OGH 9Ob269/99w

OGH9Ob269/99w17.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Leopold F*****, technischer Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Kunert, Rechtsanwalt in Stockerau, wider die beklagte Partei Theresia F*****, Angestellte, *****, vertreten durch Dr. Adolf Kriegler und Dr. Helmut Berger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Berufungsgericht vom 18. Mai 1999, GZ 20 R 320/98v-23, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Da auch im Ehescheidungsverfahren die Dispositionsmaxime gilt, ist der Sachverhalt nicht von Amts wegen aufzuklären (4 Ob 611/88). Neuerungen sind im Berufungsverfahren unzulässig (RIS-Justiz RS0041987). Die Feststellungen, dass Ursache der Abkühlung des Verhältnisses zwischen den Streitteilen die mangelnden gemeinsamen Aktivitäten, der Umstand, dass sich der Kläger selbst genügte, sich mit seinen Tauben beschäftigte und die Beklagte auch an den Wochenenden mehr oder minder allein ließ, in den Taubenzüchterclub oder ins Gasthaus ging, wurden getroffen. Ob sie durch das Vorbringen, dass der Kläger mit der Beklagten wenig oder gar keine Freizeit verbrachte, gedeckt sind, begründet keine erhebliche Rechtsfrage in der Beurteilung des Vorbringens im Einzelfall. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, dass ein solches Vorbringen nicht erstattet wurde, begründet keine Aktenwidrigkeit, weil sich eine solche nur darauf bezieht, dass Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen wurden (Kodek in Rechberger ZPO Rz 4 zu § 503 mwN).

Für einen Verschuldensausspruch nach § 61 Abs 3 EheG ist entscheidend, wer mit dem zur Zerrüttung der Ehe führenden Verhalten begonnen hat, aber auch, wer entscheidend dazu beigetragen hat, dass die Ehe unheilbar zerrüttet wurde (9 Ob 71/98a). Selbst wenn das zur Abkühlung führende Verhalten des Klägers als Anlass der beginnenden Zerrüttung der Ehe angesehen wird, ist es nicht krass rechtsirrig, die der Beklagten in der Folge zur Last gelegten Verfehlungen, den Haushalt nicht mehr zu führen, des einseitigen Rückbehalts der Rückerstattung eines Betrages durch die Republik, der einseitigen Versehung des auf den Namen des Klägers lautenden Sparbuches mit einem Losungswort sowie die unterlassene Mitteilung des Grundes der Kürettage und des Spitalsaufenthaltes als solchen, welche Gründe zur Beendigung des Ehewillens des Klägers führten, als die größeres Gewicht für die endgültige Zerrüttung zukommenden Gründe anzusehen. Bei diesem beiderseitigen Verschuldensgrad fordert die Rechtsprechung einen sehr erheblichen graduellen Unterschied des Verschuldens, um ein überwiegendes Verschulden annehmen zu können. Der Unterschied muss so groß sein, dass es keiner subtilen Abwägungen mehr bedarf (3 Ob 224/98g ua). Die verschuldensmäßige Bewertung und Gewichtung von festgestellten Eheverfehlungen ist jedoch einzelfallbezogen und begründet daher keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (10 Ob 66/97x).

Ob die nach der Zerrüttung der Ehe liegende Wohnungnahme durch die Klägerin, die Abwesenheiten von der Ehewohnung überhaupt Eheverfehlungen bildeten, ist nicht entscheidend, weil nach der Rechtsprechung der Kausalzusammenhang zwischen einer Eheverfehlung und der Zerrüttung nicht mehr gegeben ist, wenn die Ehe zu diesem Zeitpunkt schon so tief zerrüttet war, dass eine weitere Zerrüttung nicht mehr eintreten konnte (8 Ob 311/98p). Der Kläger hatte nach den Feststellungen bereits vor diesen genannten Verhaltensweisen der Beklagten nicht mehr an die Rettung der Ehe geglaubt.

Dass das Berufungsgericht etwas missverständlich ausführt, "dass die von der Beklagten vorgebrachten Umstände grundsätzlich geeignet gewesen wären, den Ausspruch des überwiegenden Verschuldens zu begründen, aber nicht bewiesen wurden", bezog sich nicht nur auf die ohnehin festgestellte Ablehnung der gemeinsamen Aktivitäten und das Taubenzüchten, sondern auf die nicht bewiesenen gravierenden Vorwürfe der öfteren Misshandlungen und Schläge sowie der Bedrohung mit einer Waffe und des Alkoholkonsums des Klägers.

Das Berufungsgericht hat diesen Einzelfall im Rahmen der ständigen Rechtsprechung beurteilt, so dass keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO vorliegt.

Stichworte