OGH 5Ob272/99g

OGH5Ob272/99g28.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. Annemarie K*****, 2. Willibald K*****, beide vertreten durch Dr. Gernot Gstirner, Rechtsanwalt in Graz, wegen Eintragungen in der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 18. August 1999, GZ 4 R 267/99k, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Stainz vom 3. Mai 1999, TZ 521/99, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden mit Ausnahme der Abweisung des Antrags auf Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes zu Gunsten von Frau Anna R*****, geboren ***** und Herrn Josef R*****, geboren am ***** auf der Liegenschaftshälfte auch des Willibald K*****, welche Abweisung in Rechtskraft erwachsen ist, dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

"In der EZ ***** des Grundbuchs der Katastralgemeinde ***** werden folgende Eintragungen bewilligt:

Auf Grund des Schenkungsvertrags vom 20. 8. 1998 samt Negativbescheid der Grundverkehrskommission Stainz vom 22. 3. 1999, der Zustimmungserklärung des Landes Steiermark vom 23. 3. 1999, der Heiratsurkunde vom 7. 9. 1994 und der Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 21. 10. 1998 wird

1. das Eigentumsrecht je zur ideellen Hälfte für Frau Annemarie K*****, geboren am ***** und Herrn Willibald K*****, geboren am ***** einverleibt,

2. die Dienstbarkeit des Wohnrechts gemäß § 521 erster Satz ABGB gemäß Punkt 4.1. des Schenkungsvertrages vom 20. 8. 1998 zu Gunsten von Frau Anna R*****, geboren ***** und Herrn Josef R*****, geboren am ***** einverleibt,

3. das Fruchtgenussrecht gemäß Punkt 4.3. des Schenkungsvertrages vom 20. 8. 1998 für Frau Anna R*****, geboren ***** und Herrn Josef R*****, geboren am ***** einverleibt,

4. das Belastungs- und Veräußerungsverbot zu Gunsten von Frau Anna R*****, geboren am ***** und Herrn Josef R*****, geboren am ***** auf den ideellen Hälfteanteil von Annemarie K*****, geboren am ***** einverleibt,

5. auf dem ideellen Hälfteanteil von Annemarie K***** das Belastungs- und Veräußerungsverbot zu Gunsten von Herrn Willibald K*****, geboren am ***** einverleibt,

6. auf dem ideellen Hälfteanteil von Willibald K***** das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten von Frau Annemarie K*****, geboren am ***** einverleibt.

Hievon werden verständigt:

1. Dr. Gernot Gstirner, Rechtsanwalt, Kalchberggasse 10, 8010 Graz, unter Einschluss der Originalurkunden,

2. Annemarie K*****,

3. Willibald K*****,

4. Anna R*****,

5. Josef R*****,

6. Vermessungsamt S*****,

7. Bezirkshauptmannschaft S*****."

Text

Begründung

Unter Vorlage der oben bezogenen Urkunden beantragten Annemarie K***** und Willibald K***** die aus dem Spruch ersichtlichen Grundbuchseintragungen.

Das Erstgericht wies das gesamte Begehren ab. Gemäß § 26 Abs 1 GBG könnten Einverleibungen nur auf Grund von Urkunden bewilligt werden, die in der zu ihrer Gültigkeit vorgeschriebenen Form ausgefertigt sind. Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe bedürften zu ihrer Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsakts gemäß § 1 NZwG. Der Hinweis im Schenkungsvertrag, dass die Übergabe mit dem Tag der Unterfertigung des Vertrages erfolge, reiche als Nachweis einer Schenkung mit wirklicher Übergabe, die dem Notariatszwang nicht unterläge, nicht aus.

Gemäß § 26 Abs 2 GBG müssten Urkunden, wenn es sich um die Erwerbung eines dinglichen Rechts handle, einen gültigen Rechtsgrund enthalten. Im vorliegenden Schenkungsvertrag fehle jedoch die Einräumung des Wohnungsrechtes und des Fruchtgenussrechtes an der gegenständlichen Liegenschaft durch die Geschenknehmer.

Einem dagegen von den Antragstellern erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Es ging von folgendem Sachverhalt aus:

Anna R***** ist grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ *****, Grundbuch ***** welche aus zwei Grundstücken im Gesamtausmaß von 2389 m2 besteht, worauf sich ein Zweifamilienhaus befindet.

Am 20. 9. 1998 schloss Anna R***** als Geschenkgeberin mit ihrer Tochter Annemarie K***** sowie deren Ehemann Willibald K***** als Geschenknehmer einen "Schenkungsvertrag unter Einräumung eines Wohnungsrechtes/Fruchtgenussrechtes" ab. Am Vertrag beteiligte sich auch Josef R*****, der Ehemann der Geschenkgeberin und Vater der Geschenknehmerin Annemarie K*****. Er unterfertigte diesen Vertrag. Der Vertrag wurde allseits notariell beglaubigt, nicht jedoch in Form eines Notariatsakts errichtet.

Die wesentlichen Teile des Vertrags haben folgenden Wortlaut:

Punkt 1:

"... Anna R***** schenkt und übergibt und Annemarie K***** ... sowie

Willibald K***** ... übernehmen die ... bezeichnete Liegenschaft. Die

Geschenknehmer sind somit im Besitz der Haustorschlüssel sowie der Verwaltungsunterlagen über die Liegenschaft. Die Liegenschaft ist der Erstwohnsitz der Geschenknehmerin.

Die Übergabe der Liegenschaft erfolgte am Tag der Vertragsunterfertigung."

Punkt 4. hat folgende Überschrift:

"Einräumung eines Wohnungsrechtes/Fruchtgenussrechtes".

Punkt 4.1. lautet:

"Die Geschenkgeberin behält sich für sich und ihren Ehemann Josef

R***** ... das lebenslängliche Wohnungsrecht gemäß § 521 erster

Absatz ABGB ... vor."

Punkt 4.3. lautet:

"Die Geschenkgeberin behält sich weiters für sich und ihren Ehemann Josef R***** ... das bücherliche Fruchtgenussrecht an ... vor ...".

Weiters enthält der Vertrag die zur Verbücherung erforderlichen Aufsandungserklärungen. Im Punkt 7. wird festgestellt, der steuerliche Einheitswert der Gesamtliegenschaft betrage S 177.000.

Ausgehend davon erachtete das Rekursgericht die Abweisung durch das Erstgericht im Ergebnis als zutreffend. Es teilte zwar nicht die Ansicht des Erstgerichtes, dass der Formzwang des § 1 NotZwG verletzt worden sei. Beim vorliegenden Vertrag handle es sich zufolge teilweiser Entgeltlichkeit um eine gemischte Schenkung, für die allerdings auch die für eine Schenkung geltenden Formvorschriften einzuhalten seien, wenn nicht eine wirkliche Übergabe den Notariatsakt ersetze. Infolge der Entscheidung 5 Ob 21/94 beurteilte das Erstgericht die Tatsache, dass laut Schenkungsvertrag die außerbücherliche Übergabe im Zeitpunkt der Vertragserrichtung bereits stattgefunden habe, dahin, dass auf die Darstellung konkreter Übergabsakte grundsätzlich verzichtet werden könne. Im Fall einer bereits bestehenden Mitgewahrsame zwischen Schenker und Beschenktem genüge der Hinweis darauf in der Vertragsurkunde.

Für die für die Schenkung vereinbarten Gegenleistungen bestehe indessen kein Notariatsaktszwang und kein Erfordernis einer wirklichen Übergabe. Der begünstigte Dritte, Josef R*****, erwerbe gemäß § 881 f ABGB das ihm zugedachte Recht unmittelbar aus dem Übergabsvertrag, selbst wenn er, anders als hier, dem Vertrag nicht beigetreten wäre.

Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes vertrat das Rekursgericht die Ansicht, dass im zu beurteilenden Vertrag auch die vertragsrechtlichen Grundelemente für die "Einräumung" eines Wohnungs- und Fruchtgenussrechtes an Anna R***** und Josef R***** vorhanden seien. Das "Vorbehalten" der angeführten Rechte im Vertrag sei ganz grundsätzlich dahin zu verstehen, dass die Geschenkgeberin die Liegenschaft nur für diese Gegenleistungen an sie und ihren Ehemann hingeben wolle, diese Gegenleistungen somit verlange und diesem Verlangen durch die Unterfertigung des Vertrags durch die Geschenknehmer entsprochen wurde (ABGB MGA35 § 480 E 9).

Unklar bleibe allerdings nach dem Vertragswortlaut, auf welchen Rechtsgrund sich die Zuwendung des Rechtes an Josef R***** durch die Geschenkgeberin (im Valuta- bzw Zuwendungsverhältnis) stütze. Die gemischte Schenkung sei nur Rechtsgrund für das Deckungsverhältnis zwischen Anna R***** und den beiden Geschenknehmern.

Es sei daher am Erfordernis des § 26 Abs 2 GBG hinsichtlich des durch die Zuwendung bedachten Dritten festzuhalten. Die Vertragsurkunde habe nicht nur den Rechtsgrund für das Deckungsverhältnis, sondern auch für das Valuta- bzw Zuwendungsverhältnis zu enthalten. Es sei keineswegs gewiss, dass der Zuwendung der Rechte durch Anna R***** an ihren Ehemann gleichfalls eine (gemischte) Schenkung zugrundeliege. Das Fehlen eines Rechtsgrundes auch bloß im Valuta- bzw Zuwendungsverhältnis würde die Ungültigkeit der Zuwendung bedeuten können. Das Rekursgericht erteilte in diesem Zusammenhang der zweitinstanzlichen Rechtsprechung, wonach der für das Rechtsverhältnis zwischen dem Übergeber und Übernehmer maßgebliche und ersichtliche Rechtsgrund auch den Rechtsgrund für das Verhältnis zwischen dem Übernehmer (hier Geschenkgeberin) und dem Dritten (hier Ehemann der Geschenkgeberin) bilde (RPflSlgG 1986/2064; 1977/1590), eine Absage. Diese Auffassung lasse sich aus § 26 Abs 2 GBG nicht begründen. Die für Übergabsverträge bestehende Judikatur sei auf bloße (gemischte) Schenkungsverträge nicht ohne weiteres übertragbar, weil es sich bei Übergabsverträgen um Verträge eigener Art handle.

Dieser Umstand habe zur gänzlichen Abweisung des Gesuchs zu führen, weil der Schenkungsvertrag ein einheitliches Ganzes bilde und aus dem Wortlaut des Vertrages insgesamt unzweideutig die Abhängigkeit der einzelnen Leistungen voneinander zum Ausdruck komme.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 nicht übersteige, der Revisionsrekurs hingegen nach § 126 Abs 2 GBG iVm § 14 Abs 1 AußStrG zulässig sei, weil zur entscheidungswesentlichen Frage, ob § 26 Abs 2 GBG auch den Nachweis eines Rechtsgrundes aus dem Valutaverhältnis im Falle eines Vertrages zu Gunsten Dritter erfordere, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller, der aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig ist. Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend ist das Rekursgericht zunächst davon ausgegangen, dass das Rechtsgeschäft, dessen Ergebnisse verbüchert werden sollen, deutlich Elemente eines Schenkungsvertrages enthält ("gemischte Schenkung"), weshalb nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung die für die Schenkung geltenden Formvorschriften, hier des § 1 Abs 1 lit d NZwG, eingehalten werden müssten (SZ 65/137), wenn nicht bereits eine "wirkliche Übergabe" stattgefunden hätte. Zutreffend wurde Letzteres bejaht, wobei den rekursgerichtlichen Ausführungen noch hinzuzufügen ist, dass die Parteien im Vertrag auch bestätigten, dass eine Schlüsselübergabe bereits stattgefunden hat und die Verwaltungsunterlagen übergeben wurden (vgl die bei Feil, GBG3 Rz 11 zu § 26 GBG enthaltene Rechtsprechungsübersicht).

Im Weiteren trifft es zu, dass die Verbücherung eines Wohnungsrechts und eines Fruchtgenussrechts gemäß § 26 Abs 2 GBG nur auf Grund von Urkunden erfolgen kann, die einen gültigen Rechtsgrund enthalten. Die bloße Einräumung von Dienstbarkeiten reicht nicht aus, um eine Einverleibung im Grundbuch zu erwirken (vgl zuletzt 5 Ob 339/99k).

Im vorliegenden Fall ist der Vertragsurkunde zu entnehmen, dass die Antragsteller anlässlich der Schenkung der Liegenschaft an sie den "Vorbehalt" eines Wohnungsrechtes und eines Fruchtgenussrechtes durch die Geschenkgeberin (als teilweise Gegenleistung für die Schenkung) und die Zuwendung dieser Rechte an den Gatten der Geschenkgeberin akzeptierten, weshalb an einer vertraglichen Grundlage für diese zu verbüchernden Rechte kein Zweifel besteht. Der Vorbehalt einer Dienstbarkeit bei Veräußerung der Sache ist ein Fall vertragsmäßiger Bestellung (vgl Klang in Klang II, 559; GlUNF 2266).

Beim "Vorbehalt" des Wohnungs- und Fruchtgenussrechtes durch die

Geschenkgeberin zu Gunsten ihres Ehegatten handelt es sich um einen

echten Vertrag zu Gunsten Dritter (§ 881 ABGB), wobei das Recht des

Dritten aus dem Deckungsgeschäft entsteht (vgl Gschnitzer in Klang

IV/1, 226 ff), also ein Rechtserwerb aus fremdem Rechtsgeschäft

stattfindet (vgl Apathy in Schwimann Rz 4 zu § 882 ABGB). Die

Rechtsnatur des Vertrages zu Gunsten Dritter wird also durch das

Deckungsverhältnis, das Verhältnis zwischen Versprechendem und

Versprechensempfänger, bestimmt, dieses ist somit für Inhalt und

Umfang der Leistung des Versprechenden an den Dritten maßgeblich (vgl

2 Ob 104/97a mwN). Das Deckungsverhältnis bildet zugleich den Titel

für den Rechtserwerb des Dritten, eines weiteren Rechtsgrundes bedarf

es nicht. Solche Verträge stellen selbst den gültigen Rechtsgrund dar

(vgl Klang IV/1, 227; EvBl 1971/35; NZ 1954, 44; ebenso die

zweitinstanzliche Rechtsprechung RPflSlgG 1986/2064; 1977/1590). Für

das in Form eines Vertrages zu Gunsten Dritter eingeräumte

Besitznachfolgerecht wurde bereits judiziert, dass der Dritte daraus

einen mittelbaren Anspruch erwirbt (SZ 44/112; RS0017004; 7 Ob 111/99w).

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes reicht also der im Deckungsverhältnis enthaltene Rechtsgrund auch für die Verbücherung des von einem Dritten daraus abgeleiteten Anspruchs aus.

Im Ergebnis hatte dies zur Abänderung der Beschlüsse der Vorinstanzen und zur Bewilligung des Verbücherungsgesuchs (mit Ausnahme des bereits rechtskräftig abgewiesenen Teils) zu führen.

Der Revisionsrekurs war insofern berechtigt.

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