OGH 7Ob13/00p

OGH7Ob13/00p26.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard H*****, geboren am 14. November 1968, *****, vertreten durch Dr. Maria-Christina Engelhardt, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Tina H*****, geboren am 28. September 1973, *****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Ehescheidung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 16. November 1999, GZ 43 R 769/99b-51, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 30. Mai 1999, GZ 4 C 1/98z-37, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision des Klägers wird Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 7.103,04 (darin enthalten S 1.183,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 6.851,04 (darin enthalten S 811,84 Umsatzsteuer und S 1.980,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile haben am 27. 6. 1996 miteinander die Ehe geschlossen, die für den Kläger die zweite, für die Beklagte die dritte war. Der Ehe entstammen keine Kinder; der Kläger hat allerdings die am 23. 3. 1995 geborene Tochter der Beklagten Jennifer adoptiert.

Der Kläger begehrt die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden der Beklagten. Diese habe sich ihm gegenüber völlig lieb- und interesselos verhalten und sich nur ihrer Mutter Margit D***** zugewendet, die sich nahezu ständig in der ehelichen Wohnung aufhalte, sich einmische und geradezu sein Leben diktiere. Er werde durch die Beklagte und ihre Mutter ständig beschimpft, erniedrigt und kritisiert. Auf diesbezügliche Vorhalte habe die Beklagte nicht reagiert. In letzter Zeit sei sie geradezu gewalttätig gegen ihn vorgegangen. Sie vernachlässige die Haushaltsführung bzw überlasse sie und auch die Erziehung des Kindes ihrer Mutter, obwohl sie sonst keinem Beruf nachgehe. Zutiefst habe ihn gekränkt, dass die Beklagte erklärt habe, zum ehelichen Verkehr mit ihm nur fähig zu sein, wenn sie etwas getrunken habe. Da ihm ein weiteres Zusammenleben daher unzumutbar sei und um die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen, sei er zu seinem Vater gezogen. Die Beklagte unterhalte nun eine ehewidrige Beziehung zu einem anderen Mann.

Die Beklagte begehrte primär die Abweisung des Scheidungsbegehrens, hilfsweise den Ausspruch des überwiegenden Verschuldens des Klägers, dessen Vorwürfe alle unberechtigt seien. Insbesondere habe sich der Kläger nicht über ihre Mutter beschwert, sondern sogar gewollt, dass sie in die eheliche Wohnung einziehe und sich an den Zinskosten beteilige. Auch damit, dass ihre Mutter den Haushalt führe, sei der Kläger einverstanden gewesen.

Das Erstgericht schied die Ehe aus dem gleichteiligen Verschulden beider Streitteile. Es stellte im Wesentlichen fest:

Die Streitteile haben sich ein halbes Jahr vor der Heirat kennen gelernt und deshalb relativ rasch geheiratet, um der Tochter Jennifer ein "normales Familienleben" bieten zu können und die Adoption leichter möglich zu machen. Zunächst verlief die Ehe ohne besondere Vorkommnisse. Die Mutter der Beklagten hielt sich zusammen mit ihrem geschiedenen Ehemann und nunmehrigen Lebensgefährten Kurt D***** zwei- bis viermal pro Woche in der Ehewohnung auf. Nach dem Umzug der Streitteile im April 1996 war sie dann beinahe täglich bis abends um ca 22 Uhr zu Besuch. Daran änderte sich auch nichts, als die Streitteile ab September 1997 in die Wohnung Am H***** zogen. Die ständige Anwesenheit nicht nur der Mutter, sondern auch der sonstigen Familienangehörigen der Beklagten (neben Kurt D***** auch ihre Onkeln Michael und Karl F*****) resultierte auch daher, dass in zwei Jahren Ehe drei Wohnungen hergerichtet wurden. Die Mutter der Beklagten mischte sich in alle Angelegenheiten des Ehepaares ein und übte wiederholt Kritik, zB dass am Wochenende zu lange geschlafen werde und dass Staub gesaugt gehöre. Sie gab auch Anweisungen, wie sich die Streitteile gegeneinander zu verhalten hätten. Nachdem die Beklagte und ihre Mutter bei einem Autounfall im April 1997 verletzt worden waren, war die Mutter im Krankenstand und besonders häufig in der Wohnung der Streitparteien anwesend, um ihrer Tochter bei der Haushaltsführung und der Betreuung der mj Jennifer behilflich zu sein. Das Kind war oft krank und musste auf Grund eines Antikörpermangels immer wieder stationär und ambulant behandelt werden. Nach Todesfällen in der Familie der Beklagten im Herbst 1996 und Frühsommer 1997 wurde der Kontakt zwischen der Beklagten und ihrer Mutter noch enger. Die mj Jennifer verbrachte die Nächte von Freitag auf Samstag und vom Samstag auf Sonntag regelmäßig bei den (väterlichen) Großeltern, unter Tags waren die Mutter der Beklagten, ihr Lebensgefährte und das Kind zusammen mit den Streitparteien in der Ehewohnung bzw wurden gemeinsam Ausflüge unternommen. Auch bei Besuchen im Garten der Eltern des Klägers war die Mutter der Beklagten immer dabei, oft auch die genannten anderen Verwandten. Die Streitparteien waren praktisch niemals alleine; während der gesamten Ehe machten sie nur ein einziges Mal einen Wochenendausflug ohne Verwandte. Der Onkel der Beklagten Michael F***** wohnte nach dem Tod seiner Mutter fast ein Jahr lang in der Ehewohnung der Streitteile. Dazu hatte ihn auch der Kläger eingeladen, dabei aber nur an einige Tage bzw Wochen gedacht, ihm jedoch niemals dezidiert gesagt, dass er wieder in seine Wohnung zurückkehren solle. Der Kläger sagte auch nie ausdrücklich, dass er die Anwesenheit der Familie der Beklagten nicht immer schätze. Seine Reaktion in diesen Situationen war, dass er sich mit Jennifer beschäftigte. Aus seinem Verhalten war nicht leicht feststellbar, dass ihm die Anwesenheit der Familie der Beklagten auf die Nerven ging. Der Kläger übernahm auch Aufgaben im Haushalt, wie den Geschirrspüler auszuräumen. Er hat auch nach der Arbeit den Nachmittagskaffee für alle Anwesenden gekocht und ab und zu Staub gesaugt. Die Beklagte kümmerte sich um die Wäsche und überließ den Rest der Haushaltführung ihrer Mutter, die auch einen entscheidenden Einfluss auf die Erziehung der Tochter Jennifer ausübte. Zufolge der ständigen Anwesenheit von Familienmitgliedern der Beklagten veränderte sich das Verhältnis des Klägers zu seinen Freunden, die er nicht mehr einladen wollte. Er zog sich auch sonst immer mehr von seinen Freunden zurück. Das Verhältnis der Streitparteien zu den Eltern des Klägers, die in unregelmäßigen Abständen zu Besuch kamen (ca einmal in 14 Tagen), war gut. Im Sommer wurde an den Wochenenden öfters im Garten der Eltern des Klägers gegrillt. Das Verhältnis des Klägers zu seiner Adoptivtochter Jennifer war ebenfalls ein gutes. Der Kläger beschäftigte sich sowohl wochentags, wenn er von der Arbeit kam, als auch am Wochenende mit dem Kind. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte den Kläger völlig lieb- und interesselos behandelt, ihn auf eine milieuunübliche Art beschimpft oder ihn erniedrigt hätte. Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte dem Kläger gegenüber gewalttätig gewesen wäre, insbesondere dass sie am 15. 12. 1997 im Zuge einer Auseiandersetzung einen Sessel an die Wand geworfen hätte. Die Streitteile hatten miteinander ehelichen Verkehr bis kurz vor dem Auszug des Klägers aus der Ehewohnung, der am 31. 12. 1997 erfolgte. Die Streitparteien waren damals bei Carina und Karl F***** zu einer Silvesterparty eingeladen. Der Kläger gab vor, er müsse dienstlich etwas erledigen und käme dann später zur Party. Statt dessen ging er in die Ehewohnung, packte seine Sachen und zog zu seinen Eltern. Er rief um 22 Uhr die Beklagte an und erklärte ihr, dass die Ehe für ihn beendet sei. Der Auszug aus der Ehewohnung erfolgte sowohl für die Beklagte und ihre Familie, als auch für die Eltern des Klägers völlig überraschend. Seither weigert sich der Kläger, mit der Beklagten zu sprechen und hat auch deren Versöhnungsversuche abgelehnt. Die Beklagte versuchte durch Anrufe, Mailbox-Nachrichten und Rosen den Kläger wieder für sich zu gewinnen. Sie reagierte auf den Auszug des Klägers mit einer depressiven Verstimmung und musste wegen rapider Gewichtsabnahme und Verdacht auf Magersucht ärztlich behandelt werden. Im Jänner 1998 unterhielt sie eine sexuelle Beziehung zu Christian Z*****, den sie im Dezember 1997 bei einem Kegelabend im Beisein des Klägers kennen gelernt hatte. Das Verhältnis dauerte ca zwei Wochen, wobei Z***** während dieser Zeit auch in der Ehewohnung übernachtete. Dem Kläger wurde dies durch den Bericht einer Überwachungsagentur, die er beauftragt hatte, Ende Jänner 1998 bekannt. Außer Christian Z***** übernachten seither immer wieder Männer in der Ehewohnung, jedoch konnte nicht festgestellt werden, dass die Beklagte zu diesen außereheliche Kontakte hatte. Der Kläger zahlte seit seinem Auszug 3.000 S monatlich für die mj Jennifer und kam weiter für die laufenden Kosten der Ehewohnung Am H***** auf. Für die Beklagte leistete er zunächst keine Unterhaltszahlungen und verpflichtete sich dann vergleichsweise, der Beklagten ab 1. 5. 1998 einen vorläufigen monatlichen Unterhalt von S 8.000 zu leisten. Dieser Verpflichtung kommt er seither nach.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht aus dem festgestellten Sachverhalt, beide Streitteile hätten bis zum Auszug des Klägers am 31. 12. 1997 keine Eheverfehlungen im Sinne des § 49 EheG begangen. Die vom Kläger der Beklagten im Zusammenhang mit seinem Auszug aus der Ehewohnung vorgeworfenen Eheverfehlungen hätten sich nicht erweisen lassen. Deshalb könne dieser Auszug nicht als Reaktion auf Eheverfehlungen der Beklagten qualifiziert werden, sondern stelle eine schwere Eheverfehlung gemäß § 49 EheG dar. Dass der Kläger damals bereits Scheidungsklage erhoben gehabt habe, sei nicht relevant, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht von einer objektiven, sondern nur von einer subjektiven Zerrüttung der Ehe der Streitteile gesprochen werden könne. Die Ehe sei im Zeitpunkt des Auszuges noch nicht als zerrüttet anzusehen gewesen. Aus den Versöhnungsversuchen der Beklagten sei deutlich erkennbar, dass diese die Ehe damals noch nicht als (endgültig) gescheitert betrachtet habe. Daher sei das Eingehen eines außerehelichen Verhältnisses mit Christian Z***** im Jänner 1998 als Eheverfehlung nach § 47 EheG (Ehebruch) zu qualifizieren. Mit dem Eingehen der ehebrecherischen Verbindung durch die Beklagte bzw bei Kenntnisnahme durch den Kläger sei die endgültige, unheilbare Zerrüttung der Ehe sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht gegeben gewesen. Sowohl die Beklagte als auch den Kläger treffe daher ein Verschulden an der endgültigen und unheilbaren Zerrüttung der Ehe. Da nur ein erheblich schwereres Verschulden eines Teils im Scheidungsurteil zum Ausdruck kommen solle, sei von einem gleich bedeutenden Verschulden auszugehen gewesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und änderte die Entscheidung der ersten Instanz dahin ab, dass es das Scheidungsbegehren abwies. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zugelassen werde. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts sei die unheilbare Zerrüttung der Ehe der Streitteile ungeachtet des Umstandes, dass die Beklagte noch einige Zeit versuchte, den Kläger zurückzugewinnen, bereits am 31. 12. 1997 eingetreten. Danach begangene Eheverfehlungen hätten die völlig zerrüttete Ehe nicht weiter zerstören können und seien mangels Kausalität nicht mehr anlastbar. Eine Ausnahme wäre nur bei Ehebruch zu machen, der ein absoluter Scheidungsgrund sei. Hinsichtlich eines Ehebruchs lägen aber weder ein Vorbringen des Klägers ("ehewidrige Beziehung" AS 179) noch Feststellungen ("sexuelle Beziehung" AS 227) vor. Auch die übereinstimmenden Angaben der Zeugen und der Beklagten rechtfertigten den Schluss auf Ehebruch noch nicht ("intimes Verhältnis" AS 203 und 207). Die Beziehung der Klägerin könne daher nicht als ehebrecherisch, sondern (lediglich) als ehewidrig qualifiziert werden und sei für die Zerrüttung bedeutungslos und insoweit der Beklagten nicht vorwerfbar. Mangels Eheverfehlungen der Beklagten sei das Scheidungsbegehren nicht berechtigt.

Zur Begründung seines Ausspruchs der Unzulässigkeit der ordentlichen Revision führte das Berufungsgericht aus, Rechtsfragen der im § 502 Abs 1 ZPO genannten Qualifikation seien nicht vorgelegen, "im Übrigen wurde der Judikatur gefolgt".

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteiles ist zulässig und berechtigt.

Die Rechtsansicht der zweiten Instanz kann in beiden Punkten, in denen der Rechtsauffassung des Erstgerichts widersprochen wird, nicht geteilt werden: Sowohl die Meinung des Berufungsgerichtes, der Beklagten könne entgegen der Ansicht des Erstgerichtes kein Ehebruch unterstellt werden, als auch die Auffassung, die Ehe sei bereits mit dem Auszug des Klägers objektiv unheilbar zerrüttet gewesen, ist verfehlt.

Zur Frage des Ehebruches der Beklagten ist vorweg darauf hinzuweisen, dass nach den Übergangsbestimmungen des Eherechts-Änderungsgesetzes 1999, BGBl I Nr 125/1999 im vorliegenden Verfahren § 47 EheG weiterhin anzuwenden ist. Die Behauptung des Berufungsgerichtes, das Erstgericht habe lediglich "sexuelle Beziehung" zwischen der Beklagten und dem Zeugen Z***** - nicht aber Ehebruch - festgestellt, ist unrichtig, weil das Erstgericht die betreffende Feststellung im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung dahin erläutert hat, dass es sich dabei um eine ehebrecherische Beziehung handelte. Überdies hat die Beklagte aber in ihrer Berufung den Ehebruch selbst ausdrücklich zugestanden (S 5 der Berufungsschrift, 10. Zeile).

Da ein - der Beklagten demnach also grundsätzlich anzulastender - Ehebruch, der erst nach Eintritt der unheilbaren Zerrüttung begangen wird, nach der jüngeren, bereits als gefestigt zu bezeichneten Rechtsprechung bei der Verschuldensabwägung und insbesondere in der Frage der Zuweisung eines überwiegenden Verschuldens keine entscheidende Rolle spielt (3 Ob 224/98g mit zahlreichen weiteren Nachweisen; RIS-Justiz RS0056900) gewinnt die Frage an Bedeutung, ob die Ehe der Streitteile zum Zeitpunkt des Ehebruches bereits unheilbar zerrüttet war. Unheilbare Ehezerrüttung iSd § 49 EheG ist dann anzunehmen, wenn die geistige, seelische und körperliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten und damit die Grundlage der Ehe objektiv und wenigstens bei einem Ehegatten auch subjektiv zu bestehen aufgehört haben (RIS-Justiz RS0056832). Während die Wertung, ob die wesentliche Grundlage für die Fortführung der Ehe bei einem Teil subjektiv zu bestehen aufgehört hat, dem irreversiblen Tatsachenkomplex zuzurechnen ist (EFSlg 87.457 mwH), stellt die Frage, ob die Ehe objektiv unheilbar zerrüttet ist, eine auf Grund der Feststellungen zu entscheidende Rechtsfrage dar (EFSlg 87.456; EFSlg 78.636 uva). Führt man sich vor Augen, dass das eheliche Verhältnis der Streitteile nach den erstgerichtlichen Feststellungen bis zum Auszug des Klägers im Wesentlichen harmonisch verlief und durch keinerlei Eheverfehlungen getrübt wurde und die Beklagte auch nach dem Auszug intensive Anstrengungen unternahm, den Kläger zur Rückkehr und zur Fortsetzung der ehelichen Gemeinschaft zu bewegen, ist der Meinung des Erstgerichtes, die objektive unheilbare Zerrüttung sei erst mit Kenntnis des Klägers von der Aufnahme eines ehebrecherischen Verhältnisses durch die Beklagte eingetreten, beizutreten. Daran vermag im vorliegenden Einzelfall die frühere Einbringung der Scheidungsklage nichts zu ändern. Da auch das zwei Wochen lang dauernde ehebrecherische Verhältnis der Beklagten noch zur Zerrüttung der Ehe der Streitteile beigetragen hat, ist beiden Ehegatten ein Verschulden an dieser vorzuwerfen.

Für den nach § 60 EheG vorzunehmenden Ausspruch des Verschuldens ist nach ganz allgemeiner Meinung maßgeblich, wer mit dem zur Zerrüttung führenden Verhalten begonnen hat, aber auch, wer entscheidend dazu beigetragen hat, dass die Ehe unheilbar zerrüttet wurde (9 Ob 71/98a mwH). Nach stRp soll nur das erheblich schwerere Verschulden eines Teiles im Scheidungsurteil zum Ausdruck kommen (EFSlg 54.471; 60.252;

66.447 uva); der Unterschied muss offenkundig und augenscheinlich hervortreten (EFSlg 60.251; 60.253; 66.444; 66.445; 69.265 uva): Ein Ausspruch überwiegenden Verschuldens ist nur gerechtfertigt, wenn das mindere Verschulden fast völlig in den Hintergrund tritt (EFSlg 60.249; 63.465; 66.443; 69.266; 4 Ob 563/95 uva), weil das überwiegende Verschulden grundsätzlich (zB §§ 63, 64, 66 EheG) dem Alleinverschulden gleichsteht. Auch nur ungefähr gleiches Verschulden führt zum Ausspruch gleichteiligen Verschuldens (EFSlg 57.233; 60.250 uva). Bei der Beurteilung des Verschuldens sind alle Umstände zu berücksichtigen und in ihrer Gesamtheit gegenüberzustellen. Auch ein Ehebruch muss nicht immer zum überwiegenden Verschulden führen (Pichler in Rummel ABGB2 Rz 2 zu § 60 EheG mwN; 4 Ob 571/94; 4 Ob 563/95 mwN).

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist der Ausspruch eines gleichteiligen Verschuldens durch das Erstgericht zu billigen. Der Revision des Klägers war daher Folge zu geben und das Ersturteil wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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