OGH 3Ob502/81

OGH3Ob502/818.4.1981

SZ 54/55

Normen

ABGB §364
ABGB §523
JN §1
WEG §14 Abs1
WEG §26
ABGB §364
ABGB §523
JN §1
WEG §14 Abs1
WEG §26

 

Spruch:

Gegen eine von einem der gemeinsamen Benützung dienenden Teil der Liegenschaft ausgehende Lärmbelästigung kann ein Wohnungseigentümer nur im außerstreitigen Verfahren Abhilfe suchen

OGH 8. April 1981, 3 Ob 502/81 (LGZ Graz 3 R 328/80; BGZ Graz 7 C 1104/80) Die Parteien des Verfahrens sind Miteigentümer der Liegenschaft EZ 435

Text

KG W mit den Häusern Graz, F-Weg 3 und 5, und Wohnungseigentümer der einzelnen Wohnungen. Unter der Wohnung der beiden Antragsteller befindet sich ein der allgemeinen Benützung dienender Maschinenraum, der die Heizungsanlage und die Umwälzanlage für ein allen Miteigentümern dienendes Hallenbad enthält.

Die Antragsteller behaupteten, daß sie durch den Betrieb des Beheizungsaggregats und der Umwälzanlage eine unerträgliche und gesundheitsgefährdende Lärmbelästigung erlitten, weshalb ihnen der Anspruch auf Unterlassung des Hallenbadbetriebes zustehe. Sie stellten den Antrag, den Antragsgegnern mittels einstweiliger Verfügung das Einschalten der Heizungs- und Umwälzanlage zu verbieten.

Die Antragsgegner Nr. 1 bis 5, 7 bis 17 und 19 bis 22 sprachen sich gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung aus. Die Antragsgegner Nr. 6 erstatteten keine Äußerung.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte einstweilige Verfügung.

Es nahm als bescheinigt an, daß die von den gefährdeten Parteien behauptete Lärmbelästigung ungewöhnlich stark sei, ein normales Wohnen in der Wohnung der gefährdeten Parteien unmöglich mache und zu Gesundheitsstörungen bei der Erstantragstellerin führe.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß sich der Unterlassungsanspruch der Antragsteller aus § 364 Abs. 2 ABGB ergebe, welche Bestimmung auch unter Miteigentümern anwendbar sei. Da auch alle übrigen Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gegeben seien, habe diese erlassen werden müssen.

Das Rekursgericht änderte infolge Rekurses der Antragsgegner Nr. 1 bis 5, 7 bis 17 und 19 bis 22 den Beschluß des Erstgerichtes, der hinsichtlich der Antragsgegner Nr. 6 und 18 unberührt bleibe, dahin ab, daß der Antrag der gefährdeten Parteien auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen werde.

Das Gericht zweiter Instanz vertrat im wesentlichen die Auffassung, daß die Antragsteller den von ihnen behaupteten Anspruch auf Unterlassung des Hallenbadbetriebes gegenüber den Antragsgegnern nicht geltend machen könnten, weil § 364 Abs. 2 ABGB in einem solchen Fall nicht anwendbar sei. Die Störung werde nicht durch die einzelnen Wohnungseigentümern zustehenden ausschließlichen Benützungsrechte verursacht, sondern von der gesamten Wohnungsgemeinschaft ausgelöst. Da die gefährdeten Parteien die einstweilige Verfügung nur zur Sicherung eines im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machenden Anspruches begehrten, sei nicht zu untersuchen, ob den Antragstellern im Außerstreitverfahren geltend zu machende Minderheitsrechte zustunden. Mangels Bescheinigung des behaupteten Anspruches sei daher der Antrag der gefährdeten Parteien unbegrundet.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragsteller mit der Maßgabe nicht Folge, daß der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung auch in Ansehung der Antragsgegner Nr. 6 und 18 abgewiesen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Antragsteller haben ihren Anspruch auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ausdrücklich und unmißverständlich (siehe vor allem die Formulierung ihres Begehrens hinsichtlich der beantragten Dauer der einstweiligen Verfügung) nur auf einen im ordentlichen Rechtsweg durchsetzbaren Anspruch gestützt, konnten jedoch einen solchen Anspruch nicht bescheinigen.

Es ist zwar in der Rechtsprechung anerkannt, daß das Miteigentums- und Wohnungseigentumsrecht des Minderheitsmiteigentümers einer Liegenschaft ein selbständiges Schutzobjekt bildet und daher dem einzelnen Wohnungseigentümer das Recht zusteht, gegen jeden Dritten, aber auch gegen einen anderen Mit- und Wohnungseigentümer die Negatorienklage zu erheben (EvBl. 1979/124; EvBl. 1980/44). Soweit in der Rechtsprechung von Gerichten zweiter Instanz in diesem Zusammenhang ausgesprochen wurde, daß § 364 Abs. 2 ABGB auch im Verhältnis zwischen Wohnungseigentümern ein- und desselben Hauses anwendbar sei, ging es immer um Fälle, wo ein Wohnungseigentümer im Rahmen der Ausübung seines ausschließlichen Benützungsrechtes an einer bestimmten Wohnung Störungen verursachte (vgl. MietSlg. 30 036, 31 032). Die Antragsteller machen jedoch nicht geltend, daß alle Antragsgegner in ihren Wohnungen Lärm verursachen, sondern sie wenden sich ausschließlich gegen den Lärm, welcher von einem der allgemeinen Benützung dienenden Teil der Liegenschaft ausgeht, der also von allen Miteigentümern insgesamt veranlaßt wird. Sie behaupten auch nicht etwa, daß die Antragsgegner eine getroffene und noch aufrechte Benützungsvereinbarung nicht zuhielten oder eigenmächtig, nämlich ohne Herbeiführung eines entsprechenden Beschlusses aller Miteigentümer oder in Ermangelung eines solchen einer Entscheidung des Außerstreitrichters, eine Veränderung der gemeinsamen Sache vorgenommen und damit in ihr Mit- und Wohnungseigentumsrecht eingegriffen hätten. Es geht also nicht um Fälle der Rechtsdurchsetzung oder der Abwehr von Rechtswidrigkeiten zwischen Miteigentümern, die im streitigen Verfahren ausgetragen werden könnten (vgl. SZ 38/53 u. v. a.). Die Antragsteller stützen sich vielmehr darauf, daß sie durch die bisherige Form des Betriebes des gemeinsamen Schwimmbades erheblich beeinträchtigt werden. Es handelt sich also um eine Auseinandersetzung hinsichtlich der Art der Benützung eines der allgemeinen Benützung dienenden Teiles der Liegenschaft zwischen Miteigentümern, die auch Wohnungseigentümer sind, welche nur im außerstreitigen Verfahren erledigt werden kann (MietSlg. 28 504, 30 610; JBl. 1980, 45). Es wird also damit keineswegs das Recht der Antragsteller beschnitten, in der bestimmungsgemäßen Benützung ihrer Eigentumswohnung nicht durch Belästigungen gestört zu werden, welche von gemeinsamen Teilen oder Anlagen der Liegenschaft ausgehen; aber sie müssen sich an den Außerstreitrichter wenden und können keine Unterlassungsklage erheben (vgl. etwa EvBl. 1979/172 hinsichtlich einer Geruchsbelästigung, deren Beseitigung im Außerstreitverfahren durchzusetzen war, im Gegensatz zu MietSlg. 30 146/30, wo für die Abwehr der eigenmächtigen Ausweitung einer Heizungsanlage der Rechtsweg offen stand).

Das Gericht zweiter Instanz hat daher den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit Recht abgewiesen. Zutreffend verweisen die Antragsteller in ihrem Revisionsrekurs jedoch darauf, daß dem Wesen ihres Antrages entsprechend eine notwendige Streitgenossenschaft vorlag (vgl. MietSlg. 20 676; ImmZ 1968, 334), so daß sich gemäß §§ 402, 78 EO, 14 ZPO die Wirkung der in zweiter Instanz tätigen Streitgenossen auch auf die Antragsgegner Nr. 6 und 18 erstreckte. Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz war daher dahingehend klarzustellen, daß der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung auch hinsichtlich dieser beiden Antragsgegner abgewiesen wird.

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