OGH 10Ob303/99b

OGH10Ob303/99b15.2.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr, Dr. Steinbauer, Dr. Hopf und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Herwig E*****, Rechtsanwalt, *****, als Masseverwalter in Konkurs der Firma J***** OHG, vertreten durch Dr. Ferdinand Bruckner, Rechtsanwalt in Korneuburg, sowie der Nebenintervenienten auf der Seite der klagenden Partei 1. R***** AG, *****, und 2. R***** reg. Gen. mbH, *****, beide vertreten durch Lattenmayr, Luks & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Z***** B*****, vertreten durch Binder, Grösswang & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 1,624.770,-- sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 16. September 1999, GZ 1 R 161/99z-60, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 30. April 1999, GZ 10 Cg 65/94b-55, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Nach § 502 Abs 1 ZPO ist eine außerordentliche Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Obwohl die Zurückweisung einer außerordentlichen Revision nach § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner Begründung bedarf, sei den Revisionsausführungen in Kürze Folgendes entgegen gehalten:

Rechtliche Beurteilung

Die beklagte Partei führt zur Zulässigkeit ihrer außerordentlichen Revision aus, das Berufungsgericht sei bei Beurteilung des Anerkenntnisses der Klageforderung und dessen Drittwirkung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Auslegung von Willenserklärungen und des rechtlichen Charakters eines Anerkenntnisses abgewichen. Beides ist aber nicht der Fall.

Das Klagebegehren wurde auf zwei verschiedene Rechtsgründe gestützt:

einerseits auf ein konstitutives Anerkenntnis, andererseits auf Schadenersatz. Beide Vorinstanzen haben dem Begehren ausschließlich wegen Anerkenntnis stattgegeben und die Frage Schadenersatz nicht geprüft. Die Revisionswerberin als beklagte Akkreditivbank bestreitet zunächst das Vorliegen eines konstitutiven Anerkenntnisses überhaupt. Sollte jedoch ein solches vorliegen, dann wäre es nicht gegenüber der damaligen Klägerin (Gemeinschuldnerin) als Begünstigter, sondern nur gegenüber der Erstnebenintervenientin als Avis- und Zahlstellenbank erklärt worden, für die Klägerin aber nicht bestimmt und von ihr nicht angenommen worden.

Auszugehen ist davon, dass die Parteien ausdrücklich die Anwendung österreichischen Rechts vereinbart haben.

Was das mit Telex erklärte Anerkenntnis betrifft, handelt es sich um die Auslegung einer Willenserklärung im Einzelfall und damit um keine erhebliche Rechtsfrage. Nach ständiger Rechtsprechung, die auch vom Berufungsgericht beachtet wurde, kommt es dabei darauf an, wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage durch einen redlichen, verständigen Erklärungsempfänger zu verstehen war (vgl RIS-Justiz RS0014205, RS0014160). Das Berufungsgericht hat das Telex der Beklagten vom 26. 7. 1990 keinesfalls nur nach dem Wortlaut, sondern nach dem Verständnis eines redlichen Erklärungsempfängers ausgelegt (§ 914 ABGB). Diese Auslegung ist auch im Zusammenhang mit dem vorangegangenen Telex der Erstnebenintervenientin vom 19. 7. 1999 nicht willkürlich und durchaus vertretbar.

Richtig weist die Revisionswerberin darauf hin, dass ein Anerkenntnis nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes als zweiseitiges Rechtsgeschäft gegenüber dem anderen Vertragsteil erklärt werden oder wenigstens für ihn bestimmt sein und von diesem angenommen werden muss (JBl 1978, 254; 8 Ob 1605/90; JBl 1991, 791 ua, zuletzt 8 Ob 5/99i). Die Klageforderung der späteren Gemeinschuldnerin kann nur dann als anerkannt gelten, wenn die Erklärung der Beklagten als Akkreditivbank entweder der Klägerin gegenüber erklärt oder für sie bestimmt und von ihr angenommen wurde. Auch diese Frage ist nur an Hand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beantworten.

Wenngleich nun die Erklärung gegenüber der Erstnebenintervenientin als Avis- und Zahlstellenbank abgegeben wurde, beruht die Annahme, dass sie für die Klägerin bestimmt und von ihr angenommen wurde, nicht auf einer groben Verkennung der Rechtslage, die im Interesse der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste. Zwischen Akkreditivbank und Avis- und Zahlstellenbank besteht ein Auftragsverhältnis (Avancini in Avancini/Iro/Koziol, Öst. Bankvertragsrecht II 446 f, 449). Die Avisbank steht an sich mit dem Begünstigten nur insoweit in einem Rechtsverhältnis, als sie Bote der Akkreditivbank ist und Schutz- und Sorgfaltspflichten hat (Avancini 447). Wenn aber etwa der Begünstigte die Dokumente der Avisbank zur Vorlage bei der Akkreditivbank übergibt, ist die Avisbank in diesem Bereich Gehilfe des Begünstigten, also dessen Beauftragter (Avancini 448). Nur eine bloße Zahlstellenbank steht mit dem Begünstigten in keiner vertraglichen Beziehung (Avancini 450).

Es ist durchaus denkbar, dass die Avis- und/oder Zahlstellenbank dann, wenn die Akkreditivbank ihr gegenüber eine Forderung anerkennt, als Vertreterin des Begünstigten handelt. Im vorliegenden Fall sprechen aber triftige Umstände für die von den Vorinstanzen gefundene Lösung: Die Erstnebenintervenientin hat - insoweit wohl außerhalb des Akkreditivverhältnisses - bei der Korrespondenz mit der Beklagten faktisch die Interessen der Klägerin vertreten und versucht, von der Beklagten eine Zahlung für die Klägerin zu bewirken. Die Voraussetzungen, unter denen eine über den bloßen Zahlungsempfang hinausgehende Funktion der Erstnebenintervenientin angenommen werden kann, sind ja auch zumindest dadurch teilweise erfüllt, dass die Dokumente über sie einzureichen waren und sich die Beklagte in der Folge im Zusammenhang mit Mängeln bezüglich der Dokumente jeweils an sie wandte und diesbezügliche Korrespondenz praktisch ausschließlich mit ihr abwickelte. Die Erstnebenintervenientin war in diesem Belang alleinige Ansprech- und Verhandlungspartnerin der Beklagten im Interesse der Klägerin. Wenn unter diesen Umständen ihr gegenüber abgegebene Erklärungen als auch gegenüber der Klägerin, deren Interesse sie dabei vertrat, abgegeben qualifiziert wurden, ist darin keine grobe rechtliche Fehlbeurteilung zu erblicken.

Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

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