OGH 5Ob223/99a

OGH5Ob223/99a30.5.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragsteller 1. Zivorad M*****,

2. Biljiana B*****, beide vertreten durch Dr. Ewald Jenewein, Dr. Gerhard Zimmermann, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider den Antragsgegner Hansjörg O*****, vertreten durch Dr. Gerhard Ebner, Dr. Joachim Tschütscher, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 11. Juni 1999, GZ 4 R 195/99a-39, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 23. Februar 1999, GZ 30 Msch 92/97-33, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Sachbeschluss wird aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung

Die Antragsteller begehren als (Mit)Mieter des Hauses *****, gegenüber dem Antragsgegner, als Eigentümer dieses Hauses festzustellen, dass das gesetzlich zulässige Zinsausmaß durch Vorschreibung eines Betrages von S 23.000 im Zeitraum 1. 1. 1996 bis 31. 1. 1997 insoweit überschritten wurde, als der vereinbarte Hauptmietzins über den der Ausstattungskategorie D hinausgeht.

Dieses Begehren wurde in beiden Vorinstanzen mit der Begründung abgewiesen, es sei durch Ablauf der Frist des § 16 Abs 8 MRG, welche auch für Altverträge zu gelten habe, präkludiert. Die Verlängerungsvereinbarung vom Jänner 1996 stelle keine neue "Hauptmietzinsvereinbarung" dar und sei somit nicht auslösend für die Frist des § 16 Abs 8 MRG.

Beide Vorinstanzen gingen von der Feststellung aus, die Mitmieterin und ursprüngliche Zweitantragstellerin Biljiana B***** habe ihr Mitmietverhältnis mit dem Antragsteller anläßlich der nur mit dem nunmehrigen Antragsteller getroffenen Verlängerungsvereinbarung nicht beendet. Diesbezüglich liege kein Nachweis einer Dreiparteieneinigung vor.

Feststeht, dass zwischen dem Antragsgegner als Vermieter und dem Antragsteller sowie Biljiana B***** am 22. 12. 1991 ein Mietvertrag über das gesamte Haus ***** in ***** abgeschlossen wurde, wobei der vereinbarte Mietzins S 20.000 betrug. Dieser Mietzins erfuhr mittlerweile eine Erhöhung auf S 23.000, welcher Betrag jedenfalls im Jänner 1997 bezahlt wurde. Es steht nicht fest, ob diesbezüglich eine neue Mietzinsvereinbarung getroffen wurde oder aber die Erhöhung sich auf vereinbarte Wertsicherung bezieht.

Nachdem im Jahr 1995 das Mietverhältnis ohne wirksame Befristung weiter aufrecht erhalten wurde, es sich somit spätestens zu diesem Zeitpunkt in eines mit nicht durchsetzbarem Endtermin gewandelt hatte, schlossen der Antragsteller und der Antragsgegner am 23. 1. 1996 eine Vereinbarung, die einer Verlängerung des Mietvertrages gleichkommt, wonach das Bestandverhältnis am 31. 12. 1996 enden sollte. Weiters wurde vereinbart, dass sämtliche Bestimmungen des alten Mietvertrages aus dem Jahr "1992" aufrecht zu bleiben hätten.

Eine Vereinbarung dahin, dass die Mitmieterin B***** aus diesem Anlass aus dem Mietverhältnis ausscheide, ist nicht erwiesen.

Auch nach Ablauf des Jahres 1996 wurde das Mietverhältnis aufrecht erhalten.

Mit dem angefochtenen Sachbeschluss bestätigte das Rekursgericht die Abweisung des Begehrens des Antragstellers, die Überschreitung des zulässigen Hauptmietzinses ab 1. 1. 1996 festzustellen, weil das Begehren gemäß § 16 Abs 8 MRG verfristet sei. Die "Verlängerungsvereinbarung" von Jänner 1996 sei keine neue Mietzinsvereinbarung und damit nicht fristauslösend. Wie schon das Erstgericht ging auch das Rekursgericht dabei von einer Wirksamkeit der in der mündlichen Verhandlung vor dem Erstgericht am 18. 12. 1998 erfolgten Antragsrückziehung duch die Zweitantragstellerin (= Mitmieterin) aus.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage der Anwendbarkeit des § 16 Abs 8 MRG idF des 3. WÄG für Mietzinsvereinbarungen vor dem 1. 3. 1994 insofern keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege, als nicht geklärt sei, ob die Verlängerung eines unwirksam befristeten Bestandverhältnisses neuerlich fristauslösend sei.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag auf Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und Zurückverweisung an das Gericht erster Instanz zur neuerlichen Entscheidung.

Der Antragsgegner beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Rekursgericht relevierte Frage der Anwendbarkeit des § 16 Abs 8 MRG auf den zu beurteilenden Sachverhalt ist mittlerweile durch Inkrafttreten des § 44 MRG idF der Wohnrechtsnovelle 1999 BGBl I Nr 147 geklärt. Demnach gelten § 16 Abs 8 zweiter bis vierter Satz und § 26 Abs 3 zweiter und dritter Satz MRG nicht für Mietzinsvereinbarungen, die vor dem 1. 3. 1994 geschlossen wurden. Diese Bestimmung ist am 1. 9. 1999 in Kraft getreten (Art IX Z 3 WRN) und ist auch auf Verfahren über die Zulässigkeit des Mietzinses anzuwenden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens - wenn auch bereits in zweiter oder dritter Instanz - noch anhängig waren (5 Ob 286/99s; 5 Ob 292/99y; 5 Ob 303/99s). Es kann daher eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die im Jänner 1996 getroffene (Verlängerungs)Vereinbarung den Lauf der Präklusivfrist neuerlich in Gang setzte, auf sich beruhen.

Der Antrag auf Überprüfung der Zulässigkeit des vereinbarten Hauptmietzinses ist somit, soweit darüber nicht bereits rechtskräftig abgesprochen wurde, rechtzeitig.

Hinsichtlich der Beendigung des Mitmietverhältnisses mit Biljiana B***** wurden keine Behauptungen aufgestellt, die - selbst bei deren Erweislichkeit - den rechtlichen Schluss zuließen, sie sei mit Zustimmung des Antragsgegners aus dem Mietverhältnis ausgeschieden. Der Inhalt der oben festgestellten Vereinbarung vom Jänner 1996, die zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner geschlossen wurde, läßt es vor allem in Hinblick auf den Verweis, dass alle anderen Bestimmungen des ursprünglich abgeschlossenen Mietvertrages ihre Gültigkeit behalten sollten, nicht zu, dieser Vereinbarung den Inhalt zuzumessen, dass damit die Mitmieterin, die dieser Vereinbarung nicht einmal beigetreten war, aus dem Mietverhältnis ausscheiden wollte und dem zugestimmt worden wäre.

Zu Recht haben daher die Vorinstanzen zugrundegelegt, dass Biljiana B***** nach wie vor Mitmieterin des Hauses ***** in ***** ist.

Als bloßer Mitmieter wäre der Antragsteller zu einem Begehren auf Feststellung der Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes (§ 37 Abs 1 Z 8 MRG) tatsächlich nicht berechtigt. Im Fall mehrerer Mitmieter muss das Begehren auf Feststellung der Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes (infolge teilweiser Unwirksamkeit einer geschlossenen Mietzinsvereinbarung) von allen Mitmietern getragen sein (MietSlg 36.497; 35.425/24 = SZ 56/132; EWR I/37/66 ff; 5 Ob 108/98p).

Der vorliegende Mietzinsüberprüfungsantrag wurde aber von beiden Mitmietern des Hauses ***** in ***** gestellt. Zur Frage, ob ein Ausscheiden der Zweitantragstellerin als Mitmieterin aus diesem Verfahren rechtlich wirksam war, nimmt der erkennende Senat wie folgt Stellung:

Der Gedanke einer analogen Anwendung des § 14 ZPO im Außerstreitverfahren hat in der Rechtsprechung bereits mehrfach Niederschlag gefunden. So wurde ausgesprochen, dass mehrere erbserklärte Erben in Verfolgung der von ihnen angesprochenen Erbrechte gegenüber konkurrierenden Erbansprechern schon wegen des gemeinsamen Ziels ihrer Rechtsverfolgung in einer verfahrensrechtlichen Gemeinschaft nach Art einer Streitgenossenschaft wie eine einheitliche Streitpartei im Sinn des § 14 ZPO verbunden sind (vgl JBl 1989, 795 = NZ 1990, 258).

Eine analoge Anwendung des § 14 ZPO im Verfahren nach §§ 26 WEG, 27 MRG wurde mit der Begründung bejaht, dass sämtliche Parteien des Wohnungseigentumsvertrags im Streit um Rechte oder Pflichten, die alle Mitglieder der Gemeinschaft treffen, eine solche notwendige Streitgenossenschaft bilden, wenn es dem Wesen des Antrags entspricht (SZ 54/55).

Für Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 1 MRG, also Verfahren um Anerkennung als Hauptmieter, hat der erkennende Senat bereits ausgesprochen, dass Hauseigentümer und Untervermieter in einem solchen Verfahren wegen der erweiterten Rechtskraftwirkung der Entscheidung notwendigen Streitgenossen vergleichbar sind (5 Ob 55/98v = RS0006254).

Auch in der Lehre wird die Ansicht vertreten, dass im Außerstreitverfahren dort, wo es um rein kontradiktorische Zwei-Parteien-Verfahren geht, auch die Rechtsfigur einer einheitlichen "(Außer)Streitpartei" denkbar ist (Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren3 Rz 33, 34).

Es drängt sich daher auch im vorliegenden Fall auf, Mitmieter in Angelegenheiten, die die gesetzliche Zulässigkeit des von ihnen gemeinsam geschuldeten Mietzinses betreffen, in analoger Anwendung des § 14 ZPO als notwendige Streitgenossen zu behandeln, wie sie dies ja auch im Streitverfahren regelmäßig sind (vgl Kodek in Rechberger ZPO**2 Rz 2 zu § 14 ZPO). Aufgrund des daher anwendbaren Günstigkeitsprinzips (vgl Kodek aaO Rz 6) wird die Antragsrückziehung durch die Zweitantragstellerin als Mitmieterin unbeachtlich. Sie steht der Verfolgung der Feststellungsansprüche durch den Erstantragsteller nicht entgegen.

Das Erstgericht wird sich daher im fortgesetzten Verfahren unter Beiziehung der Zweitantragstellerin zum weiteren Verfahren inhaltlich mit dem Sachbegehren auf Mietzinsüberprüfung auseinanderzusetzen haben und neuerlich darüber zu entscheiden haben.

Der Revisionsrekurs war daher berechtigt.

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