Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 19.080,-- (darin S 3.180,-- USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war Eigentümerin bzw Miteigentümerin mehrerer Liegenschaften, und zwar unter anderem im Stadtgebiet von Wien in sehr guter Lage. Nach dem Tod ihres Gatten am 6. 5. 1989 beabsichtigte die Klägerin, in ein Pensionistenheim zu übersiedeln, und begann sowohl zahlreiche Antiquitäten, als auch ihre Liegenschaften zu verkaufen. Vertreten durch den nunmehrigen Klagevertreter brachte sie am 3. 9. 1992 hinsichtlich der von ihr bewohnten Liegenschaft die Teilungsklage gegen ihre Schwägerin ein. Mit Schreiben vom 14. 9. 1992 teilte ihr der nunmehrige Klagevertreter Folgendes mit:
"In der Beilage gestatte ich mir, Ihnen eine Kopie des Schreibens von ... (Miteigentümerin) vom 10. 8. 1992 sowie die von mir auftragsgemäß eingebrachte Klage samt Antrag auf grundbücherliche Anmerkung zu ihrer gefälligen Kenntnisnahme zu übermitteln.
Der Streitwert hat sich insoferne auf S 487.000 reduziert, weil das Finanzamt - wie meine Erhebungen ergeben haben - den Einheitswert der Liegenschaft ab 1990 auf S 487.000 heruntergesetzt hat. Somit ist das Verfahren auf Grund des niederen Streitwertes billiger geworden.
Weiters erlaube ich mir, Ihnen wunschgemäß einen Zahlschein zu übermitteln."
Obwohl die Klägerin ihrem Rechtsvertreter in mehreren Teilbeträgen insgesamt S 45.000 akontiert hatte, war sie auf Grund dieses Schreibens der Meinung, ihm oder der Gemeinde Wien weitere S 487.000 bezahlen zu müssen. Sie füllte daher den dem Schreiben beigelegten Zahlschein aus und setzte auf beiden Abschnitten ihren Namen und ihre Adresse in das für den Einzahler vorgesehene Feld. Auf dem Empfangsschein setzte sie den Betrag von S 487.000 in das für Schillingbeträge vorgesehene Feld mit einem deutlichen Zwischenraum zwischen den Zahlen 487 und den folgenden drei Nullen. Auf dem Erlagscheinabschnitt setzte sie den gleichen Betrag in dem für Schillingbeträge vorgesehenen Feld so weit nach rechts, dass die letzte Null zur Gänze im Groschenfeld zu liegen kam.
Am 18. 9. 1992 zahlte die Klägerin bei einem Wiener Postamt einen nicht mehr feststellbaren Betrag ein. Der die Einzahlung entgegennehmende Postbedienstete gab einen Betrag von S 48.700 in den Computer ein, stempelte den Empfangsschein, ohne ihn zu verändern, ab und übergab ihn der Klägerin. Nicht von der Hand der Klägerin stammt eine Veränderung des Erlagscheinabschnitts in der Form, dass im Groschenfeld eine weitere Null angefügt und vor den Groschenbetrag ein Komma gesetzt wurde. Ob diese Änderung vom dem die Einzahlung entgegennehmenden Postbediensteten oder einem seiner Kollegen vorgenommen wurde, ist nicht mehr feststellbar.
Von April 1992 bis Juli 1994 betreute ein Bekannter die Klägerin und kümmerte sich auch um ihre finanziellen Angelegenheiten. Beim Sichten ihrer Belege stieß er auf den abgestempelten Empfangsschein. Durch Rückfrage beim Klagevertreter wurde festgestellt, dass auf dessen Konto lediglich ein Betrag von S 48.700 eingelangt war.
Die im Zeitpunkt der Einzahlung rund 78 Jahre alte Klägerin wies weder damals noch im Zeitpunkt ihrer Untersuchung im Jahre 1997 Zeichen einer relevanten Geistesschwäche oder Geisteskrankheit auf. Auch bestanden keine körperlichen Erkrankungen, die zu einer relevanten Beeinträchtigung der intellektuellen Leistungsfähigkeit geführt hätten. Sie bezog im Jahr 1992 Pensionseinkünfte in der Höhe von etwa S 14.700 netto (ohne Sonderzahlungen). Auf Grund der durchgeführten Verkäufe verfügte sie im relevanten Zeitraum über einen Bargeldbetrag von rund S 600.000, den sie in der Wohnung verwahrte. In einer von ihr angefertigten Aufstellung über die Honorarforderungen des nunmehrigen Klagevertreters scheint der Betrag von S 487.000 als Honorarzahlung auf.
Mit ihrer am 1. 8. 1994 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin, die Beklagte zur Zahlung des (Differenz-)Betrages von S
438.300 sA schuldig zu erkennen. Sie habe beim Postamt S 487.000 mit einem von ihr eigenhändig ausgefüllten Zahlschein bar einbezahlt. Diese Einzahlung sei auf dem Empfangsschein mit Poststempel bestätigt worden. Ohne Wissen und Einverständnis der Klägerin sei der Einzahlungsbetrag auf dem beim Postamt verbliebenen Erlagscheinabschnitt mit einem anderen Schreibgerät auf S 48.700,00 abgeändert worden. Nur dieser Betrag sei auf das Konto des nunmehrigen Klagevertreters gelangt. Die Beklagte habe die Auszahlung des fehlenden Differenzbetrags verweigert.
Die Beklagte wendete dagegen ein, die Klägerin habe lediglich S
48.700 beim Postamt eingezahlt. Dieser Betrag scheine auch am Kontrollstreifen des Postamtes auf. Es sei naheliegend, dass die in finanziellen Dingen möglicherweise etwas verwirrte Klägerin die beiden Abschnitte mit verschiedenen Schreibgeräten und Beträgen ausgefüllt und dem Postbediensteten zusammen mit dem Betrag von S
48.700 übergeben habe. Beträge von rund S 500.000 seien üblicherweise Privaten in Banknoten nicht verfügbar. Es falle auf, dass die Klägerin erst rund 1 1/2 Jahre nach der angeblichen Einzahlung von S 487.000 die unvollständige Durchführung des Überweisungsauftrages reklamiert habe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, dass die Klägerin, eine vermögende Frau, dem Postbediensteten lediglich einen Betrag von S 48.700 übergeben habe. Der Postbedienstete habe den Empfangsschein nicht ausreichend überprüft, jedoch, um die Einzahlung zu verdeutlichen, auf den beim Postamt verbleibenden Erlagscheinabschnitt ein Komma angebracht. Zur rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, die Klägerin habe nicht beweisen können, dass es beim Scheckverkehr der Beklagten zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei, d.h. dass sie tatsächlich mehr einbezahlt habe als in den Büchern der Post aufscheint. Da die Klägerin den Zahlschein selbst ausgefüllt habe, gingen eventuelle Divergenzen gemäß §§ 914, 915 ABGB zu ihren Lasten.
Das Berufungsgericht änderte nach Beweiswiederholung dieses Urteil dahin ab, dass es dem Klagebegehren mit Ausnahme eines hier nicht mehr strittigen Zinsenbegehrens Folge gab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen, welche es rechtlich dahin würdigte, dass die Post gemäß § 36 PostG bei der Übermittlung von Geldbeträgen für den als übernommen bescheinigten Betrag hafte. Da auf dem Empfangsschein die Übernahme eines Betrages von S 487.000 bescheinigt worden sei, könne die Klägerin die Differenz zu dem von der Post tatsächlich weitergeleiteten Betrag begehren. Der Beklagten sei es hingegen nicht gelungen, die Einzahlung von lediglich S 48.700 zu beweisen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Revision der Beklagten ist zwar zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof seit der - bei anderer Rechtslage - ergangenen Entscheidung SZ 16/92 mit vergleichbaren weit über den Einzelfall hinausreichenden Haftungsfragen nicht zu befassen hatte, es kommt ihr jedoch keine Berechtigung zu.
Vor Eingehen in die Sache selbst ist zur Sachlegitimation der Beklagten Stellung zu nehmen, welche Frage auch noch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen zu prüfen ist, wenn sie sich - wie hier - als reine Rechtsfrage darstellt (SZ 34/186; SZ 51/57; SZ 69/110; 10 Ob 257/99p ua):
Die Post ist nach den hier noch anzuwendenden Bestimmungen eine Anstalt des Bundes ohne eigene Rechtspersönlichkeit (Adamovich/Funk, Allgem Verwaltungsrecht3, 210). Gemäß § 1 des Postgesetzes (PostG) in der hier anzuwendenden Fassung vor BGBl I Nr 18/1998 ist die Post die Gesamtheit der Einrichtungen, durch die der Bund die in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten des Postwesens besorgt. Die Post wird - wieder bezogen auf den hier relevanten Zeitpunkt September 1992 - grundsätzlich hoheitlich tätig, und zwar sowohl in jenen Bereichen des Postwesens, in denen die Postbehörden mit Bescheid zu entscheiden berufen sind als auch in dem Bereich des Beförderungsvorbehalts (JBl 1994, 556). Gemäß § 9 PostG wurde der Post die Beförderung von Sendungen, die schriftliche Mitteilungen oder sonstige Nachrichten enthalten, vorbehalten, wogegen der Geldverkehr der Post, also die Annahme von Geldbeträgen zur Übermittlung, deren Auszahlung auf Grund von Anweisungen und ihre Einziehung über Auftrag nur eine Berechtigung der Post ist, die zudem gesetzlich beschränkt oder anderen staatlichen Einrichtungen überlassen werden kann (§ 13 PostG). Insoweit ist hoheitliches Handeln nicht zu erkennen (Schragel, AHG2 Rz 108). Dies gilt jedenfalls auch nach der den Geldverkehr grundsätzlich der Hoheitsverwaltung zurechnenden strafgerichtlichen Rechtsprechung dann, wenn die Post bei den rein privatwirtschaftlichen Geschäften der Beklagten, also im Postscheck- und Postsparverkehr mitwirkt (SSt 52/22; SSt 57/91; EvBl 1994/107; EvBl 1994/157). Die Beklagte selbst wird in den hier in Frage kommenden Belangen nicht hoheitlich tätig, sondern mit den Mitteln der Privatwirtschaftsverwaltung, d.h., in den Rechtsformen des Zivilrechts (Laurer, Die österreichische Postsparkasse nach dem Postsparkassengesetz 1969, ÖBA 1971, 280, hier: 289).
Die Beklagte ist eine als Anstalt öffentlichen Rechts eingerichtete juristische Person, deren Organisation und Aufgaben durch das Postsparkassengesetz 1969 (PSK-G 1969) geregelt sind. Der Geschäftsbereich der Beklagten umfasst hauptsächlich Bankgeschäfte. Sie ist ein öffentlich-rechtliches Kreditunternehmen mit dem Privileg der Inanspruchnahme von Einrichtungen und Dienstleistungen der staatlichen Postverwaltung. Sie erfüllt öffentliche Aufgaben in Form der Mitwirkung an der Verwaltung der Staatsschuld und sie wird vom Bund als "Hausbank" in Anspruch genommen (Adamovich/Funk aaO, 220; ÖBl 1990, 55). Gemäß § 2 Abs 1 PSK-G 1969 hat der Bund im Namen und auf Rechnung der Beklagten durch die Post im Postscheck- und Postsparverkehr Einzahlungen entgegenzunehmen und Auszahlungen zu leisten. Die Bestimmung legt nur die Verpflichtung des Bundes (Postverwaltung) gegenüber der Beklagten fest, statuiert aber keine Verpflichtung gegenüber Dritten (Laurer aaO 285). Dies ergibt sich aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (1278 BlgNR XI. GP, 9), wonach die Postämter nur Zahlstellen des Postscheck- und Postsparverkehrs sind und sich die Haftung der Post als Erfüllungsgehilfe der Beklagten für den Dienst der Postämter als Sammelstellen nach den entsprechenden Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches richtet. Diesbezüglich hat der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung SZ 16/92 in einem vom Sachverhalt her vergleichbaren Fall ausgesprochen, dass die Postämter nicht als selbständige juristische Zwischenglieder betrachtet werden könnten, sodass das zwischen dem Erleger und der hier Beklagten (die damals allerdings auf anderer Rechtsgrundlage bestand und für deren Verbindlichkeiten der Bundesschatz zu haften hatte) durch den Erlag begründete Geschäft den Bestimmungen über den Bevollmächtigungsvertrag zu unterstellen sei. Danach ergebe sich die Haftung der hier Beklagten aus § 1012 ABGB iVm § 1313a ABGB.
Ist die Post aber nach der dargestellten Gesetzeslage lediglich Erfüllungsgehilfe der Beklagten, hat Letztere jedenfalls für deren Verschulden einzustehen. Sie würde von der Haftung nur befreit, wenn sie beweist, dass dem Erfüllungsgehilfen ein solches nicht zur Last fällt (SZ 40/58; SZ 51/176; SZ 64/76 ua). Es ist unstrittig, dass die Streitgegenstand bildende Einzahlung mit einem Zahlschein der Beklagten erfolgte, sodass diese haftet und daher passiv legitimiert ist.
Gemäß § 36 PostG haftet die Post bei der Übermittlung von Geldbeträgen für den als übernommen bescheinigten Betrag. Demgegenüber legt § 22 Abs 2 PSK-G die Haftung der Beklagten "lediglich für die eingezahlten Beträge" fest. Daraus ziehen Schaginger/Trpin, Postgesetz und Postordnung, 170, den Schluss, dass die Post im Geldverkehr auf Rechnung der Beklagten lediglich für die eingezahlten Beträge hafte. Wie im Rahmen der weiteren Erörterungen noch darzustellen sein wird, kommt es aber im Ergebnis auf die unterschiedliche Formulierung der Haftungsnormen nicht an, sodass nicht weiter untersucht werden muss, ob nicht in Anbetracht der engen Verflechtung der beiden Institute und des - anders als § 36 PostG - vornehmlich auf den Ausschluss der Haftung von Verzögerungsschäden abgestellten Zwecks des § 22 Abs 2 PSK-G (vgl Laurer aaO 289 f), ohnedies in jedem Falle für den als übernommen bescheinigten Betrag zu haften ist.
Es ist nunmehr einheitliche Rechtsprechung der Strafgerichte, dass die postamtliche Beurkundung der Geldeinzahlung auf einem Empfangsschein der Beklagten keine öffentliche Urkunde ist (EvBl 1986/124; 13 Os 38/88; 12 Os 24/88 ua), weil die Mitwirkung der Post bei den rein privatwirtschaftlichen Geschäften der Beklagten, der Privatwirtschaftsverwaltung zuzuzählen sei. Für die Beurteilung einer Urkunde als "öffentlich" sei nicht allein das formelle Kriterium der Ausstellung durch einen Beamten, sondern darüber hinaus die inhaltlich-materielle Bedeutung dessen, was dieser beurkundet, wesentlich, weil erst darin der Grund für den besonderen strafrechtlichen Schutz liege. Unter diesem Gesichtspunkt scheiden aber jene Urkunden aus dem Begriff der "öffentlichen Urkunde" im strafrechtlichen Sinn aus, die zwar von einem Beamten errichtet werden, aber in gleicher oder ähnlicher Weise im privaten Rechtsverkehr auch von einem Nichtbeamten ausgestellt werden können (EvBl 1986/124). Bertel merkt hiezu in seinem Aufsatz "Die öffentliche Urkunde und die Falschbeurkundung im Amt" (AnwBl 1980, 319) an, dass der Beweiswert öffentlicher Urkunden nach der ZPO und ihr besonderer strafrechtlicher Schutz zwei Seiten ein und derselben Sache seien. Die strafrechtlichen Bestimmungen hätten ihren rechtspolitischen Grund in Wahrheit eben in den Bestimmungen der Zivilprozessordnung. Sie genössen deshalb besonderen strafrechtlichen Schutz, weil das Verfahrensrecht öffentlichen Urkunden einen besonderen Beweiswert einräume. Dieser Ansicht ist zuzustimmen, verweist doch § 292 Abs 1 ZPO ausdrücklich darauf, dass öffentliche Urkunden unter anderem jene seien, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse ausgestellt werden. Gerade diesen Bereich verlässt aber die Behörde, wenn sie privatwirtschaftlich tätig wird. Es ist daher auch für den Bereich des Zivilrechts daran festzuhalten, dass die von einem Bediensteten der Post quittierte Geldeinzahlung auf einem Empfangsschein der Beklagten keine öffentliche Urkunde ist.
In diesem Zusammenhang ist auf den Einwand der Beklagten einzugehen, der Zahlschein habe insgesamt eine Einheit gebildet und stelle daher, weil beide Abschnitte unterschiedliche Beträge aufweisen, keine unbedenkliche Urkunde im Sinn des § 1426 ABGB dar. Dieser Einwand vermag schon deshalb nicht durchzuschlagen, weil in Wahrheit zumindet zwei Privaturkunden vorliegen, nämlich der Empfangsschein als solcher und die darauf angebrachte Aufgabebescheinigung im Sinn der §§ 259, 110 PostO (vgl Kienapfel, Glosse zu 12 Os 145/81, JBl 1983, 388). Die Echtheit beider Urkunden ist im Verfahren nicht mehr strittig. Über die materielle (innere) Beweiskraft der Urkunden, die die Bedeutung der beurkundeten Erklärung für das Beweisthema bezeugt, hat der Richter grundsätzlich im Rahmen freier Beweiswürdigung zu entscheiden (9 ObA 205/98g; 1 Ob 602/93).
Allerdings verweist die Klägerin zutreffend darauf, dass der mit dem Poststempel versehene Empfangsschein als Quittung gemäß § 1426 ABGB anzusehen sei. Dies trifft zu. Die dort geforderte Unterschrift des Gläubigers oder von dessen Machthaber kann entfallen und etwa durch einen Stampiglienaufdruck ersetzt werden, wenn dies im Verkehr allgemein üblich ist (Reischauer in Rummel, ABGB2 § 1426 Rz 3). Die Beklagte hat im Verfahren das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Aufgabebescheinigung im Sinne der genannten Bestimmungen der Postordnung niemals bestritten, sondern diesbezüglich lediglich den bereits behandelten Einwand erhoben, der Zahlschein sei als Einheit zu sehen und stelle daher keine unbedenkliche Urkunde dar. Es kann daher ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Aufdruck des Poststempels, auch ohne dass ihm die Unterschrift des Postbediensteten beigesetzt würde, eine Quittung im Sinn des § 1426 ABGB darstellt, zumal § 23 PostG dies ausdrücklich für die Entrichtung von Postgebühren vorsieht.
Der Beklagten ist darin beizupflichten, dass sie nicht Gläubigerin der Klägerin war. Es ist hier nicht weiter erforderlich, ihre Stellung unter dem Blickwinkel des § 1424 ABGB (vgl Reischauer aaO § 1424 Rz 1) zu untersuchen, weil jedenfalls die bereits genannte Haftung des § 22 Abs 2 PSK-G gegenüber dem Einzahler (Laurer aaO, 290) gegeben ist. Es ist daher sachgerecht, § 1426 ABGB auch auf die von der Post als Erfüllungsgehilfin der Beklagten ausgestellten Empfangsbestätigungen analog anzuwenden (vgl Reischauer aaO § 1426 Rz 1). Die nach der Postordnung auszustellende Aufgabebescheinigung ist daher als Quittung im Sinne dieser Gesetzesstelle anzusehen und stellt somit eine beweiskräftige Urkunde über die Höhe des eingezahlten Betrags dar, deren Beweiskraft nur durch einen gelungenen Gegenbeweis erschüttert werden kann (Schaginger/Trpin aaO 388; EvBl 1958/230; SZ 62/17; Reischauer aaO § 1426 Rz 9). Die Beklagte ist daher damit beweisbelastet, dass entgegen dem Inhalt der Aufgabebescheinigung von der Klägerin ein geringerer als der dort angegebene Betrag eingezahlt wurde. Die Negativfeststellung des Berufungsgerichts, es könne die Höhe dieses Betrages nicht feststellten, geht zu Lasten der Beklagten.
Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.
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