Spruch:
Wer sich mit der entgeltlichen Abhaltung von Kursen zur Berufsausbildung befaßt und in ankundigenden Postwurfsendungen "Erfolgsgarantie" gibt, ist verpflichtet, einen Interessenten über seine grundsätzliche Eignung zum erfolgreichen Besuch des Kurses und zur Ausübung des angestrebten Berufes zu testen und zu beraten; ein abgeschlossener Vertrag kann allenfalls wegen Irreführung oder vom Anbotsteller veranlaßten Irrtums angefochten werden
OGH 3. Feber 1976, 5 Ob 243/75 (OLG Linz 2 R 125/75; LG Salzburg 7 Cg 39/75)
Text
Die klagende Partei befaßt sich unter anderem mit der Abhaltung von Kursen für die theoretische und praktische Ausbildung von Handelsvertretern und Verkaufsberatern. Auf Grund einer von der Klägerin zugemittelten Postwurfsendung schloß der Beklagte am 18. September 1974 mit dem Verkaufsleiter der beklagten Partei Karl Z einen Kursvertrag ab. Der Beklagte beteiligte sich aber in der Folge nicht an der vorgesehenen Ausbildung und leistete auch nicht die bedungenen Zahlungen.
Die klagende Partei begehrte mit der am 21. Jänner 1975 eingebrachten Klage die Zahlung des zufolge eingetretenen Terminverlustes fälligen Kurspreises von 19 774 S samt Anhang.
Der Beklagte wendete ein, daß er vom Vertreter der klagenden Partei arglistig getäuscht und in Irrtum geführt worden sei. Der Kurs der klagenden Partei sei völlig ungeeignet, die zugesagte Verdienstmöglichkeit von monatlich 20 000 S bis 25 000 S als Handelsvertreter realisieren und schon binnen drei Monaten ab Kursbeginn als Handelsvertreter arbeiten zu können. Es mangle an wesentlichen Geschäftsgrundlagen, da der Kurs nicht wie vorgesehen stattfinde, die Kursunterlagen völlig ungeeignet seien und überdies weder die Zusage eines beträchtlichen Einkommens noch die ausdrücklich zugesagte Erfolgsgarantie von der klagenden Partei einzuhalten sei. Der Beklagte sei zudem auf Grund seiner bisherigen Schul-, Vor- und sonstigen Ausbildung zum Beruf eines Handelsvertreters nicht geeignet. Der Kursvertrag sei überdies sittenwidrig, weil er keinerlei Kundbarkeit oder Stornierungsmöglichkeit enthalte.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auf Bezahlung des Betrages von 19.744 S samt Anhang statt und wies das Mehrbegehren von 30 S samt Anhang ab. Seinen Feststellungen zufolge verwies die im Raume N im Herbst 1974 verbreitete Postwurfsendung der klagenden Partei auf die beginnenden neuen Samstag-Kurse zur Ausbildung von Interessenten aller Berufsgruppen mit modernsten Methoden zu Handelsvertretern und Verkaufsberatern. Es könnten 15.000 S bis 20.000 S und mehr monatlich verdient werden. Unverbindliche und kostenlose Informationen würden zugeleitet. Die klagende Partei biete Erfolgsgarantie. Der am 14. Juni 1950 geborene Beklagte ersuchte auf Grund dieser Postwurfsendung um die angebotene kostenlose Information. Er absolvierte vier Klassen Volksschule, vier Klassen Hauptschule und die Berufsschule, war zwei Jahre im väterlichen Betrieb als Landmaschinenbauer tätig und schloß die Kfz-Mechanikerlehre ab. Er arbeitete sodann im erlernten Beruf in N, strebte aber einen anderen Beruf mit vielen Reisemöglichkeiten an und stellte sich eine Arbeit als Handelsvertreter in der Versicherungs- oder Baustoffbranche vor. Auf seine Anfrage kamen der Beklagte und für die klagende Partei der für N zuständige Verkaufsleiter Karl Z am 18. September 1974 in einem Gasthof in N zu einem rund eineinhalb Stunden dauernden Gespräch zusammen. Karl Z übergab dem Beklagten dabei ein insgesamt 28 Punkte umfassendes Kursprogramm mit den Lehrzielen und schilderte ihm, daß zunächst eine Schulung in freier Rede und dann eine Unterrichtung in Steuer- und Handelsrecht sowie in Verkaufspraxis durchgeführt würde. Dem Beklagten wurde mitgeteilt, daß der Kurs voraussichtlich am 5. Oktober 1974 beginne und an 28 Samstag-Nachmittagen abgehalten werde; der tatsächliche Kursbeginn und das Kurslokal sollten noch gesondert bekanntgegeben werden. Es wurde ihm auch die Möglichkeit dargelegt, für den Fall des nicht erfolgreichen Abschlusses des Kurses diesen kostenlos wiederholen zu können. Karl Z wies den Beklagten weiters darauf hin, daß er als Jungvertreter nur mit einem Monatsverdienst von 10.000 S bis 12.000 S und nicht sogleich mit dem in der Postwurfsendung angeführten monatlichen Verdienst von 15.000 S bis 20.000 S und mehr rechnen können, weil sich erst im Laufe der Einarbeitung und der Zeit die Verdienstmöglichkeit steigere. Eine Vermittlung von Kursteilnehmern an Dienstgeberfirmen wurde nicht zugesagt. Karl Z forderte schließlich den Beklagten zum Durchlesen der auf der Rückseite des Vertragsformulares der klagenden Partei aufgedruckten Allgemeinen Bedingungen auf und machte ihn daraufaufmerksam, daß eine Kündigungs- oder Stornierungsmöglichkeit dieses Vertrages nicht gegeben sei. Auf Grund dieses mit dem Beklagten geführten ausführlichen lnformationsgespräches erfuhr Karl Z von der schulischen und beruflichen Ausbildung des Beklagten und gelangt zu der Auffassung, daß dieser auf Grund seiner Intelligenzbreite geistig in der Lage sei, den angebotenen Handesvertreterkurs der klagenden Partei erfolgreich zu besuchen. Einen (besonderen) Eignungstest führte Karl Z mit dem Beklagten nicht durch. Am Ende des Gespräches schloß der Beklagte mit der klagenden Partei einen Kursvertrag zur "Ausbildung zum Handelsvertreter", der die "theoretische und praktische Ausbildung über die Vermittlung oder Abschließung von Handelsgeschäften oder überhaupt von Rechtsgeschäften über bewegliche Sachen oder Dienstleistungen im allgemeinen" zum Gegenstand hatte. Der Beklagte sollte hiefür 1000 S Anzahlung und 24 mal monatlich 781 S leisten. Nach den auf der Rückseite des Vertragsformulares aufgedruckten Allgemeinen Bedingungen sollte Nichtteilnahme am Kurs den Anmelder nicht von der Zahlungsverpflichtung befreien. Bei Rückstand mit einer Monatszahlung sollte Terminverlust eintreten und der gesamte aushaftende Betrag sofort fällig werden. Der Vertragspartner erklärte sich weiters damit einverstanden, Termin- und Lokaländerung, soweit sie sich aus der betrieblichen Organisation des Institutes ergeben, nicht als Vertragsverletzung anzusehen und mit derartigen Änderungen einverstanden zu sein. Seitens der klagenden Partei wurde nach Überwindung von Schwierigkeiten der SPÖ-Sitzungssaal in N als Kurslokal bereitgestellt und der erste Kursabend auf den 19. Oktober 1974 festgesetzt. Der Beklagte erlangte davon Kenntnis. Er fand sich aber nur am 26. Oktober 1974 zum Kurs ein, wo ihm ein 15seitiges Skriptum über "Verkaufen - Kunst oder Routine?" als Anfangsbehelf ausgefolgt wurde. Die gesamten schriftlichen Kursunterlagen umfaßten rund 400 Seiten und wurden durch den vom Kursleiter abgehaltenen Unterricht sowie durch die jedem Kursteilnehmer zur Verfügung gestellten technischen Lerngeräte ergänzt. Der Beklagte besuchte den Ausbildungskurs, für den sich insgesamt 21 Teilnehmer verpflichtet hatten, nicht weiter und leistete auch keine der bedungenen Zahlungen. Er setzte sich aber auch nicht mit der klagenden Partei wegen Auflösung des Vertrages in Verbindung und schickte ein Schreiben ungeöffnet zurück.
Das Erstgericht erachtete im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung keine der gegen die Gültigkeit des Kursvertrages erhobenen Einwendungen des Beklagten als begrundet. Der Beklagte sei weder über die Modalitäten der Durchführung des Kurses noch über die zu erwartenden Verdienstmöglichkeiten als Handelsvertreter und die Vermittlung an interessierte Firmen arglistig getäuscht oder in Irrtum geführt worden, um ihn zu einem Vertragsabschluß zu bewegen. Der Kursvertrag sei wegen der bedungenen Unkundbarkeit und Unwiderruflichkeit nicht als sittenwidrig zu beurteilen. Es gehe auch der Einwand des Beklagten ins Leere, er sei auf Grund seiner bisherigen Schul-, Vor- und sonstigen Ausbildung zum Beruf eines Handelsvertreters nicht geeignet, weil eine allfällig mangelnde Eignung des Beklagten zu dem von ihm angestrebten Beruf nicht die klagende Partei zu vertreten habe. Schließlich gehe auch der Einwand des Beklagten, die Kursunterlagen und der Kurs der klagenden Partei seien völlig ungeeignet, die ihm gemachten Zusagen realisieren zu können, ins Leere, weil der Beklagte auf Grund seines Alters und seiner bisherigen Ausbildung beurteilen habe können, ob der ihm angebotene Kursunterricht samt den ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen geeignet sein würde, das angestrebte Berufsziel zu erreichen. Die klagende Partei haben keine Gewähr dafür übernommen, daß er selbst bei kontinuierlichem Besuch des angebotenen Kurses tatsächlich den Beruf eines Handelsvertreters der Versicherungs- oder Baustoffbranche erlernt hätte und auch erfolgreich in einem dieser Berufe hätte tätig werden können. Das Erstgericht erachtet den Beklagten sohin auf Grund der mit der klagenden Partei geschlossenen Vereinbarung als verpflichtet, den vereinbarten Kurspreis zu bezahlen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge, hob das Urteil auf und trug dem Erstgericht unter Setzung eines Rechtskraftvorgehaltes gemäß § 519 Z. 3 ZPO die ergänzende Verhandlung und neuerliche Urteilsfällung auf. Obwohl dies nicht ausdrücklich ausgesprochen wurde, ist dieser Beschluß nach seiner Begründung dahin zu verstehen, daß er nur den stattgebenden Teil, nicht aber den unbekämpft gebliebenen abweisenden Teil des erstgerichtlichen Urteiles betrifft.
Das Berufungsgericht mißbilligte auf der Grundlage der als unbedenklich übernommenen erstgerichtlichen Feststellungen die rechtliche Beurteilung in zwei Punkten. Die subjektive Eignung des Beklagten für einen positiven Ausbildungserfolg und für eine erfolgreiche Ausübung des angestrebten Berufes bilde ebenso wie die objektive Eignung des ihm angebotenen Fortbildungskurses einschließlich der Lehrbehelfe zur Vermittlung der für eine erfolgreiche Ausübung des Handelsvertreterberufes erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im Falle einer zumindest durchschnittlichen Kursmitarbeit die Geschäftsunterlage für den Kursvertrag im Sinne des § 901 ABGB. Deren Fehlen bewirke die rückwirkende Aufhebung des Vertrages, so daß die klagende Partei daraus keine Forderungen gegen den Beklagten ableiten könnte. Da die diesbezüglichen Einwendungen des Beklagten nicht geprüft worden seien, liege ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne des § 496 Abs. 1 Z. 2 ZPO vor.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Im wesentlichen beschwert sich die Rekurswerberin gegen die vom Berufungsgericht geforderte Überprüfung der objektiven Eignung des angebotenen Fortbildungskurses für die Erreichung des vorgesehenen Ausbildungszieles und der subjektiven Eignung des Beklagten und die aus dem Ergebnis dieser Überprüfung abgeleiteten Folgerung für das Bestehen der Geschäftsgrundlage des Kursvertrages im Sinne des § 901
ABGB.
Der Vertrag über die Ausbildung zum Handelsvertreter kann nicht eindeutig einer der im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch geregelten Vertragstypen zugeordnet werden und ist daher als ein Vertrag sui generis zu beurteilen. Auf ihn sind die Bestimmungen des Ratengesetzes nicht anzuwenden, zumal die Überlassung der Kursunterlagen an den Kursteilnehmer und damit kaufvertragsartige Elemente nicht den Hauptzweck des Kursvertrages bilden (vgl. SZ 41/186; EvBl. 1972/126). Voraussetzung für den gültigen Abschluß eines solchen Vertrages ist es aber, daß dessen Gegenstand, im vorliegenden Fall der von der klagenden Partei angebotene Lehrgang zur Ausbildung zum (erfolgreichen) Handelsvertreter, überhaupt objektiv geeignet war, den in Aussicht genommenen Erfolg herbeizuführen. Wäre der angekundigte Lehrgang schon wegen Mangelhaftigkeit der vorhandenen Unterlagen oder Wertlosigkeit der vorgesehenen Lehrmethoden an sich ungeeignet, die Erreichung des in Aussicht gestellten Lehrzieles zu ermöglichen,hätte die klagende Partei, deren Organe und Vertreter nach ihren Ankündigungen fachkundig sein müssen, durch die Hinausgabe wahrheitswidriger Ankündigungen den Beklagten, wenn sie vorsätzlich handelte, listig irregeführt, sonst aber jedenfalls den Irrtum des Beklagten veranlaßt, so daß er den Vertrag nach den §§ 870 oder 871 ABGB anfechten konnte. Mit Recht ging das Berufungsgericht davon aus, daß der Beklagte als erst auszubildender Laie bei Vertragsabschluß und Beginn des Kurses auch nach dem Wissen der klagenden Partei die objektive Eignung des vorgesehenen Ausbildungslehrganges nicht abschätzen konnte. Da der Beklagte die mangelnde objektive Eignung des von der klagenden Partei angebotenen Kurses zur Erreichung des versprochenen Lehrzieles behauptete, hat das Berufungsgericht mit Recht das erstgerichtliche Verfahren wegen Nichtaufnahme des vom Beklagten angebotenen Sachverständigenbeweises als mangelhaft befunden.
Was die vom Beklagten ebenfalls eingewendete persönliche Nichteignung für die Ausbildung zum Handelsvertreter und die spätere erfolgreiche Ausübung dieses Berufes betrifft, muß allerdings zunächst auf den Grundsatz verwiesen werden, daß sich niemand auf das Nichtvorhandensein einer Vertragsvoraussetzung berufen kann, wenn diese sich auf Tatsachen der eigenen Sphäre bezieht; jeder Vertragspartner muß die Gefahr aller Umstände auf sich nehmen, die sich in seinem Bereich ereignen (Koziol - Welser, 101; 6 Ob 202/74). Insbesondere kann sich eine Partei in der Regel nicht auf das Nichtvorhandensein einer, wenngleich typischen, Voraussetzung berufen, die sich auf Tatsachen der eigenen persönlichen Sphäre bezieht (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 340; vgl. EvBl. 1975/206). Grundsätzlich muß also jeder Vertragsteil auch das Risiko eines Fehlschlagens seiner Erwartungen tragen (SZ 43/63 und die dort zitierte Literatur). Es ist daher nicht unproblematisch, die Fehleinschätzung der eigenen Eignung für den erfolgreichen Besuch eines Ausbildungskurses als Nichtvorhandensein der Geschäftsgrundlage anzusehen (vgl. EvBl. 1973/27; EvBl. 1972/126). Das ist zumindest für den vorliegenden Fall auch nicht notwendig. Rechtsprechung und Literatur anerkennen nämlich das Bestehen vorvertraglicher Verpflichtungen (SZ 46/22; Koziol - Welser, 154). Mögliche Geschäftspartner treten schon mit der Aufnahme eines Kontaktes zu geschäftlichen Zwecken in ein beiderseitiges Schuldverhältnis, das sie zu gegenseitiger Rücksichtnahme bei der Vorbereitung und beim Abschluß des Geschäftes verpflichtet und vor allem ausAufklärungs- und Sorgfaltspflichten besteht (vgl. Koziol - Welser, 153; in diesem Sinne auch Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 174 und in Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechtes, 160; Ehrenzweig[2] II/1, 160; Welser in ÖJZ 1973, 282 f., 288; 1 Ob 191/75).
Es muß nun wohl zunächst dem Kursinteressenten obliegen, das Ausbildungsangebot mit den ihm bekannt gewordenen Anforderungen unter Berücksichtigung seiner Auffassung über seine persönliche Eignung zu überprüfen und seine Erfolgschancen in bezug auf die Absolvierung des Ausbildungskurses und die spätere Berufsausübung möglichst gewissenhaft abzuwägen. Hiebei darf aber nicht übersehen werden, daß dieser Selbsterkenntnis naturgemäß Grenzen gesetzt sind. Es ist daher vor allem vom Lehrinstitut eine Überprüfung des Kursinteressenten in der Richtung zu fordern, ob ihm nicht schon die grundlegenden Voraussetzungen und damit die Eignung für eine erfolgreiche Ausübung des angestrebten Berufes fehlen, so daß jede Schulung schließlich zwecklos sein müßte. Dies gilt besonders im vorliegenden Falle im Hinblick auf die in der Postwurfsendung angebotene "Erfolgsgarantie". Wie die klagende Partei selbst in dem dem Beklagten übergebenen Anfangsbehelf durchaus überzeugend darlegte, hat die erfolgreiche Tätigkeit eines gut ausgebildeten Handelsvertreters unumgängliche Voraussetzungen, die sich aus dem Erscheinungsbild, der körperlichen und emotionalen Befähigung, der willensmäßigen Qualifikation und der Persönlichkeit ergeben. Entgegen der Auffassung der Rekurswerberin handelt es sich bei diesen Voraussetzungen nicht nur um solche, die erst durch den Kursbesuch, den persönlichen Einsatz, den Arbeitswillen und die Mitlernbereitschaft geschaffen werden und sohin auch von der Absolvierung des Kurses abhängig sind. Dies mag wohl für das erforderliche Wissen und die anzuzeigenden Fertigkeiten in Fortbildung gegebener Anlagen, insbesondere etwa der Rednergabe, der Fall sein. Es können aber weitere, kaum wesentlich veränderbare körperliche oder geistige Anlage wie etwa Gesundheit, Vitalität, Suggestionskraft, Kontaktfähigkeit, Selbstsicherheit u. dgl. in einem Maße fehlen, das die spätere erfolgreiche Ausübung des Handelsvertreterberufes sehr unwahrscheinlich erscheinen läßt. Entgegen der Auffassung der Rekurswerberin kann es demnach bei den vorauszusetzenden Eigenschaften nicht allein auf die rechtliche Geschäftsfähigkeit des Kursinteressenten, insbesondere seine Vertragsfähigkeit, ankommen, so daß nur Personen ausgeschieden werden müßten, welche stottern, schwere körperliche Gebrechen haben oder gar einen offenbar debilen Eindruck machen.
Im vorliegenden Fall wurde möglicherweise auch eine Art Eignungsprüfung des Beklagten durch ein eineinhalbstundiges Informationsgespräch mit dem Verkaufsleiter Karl Z durchgeführt. Diesem wurde dabei die schulische und berufliche Ausbildung des Beklagten bekannt; er gelangte auch subjektiv zu der Auffassung, daß dieser auf Grund seiner Intelligenzbreite geistig in der Lage sei, den angebotenen Handelsvertreterkurs der klagenden Partei erfolgreich zu besuchen. Dadurch, daß er dem Beklagten sodann offensichtlich empfahl, den Kurs zu besuchen, jedenfalls aber ihm nicht abredete, dies zu tun, obwohl der Beklagte selbst seine Fähigkeiten nicht ausreichend abzuschätzen vermochte, hat Karl Z den Beklagten zum Abschluß des Vertrages veranlaßt. Mit der subjektiven Bejahung der Eignung des Beklagten zum Kursbesuch und der grundsätzlichen Eignung zur Ausübung des angestrebten Berufs durch Karl Z steht aber keineswegs fest, ob dem Beklagten nicht dennoch die notwendige Eignung fehlte und jede Schulung von vornherein aussichtslos sein mußte. Wäre dies der Fall, könnte sich der Beklagte mangels Aufklärung darüber durch geeignete Maßnahmen allenfalls wiederum auf einen von der klagenden Partei bei Erfüllung ihrer vorvertraglichen Pflichten veranlaßten Irrtum berufen.
Für die Berechtigung der Anfechtung genügt jedes für das Entstehen des Irrtums ursächliches Verhalten, ohne daß Vorsatz oder auch nur Fahrlässigkeit vorliegen müßte (EvBl. 1971/117; SZ 28/103 u. a.; Gschnitzer, 128; Koziol - Welser[3] I, 96; Ehrenzweig[2] I/1.232).
Die klagende Partei, die sich Karl Z bei der Führung der Vertragsverhandlungen und bei Erfüllung der damit zusammenhängenden Pflichten bediente, würde für den von ihm veranlaßten Irrtum des Beklagten wie für einen von ihr selbst veranlaßten Irrtum haften (SZ 44/59; Gschnitzer, 130).
Ob beim Beklagten von vornherein die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Ausübung des Handelsvertreterberufes fehlten, läßt sich auch derzeit noch durch einen Sachverständigenbeweis feststellen. Hiebei ist allerdings kein Sachverständigenmaßstab anzulegen; maßgeblich kann vielmehr nur die Erfüllung der der klagenden Partei zumutbaren vorvertraglichen Pflichten sein. Die Nichteignung des Beklagten rechtfertigte nur dann eine Nichtigerklärung des Vertrages, wenn jene so eindeutig gewesen wäre, daß sie ein entsprechend geschulter Vertreter im Rahmen eines geschickt geführten, aber nicht allzu langen Informationsgespräches in einem Maße erkennen hätte können, daß nach den Grundsätzen von Treu und Glauben von einem Vertragsabschluß abgeraten hätte werden müssen. Hier ist wiederum zu berücksichtigen, welchen Erfolg des Kursbesuchers die klagende Partei selbst durch die Art ihrer Werbung ("Erfolgsgarantie") in Aussicht gestellt hatte, so daß auch derjenige, dem der Kursbesuch empfohlen wurde, damit rechnen konnte, daß bei Beurteilung seiner Eignung ein entsprechend strenger Maßstab angelegt werde. Wäre der Beklagte erkennbar zu schwerfällig und nicht bzw. minder ausbildungsfähig gewesen, hätte die klagende Partei durch ihren Vertreter den Irrtum des Beklagten über seine grundsätzliche Eignung veranlaßt; der mit dem Beklagten geschlossene Vertrag wäre nichtig, so daß die klagende Partei daraus keine Ansprüche ableiten könnte.
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