollte. Aus den Feststellungen ergebe sich allerdings kein Hinweis darauf, daß bereits vor der Tagsatzung und Protokollierung des Vergleiches tatsächlich korrespondierende Willenserklärungen der Streitteile vorgelegen wären, daß die Beklagte endgültig auf den Unterhalt verzichten sollte und die Unterfertigung einer entsprechenden Verzichtserklärung zu einem späteren Zeitpunkt nur noch der Dokumentierung dieser bereits zuvor zustandegekommenen Willensübereinstimmung dienen sollte. Sofern daher durch die Unterfertigung der Verzichtserklärung ein Verzicht auf den Unterhaltsanspruch von seiten der Beklagten abgegeben wurde, sei darin ein den Unterhaltsanspruch aufhebender Umstand zu erblicken, der erst nach Entstehung des Exekutionstitels (Vergleich) eingetreten sei. Es sei zulässig, im Rahmen eines Verfahrens nach § 35 EO ein Rechtsgeschäft, das die Wirkungen aus dem Exekutionstitel aufheben sollte, einredeweise als sittenwidrig oder wegen Irrtums anzufechten. Nach § 55a Abs 2 EheG dürfe die Ehe unter anderem nur dann geschieden werden, wenn die Ehegatten eine Vereinbarung über die unterhaltsrechtlichen Beziehungen zueinander vorlegen. Diese Vereinbarung könne ohne weiteres auch darin bestehen, daß auf den Unterhalt der Ehegatten verzichtet werde. Der bloße Umstand, daß zwar anläßlich der Scheidung vergleichsweise eine Unterhaltsverpflichtung festgelegt wurde und unmittelbar im Anschluß daran der daraus Berechtigte wiederum auf diesen Unterhaltsanspruch verzichtete, könne daher für sich gesehen keinesfalls als sittenwidrig beurteilt werden. Dies müsse umsomehr dann gelten, wenn mit dieser Verzichtserklärung allenfalls Rechtswirkungen beseitigt werden, die aus einem Vergleich resultieren, der möglicherweise nur deshalb festgehalten wurde, um pensionsrechtliche Ansprüche des Unterhaltsberechtigten zu sichern, und der daher selbst sittenwidrig sein könnte. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes habe der Beklagten bewußt sein müssen, daß ihr nach der Scheidung kein Unterhaltsanspruch zustehen sollte, sodaß sie insofern nicht in Irrtum geführt worden sei. Allenfalls sei die Beklagte aber dahin in Irrtum geführt worden, daß trotz der Unterfertigung der Verzichtserklärung ein allfälliger Pensionsanspruch bestehen bleibt. Dafür spreche der letzte Halbsatz in der Verzichtserklärung (".... dennoch ein allfälliger Pensionsanspruch jedenfalls bestehen bleibt"). Die sog Witwenpension eines geschiedenen Ehegatten solle nämlich Ersatz für den Entfall der Unterhaltsleistungen des früheren Ehegatten sein, weshalb gewöhnlich ein solcher Anspruch nur dann bestehe, wenn der Ehegatte etwa aufgrund eines gerichtlichen Vergleiches tatsächlich einen Unterhaltsanspruch gegen den anderen Ehegatten hatte. Rechtsanwalt Dr.R***** sei von beiden Streitteilen zur Vertretung im Scheidungsverfahren bevollmächtigt gewesen; hievon sei auch der Abschluß einer Unterhaltsvereinbarung als Voraussetzung für eine einvernehmliche Scheidung nach § 55a EheG erfaßt gewesen. Rechtsanwalt Dr.R***** sei daher in diesem Zusammenhang auch als Vertreter der Beklagten anzusehen. Nach § 871 Abs 1 ABGB könne ein Rechtsgeschäft unter anderem dann wegen Irrtums angefochten werden, wenn der Irrtum durch den anderen veranlaßt war; dies sei auch dann der Fall, wenn der Irrtum auf ein Verhalten des Vertreters des Vertragspartners zurückzuführen ist. Rechtsanwalt Dr.R***** sei nicht nur Vertreter des Klägers, sondern auch der Beklagten gewesen. Es lägen nun weder Behauptungen noch Beweisergebnisse oder Feststellungen dazu vor, welche Erklärungen Rechtsanwalt Dr.R***** im einzelnen als Vertreter des Klägers oder der Beklagten anläßlich der Verhandlungen über den Unterhalt abgegeben hat. Auch nach der Lebenserfahrung könne ohne weiteres angenommen werden, daß Rechtsanwalt Dr.R***** bei seinen Besprechungen mit den Streitteilen nicht jeweils darauf hinwies, welche Erklärungen er im einzelnen für welche der Parteien abgegeben hat. Davon ausgehend müsse aber die Beklagte, die für die Veranlassung des Irrtums durch den Kläger behauptungs- und beweispflichtig sei, gegen sich gelten lassen, daß ein allfälliger Irrtum im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung eines Pensionsanspruchs (auch) durch ihren eigenen Vertreter hervorgerufen wurde. Dieser Umstand sei dann aber von ihr zu vertreten, weil er (auch) ihrer Sphäre zuzurechnen sei. In diesem Fall könne sie sich aber nicht mehr darauf berufen, daß ein allenfalls auf ihrer Seite in diesem Zusammenhang vorliegender Irrtum vom Kläger veranlaßt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Der von der Beklagten als Exekutionstitel herangezogene Unterhaltsvergleich sollte nach den übereinstimmenden Willen beider Parteien nur den Zweck haben, daß die Beklagte im Falle des Ablebens des Klägers einen Pensionsanspruch hat; der Kläger selbst sollte der Beklagten keinen Unterhalt zu leisten haben. Auf Grundlage dieser Tatsachenfeststellungen stellt bereits der Unterhaltsvergleich ein nichtiges Scheingeschäft im Sinn des § 916 Abs 1 ABGB dar.

Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn sich die Parteien dahin geeinigt haben, daß das offen geschlossene Geschäft nicht oder nicht so gelten solle, wie die Erklärungen lauteten, wenn also die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäftes mit bestimmtem Inhalt hervorriefen, dagegen die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundenen Rechtsfolgen nicht oder nicht so wie vertraglich niedergelegt eintreten lassen wollten. Das Scheingeschäft setzt somit gemeinsamen Vorsatz voraus, der schon im Zeitpunkt des Zustandekommens des Scheinvertrages gegeben sein muß (RZ 1991/7; JBl 1983, 444; MietSlg 33.106; SZ 53/42; SZ 47/59 ua; Ehrenzweig I/1, 221; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 420; Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 1 zu § 916; Binder in Schwimann, ABGB, Rz 2 zu § 916; Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts7 366). Der Zweck eines solchen Scheingeschäftes wird oft in der Täuschung eines Dritten oder einer Behörde gelegen sein (SZ 63/94; RZ 1991/7; SZ 53/42; SZ 49/82; SZ 47/59 ua; Ehrenzweig aaO; Gschnitzer aaO; Koziol/Welser10 I 119 f; Larenz aaO). Das bloß zum Schein geschlossene Geschäft wirkt zwischen den Parteien nicht, weil es nicht gewollt ist. Wollten die Parteien überhaupt kein Rechtsgeschäft abschließen, hat es mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit sein Bewenden. Steht im Hintergrund ein verdecktes (dissimuliertes) Geschäft, ist dieses nach seiner wahren Beschaffenheit zu beurteilen (RZ 1991/7; MietSlg 33.106; SZ 53/42; NZ 1981, 29; SZ 49/82 ua; Koziol/Welser 120; Rummel aaO, Rz 2 und 3; Gschnitzer aaO 424). Wer sich auf das Vorliegen eines Scheingeschäftes beruft, hat den Abschluß eines solchen zu beweisen (RZ 1991/7; JBl 1983, 444).

Hier sollte der Unterhaltsvergleich nach dem Willen beider Parteien zur Zeit des Vergleichsabschlusses ausschließlich zur Täuschung der Behörde über einen - tatsächlich nicht bestehenden - Pensionsanspruch der Beklagten dienen, nicht jedoch einen Exekutionstitel bilden. Dementsprechend sollte von der Beklagten im Anschluß an den Vergleichsabschluß ein Unterhaltsverzicht abgegeben werden, auf den sich der Kläger bei seinen Einwendungen gegen den Anspruch stützt und aufgrund dessen die Vorinstanzen der Klage nach § 35 EO stattgegeben haben.

Auf den Einwand der Sittenwidrigkeit der von ihr abgegebenen Erklärung auf Unterhaltsverzicht kommt die Beklagte in der Revision nicht mehr zurück; sie macht ausschließlich geltend, sie habe ihre Verzichtserklärung zu Recht wegen Irrtums angefochten. Selbst wenn kein richtiges Scheingeschäft vorläge, erwiese sich diese Anfechtung als unberechtigt. Der Irrtum muß gerichtlich geltend gemacht werden. Der Irrende muß also den Irrtum durch Klage oder Einrede geltend machen und so die Rechtsgestaltung verlangen (MietSlg 36.077; SZ 53/150; Gschnitzer in Klang2 IV/1 136; Ehrenzweig2 I/1 234; Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 19 zu § 871; Apathy in Schwimann, ABGB, Rz 15 zu § 871; Koziol/Welser10 I 131). Die einredeweise Geltendmachung des Irrtums ist nicht nur auf den Regelfall der Leistungsklage des anderen Teiles (vgl Gschnitzer aaO) beschränkt; auch der Beklagte im Oppositionsverfahren kann einredeweise geltend machen, daß er die vom Oppositionskläger geltend gemachte Vereinbarung wegen Irrtums anficht. Der Irrtum wurde hier somit von der Beklagten an sich zulässigerweise durch Einrede im Oppositionsprozeß geltend gemacht (§ 871 ABGB). Die Anfechtung der Verzichtserklärung begründete die Beklagte damit, sie habe diese Erklärung "in Unkenntnis der rechtlichen Umstände und über Ersuchen des Klägers bzw des Rechtsvertreters Dr.R*****" unterfertigt. Dieses Beklagtenvorbringen kann - auch unter Berücksichtigung des hiezu vom Kläger erstatteten Vorbringens - so verstanden werden, daß die Beklagte insofern geirrt habe, als sie der Meinung gewesen sei, trotz des von ihr abgegebenen Unterhaltsverzichts bleibe dennoch ein allfälliger Pensionsanspruch jedenfalls bestehen, wie dies in der vom gemeinsamen Vertreter vorformulierten Verzichtserklärung festgehalten worden sei.

Eine Irreführung durch den gemeinsamen Vertreter könnte zwar von der Beklagten grundsätzlich als Grund zur Irrtumsanfechtung herangezogen werden. Der gemeinsame Vertreter ist nämlich nicht als Dritter im Sinn des § 875 ABGB zu qualifizieren, weil darunter eine Person, deren sich ein Vertragsteil im Rahmen der Vertragsverhandlungen oder des Vertragsabschlusses als Gehilfe bedient, nicht fällt. Personen, die maßgeblich am Zustandekommen des Vertrages mitgewirkt haben, sind noch nicht Dritte. Entscheidend für die Gleichsetzung des Verhandlungsführers mit dem Erklärungsgegner ist, daß dieser jenen zum Mann seines Vertrauens machte (AnwBl 1990, 455; HS 12.822; SZ 49/13; SZ 44/59; Rummel in Rummel2, Rz 2 zu § 875). Da Dr.R***** bei Aushandlung eines Unterhaltsverzichts der Beklagten im Interesse des Klägers tätig war, wäre ein von ihm veranlaßter Irrtum der Beklagten dem Kläger zuzurechnen. Eine abschließende Beurteilung ist hier mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht möglich. Dies erfordert jedoch nicht eine Ergänzung des Verfahrens. Die Beklagte könnte nämlich selbst dann, wenn auf eine dem Kläger zurechenbare Art ein derartiger Irrtum veranlaßt worden wäre, nicht in der Folge geltend machen, daß ihr aufgrund des Vergleichs vom 15.11.1991 ein Unterhaltsanspruch gegen den Kläger zusteht. Die Beklagte hat nämlich nie geltend gemacht, daß der Wille der Streitteile darauf gerichtet gewesen wäre, daß sich der Kläger ihr gegenüber zu Unterhaltsleistungen aufgrund des in der Tagsatzung am 15.11.1991 protokollierten Vergleichs verpflichtet. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen unterrichtete Rechtsanwalt Dr.R***** die Beklagte jedenfalls davon, daß der Kläger nur unter der Voraussetzung, daß gegenseitig auf Unterhalt verzichtet wird, einer einvernehmlichen Scheidung zustimmt; dies hat die Beklagte akzeptiert.

Auf dieser Tatsachengrundlage ist davon auszugehen, daß der Unterhaltsverzicht der Beklagten dem Kläger gegenüber dem tatsächlichen Parteiwillen entspricht; bei dem im Protokoll vom 15.11.1991 festgehaltenen Vergleich handelt es sich um eine Vereinbarung, die zur Täuschung der Behörden bei Geltendmachung eines Pensionsanspruchs der Beklagten geschlossen wurde.

Die Beklagte könnte daher auch im Wege der Irrtumsanfechtung nicht erreichen, daß nur der von ihr erklärte Unterhaltsverzicht wegfällt und nunmehr eine Unterhaltsvereinbarung Geltung erlangt, bei der es sich - wie bereits ausgeführt - um ein nichtiges Scheingeschäft iSd § 916 Abs 1 ABGB handelt.

Der unbegründeten Revision der Beklagten muß daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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